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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
Wohnhause nähert. Doch hat dies Auffütternlassen der Jungen den einen Nachtheil, daß letztere
wild und scheu bleiben, während diejenigen, welche man selbst groß zieht, bald ungemein zahm werden.

Der Häufling ernährt sich fast ausschließlich von Sämereien, wird aber demungeachtet nirgends
schädlich. Das Unkraut liefert ihm wohl die Hauptmasse seiner Mahlzeiten. Er frißt die Samen
von Wegebreit, Löwenzahn, die Sämereien aller Kohl-, Mohn-, Hanf- und Rübsenarten und nament-
lich Grasgesäme. Die Jungen werden mit erweichten Sämereien aus dem Kropfe gefüttert. Daß
der Vogel Kerbthiere wirklich durchaus verschmäht, wie die Beobachter sagen, glaube ich nicht. Ge-
fangene ernährt man ohne Mühe mit Rübsamen; Grünfutter, Salat z. B., wird ihnen zum Leckerbissen.

Mit Recht gilt der Hänfling als einer der beliebtesten Stubenvögel. Er befreundet sich nach
kurzer Gefangenschaft innig mit seinem Gebieter, ist anspruchslos, wie wenig andere Vögel, und singt
fleißig und eifrig fast das ganze Jahr hindurch. Jn dem Zimmer echter Liebhaber fehlt er selten.

Ein dem Bluthänfling sehr nahe verwandter Vogel, der Berg- oder Steinhänfling, Fels-
fink, Widden oder Grainlein (Cannabina montium), ersetzt unsern Bluthänfling in den nördlichen
Ländern. Seine Länge beträgt 43/4 bis 5 Zoll, die Flügelweite 8 bis 81/4 Zoll. Das Gefieder ist
oben schwarzbraun mit rostfarbigen Federrändern, auf dem Bürzel roth, auf der Brust rostgelbgrau,
braun gestreift, auf der übrigen Unterseite weiß.

Erst hoch oben im Norden der alten Welt, von Schottland oder Norwegen an nördlich, in Lapp-
land, Rußland und Sibirien ist der Berghänfling eine ständige Erscheinung. Er bewohnt die
Gebirgsgegenden da, wo verkrüppeltes Gesträuch oder niedrige Alpenpflanzen zwischen den Gesteins-
massen hervorsprossen. Jn seinem Betragen ähnelt er seinem Verwandten; er ist aber vielleicht noch
lebhafter, flüchtiger, gewandter und vorsichtiger, als er. Da, wo beide Arten zusammenstoßen, ver-
mischen sie sich; im höheren Norden vereinigt der Berghänfling sich auch oft mit Leinfinken und
andern Verwandten. Stimme und Gesang ähneln ebensowohl unserm Bluthänfling, als dem Zeisig;
dem "Gäck" des Hänflings wird ein gedehntes "Daii" oder "Daijae" angehängt. Jm Gesang
wechseln die verschiedenen Laute der Lockstimme mit "diedelnden und gäckernden", welche außerdem
knarrend angehängt werden. Man kann das Lied nicht gerade ein vorzügliches nennen; es wird
aber mit so viel Munterkeit und Feuer vorgetragen, daß es der Nordländer, welcher ohnehin wenig an-
dere Finkenschläge zu hören bekommt, doch recht gern vernimmt.

Jn der Gefangenschaft beträgt sich der Berghänfling wie sein Verwandter. Er gewöhnt sich leicht
an das Gebauer, wird zahm, zutraulich und ist immer munter und vergnügt, singt auch recht
fleißig. Die Nahrung im Freien oder im Käfig ist dieselbe, welche der Bluthänfling beansprucht.

Schon im südlichen Schweden ist der Berghänfling ein regelmäßiger Wintergast; auch im
nördlichen Deutschland kommt er einzeln nicht selten vor. Jn recht harten Wintern wandert er bis
in die südliche Schweiz, nach Oberitalien oder ins mittägige Frankreich.



