dem geübtesten Jäger zu schaffen und fordert den vollen Verstand und die ganze Tücke des Menschen heraus. Außer dem Menschen stellen wohl nur die stärkeren Raubvögel dem listigen und muthigen Vogel nach. Am schlimmsten treibt es der Hühnerhabicht, gegen dessen Angriffe nur dichtes Ge- büsch rettet. Eine von dem Vogel ergriffene Elster schreit, nach Naumann's Beobachtungen, kläglich und sucht sich mit grimmigen Bissen zu vertheidigen. Es hilft ihr aber Nichts -- wenn der Habicht sie einmal gepackt hat, muß sie sterben.
Jn Süd- und Mittelspanien tritt neben der gemeinen Elster eine zweite Art der Familie auf, die Blauelster (Cyanopica Cookii). Ein ihr sehr ähnlicher Vogel (Cyanopica cyanea) bewohnt die Krimm, einen großen Theil Sibiriens bis zu den Amurländern und ganz China.
Die Blauelstern sind, wie ihr wissenschaftlicher Name zeigt, zum Vertreter einer besondern Sippe erhoben, also von den übrigen Elstern getrennt worden. Die Unterscheidungsmerkmale beider Grup- pen beschränken sich nach meinem Dafürhalten jedoch nur auf die verschiedene Färbung, und deshalb scheint mir die Trennung kaum gerechtfertigt zu sein.
Unter den europäischen Vögeln gehört die Blauelster zu den schönsten. Sie ist ein höchst zier- liches Thier von ansprechender Färbung. Der Kopf und der obere Theil des Nackens sind sammt- schwarz; der Rücken ist blaßbräunlichgrau; die Kehle und die Wangen sind grauweiß; die ganze Unterseite ist lichtfahlgrau; die Flügel, die Schwingen und der Schwanz aber sind schön licht- blaugrau. Das Auge ist kaffeebraun, Schnabel und Füße sind schwarz. Die Länge beträgt 131/2 bis 14 Zoll, die Breite 16 bis 161/2 Zoll, der Fittig mißt 51/4 bis 51/2 Zoll, der Schwanz 11 Zoll. Das Weibchen ist um 1 bis 11/2 Zoll kürzer und ein wenig schmäler. Bei den Jungen sind alle Farben matter; das Schwarz des Kopfes und das Blau der Schwung- und Steuerfedern ist unscheinbar, das Grau des Unterkörpers unrein und der Flügel durch zwei graue, wenig in die Augen fallende Bin- den gezeichnet.
Man begegnet der Blauelster in allen Theilen Süd- und Mittelspaniens, da, wo die immer- grüne Eiche zusammenhängende Waldungen bildet. Sie ist fast undenkbar ohne diesen Baum, welcher in gewissem Sinne ihr Ein und Alles zu sein scheint, dessen dichte Krone ihr Obdach und Schutz gewährt, dessen dunkles Laub sie versteckt und dem Auge entzieht, trotz ihres Prachtgewandes. Des- halb auch wird sie da, wo diese Eiche nur vereinzelt auftritt, nicht gefunden: in den östlichen Provinzen fehlt sie gänzlich, und nach Norden hin reicht sie nicht über Kastilien hinaus. Jn Nordwestafrika, namentlich in Marokko, lebt sie ebenfalls. Wo sie vorkommt, ist sie häufig. Sie ist geselliger, als die Gartenkrähe und deshalb stets zu zahlreichen Banden vereinigt. Aber sie meidet die Nähe des Menschen und findet sich daher nur ausnahmsweise in der Nähe von bewohnten Gebäuden. Dagegen besucht sie sehr häufig die Straßen hauptsächlich des Pferdemistes halber. Jn ihrem Betragen ähnelt sie der gemeinen Elster sehr. Sie geht und fliegt genau wie diese, ist ebenso klug und vorsichtig und leistet im Verhältniß zu ihrer Größe Dasselbe. Jhre Stimme aber ist ganz verschieden von der der Elster; sie klingt ungefähr wie "Krrih" oder "Prrih", langgezogen und abgebrochen, und wenn der Vogel schwatzt, wie "Klikklikklikkli", dem lustigen Ruf des Grünspechtes entfernt ähnlich. Verfolgt, benimmt sich die Blauelster wie der Heher: sie verläßt das Gebiet nicht, hält sich aber immer außer- halb Schußweite, fliegt von Baum zu Baum, zeigt sich fortwährend, läßt sich aber niemals nahe genug kommen. Jhre Jagd hat deshalb ihre besondere Schwierigkeit und diese wächst, sobald der Vogel einmal mißtrauisch geworden ist. Ueberhaupt zeigt die Blauelster etwas außerordentlich Un- stetes. Sie ist thatsächlich keinen Augenblick ruhig, sondern fortwährend in Bewegung und zwar in so verschiedenartiger, als nur möglich. Ein Flug dieser anmuthigen Vögel durchsucht und durchstöbert das ganze Gebiet, welches er beherrscht. Einige sind auf dem Boden beschäftigt, die andern in den dichten Wipfeln der Eichen, diese in niedrigen, jene in hohen Gebüschen. Auf freien Plätzen zeigt sich die
Die Knacker. Rabenvögel. Baumkrähen.
