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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Raubvögel. Eulen.
gehen, dann werfen die Eulen sie wieder heraus, drücken sie mit dem Schnabel und Fängen zusammen
und arbeiten so lange, bis sie in den Schlund hinabgedrängt werden. Jch glaube, daß die Eulen beim
Verschlingen größerer Stücke eine Vorstellung von dem ekelhaften Fressen der Schlangen geben können.
Bei sehr großen Thieren verzehren sie das Fleisch von der Brust und das Gehirn; das Uebrige heben
sie auf. Der Uhu frißt das Fleisch aus der Haut, wickelt sie zusammen und bewahrt dadurch das
noch in ihr befindliche vor dem Austrocknen. Zuletzt verschlingt er die Haut auch." Die meisten
Eulen können das Wasser monatelang entbehren; das Blut ihrer Schlachtopfer scheint ihnen zu
genügen. Sie trinken jedoch zuweilen recht gern Wasser, und bedürfen desselben zum Baden. Die
Verdauung ist sehr lebhaft; der scharfe Magensatz zersetzt alle Nahrung in kurzer Zeit. Knochen,
Haare und Federn ballen sich zu Kugeln zusammen und werden dann unter höchst ergötzlichen
Bewegungen ausgespieen, gewöhnlich an bestimmten Orten. Dabei sperren sie den Schnabel weit
auf, nehmen den Kopf tief herab, treten von einem Bein aufs andere, kneifen die Augen zusammen,
würgen und schütteln und entladen sich endlich des gedachten Balles oder Gewölles. Altum hat
mehrere hunderte solcher Gewölle untersucht und gefunden, daß unsere deutschen Eulen hauptsächlich
Mäuse und Spitzmäuse, ausnahmsweise aber auch Ratten, Maulwürfe, Wiesel, Vögel und Käfer
verzehren. Jn 706 Gewöllen der Schleiereule fand er die Ueberreste von 16 Fledermäusen, 240
Mäusen, 693 Wühlmäusen, 1580 Spitzmäusen, 1 Maulwurf und 22 kleinen Vögeln, in 210
Gewöllen des Waldkauzes 1 Hermelin, 48 Mäusen, 296 Wühlmäusen, 1 Eichhörnchen, 33 Spitz-
mäusen, 48 Maulwürfen, 18 kleinen Vögeln und 48 Käfern, ohne die unzählbaren Maikäfer. Jn
25 Gewöllen der Waldohreule wurden gefunden die Reste von 6 Mäusen, 35 Wühlmäusen und
2 Vögeln, in 10 Gewöllen des Käuzchens 10 Wühlmäuse, 1 Spitzmaus und 11 Käfer. Diese
Zahlen sprechen besser als viele Worte für die Nützlichkeit der Eulen. Die größeren Arten machen
sich allerdings Uebergriffe schuldig, indem sie Hasen, Rebhühner und anderes Wild befehden; auch die
kleinen schaden in beschränkter Weise durch Wegfangen der nützlichen Spitzmäuse, der übrig bleibende
Nutzen aber überwiegt den Schaden doch um ein Beträchtliches, und deshalb verdienen auch diese
Raubvögel, sorgfältig geschont zu werden.

Der Bau des Horstes verursacht den Eulen wenig Mühe; sie sind in dieser Hinsicht äußerst
genügsam. Viele Arten nisten in Baumhöhlen, andere in Felsspalten oder Mauerlücken, einige in
den Erdbauen verschiedener Säugethiere und andere endlich auf verlassenen Nestern der Falken- und
Krähenarten. Hier wird im günstigsten Falle etwas Genist zusammengetragen; gewöhnlich aber
trifft die nistende Eule gar keine Anstalten, die Nestunterlage aufzubessern, sondern legt ihre Eier
ohne weiteres auf den vorgefundenen Nestboden auf. Die Anzahl des Geleges schwankt zwischen
zwei und sieben; ausnahmsweise find[e]t man auch wohl nur ein einziges Ei im Neste. Die Eier selbst
ähneln sich sämmtlich; sie sind sehr rundlich, feinkörnig und weiß von Farbe. Beide Eltern zeigen
große Liebe zu ihrer Brut und vertheidigen sie gegen Feinde mit auffallendem Muthe. Die Jungen
sitzen lange im Neste und erfüllen die Umgegend desselben mit ihrem Geschrei.

Leider haben die Eulen sehr viele Feinde. Alle Tagvögel sind ihnen abhold: es scheint, daß sie
sich rächen wollen für die ihnen während ihres Schlafes von den Nachträubern zugefügten Angriffe.
