Es läßt sich erwarten, daß die Habichtsadler ihre Jungen mit demselben Muthe vertheidigen, welchen sie sonst offenbaren; einen Menschen aber, welcher die Brut bedroht, scheinen sie doch nicht anzugreifen.
Während meines Aufenthalts in Spanien erhielten wir Bonelli's Habichtsadler zweimal lebendig. Der eine, ein alter Vogel, war auf einem mit Leimruthen zum Sperlingsfang hergerichteten Baum gefangen worden, nachdem er sich sein ganzes Gefieder mit dem Leime zusammengekleistert hatte. Sein Fänger hatte ihn jedoch so mißhandelt, daß er nach wenigen Stunden, welche er in unserer Pflege verlebt hatte, seinen Geist aufgab. Der andere war ein junger Vogel, welchen der Fänger, wie er sagte, ausgehoben hatte. Er war bereits vollständig befiedert und schien schon alle Eigenschaften alter Vögel zu besitzen. Wir brachten ihn in einen Käfig, welcher bisher einen Stein- adler, einen schmuzigen Aasgeier, einen Geieradler und eine Dohle beherbergt hatte. Unter dieser eigenthümlichen Genossenschaft hatte bisher die größte Einigkeit geherrscht, der Friede wurde aber durch den Habichtsadler augenblicklich gestört. Dieser geberdete sich wie rasend. Er tobte im Käfig umher, versuchte mit allen Genossen anzubinden, warf sich, wenn diese ihm auf den Leib rückten, auf den Rücken und hieb mit den Klauen nach jedem seiner Kameraden. Die kecke, muntere Dohle wurde das erste Opfer des Wüthrichs: er hatte sie eine Stunde nach seiner Ankunft bereits im Magen. Gegen uns benahm er sich ebenso ungestüm, wie gegen seine Gefährten; er griff auch uns ohne Besinnen an. Kurz, auch sein Betragen im Käfig erinnerte an das des Habichts.
Jerdon meint, daß dieser Adler wahrscheinlich leicht zur Jagd von Antilopen, Hasen, Trappen und ähnlichem großen Wild abgerichtet werden könnte, und wahrscheinlich hat er Recht; denn derselbe Gefangene, von dem ich oben sprach, zeigte sich später im frankfurter Thiergarten als ein liebenswürdiges und zutrauliches Geschöpf.
Die nächsten Verwandten des Habichtsadlers sind die Haubenadler (Spizaetos). Auch sie sind schlank gebaute Adler mit verhältnißmäßig kurzen Flügeln, langem Schwanz und hohen, aber kräftigen Füßen, haben jedoch einen mehr oder weniger deutlichen Schopf am Hinterkopfe.
Jn Afrika lebt das größte und stärkste Mitglied dieser Gruppe, der Kampfadler (Spizaetos bellicosus). Er ist ein mächtiger Vogel von beinahe 3 Fuß Länge und entsprechender, mir nicht näher bekannter Breite; die Fittiglänge beträgt 2 Fuß, die Schwanzlänge 14 Zoll. Sein Gefieder ist sehr einfach gefärbt. Auf der Oberseite ist ein angenehmes Braun oder Aschgraubraun die herrschende Farbe, auf dem Kopfe mischt sich Schwarzbraun -- die Schaftzeichnung der einzelnen Federn -- ein, auf dem Mantel zeigen die einzelnen Federn lichtere Ränder, wodurch auch eine Flügelbinde entsteht, gebildet durch die Spitzenränder der größeren Flügeldeckfedern. Ein weißliches Band verläuft über den Augen nach dem Hinterkopfe zu und verliert sich in der kurzen, breiten Holle. Die ganze Unterseite ist weiß, bläulich überflogen, fast fleckenlos. Der Schwanz ist oben dunkel-, unten lichtbräunlich aschgrau, sechsmal dunkler in die Quere gebändert; die großen Schwingen sind an der Außenfahne schwarz, an der Jnnenfahne heller und dunkler gebändert; die unteren Flügeldeckfedern sind rein- weiß. Das Auge ist graubraun, die Wachshaut grünlichblau, der Schnabel schwarz, der Fang bleigrau.
