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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Pisangfresser.
Trupps, zusammen, welche nach meinen eigenen Beobachtungen von drei bis zu funfzehn Stück
anwachsen können. Sie halten sich viel im Gezweig der Bäume auf, kommen aber auch oft auf den
Boden herab. Einzelne scheinen mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein großes Gebiet zu durchstreifen;
Dies aber geschieht in einer unsteten, unruhigen Weise unter viel Gelärm und Geschrei. Jhr Flug
ist nicht besonders ausgezeichnet, aber gewandt und mancherlei Wendungen fähig, wie die kurzen
Flügel vermuthen lassen. Jhre Bewegungen im Gezweig der Bäume sind sehr geschickt. Ueber ihre
geistigen Fähigkeiten ist schwer ein Urtheil zu fällen; so viel aber ist gewiß, daß man sie nicht zu den
dummen Vögeln zählen darf. Sie sind aufmerksam auf Alles, was um sie vorgeht, vorsichtig und
werden, wenn sie sich verfolgt sehen, bald außerordentlich scheu. Um andere Vögel scheinen sie sich
wenig zu bekümmern; man sieht sie stets mit andern ihrer Art zusammen. Doch mag es vorkommen,
daß nahe verwandte Arten einer Sippe sich auf kurze Zeit vereinigen.

Pflanzenstoffe scheinen ihre hauptsächliche, wo nicht ausschließliche Nahrung zu bilden. Sie ver-
zehren Blattknospen, Früchte, Beeren und Körner, welche sie in den Kronen der Bäume, im Gebüsch
und auf dem Boden zusammenlesen. Diese Nahrung bestimmt selbstverständlich ihren Aufenthalt.
Sie beleben deshalb vorzugsweise Gegenden, welche reich an Wasser und somit auch reich an Früchten
sind. Dank dieser Nahrung lassen sie sich auch leicht an die Gefangenschaft gewöhnen und bei einiger
Pflege jahrelang selbst bei uns erhalten. Einzelne Arten gehören zu den angenehmsten Gefangenen,
welche man haben kann. Sie erfreuen durch die Pracht ihres Gefieders, wie durch ihr munteres
Wesen und durch ihre Anspruchslosigkeit.

Ueber ihre Fortpflanzung fehlen zur Zeit noch ausführliche Beobachtungen. Von einigen Arten
ist bekannt, daß sie weiße Eier legen und wahrscheinlich in hohlen Bäumen nisten. Aus ihrem
geselligen Verkehr läßt sich im übrigen schließen, daß die Jungen lange bei den Eltern bleiben und
von diesen treulich behütet werden.



Jn den Wäldern von Agra an der Goldküste entdeckte der deutsche Naturforscher Jsert zu Ende
des vorigen Jahrhunderts den Vertreter einer Sippe der Familie, welchen wir Bananenfresser
(Musophaga violacea) nennen. Ein ähnlicher Vogel wurde später ebenfalls in Westafrika auf-
gefunden. Der Bananenfresser unterscheidet sich hauptsächlich durch seine Schnabelbildung von den
übrigen Verwandten. Die Firste des Oberschnabels nämlich geht unmittelbar in eine hornige Platte
über, welche den größten Theil der Stirn bedeckt. Der Schnabel selbst erscheint deshalb sehr stark;
denn er wölbt sich von der Stirn an in flachem Bogen bis zur Spitze, welche sich hakig über den
schwachen Unterschnabel herabbiegt. Die Schneiden sind gezähnelt; die Nasenlöcher liegen vollkom-
men frei in der Vorderhälfte des Oberschnabels. Die Zügel und eine nackte Stelle um das Auge
sind unbefiedert. Die Flügel sind mittellang, die Armschwingen etwas kürzer, als die Handschwingen.
Der Schwanz ist verhältnißmäßig kurz, breit und am Ende abgerundet. Die Füße sind kurz, aber
kräftig.

