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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken.

Das Nest wird im Käfig aus trockenen Grasblättern, feinem Heu und Pflanzenwolle zusammen-
gebaut. Es ist melonenförmig, oben geschlossen, mit seitlichem Flugloch, innen warm ausgefüttert.
Vier bis fünf weiße, fein roth gepunktete Eier bilden das Gelege. Sie werden binnen vierzehn
Tagen ausgebrütet. Die Jungen, welche in einem dichten Flaumenkleid zur Welt kommen, werden
anfangs wie Kanarienvögel mit Eidotter geäzt, später aber mit aufgeweichten Sämereien, Hirse, Kana-
riensamen, Wegebreit, Miere und Kreuzkraut, Salat und Gänsedistelsamen, welcher von den Alten
vorher im Kropf aufgeweicht wurde, groß gefüttert. Die erste Brut findet gewöhnlich im Januar
statt; auf sie folgen aber mehrere, bis im August die Mauser die Fortsetzung unterbricht.



Die Kappenfinken (Spermestes) sind den Bandfinken ähnlich gestaltet. Jhr Schnabel ist
kurz und dick; der Oberschnabel zeigt in der Mitte der Schneide eine seichte, wenig vorstehende Ecke
und ist von dieser bis zur Spitze in seichten Bogen eingezogen. Die Flügel sind verhältnißmäßig lang;
die erste Schwinge ist wenig gegen die zweite oder längste verkürzt. Der kurze Schwanz ist ziemlich stark
abgestuft, das Gefieder verhältnißmäßig hart, auf der Oberseite schwarz, unten weiß, die Zeichnung
desselben gewöhnlich bandartig; der Oberschnabel pflegt dunkel, der Unterschnabel hell zu sein.

Eines der bekanntesten Glieder dieser Sippe ist das Elstervögelchen (Spermestes cucullata).
Seine Länge beträgt 31/4 Zoll, die Fittiglänge 13/4 Zoll, die Schwanzlänge 13 Linien. Das Gefieder
ist auf der Oberseite schwarzbraun, schimmernd, auf Kopf und Hals bis zur Oberbrust am dunkelsten,
auf der Unterseite weiß, auf dem Bürzel, den Ober- und Unterschwanzdeckfedern und an den Bauch-
seiten graulichweiß und mattschwarz gebändert, hier aber durch einen großen, dunkeln, metallgrün glän-
zenden Flecken, welcher auf den Brustseiten steht, noch besonders geziert. Schwingen und Steuer-
federn sind einfärbig schwarz, die Schwungfedern auf der Unterseite grau schimmernd. Die Jris ist
braun, der Oberschnabel schwarz, der Unterschnabel weißlich, der Fuß schwarz.

Wir wissen, daß die Länder um den Gambia die Heimat des Elstervögelchens sind; sind aber
über seine Lebensweise im Freien nicht weiter unterrichtet. Um so besser kennen wir das Gefangen-
leben, Dank F. Schlegel's sorgfältigen und dabei in anziehendster Weise uns übermittelten Beobach-
tungen. "Fast ein Jahr lang", so berichtet mein Berufsgenosse, "hielt ich ein Paar Elstervögel und
ein Paar Halsbandvögel gemeinschaftlich in einem Glockenbauer, der zwei, zur Aufnahme der Nahrung
bestimmte, mit Drahtdach versehene Erker hatte. Da ich beobachtete, daß meine Thierchen nicht nur
die ganze Nacht über, sondern häufig auch am Tage, um der Ruhe zu pflegen, in diese Erker paarweis
sich niederkauerten, wurde ich neugierig, zu wissen, ob sie nicht nach Art der Zaunkönige und Mei-
sen
auch durch ein enges Eingangsloch in den Erkerraum schlüpfen würden. Jch schob ein zwei
Finger breites Pappstück vor den noch immer offenen Erker, und als ich sah, daß diese Verengerung
des Einganges sie durchaus nicht behinderte, ersetzte ich die Pappe durch ein breiteres Stück. Endlich
schloß ich die Oeffnung des Erkers so, daß nur am oberen Rand ein Ausschnitt von Thalergröße blieb.
Weit entfernt, daß dieser Bau die Thiere beirrt hätte! Sie schlüpften sofort und mit sichtlichem Be-
hagen, wie um zu probiren, hinein heraus, heraus hinein. Noch an demselben Tage versorgte ich die
Thierchen mit verschiedenen Niststoffen, als Federn, Leinwandfasern, Schweinswolle und Wolle von
Distelköpfen. So friedlich aber bisher auch beide Arten neben einander gelebt hatten, so bissig behan-
delten sie sich, als die Wahl zwischen dem einen und dem andern Erker in Frage kam. Niemals vor-
dem bemerkte ich Zwistigkeiten und ziemlich gleichgiltig schien es ihnen, welchen der beiden Erker sie als
ihr Ruheplätzchen in Besitz hatten, und jedes der beiden Paare schmiegte sich dahin, wo gerade Raum
für sie war. Mit einem Male schien ein anderer Geist über die Thiere gekommen. Es galt die
Wahl eines Brüteplatzes zu treffen und dazu mußte genau geprüft werden, welches der beste sei. Aber
damit war der Friede abgelaufen. Der sonst so gleichmüthige Halsbandvogel, vorzugsweise aber das
Männchen, theilte nach rechts und links kräftige Schnabelhiebe aus; der leichterregte Elstervogel

Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken.

Das Neſt wird im Käfig aus trockenen Grasblättern, feinem Heu und Pflanzenwolle zuſammen-
gebaut. Es iſt melonenförmig, oben geſchloſſen, mit ſeitlichem Flugloch, innen warm ausgefüttert.
Vier bis fünf weiße, fein roth gepunktete Eier bilden das Gelege. Sie werden binnen vierzehn
Tagen ausgebrütet. Die Jungen, welche in einem dichten Flaumenkleid zur Welt kommen, werden
anfangs wie Kanarienvögel mit Eidotter geäzt, ſpäter aber mit aufgeweichten Sämereien, Hirſe, Kana-
rienſamen, Wegebreit, Miere und Kreuzkraut, Salat und Gänſediſtelſamen, welcher von den Alten
vorher im Kropf aufgeweicht wurde, groß gefüttert. Die erſte Brut findet gewöhnlich im Januar
ſtatt; auf ſie folgen aber mehrere, bis im Auguſt die Mauſer die Fortſetzung unterbricht.



Die Kappenfinken (Spermestes) ſind den Bandfinken ähnlich geſtaltet. Jhr Schnabel iſt
kurz und dick; der Oberſchnabel zeigt in der Mitte der Schneide eine ſeichte, wenig vorſtehende Ecke
und iſt von dieſer bis zur Spitze in ſeichten Bogen eingezogen. Die Flügel ſind verhältnißmäßig lang;
die erſte Schwinge iſt wenig gegen die zweite oder längſte verkürzt. Der kurze Schwanz iſt ziemlich ſtark
abgeſtuft, das Gefieder verhältnißmäßig hart, auf der Oberſeite ſchwarz, unten weiß, die Zeichnung
deſſelben gewöhnlich bandartig; der Oberſchnabel pflegt dunkel, der Unterſchnabel hell zu ſein.

Eines der bekannteſten Glieder dieſer Sippe iſt das Elſtervögelchen (Spermestes cucullata).
Seine Länge beträgt 3¼ Zoll, die Fittiglänge 1¾ Zoll, die Schwanzlänge 13 Linien. Das Gefieder
iſt auf der Oberſeite ſchwarzbraun, ſchimmernd, auf Kopf und Hals bis zur Oberbruſt am dunkelſten,
auf der Unterſeite weiß, auf dem Bürzel, den Ober- und Unterſchwanzdeckfedern und an den Bauch-
ſeiten graulichweiß und mattſchwarz gebändert, hier aber durch einen großen, dunkeln, metallgrün glän-
zenden Flecken, welcher auf den Bruſtſeiten ſteht, noch beſonders geziert. Schwingen und Steuer-
federn ſind einfärbig ſchwarz, die Schwungfedern auf der Unterſeite grau ſchimmernd. Die Jris iſt
braun, der Oberſchnabel ſchwarz, der Unterſchnabel weißlich, der Fuß ſchwarz.