Mehrere kleine, lang- und dünnschnäbelige Finken, welche ebenfalls vorzugsweise im Norden
wohnen, hat man früher unter dem Namen Zeisige von den übrigen abgetrennt und in einer
besondern Gruppe vereinigt, nenerdings aber in mehrere Sippen aufgelöst, mehr mit Rücksicht auf
die Färbung des Gefieders, als wegen der geringen Abweichungen, welche sie auch im Leibesbau
bekunden.

An die Hänflinge erinnern die Leinfinken oder Birkenzeisige (Linaria), welche allwin-
terlich in größeren oder kleineren Scharen als Gäste in unserm Vaterlande eintreffen und hier
harmlos und vertraut in unmittelbarer Nähe des Menschen eine Zeitlang ihr Wesen treiben. Man
ist mit sich noch nicht einig, ob diese Vögel in mehrere Arten zerfallen oder nicht. Ziemlich bedeutende
Abweichungen in Größe und Gefieder lassen sich nicht wegleugnen; unsere Kenntniß des Lebens

Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
Wohnhauſe nähert. Doch hat dies Auffütternlaſſen der Jungen den einen Nachtheil, daß letztere
wild und ſcheu bleiben, während diejenigen, welche man ſelbſt groß zieht, bald ungemein zahm werden.

Der Häufling ernährt ſich faſt ausſchließlich von Sämereien, wird aber demungeachtet nirgends
ſchädlich. Das Unkraut liefert ihm wohl die Hauptmaſſe ſeiner Mahlzeiten. Er frißt die Samen
von Wegebreit, Löwenzahn, die Sämereien aller Kohl-, Mohn-, Hanf- und Rübſenarten und nament-
lich Grasgeſäme. Die Jungen werden mit erweichten Sämereien aus dem Kropfe gefüttert. Daß
der Vogel Kerbthiere wirklich durchaus verſchmäht, wie die Beobachter ſagen, glaube ich nicht. Ge-
fangene ernährt man ohne Mühe mit Rübſamen; Grünfutter, Salat z. B., wird ihnen zum Leckerbiſſen.

Mit Recht gilt der Hänfling als einer der beliebteſten Stubenvögel. Er befreundet ſich nach
kurzer Gefangenſchaft innig mit ſeinem Gebieter, iſt anſpruchslos, wie wenig andere Vögel, und ſingt
fleißig und eifrig faſt das ganze Jahr hindurch. Jn dem Zimmer echter Liebhaber fehlt er ſelten.

Ein dem Bluthänfling ſehr nahe verwandter Vogel, der Berg- oder Steinhänfling, Fels-
fink, Widden oder Grainlein (Cannabina montium), erſetzt unſern Bluthänfling in den nördlichen
Ländern. Seine Länge beträgt 4¾ bis 5 Zoll, die Flügelweite 8 bis 8¼ Zoll. Das Gefieder iſt
oben ſchwarzbraun mit roſtfarbigen Federrändern, auf dem Bürzel roth, auf der Bruſt roſtgelbgrau,
braun geſtreift, auf der übrigen Unterſeite weiß.