"Es mag vielleicht übertrieben erscheinen", sagt Swainson, "wenn ich den Bananenfresser als
einen Fürsten der gefiederten Schöpfung bewundere. Andere Vögel sind hübsch, zierlich, glänzend,
prächtig -- aber die Färbung des Bananenfressers ist königlich. Das schimmernde Purpurschwarz,
welches vorherrscht, wird aufs wundervollste gehoben durch das prachtvolle Hochroth der Schwingen.
Der Schnabel, obgleich beträchtlich groß, erscheint nicht unverhältnißmäßig; denn er ist weder phanta-
stisch gestaltet, wie bei den Nashornvögeln, noch ungeheuerlich, wie bei den Pfefferfressern:
die tiefgelbe, in Hochroth übergehende Färbung, welche ihn schmückt, erhöht nur noch die Schönheit
des dunklen Gefieders."

Die Länge des Bananenfressers beträgt ungefähr 20 Zoll, die Fittiglänge 81/2 Zoll, die
Schwanzlänge ebensoviel. Die zarten und weichen Federn, welche den Scheitel bekleiden, sind pracht-

Die Knacker. Rabenvögel. Piſangfreſſer.
Trupps, zuſammen, welche nach meinen eigenen Beobachtungen von drei bis zu funfzehn Stück
anwachſen können. Sie halten ſich viel im Gezweig der Bäume auf, kommen aber auch oft auf den
Boden herab. Einzelne ſcheinen mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein großes Gebiet zu durchſtreifen;
Dies aber geſchieht in einer unſteten, unruhigen Weiſe unter viel Gelärm und Geſchrei. Jhr Flug
iſt nicht beſonders ausgezeichnet, aber gewandt und mancherlei Wendungen fähig, wie die kurzen
Flügel vermuthen laſſen. Jhre Bewegungen im Gezweig der Bäume ſind ſehr geſchickt. Ueber ihre
geiſtigen Fähigkeiten iſt ſchwer ein Urtheil zu fällen; ſo viel aber iſt gewiß, daß man ſie nicht zu den
dummen Vögeln zählen darf. Sie ſind aufmerkſam auf Alles, was um ſie vorgeht, vorſichtig und
werden, wenn ſie ſich verfolgt ſehen, bald außerordentlich ſcheu. Um andere Vögel ſcheinen ſie ſich
wenig zu bekümmern; man ſieht ſie ſtets mit andern ihrer Art zuſammen. Doch mag es vorkommen,
daß nahe verwandte Arten einer Sippe ſich auf kurze Zeit vereinigen.

Pflanzenſtoffe ſcheinen ihre hauptſächliche, wo nicht ausſchließliche Nahrung zu bilden. Sie ver-
zehren Blattknoſpen, Früchte, Beeren und Körner, welche ſie in den Kronen der Bäume, im Gebüſch
und auf dem Boden zuſammenleſen. Dieſe Nahrung beſtimmt ſelbſtverſtändlich ihren Aufenthalt.
Sie beleben deshalb vorzugsweiſe Gegenden, welche reich an Waſſer und ſomit auch reich an Früchten
ſind. Dank dieſer Nahrung laſſen ſie ſich auch leicht an die Gefangenſchaft gewöhnen und bei einiger
Pflege jahrelang ſelbſt bei uns erhalten. Einzelne Arten gehören zu den angenehmſten Gefangenen,
welche man haben kann. Sie erfreuen durch die Pracht ihres Gefieders, wie durch ihr munteres
Weſen und durch ihre Anſpruchsloſigkeit.

Ueber ihre Fortpflanzung fehlen zur Zeit noch ausführliche Beobachtungen. Von einigen Arten
iſt bekannt, daß ſie weiße Eier legen und wahrſcheinlich in hohlen Bäumen niſten. Aus ihrem
geſelligen Verkehr läßt ſich im übrigen ſchließen, daß die Jungen lange bei den Eltern bleiben und
von dieſen treulich behütet werden.



