Gesellschaft. Auf ihnen sammeln sich die Vögel des Trupps, welche sich während des Futtersuchens zerstreuten, und vonhieraus treten sie neue Wanderungen an.
Wenn man einen solchen Baum einmal erkundet hat und sich um die Mittagszeit oder gegen Abend unter ihm aufhält, fällt es nicht schwer, die prächtigen Geschöpfe zu beobachten; denn die ankommenden machen sich sehr bald bemerklich, sei es, indem sie von Zweig zu Zweig hüpfen oder tänzelnd auf einem Ast entlang laufen oder aber, indem sie ihre eigenthümliche dumpf und hohl- lautende Stimme vernehmen lassen. Diese Stimme läßt sich schwer wiedergeben. Sie klingt bauch- rednerisch und täuscht im Anfang den Beobachter über die Entfernung des schreienden Vogels. Jch habe versucht, sie durch die Silben "Jahuhajagaguga", welche im Zusammenhange mit einander ausgestoßen werden, zu übertragen.
Der Helmvogel verbringt den größten Theil seines Lebens im Gezweig der Bäume. Nur auf Augenblicke kommt er zum Boden herab, gewöhnlich da, wo niedere Euphorbien die Gehänge dicht bedecken. Hier hält er sich einige Minuten auf, um irgend welche Nahrung aufzunehmen. Dann erhebt er sich rasch wieder und eilt dem nächsten Baume zu, verweilt auf diesem einige Zeit lang und fliegt nun weiter, entweder nach einem nächsten Baume oder wiederum nach dem Boden hernieder. Der ganze Flug thut Dies, aber nicht gleichzeitig, sondern ganz nach Art unserer Heher. Ein Glied der Gesellschaft nach dem andern verläßt den Baum ton- und geräuschlos, aber alle folgen genau dem ersten und sammeln sich rasch wieder. Jn den Kronen der Bäume ist der Vogel außerordentlich gewandt. Er hüpft sehr rasch von Zweig zu Zweig, oft mit Zuhilfenahme seiner Flügel, sonst aber auch, wie schon bemerkt, der Länge nach auf einem Aste fort bis zur Spitze desselben. Dort ange- langt, schaut er vorsichtig in die Nunde und fliegt nun entweder auf einen niedern Baum oder hüpft in die Krone des ersten zurück. Der Flug erinnert ebensowohl an den unserer Heher, wie an den der Spechte. Er geschieht in Bogenschwingungen, welche jedoch nicht sehr tief sind. Mehrere rasche, fast schwirrende Flügelschläge heben den Helmvogel zur Höhe des Bogens empor; dann breitet er, aber nur auf Augenblicke, seine Flügel aus, ihre ganze Pracht entfaltend, sinkt ziemlich steil abwärts und erhebt sich von neuem. Dabei wird der Hals ausgestreckt, der Kopf erhoben, der Schwanz aber abwechselnd gebreitet und zusammengelegt, je nachdem der Vogel niederfällt oder sich erhebt.
Jn dem Magen der von mir getödteten habe ich nur Pflanzenstoffe gefunden, namentlich Beeren und Sämereien. Zu einzelnen Gebüschen, deren Beeren gerade in Reife standen, kamen die Helmvögel sehr häufig herab, immer aber hielten sie sich hier nur kurze Zeit auf. Sie naschten gewissermaßen blos von den Früchten und eilten dann sobald als möglich ihren sichern Laubkronen zu.
Aus dem Legschlauche eines von mir erlegten Weibchens schnitt ich im April ein vollkommen reifes Ei von reinweißer Farbe, welches dem unserer Haustaube an Größe und Gestaltung unge- fähr gleichkam, sich aber durch seine feine Schale und seinen großen Glanz auszeichnete. Das Nest habe ich leider nicht gefunden; doch zweifle ich nicht, daß es in Baumhöhlungen angelegt wird. Jch will aus- drücklich hervorheben, daß ungeachtet der Brutzeit die meisten Helmvögel, welche ich fand, in Trupps, nicht aber in Familien, zusammenlebten.
