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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Goldweber. Baya.
zunächst die Eingangsröhre angefertigt. Diese heftet sich nun das Schlupfloch an, läuft an der ganzen
Wandung herab und wird mit dieser fest verbunden. An ihrem unteren Ende befindet sich das Ein-
flugloch. Ganz zuletzt erst wird auch das Jnnere vollends ausgebaut und mit einer Unterlage von
äußerst feinen Grashalmen ausgefüttert. Oft bauen die Vögel noch während des Eierlegens rüstig
am Neste fort. Jn solchem schwankenden Gebäude findet man 3 bis 5 Eier von 9 Linien Länge,
welche auf grünem Grunde braun gefleckt sind. Jn manchen, den beschriebenen ganz gleichen Nestern,
fand ich jedoch Eier, welche der Größe nach den eben beschriebenen zwar gleich waren, anstatt der grü-
nen aber eine weiße Grundfarbe zeigten; auch Heuglin gibt an, daß die Webervögel-Eier von weiß
durch röthlich zu grün abändern.

Heuglin sagt mit Recht, daß die Männchen die hauptsächlichsten Baumeister sind und hebt
hervor, daß diese während der Brutzeit oft in Vorrath arbeiten, d. h. Nester bauen, welche zur Zeit
augenscheinlich noch nicht gebraucht werden.

Das Weibchen brütet allein, wie ich glaube; wenigstens habe ich oft gesehen, daß es von dem
Männchen gefüttert wurde. Es ist ein hübsches Schauspiel, die alten Webervögel am Neste zu beob-
achten. Die Regsamkeit in der Ansiedlung ist, wenn die Weibchen brüten und noch mehr, wenn die
Jungen heranwachsen, ungemein groß. Von Minute zu Minute beinahe kommt eins der Eltern um
das andere angeflogen, hängt sich unten an das Rest an und steckt nun den Kopf durch den Eingang,
um die hungrige Brut zu äzen, ohne eigentlich ins Nest einzutreten. Da nun ein Nest dicht neben
dem andern hängt, gleicht der ganze Baum wirklich einem Bienenstocke. Fortwährend kommen Einige,
fortwährend fliegen Andere wieder dahin.

Jn der Gefangenschaft habe ich den gelben Weber niemals gesehen und ihn bei meinem unsteten
Wanderleben auch niemals im Käfig halten können. Verwandte Arten kommen lebend zu uns; sie sind
jedoch immer seltene Erscheinungen.



Der berühmteste aller Webervögel ist der Baya aus Hindostan oder Südasien überhaupt; denn
der Vogel kommt auch auf Java und anderen südasiatischen Eilanden häufig vor. Der Baya und
seine Verwandten, welche man Ammerweber (Nelicurvius) genannt hat, sind verhältnißmäßig
kleine, gedrungen gebaute Mitglieder der Familie. Der Schnabel ist etwas gestreckt, auf der Firste
gewölbt, mit ihr rechtwinklig in die Stirn tretend, an der Seite des Oberschnabels in zwei seich-
ten Bogen ausgebuchtet. Der Flügel ist mittellang, die vierte Schwinge die längste; der Schwanz
ist kurz, seine Federn sind fast gleich lang, kurz, schief zugespitzt. Der Lauf ist ziemlich stark,
aber nicht besonders hoch. Das Gefieder zeigt wenig lebhafte Farben.