Die erste Beschreibung des Kampfadlers erschien zu Ende des vorigen Jahrhunderts in dem berühmten Werke Vaillant's über die Vögel Südafrikas. Der genannte Naturforscher fand unsern Adler im Lande der Namaquen vom 28. Grad südlicher Breite an nach der Mitte des Erdtheils zu. Später wurde er in Westafrika aufgefunden und jetzt weiß ich freilich, daß der gewaltige Raub- vogel, welchen ich auf einem, die Gegend weithin überragenden hohen Baum des abissinischen Gebirges sitzen sah, der Kampfadler war. Ueber Lebensweise und Betragen dieses stattlichen Geschöpfes liegen noch immer keine ausführlicheren Beobachtungen vor, als die, welche Vaillant uns gegeben hat, und deshalb muß ich sie dem Nachfolgenden zu Grunde legen.
Die Fänger. Raubvögel. Adler.
Es läßt ſich erwarten, daß die Habichtsadler ihre Jungen mit demſelben Muthe vertheidigen, welchen ſie ſonſt offenbaren; einen Menſchen aber, welcher die Brut bedroht, ſcheinen ſie doch nicht anzugreifen.
Während meines Aufenthalts in Spanien erhielten wir Bonelli’s Habichtsadler zweimal lebendig. Der eine, ein alter Vogel, war auf einem mit Leimruthen zum Sperlingsfang hergerichteten Baum gefangen worden, nachdem er ſich ſein ganzes Gefieder mit dem Leime zuſammengekleiſtert hatte. Sein Fänger hatte ihn jedoch ſo mißhandelt, daß er nach wenigen Stunden, welche er in unſerer Pflege verlebt hatte, ſeinen Geiſt aufgab. Der andere war ein junger Vogel, welchen der Fänger, wie er ſagte, ausgehoben hatte. Er war bereits vollſtändig befiedert und ſchien ſchon alle Eigenſchaften alter Vögel zu beſitzen. Wir brachten ihn in einen Käfig, welcher bisher einen Stein- adler, einen ſchmuzigen Aasgeier, einen Geieradler und eine Dohle beherbergt hatte. Unter dieſer eigenthümlichen Genoſſenſchaft hatte bisher die größte Einigkeit geherrſcht, der Friede wurde aber durch den Habichtsadler augenblicklich geſtört. Dieſer geberdete ſich wie raſend. Er tobte im Käfig umher, verſuchte mit allen Genoſſen anzubinden, warf ſich, wenn dieſe ihm auf den Leib rückten, auf den Rücken und hieb mit den Klauen nach jedem ſeiner Kameraden. Die kecke, muntere Dohle wurde das erſte Opfer des Wüthrichs: er hatte ſie eine Stunde nach ſeiner Ankunft bereits im Magen. Gegen uns benahm er ſich ebenſo ungeſtüm, wie gegen ſeine Gefährten; er griff auch uns ohne Beſinnen an. Kurz, auch ſein Betragen im Käfig erinnerte an das des Habichts.
Jerdon meint, daß dieſer Adler wahrſcheinlich leicht zur Jagd von Antilopen, Haſen, Trappen und ähnlichem großen Wild abgerichtet werden könnte, und wahrſcheinlich hat er Recht; denn derſelbe Gefangene, von dem ich oben ſprach, zeigte ſich ſpäter im frankfurter Thiergarten als ein liebenswürdiges und zutrauliches Geſchöpf.
Die nächſten Verwandten des Habichtsadlers ſind die Haubenadler (Spizaëtos). Auch ſie ſind ſchlank gebaute Adler mit verhältnißmäßig kurzen Flügeln, langem Schwanz und hohen, aber kräftigen Füßen, haben jedoch einen mehr oder weniger deutlichen Schopf am Hinterkopfe.