Jn den Wäldern von Agra an der Goldküſte entdeckte der deutſche Naturforſcher Jſert zu Ende
des vorigen Jahrhunderts den Vertreter einer Sippe der Familie, welchen wir Bananenfreſſer
(Musophaga violacea) nennen. Ein ähnlicher Vogel wurde ſpäter ebenfalls in Weſtafrika auf-
gefunden. Der Bananenfreſſer unterſcheidet ſich hauptſächlich durch ſeine Schnabelbildung von den
übrigen Verwandten. Die Firſte des Oberſchnabels nämlich geht unmittelbar in eine hornige Platte
über, welche den größten Theil der Stirn bedeckt. Der Schnabel ſelbſt erſcheint deshalb ſehr ſtark;
denn er wölbt ſich von der Stirn an in flachem Bogen bis zur Spitze, welche ſich hakig über den
ſchwachen Unterſchnabel herabbiegt. Die Schneiden ſind gezähnelt; die Naſenlöcher liegen vollkom-
men frei in der Vorderhälfte des Oberſchnabels. Die Zügel und eine nackte Stelle um das Auge
ſind unbefiedert. Die Flügel ſind mittellang, die Armſchwingen etwas kürzer, als die Handſchwingen.
Der Schwanz iſt verhältnißmäßig kurz, breit und am Ende abgerundet. Die Füße ſind kurz, aber
kräftig.

„Es mag vielleicht übertrieben erſcheinen‟, ſagt Swainſon, „wenn ich den Bananenfreſſer als
einen Fürſten der gefiederten Schöpfung bewundere. Andere Vögel ſind hübſch, zierlich, glänzend,
prächtig — aber die Färbung des Bananenfreſſers iſt königlich. Das ſchimmernde Purpurſchwarz,
welches vorherrſcht, wird aufs wundervollſte gehoben durch das prachtvolle Hochroth der Schwingen.
Der Schnabel, obgleich beträchtlich groß, erſcheint nicht unverhältnißmäßig; denn er iſt weder phanta-
ſtiſch geſtaltet, wie bei den Nashornvögeln, noch ungeheuerlich, wie bei den Pfefferfreſſern:
die tiefgelbe, in Hochroth übergehende Färbung, welche ihn ſchmückt, erhöht nur noch die Schönheit
des dunklen Gefieders.‟

Die Länge des Bananenfreſſers beträgt ungefähr 20 Zoll, die Fittiglänge 8½ Zoll, die
Schwanzlänge ebenſoviel. Die zarten und weichen Federn, welche den Scheitel bekleiden, ſind pracht-