Der Baya (Nelicurvius Baya) ist auf der Oberseite dunkelbraun, alle Federn aber und be-
sonders die großen Deck- und Hinterschwungfedern sind fahlweiß gesäumt, wodurch die Grund-
färbung bedeutend lichter wird. Die Unterseite ist fahlweiß, auf der Brust hellbraun überlaufen,
jede einzelne Feder mit einem dunkeln Schaftstrich oder Schaftflecken gezeichnet. Gesicht und Vor-
derhals sind schwarz, der Oberkopf lebhaft gelb. Die Handschwingen haben eine schmale gelbe Kante.
Dem Weibchen fehlt das Schwarz und Gelb am Kopfe, dagegen hat es blasse Augenbrauen, und
Kinn und Brust sind weißlich. Dasselbe Kleid trägt das Männchen im Winter. Bei jüngeren
Männchen ist die Brust blaßröthlich, anstatt gelb. Der Schnabel ist hornfarben, die Jris braun,
der Fuß bräunlich fleischfarben, das Auge dunkelblau. Die Länge des Vogels beträgt 6 Zoll, die
Breite 91/2 Zoll, der Fittig mißt 2 4/5 , der Schwanz fast 2 Zoll.

"Der gemeine Webervogel", sagt Jerdon, welcher ihn am ausführlichsten beschrieben hat,
"verbreitet sich über ganz Jndien und findet sich ebenso in Assam, Burma und auf der malayi-
schen Halbinsel. Jn wohlbewaldeten Gegenden des Landes ist er überaus gemein, im Hochlande
von Dekan hingegen kann man tagelang reisen, ohne einen einzigen zu sehen. Wie es scheint,

Brehm, Thierleben. III. 15

Goldweber. Baya.
zunächſt die Eingangsröhre angefertigt. Dieſe heftet ſich nun das Schlupfloch an, läuft an der ganzen
Wandung herab und wird mit dieſer feſt verbunden. An ihrem unteren Ende befindet ſich das Ein-
flugloch. Ganz zuletzt erſt wird auch das Jnnere vollends ausgebaut und mit einer Unterlage von
äußerſt feinen Grashalmen ausgefüttert. Oft bauen die Vögel noch während des Eierlegens rüſtig
am Neſte fort. Jn ſolchem ſchwankenden Gebäude findet man 3 bis 5 Eier von 9 Linien Länge,
welche auf grünem Grunde braun gefleckt ſind. Jn manchen, den beſchriebenen ganz gleichen Neſtern,
fand ich jedoch Eier, welche der Größe nach den eben beſchriebenen zwar gleich waren, anſtatt der grü-
nen aber eine weiße Grundfarbe zeigten; auch Heuglin gibt an, daß die Webervögel-Eier von weiß
durch röthlich zu grün abändern.

Heuglin ſagt mit Recht, daß die Männchen die hauptſächlichſten Baumeiſter ſind und hebt
hervor, daß dieſe während der Brutzeit oft in Vorrath arbeiten, d. h. Neſter bauen, welche zur Zeit
augenſcheinlich noch nicht gebraucht werden.

Das Weibchen brütet allein, wie ich glaube; wenigſtens habe ich oft geſehen, daß es von dem
Männchen gefüttert wurde. Es iſt ein hübſches Schauſpiel, die alten Webervögel am Neſte zu beob-
achten. Die Regſamkeit in der Anſiedlung iſt, wenn die Weibchen brüten und noch mehr, wenn die
Jungen heranwachſen, ungemein groß. Von Minute zu Minute beinahe kommt eins der Eltern um
das andere angeflogen, hängt ſich unten an das Reſt an und ſteckt nun den Kopf durch den Eingang,
um die hungrige Brut zu äzen, ohne eigentlich ins Neſt einzutreten. Da nun ein Neſt dicht neben
dem andern hängt, gleicht der ganze Baum wirklich einem Bienenſtocke. Fortwährend kommen Einige,
fortwährend fliegen Andere wieder dahin.

Jn der Gefangenſchaft habe ich den gelben Weber niemals geſehen und ihn bei meinem unſteten
Wanderleben auch niemals im Käfig halten können. Verwandte Arten kommen lebend zu uns; ſie ſind
jedoch immer ſeltene Erſcheinungen.