Wir wiſſen, daß die Länder um den Gambia die Heimat des Elſtervögelchens ſind; ſind aber
über ſeine Lebensweiſe im Freien nicht weiter unterrichtet. Um ſo beſſer kennen wir das Gefangen-
leben, Dank F. Schlegel’s ſorgfältigen und dabei in anziehendſter Weiſe uns übermittelten Beobach-
tungen. „Faſt ein Jahr lang‟, ſo berichtet mein Berufsgenoſſe, „hielt ich ein Paar Elſtervögel und
ein Paar Halsbandvögel gemeinſchaftlich in einem Glockenbauer, der zwei, zur Aufnahme der Nahrung
beſtimmte, mit Drahtdach verſehene Erker hatte. Da ich beobachtete, daß meine Thierchen nicht nur
die ganze Nacht über, ſondern häufig auch am Tage, um der Ruhe zu pflegen, in dieſe Erker paarweis
ſich niederkauerten, wurde ich neugierig, zu wiſſen, ob ſie nicht nach Art der Zaunkönige und Mei-
ſen
auch durch ein enges Eingangsloch in den Erkerraum ſchlüpfen würden. Jch ſchob ein zwei
Finger breites Pappſtück vor den noch immer offenen Erker, und als ich ſah, daß dieſe Verengerung
des Einganges ſie durchaus nicht behinderte, erſetzte ich die Pappe durch ein breiteres Stück. Endlich
ſchloß ich die Oeffnung des Erkers ſo, daß nur am oberen Rand ein Ausſchnitt von Thalergröße blieb.
Weit entfernt, daß dieſer Bau die Thiere beirrt hätte! Sie ſchlüpften ſofort und mit ſichtlichem Be-
hagen, wie um zu probiren, hinein heraus, heraus hinein. Noch an demſelben Tage verſorgte ich die
Thierchen mit verſchiedenen Niſtſtoffen, als Federn, Leinwandfaſern, Schweinswolle und Wolle von
Diſtelköpfen. So friedlich aber bisher auch beide Arten neben einander gelebt hatten, ſo biſſig behan-
delten ſie ſich, als die Wahl zwiſchen dem einen und dem andern Erker in Frage kam. Niemals vor-
dem bemerkte ich Zwiſtigkeiten und ziemlich gleichgiltig ſchien es ihnen, welchen der beiden Erker ſie als
ihr Ruheplätzchen in Beſitz hatten, und jedes der beiden Paare ſchmiegte ſich dahin, wo gerade Raum
für ſie war. Mit einem Male ſchien ein anderer Geiſt über die Thiere gekommen. Es galt die
Wahl eines Brüteplatzes zu treffen und dazu mußte genau geprüft werden, welches der beſte ſei. Aber
damit war der Friede abgelaufen. Der ſonſt ſo gleichmüthige Halsbandvogel, vorzugsweiſe aber das
Männchen, theilte nach rechts und links kräftige Schnabelhiebe aus; der leichterregte Elſtervogel