Erſt hoch oben im Norden der alten Welt, von Schottland oder Norwegen an nördlich, in Lapp-
land, Rußland und Sibirien iſt der Berghänfling eine ſtändige Erſcheinung. Er bewohnt die
Gebirgsgegenden da, wo verkrüppeltes Geſträuch oder niedrige Alpenpflanzen zwiſchen den Geſteins-
maſſen hervorſproſſen. Jn ſeinem Betragen ähnelt er ſeinem Verwandten; er iſt aber vielleicht noch
lebhafter, flüchtiger, gewandter und vorſichtiger, als er. Da, wo beide Arten zuſammenſtoßen, ver-
miſchen ſie ſich; im höheren Norden vereinigt der Berghänfling ſich auch oft mit Leinfinken und
andern Verwandten. Stimme und Geſang ähneln ebenſowohl unſerm Bluthänfling, als dem Zeiſig;
dem „Gäck‟ des Hänflings wird ein gedehntes „Daii‟ oder „Daijae‟ angehängt. Jm Geſang
wechſeln die verſchiedenen Laute der Lockſtimme mit „diedelnden und gäckernden‟, welche außerdem
knarrend angehängt werden. Man kann das Lied nicht gerade ein vorzügliches nennen; es wird
aber mit ſo viel Munterkeit und Feuer vorgetragen, daß es der Nordländer, welcher ohnehin wenig an-
dere Finkenſchläge zu hören bekommt, doch recht gern vernimmt.

Jn der Gefangenſchaft beträgt ſich der Berghänfling wie ſein Verwandter. Er gewöhnt ſich leicht
an das Gebauer, wird zahm, zutraulich und iſt immer munter und vergnügt, ſingt auch recht
fleißig. Die Nahrung im Freien oder im Käfig iſt dieſelbe, welche der Bluthänfling beanſprucht.

Schon im ſüdlichen Schweden iſt der Berghänfling ein regelmäßiger Wintergaſt; auch im
nördlichen Deutſchland kommt er einzeln nicht ſelten vor. Jn recht harten Wintern wandert er bis
in die ſüdliche Schweiz, nach Oberitalien oder ins mittägige Frankreich.



Mehrere kleine, lang- und dünnſchnäbelige Finken, welche ebenfalls vorzugsweiſe im Norden
wohnen, hat man früher unter dem Namen Zeiſige von den übrigen abgetrennt und in einer
beſondern Gruppe vereinigt, nenerdings aber in mehrere Sippen aufgelöſt, mehr mit Rückſicht auf
die Färbung des Gefieders, als wegen der geringen Abweichungen, welche ſie auch im Leibesbau
bekunden.

An die Hänflinge erinnern die Leinfinken oder Birkenzeiſige (Linaria), welche allwin-
terlich in größeren oder kleineren Scharen als Gäſte in unſerm Vaterlande eintreffen und hier
harmlos und vertraut in unmittelbarer Nähe des Menſchen eine Zeitlang ihr Weſen treiben. Man
iſt mit ſich noch nicht einig, ob dieſe Vögel in mehrere Arten zerfallen oder nicht. Ziemlich bedeutende
Abweichungen in Größe und Gefieder laſſen ſich nicht wegleugnen; unſere Kenntniß des Lebens