Der berühmteſte aller Webervögel iſt der Baya aus Hindoſtan oder Südaſien überhaupt; denn
der Vogel kommt auch auf Java und anderen ſüdaſiatiſchen Eilanden häufig vor. Der Baya und
ſeine Verwandten, welche man Ammerweber (Nelicurvius) genannt hat, ſind verhältnißmäßig
kleine, gedrungen gebaute Mitglieder der Familie. Der Schnabel iſt etwas geſtreckt, auf der Firſte
gewölbt, mit ihr rechtwinklig in die Stirn tretend, an der Seite des Oberſchnabels in zwei ſeich-
ten Bogen ausgebuchtet. Der Flügel iſt mittellang, die vierte Schwinge die längſte; der Schwanz
iſt kurz, ſeine Federn ſind faſt gleich lang, kurz, ſchief zugeſpitzt. Der Lauf iſt ziemlich ſtark,
aber nicht beſonders hoch. Das Gefieder zeigt wenig lebhafte Farben.

Der Baya (Nelicurvius Baya) iſt auf der Oberſeite dunkelbraun, alle Federn aber und be-
ſonders die großen Deck- und Hinterſchwungfedern ſind fahlweiß geſäumt, wodurch die Grund-
färbung bedeutend lichter wird. Die Unterſeite iſt fahlweiß, auf der Bruſt hellbraun überlaufen,
jede einzelne Feder mit einem dunkeln Schaftſtrich oder Schaftflecken gezeichnet. Geſicht und Vor-
derhals ſind ſchwarz, der Oberkopf lebhaft gelb. Die Handſchwingen haben eine ſchmale gelbe Kante.
Dem Weibchen fehlt das Schwarz und Gelb am Kopfe, dagegen hat es blaſſe Augenbrauen, und
Kinn und Bruſt ſind weißlich. Daſſelbe Kleid trägt das Männchen im Winter. Bei jüngeren
Männchen iſt die Bruſt blaßröthlich, anſtatt gelb. Der Schnabel iſt hornfarben, die Jris braun,
der Fuß bräunlich fleiſchfarben, das Auge dunkelblau. Die Länge des Vogels beträgt 6 Zoll, die
Breite 9½ Zoll, der Fittig mißt 2⅘, der Schwanz faſt 2 Zoll.

„Der gemeine Webervogel‟, ſagt Jerdon, welcher ihn am ausführlichſten beſchrieben hat,
„verbreitet ſich über ganz Jndien und findet ſich ebenſo in Aſſam, Burma und auf der malayi-
ſchen Halbinſel. Jn wohlbewaldeten Gegenden des Landes iſt er überaus gemein, im Hochlande
von Dekan hingegen kann man tagelang reiſen, ohne einen einzigen zu ſehen. Wie es ſcheint,