Nur die Tageulen bleiben mehr oder weniger unbefehdet, die nächtlich raubenden werden verfolgt,
sobald sie sich blicken lassen. Fast sämmtliche Tagraubvögel geberden sich wie unsinnig, wenn sie eine
größere Eule erblicken; das gesammte kleine Geflügel hegt dieselben Gesinnungen und gibt diese durch
lebhaftes Geschwätz und Geschrei, welches man wohl als Schelten und Schimpfen deuten kann, zu
erkennen. Der ganze Wald wird rege, wenn eine Eule entdeckt wurde. Ein Vogel ruft den andern
herbei, und der arme Finsterling hat dann viel zu leiden; denn die starken Tagvögel vergreifen sich
auch thätlich an ihm. Der Mensch schließt sich nur zu oft den Feinden der nützlichen Vögel an.
Gar Viele betrachten es als ein wahres Heldenstück, wenn sie eine Eule herabschossen, und nur sehr
vereinzelt geschieht es, daß man ihnen, unsern besten Freunden, Schutz gewährt. Der Land- und
Forstwirth thut sehr wohl, sich den Vernünftigen anzuschließen und die Eulen zu hegen und zu pflegen,

Die Fänger. Raubvögel. Eulen.
gehen, dann werfen die Eulen ſie wieder heraus, drücken ſie mit dem Schnabel und Fängen zuſammen
und arbeiten ſo lange, bis ſie in den Schlund hinabgedrängt werden. Jch glaube, daß die Eulen beim
Verſchlingen größerer Stücke eine Vorſtellung von dem ekelhaften Freſſen der Schlangen geben können.
Bei ſehr großen Thieren verzehren ſie das Fleiſch von der Bruſt und das Gehirn; das Uebrige heben
ſie auf. Der Uhu frißt das Fleiſch aus der Haut, wickelt ſie zuſammen und bewahrt dadurch das
noch in ihr befindliche vor dem Austrocknen. Zuletzt verſchlingt er die Haut auch.‟ Die meiſten
Eulen können das Waſſer monatelang entbehren; das Blut ihrer Schlachtopfer ſcheint ihnen zu
genügen. Sie trinken jedoch zuweilen recht gern Waſſer, und bedürfen deſſelben zum Baden. Die
Verdauung iſt ſehr lebhaft; der ſcharfe Magenſatz zerſetzt alle Nahrung in kurzer Zeit. Knochen,
Haare und Federn ballen ſich zu Kugeln zuſammen und werden dann unter höchſt ergötzlichen
Bewegungen ausgeſpieen, gewöhnlich an beſtimmten Orten. Dabei ſperren ſie den Schnabel weit
auf, nehmen den Kopf tief herab, treten von einem Bein aufs andere, kneifen die Augen zuſammen,
würgen und ſchütteln und entladen ſich endlich des gedachten Balles oder Gewölles. Altum hat
mehrere hunderte ſolcher Gewölle unterſucht und gefunden, daß unſere deutſchen Eulen hauptſächlich
Mäuſe und Spitzmäuſe, ausnahmsweiſe aber auch Ratten, Maulwürfe, Wieſel, Vögel und Käfer
verzehren. Jn 706 Gewöllen der Schleiereule fand er die Ueberreſte von 16 Fledermäuſen, 240
Mäuſen, 693 Wühlmäuſen, 1580 Spitzmäuſen, 1 Maulwurf und 22 kleinen Vögeln, in 210
Gewöllen des Waldkauzes 1 Hermelin, 48 Mäuſen, 296 Wühlmäuſen, 1 Eichhörnchen, 33 Spitz-
mäuſen, 48 Maulwürfen, 18 kleinen Vögeln und 48 Käfern, ohne die unzählbaren Maikäfer. Jn
25 Gewöllen der Waldohreule wurden gefunden die Reſte von 6 Mäuſen, 35 Wühlmäuſen und
2 Vögeln, in 10 Gewöllen des Käuzchens 10 Wühlmäuſe, 1 Spitzmaus und 11 Käfer. Dieſe
Zahlen ſprechen beſſer als viele Worte für die Nützlichkeit der Eulen. Die größeren Arten machen
ſich allerdings Uebergriffe ſchuldig, indem ſie Haſen, Rebhühner und anderes Wild befehden; auch die
kleinen ſchaden in beſchränkter Weiſe durch Wegfangen der nützlichen Spitzmäuſe, der übrig bleibende
Nutzen aber überwiegt den Schaden doch um ein Beträchtliches, und deshalb verdienen auch dieſe
Raubvögel, ſorgfältig geſchont zu werden.