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[144/0162] Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken. Wohnhauſe nähert. Doch hat dies Auffütternlaſſen der Jungen den einen Nachtheil, daß letztere wild und ſcheu bleiben, während diejenigen, welche man ſelbſt groß zieht, bald ungemein zahm werden. Der Häufling ernährt ſich faſt ausſchließlich von Sämereien, wird aber demungeachtet nirgends ſchädlich. Das Unkraut liefert ihm wohl die Hauptmaſſe ſeiner Mahlzeiten. Er frißt die Samen von Wegebreit, Löwenzahn, die Sämereien aller Kohl-, Mohn-, Hanf- und Rübſenarten und nament- lich Grasgeſäme. Die Jungen werden mit erweichten Sämereien aus dem Kropfe gefüttert. Daß der Vogel Kerbthiere wirklich durchaus verſchmäht, wie die Beobachter ſagen, glaube ich nicht. Ge- fangene ernährt man ohne Mühe mit Rübſamen; Grünfutter, Salat z. B., wird ihnen zum Leckerbiſſen. Mit Recht gilt der Hänfling als einer der beliebteſten Stubenvögel. Er befreundet ſich nach kurzer Gefangenſchaft innig mit ſeinem Gebieter, iſt anſpruchslos, wie wenig andere Vögel, und ſingt fleißig und eifrig faſt das ganze Jahr hindurch. Jn dem Zimmer echter Liebhaber fehlt er ſelten. Ein dem Bluthänfling ſehr nahe verwandter Vogel, der Berg- oder Steinhänfling, Fels- fink, Widden oder Grainlein (Cannabina montium), erſetzt unſern Bluthänfling in den nördlichen Ländern. Seine Länge beträgt 4¾ bis 5 Zoll, die Flügelweite 8 bis 8¼ Zoll. Das Gefieder iſt oben ſchwarzbraun mit roſtfarbigen Federrändern, auf dem Bürzel roth, auf der Bruſt roſtgelbgrau, braun geſtreift, auf der übrigen Unterſeite weiß. Erſt hoch oben im Norden der alten Welt, von Schottland oder Norwegen an nördlich, in Lapp- land, Rußland und Sibirien iſt der Berghänfling eine ſtändige Erſcheinung. Er bewohnt die Gebirgsgegenden da, wo verkrüppeltes Geſträuch oder niedrige Alpenpflanzen zwiſchen den Geſteins- maſſen hervorſproſſen. Jn ſeinem Betragen ähnelt er ſeinem Verwandten; er iſt aber vielleicht noch lebhafter, flüchtiger, gewandter und vorſichtiger, als er. Da, wo beide Arten zuſammenſtoßen, ver- miſchen ſie ſich; im höheren Norden vereinigt der Berghänfling ſich auch oft mit Leinfinken und andern Verwandten. Stimme und Geſang ähneln ebenſowohl unſerm Bluthänfling, als dem Zeiſig; dem „Gäck‟ des Hänflings wird ein gedehntes „Daii‟ oder „Daijae‟ angehängt. Jm Geſang wechſeln die verſchiedenen Laute der Lockſtimme mit „diedelnden und gäckernden‟, welche außerdem knarrend angehängt werden. Man kann das Lied nicht gerade ein vorzügliches nennen; es wird aber mit ſo viel Munterkeit und Feuer vorgetragen, daß es der Nordländer, welcher ohnehin wenig an- dere Finkenſchläge zu hören bekommt, doch recht gern vernimmt. Jn der Gefangenſchaft beträgt ſich der Berghänfling wie ſein Verwandter. Er gewöhnt ſich leicht an das Gebauer, wird zahm, zutraulich und iſt immer munter und vergnügt, ſingt auch recht fleißig. Die Nahrung im Freien oder im Käfig iſt dieſelbe, welche der Bluthänfling beanſprucht. Schon im ſüdlichen Schweden iſt der Berghänfling ein regelmäßiger Wintergaſt; auch im nördlichen Deutſchland kommt er einzeln nicht ſelten vor. Jn recht harten Wintern wandert er bis in die ſüdliche Schweiz, nach Oberitalien oder ins mittägige Frankreich. Mehrere kleine, lang- und dünnſchnäbelige Finken, welche ebenfalls vorzugsweiſe im Norden wohnen, hat man früher unter dem Namen Zeiſige von den übrigen abgetrennt und in einer beſondern Gruppe vereinigt, nenerdings aber in mehrere Sippen aufgelöſt, mehr mit Rückſicht auf die Färbung des Gefieders, als wegen der geringen Abweichungen, welche ſie auch im Leibesbau bekunden. An die Hänflinge erinnern die Leinfinken oder Birkenzeiſige (Linaria), welche allwin- terlich in größeren oder kleineren Scharen als Gäſte in unſerm Vaterlande eintreffen und hier harmlos und vertraut in unmittelbarer Nähe des Menſchen eine Zeitlang ihr Weſen treiben. Man iſt mit ſich noch nicht einig, ob dieſe Vögel in mehrere Arten zerfallen oder nicht. Ziemlich bedeutende Abweichungen in Größe und Gefieder laſſen ſich nicht wegleugnen; unſere Kenntniß des Lebens

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/162>, abgerufen am 21.11.2024.