"Es darf uns gar nicht wundern", sagt dieser ausgezeichnete Forscher, "daß so höchst verschiedene Ansichten über den Stoff der eßbaren Nester bestanden; denn so lange man den Augaben der unwissen- den und abergläubischen Eingebornen unbedingten Glauben schenkte und ihre Aussagen als wahr annahm oder sich durch die äußere Aehnlichkeit jener Nester mit anderen ganz verschiedenen Stoffen zu voreiligen Schlußfolgerungen verleiten ließ, durfte man kaum hoffen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Nur durch eigene, vorurtheilsfreie Beobachtung der Vögel an ihren Brutplätzen konnte man zum Ziele gelangen. Dies ist jedoch mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden, da diese Thiere in dunklen, schwer zugänglichen Höhlen nisten, in denen es oft schwierig ist, die nächsten Gegenstände deutlich zu unterscheiden, wie vielmehr erst die äußerst beweglichen Vögel zu beobachten. Dies gilt jedoch nur von der Salangane im engeren Sinne. Viel leichter ist es, eine andere Art zu beobachten, welche auf Java einheimisch ist und dort Kusappi genannt wird, da sie ihre Nester an leichter zugänglichen Stellen anlegt, entweder in den vorderen, helleren Theilen der Höhlen, die auch durch die Salanganen bewohnt werden, oder auch an ganz freien Stellen, an überhängenden Felswänden und dergl. Mehrere Male war ich so glücklich, diese Art bei der Anlage ihres Nestes genau beobachten zu können, während es mir bei der Salangane aus den oben angeführten Gründen seltener und nie so vollkommen glückte."
"Die eßbaren Nester sind ihrer äußeren Gestalt nach schon lange bekannt, und mehrere der älteren Schriststeller haben gute und genaue Beschreibungen derselben gegeben. Sie haben im Allge- meinen die Gestalt des Viertheils einer Eischale, wenn man sich diese ihrem Längsdurchmesser nach in vier gleiche Theile getheilt denkt. Von oben sind sie offen, während der Felsen, an den sie befestigt sind, zugleich die hintere Wand des Nestes bildet. Dieses selbst ist äußerst dünn; doch breitet sich sein oberer, freier Rand nach hinten, da wo er sich an den Felsen anlegt, auf beiden Seiten in einen flügel- förmigen Anhang von verschiedener Stärke aus, welcher, indem er mit breiter, platter Grundlage mit dem Gestein verbunden ist, die hauptsächlichste Stütze für das Nest selbst bildet. Letzteres besteht aus einem, bei der erwähnten Dünnheit der Nestwände meistens durchscheinenden, weißlich oder bräunlich gefärbten, leimartigen Stoffe, in welchem man schon bei oberflächlicher Betrachtung eine deutliche Querstreifung wahrnimmt. Die Querstreifen verlaufen wellenförmig, mehr oder weniger in gleicher Richtung mit einander und sind offenbar durch das schichtenweise Auftragen der Neststoffe entstanden. Sie sind die einzige Spur eines Gefüges, welche man an diesen Nestern bemerken kann. Die dunk- leren, bräunlichen, im Handel wenig geschätzten Nester halte ich für ältere, in denen Vögel aus- gebrütet und aufgezogen worden sind, die weißen, theuren dagegen für neu angelegte. Andere glauben sie zwei verschiedenen Vögelarten zuschreiben zu müssen; da ich noch keinen, auf einem braunen Neste gefangenen Vogel habe bekommen können, vermag ich die Sache nicht zu entscheiden. Die viel- fältigen Uebergänge von ganz braunen zu völlig weißen Nestern, sowie ihr vollkommen gleicher Bau sprechen für eine Art. Manche Nester zeigen, zumal an ihrer inneren Seite, eine zellen- oder maschen- ähnliche Bildung, die offenbar eine Folge ist der beim Verdunsten des ursprünglich feuchten Stoffes eintretenden Verdickung und Zusammenziehung derselben. Endlich finden sich noch hier und da ein- zelne kleine Federn als zufällige Beimengung in und an den Neststoffen."