dem geübteſten Jäger zu ſchaffen und fordert den vollen Verſtand und die ganze Tücke des Menſchen heraus. Außer dem Menſchen ſtellen wohl nur die ſtärkeren Raubvögel dem liſtigen und muthigen Vogel nach. Am ſchlimmſten treibt es der Hühnerhabicht, gegen deſſen Angriffe nur dichtes Ge- büſch rettet. Eine von dem Vogel ergriffene Elſter ſchreit, nach Naumann’s Beobachtungen, kläglich und ſucht ſich mit grimmigen Biſſen zu vertheidigen. Es hilft ihr aber Nichts — wenn der Habicht ſie einmal gepackt hat, muß ſie ſterben.
Jn Süd- und Mittelſpanien tritt neben der gemeinen Elſter eine zweite Art der Familie auf, die Blauelſter (Cyanopica Cookii). Ein ihr ſehr ähnlicher Vogel (Cyanopica cyanea) bewohnt die Krimm, einen großen Theil Sibiriens bis zu den Amurländern und ganz China.
Die Blauelſtern ſind, wie ihr wiſſenſchaftlicher Name zeigt, zum Vertreter einer beſondern Sippe erhoben, alſo von den übrigen Elſtern getrennt worden. Die Unterſcheidungsmerkmale beider Grup- pen beſchränken ſich nach meinem Dafürhalten jedoch nur auf die verſchiedene Färbung, und deshalb ſcheint mir die Trennung kaum gerechtfertigt zu ſein.
Unter den europäiſchen Vögeln gehört die Blauelſter zu den ſchönſten. Sie iſt ein höchſt zier- liches Thier von anſprechender Färbung. Der Kopf und der obere Theil des Nackens ſind ſammt- ſchwarz; der Rücken iſt blaßbräunlichgrau; die Kehle und die Wangen ſind grauweiß; die ganze Unterſeite iſt lichtfahlgrau; die Flügel, die Schwingen und der Schwanz aber ſind ſchön licht- blaugrau. Das Auge iſt kaffeebraun, Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 13½ bis 14 Zoll, die Breite 16 bis 16½ Zoll, der Fittig mißt 5¼ bis 5½ Zoll, der Schwanz 11 Zoll. Das Weibchen iſt um 1 bis 1½ Zoll kürzer und ein wenig ſchmäler. Bei den Jungen ſind alle Farben matter; das Schwarz des Kopfes und das Blau der Schwung- und Steuerfedern iſt unſcheinbar, das Grau des Unterkörpers unrein und der Flügel durch zwei graue, wenig in die Augen fallende Bin- den gezeichnet.
