Schwingen schwarz; im Schwanz sind die beiden mittleren Federn schwarz, bei den übrigen tritt diese Färbung mehr und mehr zurück, und ein reines Weiß wird dafür vorherrschend; die fünfte Außenfeder ist bis auf einen großen schwarzen Fleck auf der Mitte der innern Fahne und die äußerste bis auf einen schwarzen Schaftstreifen ganz weiß. Das Auge ist braun, der Schnabel schwarz, der Fuß bleigrau. Das Weibchen unterscheidet sich durch unreinere Farben, der junge Vogel durch eine schwach wellenförmige Zeichnung, welche zumal auf der Brust hervortritt.
Der Verbreitungskreis dieses Vogels ist sehr ausgedehnt. Unser Raubwürger kommt fast in allen Ländern Europas und in einem großen Theile Asiens als Stand- oder Strichvogel, in Nord- afrika und Südasien als Zugvogel vor. Jn Nordamerika soll er ebenso häufig sein, wie bei uns; in Spanien, Nordafrika und Jndien wird er durch Arten vertreten, welche ihm auf das Täuschendste ähneln. Jn den Monaten September bis November und Februar bis April sieht man ihn am
[Abbildung]
Der Raubwürger (Lanius Excubitor).
häufigsten; er streicht dann im Lande auf und nieder. Jm Winter kommt er gern bis in die Nähe der Ortschaften; im Sommer hält er sich paarweise an Waldrändern oder auf einzeln stehenden Bäumen des freien Feldes auf. Die Feldhölzer oder Waldränder, welche Felder und Wiesen oder Viehweiden in der Nähe haben, sind seine Lieblingsplätze; hier pflegt er auch sein Nest anzulegen. Er ist, wie es scheint, im Gebirge ebenso häufig, wie in der Ebene und fehlt nur den Hochalpen oder sumpfigen Gegenden. Wer ihn einmal kennen gelernt hat, wird ihn mit keinem seiner deutschen Verwandten verwechseln; er zeichnet sich vor Allen ebenso durch sein Wesen, wie durch seine Größe aus. Gewöhnlich sieht man ihn auf der höchsten Spitze eines Baumes oder Strauches, welcher eine weite Umschau gestattet, ziemlich regungslos sitzen, bald aufgerichtet mit gerade herabhängendem Schwanz, bald mehr mit wagerecht getragenem Körper. Sein Blick schweift rastlos nach allen Seiten hin und her, seiner Aufmerksamkeit entgeht ein vorüberfliegender Raubvogel ebensowenig, wie ein am Boden
Die Fänger. Singvögel. Würger.
Schwingen ſchwarz; im Schwanz ſind die beiden mittleren Federn ſchwarz, bei den übrigen tritt dieſe Färbung mehr und mehr zurück, und ein reines Weiß wird dafür vorherrſchend; die fünfte Außenfeder iſt bis auf einen großen ſchwarzen Fleck auf der Mitte der innern Fahne und die äußerſte bis auf einen ſchwarzen Schaftſtreifen ganz weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel ſchwarz, der Fuß bleigrau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch unreinere Farben, der junge Vogel durch eine ſchwach wellenförmige Zeichnung, welche zumal auf der Bruſt hervortritt.
Der Verbreitungskreis dieſes Vogels iſt ſehr ausgedehnt. Unſer Raubwürger kommt faſt in allen Ländern Europas und in einem großen Theile Aſiens als Stand- oder Strichvogel, in Nord- afrika und Südaſien als Zugvogel vor. Jn Nordamerika ſoll er ebenſo häufig ſein, wie bei uns; in Spanien, Nordafrika und Jndien wird er durch Arten vertreten, welche ihm auf das Täuſchendſte ähneln. Jn den Monaten September bis November und Februar bis April ſieht man ihn am
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Der Raubwürger (Lanius Excubitor).