Ueber die Gefahren, welchen der freilebende Helmvogel ausgesetzt ist, habe ich keine Beobachtun- gen machen können. Es läßt sich annehmen, daß die verschiedenen Sperber und Edelfalken seiner Heimat ihm nachstellen; darauf deutet wenigstens seine große Vorsicht, sein Verbergen im dichten Gezweig, sein Einzelfliegen und das ängstlich kurze Verweilen auf dem Boden hin. Doch habe ich eben nichts Sicheres in Erfahrung bringen können. Der Abissinier verfolgt den Helmvogel nicht, und ebensowenig fällt es ihm ein, das schöne Thier als Gefangenen an sich zu fesseln. Daher mag es denn wohl auch kommen, daß der Vogel dem Europäer gegenüber nicht gerade scheu ist. Aber er wird es, sobald er Verfolgungen erfahren hat. Schon seine Nastlosigkeit erschwert die Jagd. Der ganze Trupp gaukelt, so zu sagen, beständig vor dem Jäger her und entschwindet diesem da, wo die Oertlich- keit nur einige Hindernisse entgegensetzt, gewöhnlich sehr bald. Am sichersten führt der Anstand unter den gedachten Lieblingsbäumen zum Ziel. Hier darf man fast mit Bestimmtheit auf Beute rechnen.
Helmvogel.
Geſellſchaft. Auf ihnen ſammeln ſich die Vögel des Trupps, welche ſich während des Futterſuchens zerſtreuten, und vonhieraus treten ſie neue Wanderungen an.
Wenn man einen ſolchen Baum einmal erkundet hat und ſich um die Mittagszeit oder gegen Abend unter ihm aufhält, fällt es nicht ſchwer, die prächtigen Geſchöpfe zu beobachten; denn die ankommenden machen ſich ſehr bald bemerklich, ſei es, indem ſie von Zweig zu Zweig hüpfen oder tänzelnd auf einem Aſt entlang laufen oder aber, indem ſie ihre eigenthümliche dumpf und hohl- lautende Stimme vernehmen laſſen. Dieſe Stimme läßt ſich ſchwer wiedergeben. Sie klingt bauch- redneriſch und täuſcht im Anfang den Beobachter über die Entfernung des ſchreienden Vogels. Jch habe verſucht, ſie durch die Silben „Jahuhajagaguga‟, welche im Zuſammenhange mit einander ausgeſtoßen werden, zu übertragen.
Der Helmvogel verbringt den größten Theil ſeines Lebens im Gezweig der Bäume. Nur auf Augenblicke kommt er zum Boden herab, gewöhnlich da, wo niedere Euphorbien die Gehänge dicht bedecken. Hier hält er ſich einige Minuten auf, um irgend welche Nahrung aufzunehmen. Dann erhebt er ſich raſch wieder und eilt dem nächſten Baume zu, verweilt auf dieſem einige Zeit lang und fliegt nun weiter, entweder nach einem nächſten Baume oder wiederum nach dem Boden hernieder. Der ganze Flug thut Dies, aber nicht gleichzeitig, ſondern ganz nach Art unſerer Heher. Ein Glied der Geſellſchaft nach dem andern verläßt den Baum ton- und geräuſchlos, aber alle folgen genau dem erſten und ſammeln ſich raſch wieder. Jn den Kronen der Bäume iſt der Vogel außerordentlich gewandt. Er hüpft ſehr raſch von Zweig zu Zweig, oft mit Zuhilfenahme ſeiner Flügel, ſonſt aber auch, wie ſchon bemerkt, der Länge nach auf einem Aſte fort bis zur Spitze deſſelben. Dort ange- langt, ſchaut er vorſichtig in die Nunde und fliegt nun entweder auf einen niedern Baum oder hüpft in die Krone des erſten zurück. Der Flug erinnert ebenſowohl an den unſerer Heher, wie an den der Spechte. Er geſchieht in Bogenſchwingungen, welche jedoch nicht ſehr tief ſind. Mehrere raſche, faſt ſchwirrende Flügelſchläge heben den Helmvogel zur Höhe des Bogens empor; dann breitet er, aber nur auf Augenblicke, ſeine Flügel aus, ihre ganze Pracht entfaltend, ſinkt ziemlich ſteil abwärts und erhebt ſich von neuem. Dabei wird der Hals ausgeſtreckt, der Kopf erhoben, der Schwanz aber abwechſelnd gebreitet und zuſammengelegt, je nachdem der Vogel niederfällt oder ſich erhebt.