"Jn dieses Nest nun legt der Vogel, ohne weitere Unterlage, seine beiden glänzend weißen, ziemlich langen und spitzen Eier. Bisweilen findet man auch deren drei; doch ist zwei wohl die gewöhnliche Anzahl. Jhr Längendurchmesser beträgt etwa 20 MM., ihr Querdurchmesser 14 MM."
"Das Nest des Kusappi (Collocalia fuciphaga) ähnelt in seiner äußeren Gestalt dem der Salangane vollkommen, unterscheidet sich von demselben jedoch wesentlich dadurch, daß es haupt- sächlich aus Pflanzenstengeln und dergleichen besteht, und daß jene eigenthümliche, leim- oder hornartige Masse nur dazu dient, jene Stoffe unter einander zu verbinden und das ganze Nest an seinem Standorte zu befestigen. Daher findet sich dieselbe in größerer Menge an den hinteren Theilen des Nestes, zumal an den erwähnten flügel- oder armförmigen Fortsätzen des oberen, freien Randes. Diese finden sich übrigens weniger regelmäßig, als bei den Nestern der anderen java-
Die Fänger. Sperrvögel. Segler.
„Es darf uns gar nicht wundern‟, ſagt dieſer ausgezeichnete Forſcher, „daß ſo höchſt verſchiedene Anſichten über den Stoff der eßbaren Neſter beſtanden; denn ſo lange man den Augaben der unwiſſen- den und abergläubiſchen Eingebornen unbedingten Glauben ſchenkte und ihre Ausſagen als wahr annahm oder ſich durch die äußere Aehnlichkeit jener Neſter mit anderen ganz verſchiedenen Stoffen zu voreiligen Schlußfolgerungen verleiten ließ, durfte man kaum hoffen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Nur durch eigene, vorurtheilsfreie Beobachtung der Vögel an ihren Brutplätzen konnte man zum Ziele gelangen. Dies iſt jedoch mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden, da dieſe Thiere in dunklen, ſchwer zugänglichen Höhlen niſten, in denen es oft ſchwierig iſt, die nächſten Gegenſtände deutlich zu unterſcheiden, wie vielmehr erſt die äußerſt beweglichen Vögel zu beobachten. Dies gilt jedoch nur von der Salangane im engeren Sinne. Viel leichter iſt es, eine andere Art zu beobachten, welche auf Java einheimiſch iſt und dort Kuſappi genannt wird, da ſie ihre Neſter an leichter zugänglichen Stellen anlegt, entweder in den vorderen, helleren Theilen der Höhlen, die auch durch die Salanganen bewohnt werden, oder auch an ganz freien Stellen, an überhängenden Felswänden und dergl. Mehrere Male war ich ſo glücklich, dieſe Art bei der Anlage ihres Neſtes genau beobachten zu können, während es mir bei der Salangane aus den oben angeführten Gründen ſeltener und nie ſo vollkommen glückte.‟
„Die eßbaren Neſter ſind ihrer äußeren Geſtalt nach ſchon lange bekannt, und mehrere der älteren Schriſtſteller haben gute und genaue Beſchreibungen derſelben gegeben. Sie haben im Allge- meinen die Geſtalt des Viertheils einer Eiſchale, wenn man ſich dieſe ihrem Längsdurchmeſſer nach in vier gleiche Theile getheilt denkt. Von oben ſind ſie offen, während der Felſen, an den ſie befeſtigt ſind, zugleich die hintere Wand des Neſtes bildet. Dieſes ſelbſt iſt äußerſt dünn; doch breitet ſich ſein oberer, freier Rand nach hinten, da wo er ſich an den Felſen anlegt, auf beiden Seiten in einen flügel- förmigen Anhang von verſchiedener Stärke aus, welcher, indem er mit breiter, platter Grundlage mit dem Geſtein verbunden iſt, die hauptſächlichſte Stütze für das Neſt ſelbſt bildet. Letzteres beſteht aus einem, bei der erwähnten Dünnheit der Neſtwände meiſtens durchſcheinenden, weißlich oder bräunlich gefärbten, leimartigen Stoffe, in welchem man ſchon bei oberflächlicher