häufigſten; er ſtreicht dann im Lande auf und nieder. Jm Winter kommt er gern bis in die Nähe der Ortſchaften; im Sommer hält er ſich paarweiſe an Waldrändern oder auf einzeln ſtehenden Bäumen des freien Feldes auf. Die Feldhölzer oder Waldränder, welche Felder und Wieſen oder Viehweiden in der Nähe haben, ſind ſeine Lieblingsplätze; hier pflegt er auch ſein Neſt anzulegen. Er iſt, wie es ſcheint, im Gebirge ebenſo häufig, wie in der Ebene und fehlt nur den Hochalpen oder ſumpfigen Gegenden. Wer ihn einmal kennen gelernt hat, wird ihn mit keinem ſeiner deutſchen Verwandten verwechſeln; er zeichnet ſich vor Allen ebenſo durch ſein Weſen, wie durch ſeine Größe aus. Gewöhnlich ſieht man ihn auf der höchſten Spitze eines Baumes oder Strauches, welcher eine weite Umſchau geſtattet, ziemlich regungslos ſitzen, bald aufgerichtet mit gerade herabhängendem Schwanz, bald mehr mit wagerecht getragenem Körper. Sein Blick ſchweift raſtlos nach allen Seiten hin und her, ſeiner Aufmerkſamkeit entgeht ein vorüberfliegender Raubvogel ebenſowenig, wie ein am Boden
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Die Fänger. Singvögel. Würger.
Schwingen ſchwarz; im Schwanz ſind die beiden mittleren Federn ſchwarz, bei den übrigen tritt
dieſe Färbung mehr und mehr zurück, und ein reines Weiß wird dafür vorherrſchend; die fünfte
Außenfeder iſt bis auf einen großen ſchwarzen Fleck auf der Mitte der innern Fahne und die äußerſte
bis auf einen ſchwarzen Schaftſtreifen ganz weiß. Das Auge iſt braun, der Schnabel ſchwarz, der
Fuß bleigrau. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch unreinere Farben, der junge Vogel durch eine
ſchwach wellenförmige Zeichnung, welche zumal auf der Bruſt hervortritt.
Der Verbreitungskreis dieſes Vogels iſt ſehr ausgedehnt. Unſer Raubwürger kommt faſt in
allen Ländern Europas und in einem großen Theile Aſiens als Stand- oder Strichvogel, in Nord-
afrika und Südaſien als Zugvogel vor. Jn Nordamerika ſoll er ebenſo häufig ſein, wie bei uns; in
Spanien, Nordafrika und Jndien wird er durch Arten vertreten, welche ihm auf das Täuſchendſte
ähneln. Jn den Monaten September bis November und Februar bis April ſieht man ihn am
[Abbildung Der Raubwürger (Lanius Excubitor).]
häufigſten; er ſtreicht dann im Lande auf und nieder. Jm Winter kommt er gern bis in die Nähe der
Ortſchaften; im Sommer hält er ſich paarweiſe an Waldrändern oder auf einzeln ſtehenden Bäumen
des freien Feldes auf. Die Feldhölzer oder Waldränder, welche Felder und Wieſen oder Viehweiden
in der Nähe haben, ſind ſeine Lieblingsplätze; hier pflegt er auch ſein Neſt anzulegen. Er iſt, wie es
ſcheint, im Gebirge ebenſo häufig, wie in der Ebene und fehlt nur den Hochalpen oder ſumpfigen
Gegenden. Wer ihn einmal kennen gelernt hat, wird ihn mit keinem ſeiner deutſchen Verwandten
verwechſeln; er zeichnet ſich vor Allen ebenſo durch ſein Weſen, wie durch ſeine Größe aus.
Gewöhnlich ſieht man ihn auf der höchſten Spitze eines Baumes oder Strauches, welcher eine weite
Umſchau geſtattet, ziemlich regungslos ſitzen, bald aufgerichtet mit gerade herabhängendem Schwanz,
bald mehr mit wagerecht getragenem Körper. Sein Blick ſchweift raſtlos nach allen Seiten hin und
her, ſeiner Aufmerkſamkeit entgeht ein vorüberfliegender Raubvogel ebenſowenig, wie ein am Boden
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/734>, abgerufen am 22.11.2024.
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