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[200/0220] Die Knacker. Sperlingsvögel. Prachtfinken. Das Neſt wird im Käfig aus trockenen Grasblättern, feinem Heu und Pflanzenwolle zuſammen- gebaut. Es iſt melonenförmig, oben geſchloſſen, mit ſeitlichem Flugloch, innen warm ausgefüttert. Vier bis fünf weiße, fein roth gepunktete Eier bilden das Gelege. Sie werden binnen vierzehn Tagen ausgebrütet. Die Jungen, welche in einem dichten Flaumenkleid zur Welt kommen, werden anfangs wie Kanarienvögel mit Eidotter geäzt, ſpäter aber mit aufgeweichten Sämereien, Hirſe, Kana- rienſamen, Wegebreit, Miere und Kreuzkraut, Salat und Gänſediſtelſamen, welcher von den Alten vorher im Kropf aufgeweicht wurde, groß gefüttert. Die erſte Brut findet gewöhnlich im Januar ſtatt; auf ſie folgen aber mehrere, bis im Auguſt die Mauſer die Fortſetzung unterbricht. Die Kappenfinken (Spermestes) ſind den Bandfinken ähnlich geſtaltet. Jhr Schnabel iſt kurz und dick; der Oberſchnabel zeigt in der Mitte der Schneide eine ſeichte, wenig vorſtehende Ecke und iſt von dieſer bis zur Spitze in ſeichten Bogen eingezogen. Die Flügel ſind verhältnißmäßig lang; die erſte Schwinge iſt wenig gegen die zweite oder längſte verkürzt. Der kurze Schwanz iſt ziemlich ſtark abgeſtuft, das Gefieder verhältnißmäßig hart, auf der Oberſeite ſchwarz, unten weiß, die Zeichnung deſſelben gewöhnlich bandartig; der Oberſchnabel pflegt dunkel, der Unterſchnabel hell zu ſein. Eines der bekannteſten Glieder dieſer Sippe iſt das Elſtervögelchen (Spermestes cucullata). Seine Länge beträgt 3¼ Zoll, die Fittiglänge 1¾ Zoll, die Schwanzlänge 13 Linien. Das Gefieder iſt auf der Oberſeite ſchwarzbraun, ſchimmernd, auf Kopf und Hals bis zur Oberbruſt am dunkelſten, auf der Unterſeite weiß, auf dem Bürzel, den Ober- und Unterſchwanzdeckfedern und an den Bauch- ſeiten graulichweiß und mattſchwarz gebändert, hier aber durch einen großen, dunkeln, metallgrün glän- zenden Flecken, welcher auf den Bruſtſeiten ſteht, noch beſonders geziert. Schwingen und Steuer- federn ſind einfärbig ſchwarz, die Schwungfedern auf der Unterſeite grau ſchimmernd. Die Jris iſt braun, der Oberſchnabel ſchwarz, der Unterſchnabel weißlich, der Fuß ſchwarz. Wir wiſſen, daß die Länder um den Gambia die Heimat des Elſtervögelchens ſind; ſind aber über ſeine Lebensweiſe im Freien nicht weiter unterrichtet. Um ſo beſſer kennen wir das Gefangen- leben, Dank F. Schlegel’s ſorgfältigen und dabei in anziehendſter Weiſe uns übermittelten Beobach- tungen. „Faſt ein Jahr lang‟, ſo berichtet mein Berufsgenoſſe, „hielt ich ein Paar Elſtervögel und ein Paar Halsbandvögel gemeinſchaftlich in einem Glockenbauer, der zwei, zur Aufnahme der Nahrung beſtimmte, mit Drahtdach verſehene Erker hatte. Da ich beobachtete, daß meine Thierchen nicht nur die ganze Nacht über, ſondern häufig auch am Tage, um der Ruhe zu pflegen, in dieſe Erker paarweis ſich niederkauerten, wurde ich neugierig, zu wiſſen, ob ſie nicht nach Art der Zaunkönige und Mei- ſen auch durch ein enges Eingangsloch in den Erkerraum ſchlüpfen würden. Jch ſchob ein zwei Finger breites Pappſtück vor den noch immer offenen Erker, und als ich ſah, daß dieſe Verengerung des Einganges ſie durchaus nicht behinderte, erſetzte ich die Pappe durch ein breiteres Stück. Endlich ſchloß ich die Oeffnung des Erkers ſo, daß nur am oberen Rand ein Ausſchnitt von Thalergröße blieb. Weit entfernt, daß dieſer Bau die Thiere beirrt hätte! Sie ſchlüpften ſofort und mit ſichtlichem Be- hagen, wie um zu probiren, hinein heraus, heraus hinein. Noch an demſelben Tage verſorgte ich die Thierchen mit verſchiedenen Niſtſtoffen, als Federn, Leinwandfaſern, Schweinswolle und Wolle von Diſtelköpfen. So friedlich aber bisher auch beide Arten neben einander gelebt hatten, ſo biſſig behan- delten ſie ſich, als die Wahl zwiſchen dem einen und dem andern Erker in Frage kam. Niemals vor- dem bemerkte ich Zwiſtigkeiten und ziemlich gleichgiltig ſchien es ihnen, welchen der beiden Erker ſie als ihr Ruheplätzchen in Beſitz hatten, und jedes der beiden Paare ſchmiegte ſich dahin, wo gerade Raum für ſie war. Mit einem Male ſchien ein anderer Geiſt über die Thiere gekommen. Es galt die Wahl eines Brüteplatzes zu treffen und dazu mußte genau geprüft werden, welches der beſte ſei. Aber damit war der Friede abgelaufen. Der ſonſt ſo gleichmüthige Halsbandvogel, vorzugsweiſe aber das Männchen, theilte nach rechts und links kräftige Schnabelhiebe aus; der leichterregte Elſtervogel

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/220>, abgerufen am 23.11.2024.