Man begegnet der Blauelſter in allen Theilen Süd- und Mittelſpaniens, da, wo die immer- grüne Eiche zuſammenhängende Waldungen bildet. Sie iſt faſt undenkbar ohne dieſen Baum, welcher in gewiſſem Sinne ihr Ein und Alles zu ſein ſcheint, deſſen dichte Krone ihr Obdach und Schutz gewährt, deſſen dunkles Laub ſie verſteckt und dem Auge entzieht, trotz ihres Prachtgewandes. Des- halb auch wird ſie da, wo dieſe Eiche nur vereinzelt auftritt, nicht gefunden: in den öſtlichen Provinzen fehlt ſie gänzlich, und nach Norden hin reicht ſie nicht über Kaſtilien hinaus. Jn Nordweſtafrika, namentlich in Marokko, lebt ſie ebenfalls. Wo ſie vorkommt, iſt ſie häufig. Sie iſt geſelliger, als die Gartenkrähe und deshalb ſtets zu zahlreichen Banden vereinigt. Aber ſie meidet die Nähe des Menſchen und findet ſich daher nur ausnahmsweiſe in der Nähe von bewohnten Gebäuden. Dagegen beſucht ſie ſehr häufig die Straßen hauptſächlich des Pferdemiſtes halber. Jn ihrem Betragen ähnelt ſie der gemeinen Elſter ſehr. Sie geht und fliegt genau wie dieſe, iſt ebenſo klug und vorſichtig und leiſtet im Verhältniß zu ihrer Größe Daſſelbe. Jhre Stimme aber iſt ganz verſchieden von der der Elſter; ſie klingt ungefähr wie „Krrih‟ oder „Prrih‟, langgezogen und abgebrochen, und wenn der Vogel ſchwatzt, wie „Klikklikklikkli‟, dem luſtigen Ruf des Grünſpechtes entfernt ähnlich. Verfolgt, benimmt ſich die Blauelſter wie der Heher: ſie verläßt das Gebiet nicht, hält ſich aber immer außer- halb Schußweite, fliegt von Baum zu Baum, zeigt ſich fortwährend, läßt ſich aber niemals nahe genug kommen. Jhre Jagd hat deshalb ihre beſondere Schwierigkeit und dieſe wächſt, ſobald der Vogel einmal mißtrauiſch geworden iſt. Ueberhaupt zeigt die Blauelſter etwas außerordentlich Un- ſtetes. Sie iſt thatſächlich keinen Augenblick ruhig, ſondern fortwährend in Bewegung und zwar in ſo verſchiedenartiger, als nur möglich. Ein Flug dieſer anmuthigen Vögel durchſucht und durchſtöbert das ganze Gebiet, welches er beherrſcht. Einige ſind auf dem Boden beſchäftigt, die andern in den dichten Wipfeln der Eichen, dieſe in niedrigen, jene in hohen Gebüſchen. Auf freien Plätzen zeigt ſich die
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[374/0402]
Die Knacker. Rabenvögel. Baumkrähen.
dem geübteſten Jäger zu ſchaffen und fordert den vollen Verſtand und die ganze Tücke des Menſchen
heraus. Außer dem Menſchen ſtellen wohl nur die ſtärkeren Raubvögel dem liſtigen und muthigen
Vogel nach. Am ſchlimmſten treibt es der Hühnerhabicht, gegen deſſen Angriffe nur dichtes Ge-
büſch rettet. Eine von dem Vogel ergriffene Elſter ſchreit, nach Naumann’s Beobachtungen, kläglich
und ſucht ſich mit grimmigen Biſſen zu vertheidigen. Es hilft ihr aber Nichts — wenn der Habicht
ſie einmal gepackt hat, muß ſie ſterben.
Jn Süd- und Mittelſpanien tritt neben der gemeinen Elſter eine zweite Art der Familie auf,
die Blauelſter (Cyanopica Cookii). Ein ihr ſehr ähnlicher Vogel (Cyanopica cyanea) bewohnt die
Krimm, einen großen Theil Sibiriens bis zu den Amurländern und ganz China.
Die Blauelſtern ſind, wie ihr wiſſenſchaftlicher Name zeigt, zum Vertreter einer beſondern Sippe
erhoben, alſo von den übrigen Elſtern getrennt worden. Die Unterſcheidungsmerkmale beider Grup-
pen beſchränken ſich nach meinem Dafürhalten jedoch nur auf die verſchiedene Färbung, und deshalb
ſcheint mir die Trennung kaum gerechtfertigt zu ſein.