Der Bau des Horſtes verurſacht den Eulen wenig Mühe; ſie ſind in dieſer Hinſicht äußerſt
genügſam. Viele Arten niſten in Baumhöhlen, andere in Felsſpalten oder Mauerlücken, einige in
den Erdbauen verſchiedener Säugethiere und andere endlich auf verlaſſenen Neſtern der Falken- und
Krähenarten. Hier wird im günſtigſten Falle etwas Geniſt zuſammengetragen; gewöhnlich aber
trifft die niſtende Eule gar keine Anſtalten, die Neſtunterlage aufzubeſſern, ſondern legt ihre Eier
ohne weiteres auf den vorgefundenen Neſtboden auf. Die Anzahl des Geleges ſchwankt zwiſchen
zwei und ſieben; ausnahmsweiſe find[e]t man auch wohl nur ein einziges Ei im Neſte. Die Eier ſelbſt
ähneln ſich ſämmtlich; ſie ſind ſehr rundlich, feinkörnig und weiß von Farbe. Beide Eltern zeigen
große Liebe zu ihrer Brut und vertheidigen ſie gegen Feinde mit auffallendem Muthe. Die Jungen
ſitzen lange im Neſte und erfüllen die Umgegend deſſelben mit ihrem Geſchrei.

Leider haben die Eulen ſehr viele Feinde. Alle Tagvögel ſind ihnen abhold: es ſcheint, daß ſie
ſich rächen wollen für die ihnen während ihres Schlafes von den Nachträubern zugefügten Angriffe.
Nur die Tageulen bleiben mehr oder weniger unbefehdet, die nächtlich raubenden werden verfolgt,
ſobald ſie ſich blicken laſſen. Faſt ſämmtliche Tagraubvögel geberden ſich wie unſinnig, wenn ſie eine
größere Eule erblicken; das geſammte kleine Geflügel hegt dieſelben Geſinnungen und gibt dieſe durch
lebhaftes Geſchwätz und Geſchrei, welches man wohl als Schelten und Schimpfen deuten kann, zu
erkennen. Der ganze Wald wird rege, wenn eine Eule entdeckt wurde. Ein Vogel ruft den andern
herbei, und der arme Finſterling hat dann viel zu leiden; denn die ſtarken Tagvögel vergreifen ſich
auch thätlich an ihm. Der Menſch ſchließt ſich nur zu oft den Feinden der nützlichen Vögel an.
Gar Viele betrachten es als ein wahres Heldenſtück, wenn ſie eine Eule herabſchoſſen, und nur ſehr
vereinzelt geſchieht es, daß man ihnen, unſern beſten Freunden, Schutz gewährt. Der Land- und
Forſtwirth thut ſehr wohl, ſich den Vernünftigen anzuſchließen und die Eulen zu hegen und zu pflegen,

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[590/0624] Die Fänger. Raubvögel. Eulen. gehen, dann werfen die Eulen ſie wieder heraus, drücken ſie mit dem Schnabel und Fängen zuſammen und arbeiten ſo lange, bis ſie in den Schlund hinabgedrängt werden. Jch glaube, daß die Eulen beim Verſchlingen größerer Stücke eine Vorſtellung von dem ekelhaften Freſſen der Schlangen geben können. Bei ſehr großen Thieren verzehren ſie das Fleiſch von der Bruſt und das Gehirn; das Uebrige heben ſie auf. Der Uhu frißt das Fleiſch aus der Haut, wickelt ſie zuſammen und bewahrt dadurch das noch in ihr befindliche vor dem Austrocknen. Zuletzt verſchlingt er die Haut auch.‟ Die meiſten Eulen können das Waſſer monatelang entbehren; das Blut ihrer Schlachtopfer ſcheint ihnen zu genügen. Sie trinken jedoch zuweilen recht gern Waſſer, und bedürfen deſſelben zum Baden. Die Verdauung iſt ſehr lebhaft; der ſcharfe Magenſatz zerſetzt alle Nahrung in kurzer Zeit. Knochen, Haare und Federn ballen ſich zu Kugeln zuſammen und werden dann unter höchſt ergötzlichen Bewegungen ausgeſpieen, gewöhnlich an beſtimmten Orten. Dabei ſperren ſie den Schnabel weit auf, nehmen den Kopf tief herab, treten von einem Bein aufs andere, kneifen die Augen zuſammen, würgen und ſchütteln und entladen ſich