Jn Afrika lebt das größte und ſtärkſte Mitglied dieſer Gruppe, der Kampfadler (Spizaëtos bellicosus). Er iſt ein mächtiger Vogel von beinahe 3 Fuß Länge und entſprechender, mir nicht näher bekannter Breite; die Fittiglänge beträgt 2 Fuß, die Schwanzlänge 14 Zoll. Sein Gefieder iſt ſehr einfach gefärbt. Auf der Oberſeite iſt ein angenehmes Braun oder Aſchgraubraun die herrſchende Farbe, auf dem Kopfe miſcht ſich Schwarzbraun — die Schaftzeichnung der einzelnen Federn — ein, auf dem Mantel zeigen die einzelnen Federn lichtere Ränder, wodurch auch eine Flügelbinde entſteht, gebildet durch die Spitzenränder der größeren Flügeldeckfedern. Ein weißliches Band verläuft über den Augen nach dem Hinterkopfe zu und verliert ſich in der kurzen, breiten Holle. Die ganze Unterſeite iſt weiß, bläulich überflogen, faſt fleckenlos. Der Schwanz iſt oben dunkel-, unten lichtbräunlich aſchgrau, ſechsmal dunkler in die Quere gebändert; die großen Schwingen ſind an der Außenfahne ſchwarz, an der Jnnenfahne heller und dunkler gebändert; die unteren Flügeldeckfedern ſind rein- weiß. Das Auge iſt graubraun, die Wachshaut grünlichblau, der Schnabel ſchwarz, der Fang bleigrau.
Die erſte Beſchreibung des Kampfadlers erſchien zu Ende des vorigen Jahrhunderts in dem berühmten Werke Vaillant’s über die Vögel Südafrikas. Der genannte Naturforſcher fand unſern Adler im Lande der Namaquen vom 28. Grad ſüdlicher Breite an nach der Mitte des Erdtheils zu. Später wurde er in Weſtafrika aufgefunden und jetzt weiß ich freilich, daß der gewaltige Raub- vogel, welchen ich auf einem, die Gegend weithin überragenden hohen Baum des abiſſiniſchen Gebirges ſitzen ſah, der Kampfadler war. Ueber Lebensweiſe und Betragen dieſes ſtattlichen Geſchöpfes liegen noch immer keine ausführlicheren Beobachtungen vor, als die, welche Vaillant uns gegeben hat, und deshalb muß ich ſie dem Nachfolgenden zu Grunde legen.
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Die Fänger. Raubvögel. Adler.
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anzugreifen.
Während meines Aufenthalts in Spanien erhielten wir Bonelli’s Habichtsadler zweimal
lebendig. Der eine, ein alter Vogel, war auf einem mit Leimruthen zum Sperlingsfang hergerichteten
Baum gefangen worden, nachdem er ſich ſein ganzes Gefieder mit dem Leime zuſammengekleiſtert
hatte. Sein Fänger hatte ihn jedoch ſo mißhandelt, daß er nach wenigen Stunden, welche er in
unſerer Pflege verlebt hatte, ſeinen Geiſt aufgab. Der andere war ein junger Vogel, welchen der
Fänger, wie er ſagte, ausgehoben hatte. Er war bereits vollſtändig befiedert und ſchien ſchon alle
Eigenſchaften alter Vögel zu beſitzen. Wir brachten ihn in einen Käfig, welcher bisher einen Stein-
adler, einen ſchmuzigen Aasgeier, einen Geieradler und eine Dohle beherbergt hatte. Unter dieſer
eigenthümlichen Genoſſenſchaft hatte bisher die größte Einigkeit geherrſcht, der Friede wurde aber
durch den Habichtsadler augenblicklich geſtört. Dieſer geberdete ſich wie raſend. Er tobte im Käfig
umher, verſuchte mit allen Genoſſen anzubinden, warf ſich, wenn dieſe ihm auf den Leib rückten, auf
den Rücken und hieb mit den Klauen nach jedem ſeiner Kameraden. Die kecke, muntere Dohle
wurde das erſte Opfer des Wüthrichs: er hatte ſie eine Stunde nach ſeiner Ankunft bereits im
Magen. Gegen uns benahm er ſich ebenſo ungeſtüm, wie gegen ſeine Gefährten; er griff auch uns
ohne Beſinnen an. Kurz, auch ſein Betragen im Käfig erinnerte an das des Habichts.