Unter den europäiſchen Vögeln gehört die Blauelſter zu den ſchönſten. Sie iſt ein höchſt zier-
liches Thier von anſprechender Färbung. Der Kopf und der obere Theil des Nackens ſind ſammt-
ſchwarz; der Rücken iſt blaßbräunlichgrau; die Kehle und die Wangen ſind grauweiß; die ganze
Unterſeite iſt lichtfahlgrau; die Flügel, die Schwingen und der Schwanz aber ſind ſchön licht-
blaugrau. Das Auge iſt kaffeebraun, Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Die Länge beträgt 13½ bis
14 Zoll, die Breite 16 bis 16½ Zoll, der Fittig mißt 5¼ bis 5½ Zoll, der Schwanz 11 Zoll. Das
Weibchen iſt um 1 bis 1½ Zoll kürzer und ein wenig ſchmäler. Bei den Jungen ſind alle Farben
matter; das Schwarz des Kopfes und das Blau der Schwung- und Steuerfedern iſt unſcheinbar, das
Grau des Unterkörpers unrein und der Flügel durch zwei graue, wenig in die Augen fallende Bin-
den gezeichnet.
Man begegnet der Blauelſter in allen Theilen Süd- und Mittelſpaniens, da, wo die immer-
grüne Eiche zuſammenhängende Waldungen bildet. Sie iſt faſt undenkbar ohne dieſen Baum, welcher
in gewiſſem Sinne ihr Ein und Alles zu ſein ſcheint, deſſen dichte Krone ihr Obdach und Schutz
gewährt, deſſen dunkles Laub ſie verſteckt und dem Auge entzieht, trotz ihres Prachtgewandes. Des-
halb auch wird ſie da, wo dieſe Eiche nur vereinzelt auftritt, nicht gefunden: in den öſtlichen Provinzen
fehlt ſie gänzlich, und nach Norden hin reicht ſie nicht über Kaſtilien hinaus. Jn Nordweſtafrika, namentlich
in Marokko, lebt ſie ebenfalls. Wo ſie vorkommt, iſt ſie häufig. Sie iſt geſelliger, als die Gartenkrähe
und deshalb ſtets zu zahlreichen Banden vereinigt. Aber ſie meidet die Nähe des Menſchen und findet
ſich daher nur ausnahmsweiſe in der Nähe von bewohnten Gebäuden. Dagegen beſucht ſie ſehr häufig
die Straßen hauptſächlich des Pferdemiſtes halber. Jn ihrem Betragen ähnelt ſie der gemeinen
Elſter ſehr. Sie geht und fliegt genau wie dieſe, iſt ebenſo klug und vorſichtig und leiſtet
im Verhältniß zu ihrer Größe Daſſelbe. Jhre Stimme aber iſt ganz verſchieden von der der Elſter;
ſie klingt ungefähr wie „Krrih‟ oder „Prrih‟, langgezogen und abgebrochen, und wenn der Vogel
ſchwatzt, wie „Klikklikklikkli‟, dem luſtigen Ruf des Grünſpechtes entfernt ähnlich. Verfolgt,
benimmt ſich die Blauelſter wie der Heher: ſie verläßt das Gebiet nicht, hält ſich aber immer außer-
halb Schußweite, fliegt von Baum zu Baum, zeigt ſich fortwährend, läßt ſich aber niemals nahe
genug kommen. Jhre Jagd hat deshalb ihre beſondere Schwierigkeit und dieſe wächſt, ſobald der
Vogel einmal mißtrauiſch geworden iſt. Ueberhaupt zeigt die Blauelſter etwas außerordentlich Un-
ſtetes. Sie iſt thatſächlich keinen Augenblick ruhig, ſondern fortwährend in Bewegung und zwar in ſo
verſchiedenartiger, als nur möglich. Ein Flug dieſer anmuthigen Vögel durchſucht und durchſtöbert das
ganze Gebiet, welches er beherrſcht. Einige ſind auf dem Boden beſchäftigt, die andern in den dichten
Wipfeln der Eichen, dieſe in niedrigen, jene in hohen Gebüſchen. Auf freien Plätzen zeigt ſich die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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