Betrachtung eine deutliche Querſtreifung wahrnimmt. Die Querſtreifen verlaufen wellenförmig, mehr oder weniger in gleicher Richtung mit einander und ſind offenbar durch das ſchichtenweiſe Auftragen der Neſtſtoffe entſtanden. Sie ſind die einzige Spur eines Gefüges, welche man an dieſen Neſtern bemerken kann. Die dunk- leren, bräunlichen, im Handel wenig geſchätzten Neſter halte ich für ältere, in denen Vögel aus- gebrütet und aufgezogen worden ſind, die weißen, theuren dagegen für neu angelegte. Andere glauben ſie zwei verſchiedenen Vögelarten zuſchreiben zu müſſen; da ich noch keinen, auf einem braunen Neſte gefangenen Vogel habe bekommen können, vermag ich die Sache nicht zu entſcheiden. Die viel- fältigen Uebergänge von ganz braunen zu völlig weißen Neſtern, ſowie ihr vollkommen gleicher Bau ſprechen für eine Art. Manche Neſter zeigen, zumal an ihrer inneren Seite, eine zellen- oder maſchen- ähnliche Bildung, die offenbar eine Folge iſt der beim Verdunſten des urſprünglich feuchten Stoffes eintretenden Verdickung und Zuſammenziehung derſelben. Endlich finden ſich noch hier und da ein- zelne kleine Federn als zufällige Beimengung in und an den Neſtſtoffen.‟
„Jn dieſes Neſt nun legt der Vogel, ohne weitere Unterlage, ſeine beiden glänzend weißen, ziemlich langen und ſpitzen Eier. Bisweilen findet man auch deren drei; doch iſt zwei wohl die gewöhnliche Anzahl. Jhr Längendurchmeſſer beträgt etwa 20 MM., ihr Querdurchmeſſer 14 MM.‟
„Das Neſt des Kuſappi (Collocalia fuciphaga) ähnelt in ſeiner äußeren Geſtalt dem der Salangane vollkommen, unterſcheidet ſich von demſelben jedoch weſentlich dadurch, daß es haupt- ſächlich aus Pflanzenſtengeln und dergleichen beſteht, und daß jene eigenthümliche, leim- oder hornartige Maſſe nur dazu dient, jene Stoffe unter einander zu verbinden und das ganze Neſt an ſeinem Standorte zu befeſtigen. Daher findet ſich dieſelbe in größerer Menge an den hinteren Theilen des Neſtes, zumal an den erwähnten flügel- oder armförmigen Fortſätzen des oberen, freien Randes. Dieſe finden ſich übrigens weniger regelmäßig, als bei den Neſtern der anderen java-
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[650/0686]
Die Fänger. Sperrvögel. Segler.
„Es darf uns gar nicht wundern‟, ſagt dieſer ausgezeichnete Forſcher, „daß ſo höchſt verſchiedene
Anſichten über den Stoff der eßbaren Neſter beſtanden; denn ſo lange man den Augaben der unwiſſen-
den und abergläubiſchen Eingebornen unbedingten Glauben ſchenkte und ihre Ausſagen als wahr
annahm oder ſich durch die äußere Aehnlichkeit jener Neſter mit anderen ganz verſchiedenen Stoffen
zu voreiligen Schlußfolgerungen verleiten ließ, durfte man kaum hoffen, der Wahrheit auf die Spur
zu kommen. Nur durch eigene, vorurtheilsfreie Beobachtung der Vögel an ihren Brutplätzen konnte
man zum Ziele gelangen. Dies iſt jedoch mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden, da dieſe Thiere
in dunklen, ſchwer zugänglichen Höhlen niſten, in denen es oft ſchwierig iſt, die nächſten Gegenſtände
deutlich zu unterſcheiden, wie vielmehr erſt die äußerſt beweglichen Vögel zu beobachten. Dies gilt
jedoch nur von der Salangane im engeren Sinne. Viel leichter iſt es, eine andere Art zu beobachten,
welche auf Java einheimiſch iſt und dort Kuſappi genannt wird, da ſie ihre Neſter an leichter
zugänglichen Stellen anlegt, entweder in den vorderen, helleren Theilen der Höhlen, die auch durch die
Salanganen bewohnt werden, oder auch an ganz freien Stellen, an überhängenden Felswänden und