Jn dem Magen der von mir getödteten habe ich nur Pflanzenſtoffe gefunden, namentlich Beeren und Sämereien. Zu einzelnen Gebüſchen, deren Beeren gerade in Reife ſtanden, kamen die Helmvögel ſehr häufig herab, immer aber hielten ſie ſich hier nur kurze Zeit auf. Sie naſchten gewiſſermaßen blos von den Früchten und eilten dann ſobald als möglich ihren ſichern Laubkronen zu.
Aus dem Legſchlauche eines von mir erlegten Weibchens ſchnitt ich im April ein vollkommen reifes Ei von reinweißer Farbe, welches dem unſerer Haustaube an Größe und Geſtaltung unge- fähr gleichkam, ſich aber durch ſeine feine Schale und ſeinen großen Glanz auszeichnete. Das Neſt habe ich leider nicht gefunden; doch zweifle ich nicht, daß es in Baumhöhlungen angelegt wird. Jch will aus- drücklich hervorheben, daß ungeachtet der Brutzeit die meiſten Helmvögel, welche ich fand, in Trupps, nicht aber in Familien, zuſammenlebten.
Ueber die Gefahren, welchen der freilebende Helmvogel ausgeſetzt iſt, habe ich keine Beobachtun- gen machen können. Es läßt ſich annehmen, daß die verſchiedenen Sperber und Edelfalken ſeiner Heimat ihm nachſtellen; darauf deutet wenigſtens ſeine große Vorſicht, ſein Verbergen im dichten Gezweig, ſein Einzelfliegen und das ängſtlich kurze Verweilen auf dem Boden hin. Doch habe ich eben nichts Sicheres in Erfahrung bringen können. Der Abiſſinier verfolgt den Helmvogel nicht, und ebenſowenig fällt es ihm ein, das ſchöne Thier als Gefangenen an ſich zu feſſeln. Daher mag es denn wohl auch kommen, daß der Vogel dem Europäer gegenüber nicht gerade ſcheu iſt. Aber er wird es, ſobald er Verfolgungen erfahren hat. Schon ſeine Naſtloſigkeit erſchwert die Jagd. Der ganze Trupp gaukelt, ſo zu ſagen, beſtändig vor dem Jäger her und entſchwindet dieſem da, wo die Oertlich- keit nur einige Hinderniſſe entgegenſetzt, gewöhnlich ſehr bald. Am ſicherſten führt der Anſtand unter den gedachten Lieblingsbäumen zum Ziel. Hier darf man faſt mit Beſtimmtheit auf Beute rechnen.
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Helmvogel.
Geſellſchaft. Auf ihnen ſammeln ſich die Vögel des Trupps, welche ſich während des Futterſuchens
zerſtreuten, und vonhieraus treten ſie neue Wanderungen an.
Wenn man einen ſolchen Baum einmal erkundet hat und ſich um die Mittagszeit oder gegen
Abend unter ihm aufhält, fällt es nicht ſchwer, die prächtigen Geſchöpfe zu beobachten; denn die
ankommenden machen ſich ſehr bald bemerklich, ſei es, indem ſie von Zweig zu Zweig hüpfen oder
tänzelnd auf einem Aſt entlang laufen oder aber, indem ſie ihre eigenthümliche dumpf und hohl-
lautende Stimme vernehmen laſſen. Dieſe Stimme läßt ſich ſchwer wiedergeben. Sie klingt bauch-
redneriſch und täuſcht im Anfang den Beobachter über die Entfernung des ſchreienden Vogels. Jch
habe verſucht, ſie durch die Silben „Jahuhajagaguga‟, welche im Zuſammenhange mit einander
ausgeſtoßen werden, zu übertragen.
Der Helmvogel verbringt den größten Theil ſeines Lebens im Gezweig der Bäume. Nur auf
Augenblicke kommt er zum Boden herab, gewöhnlich da, wo niedere Euphorbien die Gehänge dicht
bedecken. Hier hält er ſich einige Minuten auf, um irgend welche Nahrung aufzunehmen. Dann
erhebt er ſich raſch wieder und eilt dem nächſten Baume zu, verweilt auf dieſem einige Zeit lang und
fliegt nun weiter, entweder nach einem nächſten Baume oder wiederum nach dem Boden hernieder.