Brehm, Thierleben. III. 15
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[225/0245] Goldweber. Baya. zunächſt die Eingangsröhre angefertigt. Dieſe heftet ſich nun das Schlupfloch an, läuft an der ganzen Wandung herab und wird mit dieſer feſt verbunden. An ihrem unteren Ende befindet ſich das Ein- flugloch. Ganz zuletzt erſt wird auch das Jnnere vollends ausgebaut und mit einer Unterlage von äußerſt feinen Grashalmen ausgefüttert. Oft bauen die Vögel noch während des Eierlegens rüſtig am Neſte fort. Jn ſolchem ſchwankenden Gebäude findet man 3 bis 5 Eier von 9 Linien Länge, welche auf grünem Grunde braun gefleckt ſind. Jn manchen, den beſchriebenen ganz gleichen Neſtern, fand ich jedoch Eier, welche der Größe nach den eben beſchriebenen zwar gleich waren, anſtatt der grü- nen aber eine weiße Grundfarbe zeigten; auch Heuglin gibt an, daß die Webervögel-Eier von weiß durch röthlich zu grün abändern. Heuglin ſagt mit Recht, daß die Männchen die hauptſächlichſten Baumeiſter ſind und hebt hervor, daß dieſe während der Brutzeit oft in Vorrath arbeiten, d. h. Neſter bauen, welche zur Zeit augenſcheinlich noch nicht gebraucht werden. Das Weibchen brütet allein, wie ich glaube; wenigſtens habe ich oft geſehen, daß es von dem Männchen gefüttert wurde. Es iſt ein hübſches Schauſpiel, die alten Webervögel am Neſte zu beob- achten. Die Regſamkeit in der Anſiedlung iſt, wenn die Weibchen brüten und noch mehr, wenn die Jungen heranwachſen, ungemein groß. Von Minute zu Minute beinahe kommt eins der Eltern um das andere angeflogen, hängt ſich unten an das Reſt an und ſteckt nun den Kopf durch den Eingang, um die hungrige Brut zu äzen, ohne eigentlich ins Neſt einzutreten. Da nun ein Neſt dicht neben dem andern hängt, gleicht der ganze Baum wirklich einem Bienenſtocke. Fortwährend kommen Einige, fortwährend fliegen Andere wieder dahin. Jn der Gefangenſchaft habe ich den gelben Weber niemals geſehen und ihn bei meinem unſteten Wanderleben auch niemals im Käfig halten können. Verwandte Arten kommen lebend zu uns; ſie ſind jedoch immer ſeltene Erſcheinungen. Der berühmteſte aller Webervögel iſt der Baya aus Hindoſtan oder Südaſien überhaupt; denn der Vogel kommt auch auf Java und anderen ſüdaſiatiſchen Eilanden häufig vor. Der Baya und ſeine Verwandten, welche man Ammerweber (Nelicurvius) genannt hat, ſind verhältnißmäßig kleine, gedrungen gebaute Mitglieder der Familie. Der Schnabel iſt etwas geſtreckt, auf der Firſte gewölbt, mit ihr rechtwinklig in die Stirn tretend, an der Seite des Oberſchnabels in zwei ſeich- ten Bogen ausgebuchtet. Der Flügel iſt mittellang, die vierte Schwinge die längſte; der Schwanz iſt kurz, ſeine Federn ſind faſt gleich lang, kurz, ſchief zugeſpitzt. Der Lauf iſt ziemlich ſtark, aber nicht beſonders hoch. Das Gefieder zeigt wenig lebhafte Farben. Der Baya (Nelicurvius Baya) iſt auf der Oberſeite dunkelbraun, alle Federn aber und be- ſonders die großen Deck- und Hinterſchwungfedern ſind fahlweiß geſäumt, wodurch die Grund- färbung bedeutend lichter wird. Die Unterſeite iſt fahlweiß, auf der Bruſt hellbraun überlaufen, jede einzelne Feder mit einem dunkeln Schaftſtrich oder Schaftflecken gezeichnet. Geſicht und Vor- derhals ſind ſchwarz, der Oberkopf lebhaft gelb. Die Handſchwingen haben eine ſchmale gelbe Kante. Dem Weibchen fehlt das Schwarz und Gelb am Kopfe, dagegen hat es blaſſe Augenbrauen, und Kinn und Bruſt ſind weißlich. Daſſelbe Kleid trägt das Männchen im Winter. Bei jüngeren Männchen iſt die Bruſt blaßröthlich, anſtatt gelb. Der Schnabel iſt hornfarben, die Jris braun, der Fuß bräunlich fleiſchfarben, das Auge dunkelblau. Die Länge des Vogels beträgt 6 Zoll, die Breite 9½ Zoll, der Fittig mißt 2⅘, der Schwanz faſt 2 Zoll. „Der gemeine Webervogel‟, ſagt Jerdon, welcher ihn am ausführlichſten beſchrieben hat, „verbreitet ſich über ganz Jndien und findet ſich ebenſo in Aſſam, Burma und auf der malayi- ſchen Halbinſel. Jn wohlbewaldeten Gegenden des Landes iſt er überaus gemein, im Hochlande von Dekan hingegen kann man tagelang reiſen, ohne einen einzigen zu ſehen. Wie es ſcheint, Brehm, Thierleben. III. 15

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/245>, abgerufen am 25.05.2024.