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[388/0416] Die Knacker. Rabenvögel. Piſangfreſſer. Trupps, zuſammen, welche nach meinen eigenen Beobachtungen von drei bis zu funfzehn Stück anwachſen können. Sie halten ſich viel im Gezweig der Bäume auf, kommen aber auch oft auf den Boden herab. Einzelne ſcheinen mit ziemlicher Regelmäßigkeit ein großes Gebiet zu durchſtreifen; Dies aber geſchieht in einer unſteten, unruhigen Weiſe unter viel Gelärm und Geſchrei. Jhr Flug iſt nicht beſonders ausgezeichnet, aber gewandt und mancherlei Wendungen fähig, wie die kurzen Flügel vermuthen laſſen. Jhre Bewegungen im Gezweig der Bäume ſind ſehr geſchickt. Ueber ihre geiſtigen Fähigkeiten iſt ſchwer ein Urtheil zu fällen; ſo viel aber iſt gewiß, daß man ſie nicht zu den dummen Vögeln zählen darf. Sie ſind aufmerkſam auf Alles, was um ſie vorgeht, vorſichtig und werden, wenn ſie ſich verfolgt ſehen, bald außerordentlich ſcheu. Um andere Vögel ſcheinen ſie ſich wenig zu bekümmern; man ſieht ſie ſtets mit andern ihrer Art zuſammen. Doch mag es vorkommen, daß nahe verwandte Arten einer Sippe ſich auf kurze Zeit vereinigen. Pflanzenſtoffe ſcheinen ihre hauptſächliche, wo nicht ausſchließliche Nahrung zu bilden. Sie ver- zehren Blattknoſpen, Früchte, Beeren und Körner, welche ſie in den Kronen der Bäume, im Gebüſch und auf dem Boden zuſammenleſen. Dieſe Nahrung beſtimmt ſelbſtverſtändlich ihren Aufenthalt. Sie beleben deshalb vorzugsweiſe Gegenden, welche reich an Waſſer und ſomit auch reich an Früchten ſind. Dank dieſer Nahrung laſſen ſie ſich auch leicht an die Gefangenſchaft gewöhnen und bei einiger Pflege jahrelang ſelbſt bei uns erhalten. Einzelne Arten gehören zu den angenehmſten Gefangenen, welche man haben kann. Sie erfreuen durch die Pracht ihres Gefieders, wie durch ihr munteres Weſen und durch ihre Anſpruchsloſigkeit. Ueber ihre Fortpflanzung fehlen zur Zeit noch ausführliche Beobachtungen. Von einigen Arten iſt bekannt, daß ſie weiße Eier legen und wahrſcheinlich in hohlen Bäumen niſten. Aus ihrem geſelligen Verkehr läßt ſich im übrigen ſchließen, daß die Jungen lange bei den Eltern bleiben und von dieſen treulich behütet werden. Jn den Wäldern von Agra an der Goldküſte entdeckte der deutſche Naturforſcher Jſert zu Ende des vorigen Jahrhunderts den Vertreter einer Sippe der Familie, welchen wir Bananenfreſſer (Musophaga violacea) nennen. Ein ähnlicher Vogel wurde ſpäter ebenfalls in Weſtafrika auf- gefunden. Der Bananenfreſſer unterſcheidet ſich hauptſächlich durch ſeine Schnabelbildung von den übrigen Verwandten. Die Firſte des Oberſchnabels nämlich geht unmittelbar in eine hornige Platte über, welche den größten Theil der Stirn bedeckt. Der Schnabel ſelbſt erſcheint deshalb ſehr ſtark; denn er wölbt ſich von der Stirn an in flachem Bogen bis zur Spitze, welche ſich hakig über den ſchwachen Unterſchnabel herabbiegt. Die Schneiden ſind gezähnelt; die Naſenlöcher liegen vollkom- men frei in der Vorderhälfte des Oberſchnabels. Die Zügel und eine nackte Stelle um das Auge ſind unbefiedert. Die Flügel ſind mittellang, die Armſchwingen etwas kürzer, als die Handſchwingen. Der Schwanz iſt verhältnißmäßig kurz, breit und am Ende abgerundet. Die Füße ſind kurz, aber kräftig. „Es mag vielleicht übertrieben erſcheinen‟, ſagt Swainſon, „wenn ich den Bananenfreſſer als einen Fürſten der gefiederten Schöpfung bewundere. Andere Vögel ſind hübſch, zierlich, glänzend, prächtig — aber die Färbung des Bananenfreſſers iſt königlich. Das ſchimmernde Purpurſchwarz, welches vorherrſcht, wird aufs wundervollſte gehoben durch das prachtvolle Hochroth der Schwingen. Der Schnabel, obgleich beträchtlich groß, erſcheint nicht unverhältnißmäßig; denn er iſt weder phanta- ſtiſch geſtaltet, wie bei den Nashornvögeln, noch ungeheuerlich, wie bei den Pfefferfreſſern: die tiefgelbe, in Hochroth übergehende Färbung, welche ihn ſchmückt, erhöht nur noch die Schönheit des dunklen Gefieders.‟ Die Länge des Bananenfreſſers beträgt ungefähr 20 Zoll, die Fittiglänge 8½ Zoll, die Schwanzlänge ebenſoviel. Die zarten und weichen Federn, welche den Scheitel bekleiden, ſind pracht-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/416>, abgerufen am 22.11.2024.