Der ganze Flug thut Dies, aber nicht gleichzeitig, ſondern ganz nach Art unſerer Heher. Ein Glied
der Geſellſchaft nach dem andern verläßt den Baum ton- und geräuſchlos, aber alle folgen genau dem
erſten und ſammeln ſich raſch wieder. Jn den Kronen der Bäume iſt der Vogel außerordentlich
gewandt. Er hüpft ſehr raſch von Zweig zu Zweig, oft mit Zuhilfenahme ſeiner Flügel, ſonſt aber
auch, wie ſchon bemerkt, der Länge nach auf einem Aſte fort bis zur Spitze deſſelben. Dort ange-
langt, ſchaut er vorſichtig in die Nunde und fliegt nun entweder auf einen niedern Baum oder hüpft
in die Krone des erſten zurück. Der Flug erinnert ebenſowohl an den unſerer Heher, wie an den
der Spechte. Er geſchieht in Bogenſchwingungen, welche jedoch nicht ſehr tief ſind. Mehrere raſche,
faſt ſchwirrende Flügelſchläge heben den Helmvogel zur Höhe des Bogens empor; dann breitet er,
aber nur auf Augenblicke, ſeine Flügel aus, ihre ganze Pracht entfaltend, ſinkt ziemlich ſteil abwärts
und erhebt ſich von neuem. Dabei wird der Hals ausgeſtreckt, der Kopf erhoben, der Schwanz aber
abwechſelnd gebreitet und zuſammengelegt, je nachdem der Vogel niederfällt oder ſich erhebt.
Jn dem Magen der von mir getödteten habe ich nur Pflanzenſtoffe gefunden, namentlich Beeren
und Sämereien. Zu einzelnen Gebüſchen, deren Beeren gerade in Reife ſtanden, kamen die Helmvögel
ſehr häufig herab, immer aber hielten ſie ſich hier nur kurze Zeit auf. Sie naſchten gewiſſermaßen
blos von den Früchten und eilten dann ſobald als möglich ihren ſichern Laubkronen zu.
Aus dem Legſchlauche eines von mir erlegten Weibchens ſchnitt ich im April ein vollkommen
reifes Ei von reinweißer Farbe, welches dem unſerer Haustaube an Größe und Geſtaltung unge-
fähr gleichkam, ſich aber durch ſeine feine Schale und ſeinen großen Glanz auszeichnete. Das Neſt habe ich
leider nicht gefunden; doch zweifle ich nicht, daß es in Baumhöhlungen angelegt wird. Jch will aus-
drücklich hervorheben, daß ungeachtet der Brutzeit die meiſten Helmvögel, welche ich fand, in Trupps,
nicht aber in Familien, zuſammenlebten.
Ueber die Gefahren, welchen der freilebende Helmvogel ausgeſetzt iſt, habe ich keine Beobachtun-
gen machen können. Es läßt ſich annehmen, daß die verſchiedenen Sperber und Edelfalken ſeiner
Heimat ihm nachſtellen; darauf deutet wenigſtens ſeine große Vorſicht, ſein Verbergen im dichten
Gezweig, ſein Einzelfliegen und das ängſtlich kurze Verweilen auf dem Boden hin. Doch habe ich
eben nichts Sicheres in Erfahrung bringen können. Der Abiſſinier verfolgt den Helmvogel nicht, und
ebenſowenig fällt es ihm ein, das ſchöne Thier als Gefangenen an ſich zu feſſeln. Daher mag es
denn wohl auch kommen, daß der Vogel dem Europäer gegenüber nicht gerade ſcheu iſt. Aber er wird
es, ſobald er Verfolgungen erfahren hat. Schon ſeine Naſtloſigkeit erſchwert die Jagd. Der ganze
Trupp gaukelt, ſo zu ſagen, beſtändig vor dem Jäger her und entſchwindet dieſem da, wo die Oertlich-
keit nur einige Hinderniſſe entgegenſetzt, gewöhnlich ſehr bald. Am ſicherſten führt der Anſtand unter
den gedachten Lieblingsbäumen zum Ziel. Hier darf man faſt mit Beſtimmtheit auf Beute rechnen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/419>, abgerufen am 22.11.2024.
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