Jerdon meint, daß dieſer Adler wahrſcheinlich leicht zur Jagd von Antilopen, Haſen,
Trappen und ähnlichem großen Wild abgerichtet werden könnte, und wahrſcheinlich hat er Recht;
denn derſelbe Gefangene, von dem ich oben ſprach, zeigte ſich ſpäter im frankfurter Thiergarten
als ein liebenswürdiges und zutrauliches Geſchöpf.
Die nächſten Verwandten des Habichtsadlers ſind die Haubenadler (Spizaëtos). Auch ſie ſind
ſchlank gebaute Adler mit verhältnißmäßig kurzen Flügeln, langem Schwanz und hohen, aber
kräftigen Füßen, haben jedoch einen mehr oder weniger deutlichen Schopf am Hinterkopfe.
Jn Afrika lebt das größte und ſtärkſte Mitglied dieſer Gruppe, der Kampfadler (Spizaëtos
bellicosus). Er iſt ein mächtiger Vogel von beinahe 3 Fuß Länge und entſprechender, mir nicht
näher bekannter Breite; die Fittiglänge beträgt 2 Fuß, die Schwanzlänge 14 Zoll. Sein Gefieder iſt
ſehr einfach gefärbt. Auf der Oberſeite iſt ein angenehmes Braun oder Aſchgraubraun die herrſchende
Farbe, auf dem Kopfe miſcht ſich Schwarzbraun — die Schaftzeichnung der einzelnen Federn — ein,
auf dem Mantel zeigen die einzelnen Federn lichtere Ränder, wodurch auch eine Flügelbinde entſteht,
gebildet durch die Spitzenränder der größeren Flügeldeckfedern. Ein weißliches Band verläuft über den
Augen nach dem Hinterkopfe zu und verliert ſich in der kurzen, breiten Holle. Die ganze Unterſeite
iſt weiß, bläulich überflogen, faſt fleckenlos. Der Schwanz iſt oben dunkel-, unten lichtbräunlich
aſchgrau, ſechsmal dunkler in die Quere gebändert; die großen Schwingen ſind an der Außenfahne
ſchwarz, an der Jnnenfahne heller und dunkler gebändert; die unteren Flügeldeckfedern ſind rein-
weiß. Das Auge iſt graubraun, die Wachshaut grünlichblau, der Schnabel ſchwarz, der Fang bleigrau.
Die erſte Beſchreibung des Kampfadlers erſchien zu Ende des vorigen Jahrhunderts in dem
berühmten Werke Vaillant’s über die Vögel Südafrikas. Der genannte Naturforſcher fand
unſern Adler im Lande der Namaquen vom 28. Grad ſüdlicher Breite an nach der Mitte des Erdtheils
zu. Später wurde er in Weſtafrika aufgefunden und jetzt weiß ich freilich, daß der gewaltige Raub-
vogel, welchen ich auf einem, die Gegend weithin überragenden hohen Baum des abiſſiniſchen
Gebirges ſitzen ſah, der Kampfadler war. Ueber Lebensweiſe und Betragen dieſes ſtattlichen
Geſchöpfes liegen noch immer keine ausführlicheren Beobachtungen vor, als die, welche Vaillant
uns gegeben hat, und deshalb muß ich ſie dem Nachfolgenden zu Grunde legen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/494>, abgerufen am 22.11.2024.
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