dergl. Mehrere Male war ich ſo glücklich, dieſe Art bei der Anlage ihres Neſtes genau beobachten zu
können, während es mir bei der Salangane aus den oben angeführten Gründen ſeltener und nie ſo
vollkommen glückte.‟
„Die eßbaren Neſter ſind ihrer äußeren Geſtalt nach ſchon lange bekannt, und mehrere der
älteren Schriſtſteller haben gute und genaue Beſchreibungen derſelben gegeben. Sie haben im Allge-
meinen die Geſtalt des Viertheils einer Eiſchale, wenn man ſich dieſe ihrem Längsdurchmeſſer nach in
vier gleiche Theile getheilt denkt. Von oben ſind ſie offen, während der Felſen, an den ſie befeſtigt
ſind, zugleich die hintere Wand des Neſtes bildet. Dieſes ſelbſt iſt äußerſt dünn; doch breitet ſich ſein
oberer, freier Rand nach hinten, da wo er ſich an den Felſen anlegt, auf beiden Seiten in einen flügel-
förmigen Anhang von verſchiedener Stärke aus, welcher, indem er mit breiter, platter Grundlage mit
dem Geſtein verbunden iſt, die hauptſächlichſte Stütze für das Neſt ſelbſt bildet. Letzteres beſteht aus
einem, bei der erwähnten Dünnheit der Neſtwände meiſtens durchſcheinenden, weißlich oder bräunlich
gefärbten, leimartigen Stoffe, in welchem man ſchon bei oberflächlicher Betrachtung eine deutliche
Querſtreifung wahrnimmt. Die Querſtreifen verlaufen wellenförmig, mehr oder weniger in gleicher
Richtung mit einander und ſind offenbar durch das ſchichtenweiſe Auftragen der Neſtſtoffe entſtanden.
Sie ſind die einzige Spur eines Gefüges, welche man an dieſen Neſtern bemerken kann. Die dunk-
leren, bräunlichen, im Handel wenig geſchätzten Neſter halte ich für ältere, in denen Vögel aus-
gebrütet und aufgezogen worden ſind, die weißen, theuren dagegen für neu angelegte. Andere
glauben ſie zwei verſchiedenen Vögelarten zuſchreiben zu müſſen; da ich noch keinen, auf einem braunen
Neſte gefangenen Vogel habe bekommen können, vermag ich die Sache nicht zu entſcheiden. Die viel-
fältigen Uebergänge von ganz braunen zu völlig weißen Neſtern, ſowie ihr vollkommen gleicher Bau
ſprechen für eine Art. Manche Neſter zeigen, zumal an ihrer inneren Seite, eine zellen- oder maſchen-
ähnliche Bildung, die offenbar eine Folge iſt der beim Verdunſten des urſprünglich feuchten Stoffes
eintretenden Verdickung und Zuſammenziehung derſelben. Endlich finden ſich noch hier und da ein-
zelne kleine Federn als zufällige Beimengung in und an den Neſtſtoffen.‟
„Jn dieſes Neſt nun legt der Vogel, ohne weitere Unterlage, ſeine beiden glänzend weißen, ziemlich
langen und ſpitzen Eier. Bisweilen findet man auch deren drei; doch iſt zwei wohl die gewöhnliche
Anzahl. Jhr Längendurchmeſſer beträgt etwa 20 MM., ihr Querdurchmeſſer 14 MM.‟
„Das Neſt des Kuſappi (Collocalia fuciphaga) ähnelt in ſeiner äußeren Geſtalt dem der
Salangane vollkommen, unterſcheidet ſich von demſelben jedoch weſentlich dadurch, daß es haupt-
ſächlich aus Pflanzenſtengeln und dergleichen beſteht, und daß jene eigenthümliche, leim- oder hornartige
Maſſe nur dazu dient, jene Stoffe unter einander zu verbinden und das ganze Neſt an ſeinem
Standorte zu befeſtigen. Daher findet ſich dieſelbe in größerer Menge an den hinteren Theilen
des Neſtes, zumal an den erwähnten flügel- oder armförmigen Fortſätzen des oberen, freien
Randes. Dieſe finden ſich übrigens weniger regelmäßig, als bei den Neſtern der anderen java-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/686>, abgerufen am 22.11.2024.
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