endlich des gedachten Balles oder Gewölles. Altum hat mehrere hunderte ſolcher Gewölle unterſucht und gefunden, daß unſere deutſchen Eulen hauptſächlich Mäuſe und Spitzmäuſe, ausnahmsweiſe aber auch Ratten, Maulwürfe, Wieſel, Vögel und Käfer verzehren. Jn 706 Gewöllen der Schleiereule fand er die Ueberreſte von 16 Fledermäuſen, 240 Mäuſen, 693 Wühlmäuſen, 1580 Spitzmäuſen, 1 Maulwurf und 22 kleinen Vögeln, in 210 Gewöllen des Waldkauzes 1 Hermelin, 48 Mäuſen, 296 Wühlmäuſen, 1 Eichhörnchen, 33 Spitz- mäuſen, 48 Maulwürfen, 18 kleinen Vögeln und 48 Käfern, ohne die unzählbaren Maikäfer. Jn 25 Gewöllen der Waldohreule wurden gefunden die Reſte von 6 Mäuſen, 35 Wühlmäuſen und 2 Vögeln, in 10 Gewöllen des Käuzchens 10 Wühlmäuſe, 1 Spitzmaus und 11 Käfer. Dieſe Zahlen ſprechen beſſer als viele Worte für die Nützlichkeit der Eulen. Die größeren Arten machen ſich allerdings Uebergriffe ſchuldig, indem ſie Haſen, Rebhühner und anderes Wild befehden; auch die kleinen ſchaden in beſchränkter Weiſe durch Wegfangen der nützlichen Spitzmäuſe, der übrig bleibende Nutzen aber überwiegt den Schaden doch um ein Beträchtliches, und deshalb verdienen auch dieſe Raubvögel, ſorgfältig geſchont zu werden. Der Bau des Horſtes verurſacht den Eulen wenig Mühe; ſie ſind in dieſer Hinſicht äußerſt genügſam. Viele Arten niſten in Baumhöhlen, andere in Felsſpalten oder Mauerlücken, einige in den Erdbauen verſchiedener Säugethiere und andere endlich auf verlaſſenen Neſtern der Falken- und Krähenarten. Hier wird im günſtigſten Falle etwas Geniſt zuſammengetragen; gewöhnlich aber trifft die niſtende Eule gar keine Anſtalten, die Neſtunterlage aufzubeſſern, ſondern legt ihre Eier ohne weiteres auf den vorgefundenen Neſtboden auf. Die Anzahl des Geleges ſchwankt zwiſchen zwei und ſieben; ausnahmsweiſe findet man auch wohl nur ein einziges Ei im Neſte. Die Eier ſelbſt ähneln ſich ſämmtlich; ſie ſind ſehr rundlich, feinkörnig und weiß von Farbe. Beide Eltern zeigen große Liebe zu ihrer Brut und vertheidigen ſie gegen Feinde mit auffallendem Muthe. Die Jungen ſitzen lange im Neſte und erfüllen die Umgegend deſſelben mit ihrem Geſchrei. Leider haben die Eulen ſehr viele Feinde. Alle Tagvögel ſind ihnen abhold: es ſcheint, daß ſie ſich rächen wollen für die ihnen während ihres Schlafes von den Nachträubern zugefügten Angriffe. Nur die Tageulen bleiben mehr oder weniger unbefehdet, die nächtlich raubenden werden verfolgt, ſobald ſie ſich blicken laſſen. Faſt ſämmtliche Tagraubvögel geberden ſich wie unſinnig, wenn ſie eine größere Eule erblicken; das geſammte kleine Geflügel hegt dieſelben Geſinnungen und gibt dieſe durch lebhaftes Geſchwätz und Geſchrei, welches man wohl als Schelten und Schimpfen deuten kann, zu erkennen. Der ganze Wald wird rege, wenn eine Eule entdeckt wurde. Ein Vogel ruft den andern herbei, und der arme Finſterling hat dann viel zu leiden; denn die ſtarken Tagvögel vergreifen ſich auch thätlich an ihm. Der Menſch ſchließt ſich nur zu oft den Feinden der nützlichen Vögel an. Gar Viele betrachten es als ein wahres Heldenſtück, wenn ſie eine Eule herabſchoſſen, und nur ſehr vereinzelt geſchieht es, daß man ihnen, unſern beſten Freunden, Schutz gewährt. Der Land- und Forſtwirth thut ſehr wohl, ſich den Vernünftigen anzuſchließen und die Eulen zu hegen und zu pflegen,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/624>, abgerufen am 22.11.2024.