Die nächsten Verwandten der Erdsänger sind die Schmätzer (Monticolae), eine zahlreiche Familie meist buntfarbiger Singvögel von ziemlich verschiedener Größe, aber sehr übereinstimmender Gestalt und Lebensweise. Ueber die Begrenzung der Familie sind die Ansichten der ordnenden Thier- kundigen verschieden; denn während Diese einzelne zu den Drosseln zählen, ordnen sie Jene den Erd- sängern unter. Betrachtet man aber die Lebensweise als maßgebend, so kann man die betreffenden Vögel nicht trennen, aller in der That zwischen den einzelnen Sippen bestehenden Unterschiede ungeachtet.
Die Kennzeichen der Schmätzer sind: ein schlanker Leib, mittel- oder ziemlich lange Flügel, in denen gewöhnlich die dritte Schwinge die längste ist, ein kurzer, meist gerade ab- oder seicht ausge- schnittener Schwanz, mittelhohe, schlankläufige Beine und ein pfriemenförmiger Schnabel, welcher auf der Firste ein wenig gebogen oder gerade und an der Spitze mit einem sehr kurzen und schwachen Haken versehen ist. Das Gefieder ist reich und locker anliegend, seine Färbung regelmäßig nach Geschlecht und Alter verschieden. Die Männchen sind ausnahmslos schöner als die Weibchen gefärbt, die Jungen gewöhnlich gefleckt. Bei vielen zeichnet sich der Schwanz durch eine besondere, von der des übrigen Gefieders abweichende Färbung aus; es herrschen hier namentlich Weiß und Rostroth vor. Auch die Kehle und Ohrgegend zeigen oft hervorstechende, aber meist dunkle Farben, welche gewöhnlich ein Feld bilden.
Das Reich der Steine ist das Heimatgebiet der Schmätzer: mit wenigen Ausnahmen leben sie nur in felsigen oder wenigstens steinigten Gegenden. Einzelne kommen im Walde oder in Gärten vor, andere halten sich vorzüglich auf Wiesen auf; für die Mehrzahl gilt die Regel. Je wilder und zerklüfteter ein Gebirge, je steiniger eine Gegend ist, um so sicherer wird man ihnen begegnen. Sie umfliegen die kahlen Felsenzinnen, sie beleben die öde Wüfte; sie fühlen sich da noch wohl und behaglich, wo andere Vögel an der Möglichkeit, sich zu ernähren, verzweifeln. Dies gilt für den Norden wie für den Süden, für die alte Welt wie für Neuholland; denn auf der Westhälfte der Erde hat diese Familie keinen Vertreter. Jn ihrer Lebensweise, im Wesen und Betragen ähneln sich, wie schon bemerkt, alle Schmätzer im hohen Grade. Sie sind kluge, aufgeweckte, muntere, bewegliche, unruhige und ungesellige Geschöpfe, welche sich innerhalb des von ihnen gewählten Gebietes paarweise halten und keine andern derselben Art, ja nicht einmal gern Verwandte dulden. Hierdurch unterscheiden sich auch diejenigen Arten, welche man bisher zu den Drosseln zu rechnen pflegte, sehr wesentlich von diesen: sie vereinigen sich nicht einmal auf dem Zuge zu Gesellschaften, geschweige denn während der Brutzeit, sondern leben stets paar [,] höchstens familienweise. Bewegungslustig wie sie sind, trifft sie bereits der kommende Tag und noch die einbrechende Nacht munter an. Ueber Tags durchstreifen sie ihr ziemlich ausgedehntes Gebiet unablässig, immer und immer wieder zu gewissen Lieblingsplätzen zurückkehrend. Jhre Bewegungen sind theilweife eigenthümlich. Alle Arten sind vortrefflich zu Fuße: sie rennen mehr, als sie hüpfen, über den Boden dahin; einzelne wissen sich aber auch im Gezweig der Bäume mit ziemlichem Geschick zu bewegen, wenngleich die große Mehrzahl Bäume meidet und zum Auffitzen erhabene Steine oder bezüglich Felsvorsprünge wählt. Der Flug ist verschieden, im All- gemeinen aber leicht und fördernd. Viele Arten fliegen selten zu größeren Höhen empor, sondern lieber dicht über dem Boden dahin; diejenigen Arten hingegen, welche höhere Gebirge bewohnen, erheben sich, schon weil sie die Höhe aufzusuchen pflegen, oft hoch über denselben. Beim Aufsitzen und wenn sich irgend welche Erregung ihrer bemächtigt, pflegen sie in einer ihnen eigenthümlichen Weise sich rasch zu bücken und dabei mit dem Schwanze zu zittern, ihn abwärts zu schlagen oder auszubreiten. Hierdurch unterscheiden sie sich von allen andern Sängern.
Die Schmätzer sind größtentheils gute, einzelne von ihnen sogar ausgezeichnete Sänger. Jhre Lieder sind reich an Abwechslung und einzelne Strophen derselben höchst wohllautend. Heiser knar- rende Töne fehlen allerdings auch nicht; bei einzelnen kehren sie sogar häufiger wieder, als unserm Ohre lieb ist. Mehrere Arten besitzen ein nicht gewöhnliches Nachahmungsvermögen: sie lernen mit
Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
Die nächſten Verwandten der Erdſänger ſind die Schmätzer (Monticolae), eine zahlreiche Familie meiſt buntfarbiger Singvögel von ziemlich verſchiedener Größe, aber ſehr übereinſtimmender Geſtalt und Lebensweiſe. Ueber die Begrenzung der Familie ſind die Anſichten der ordnenden Thier- kundigen verſchieden; denn während Dieſe einzelne zu den Droſſeln zählen, ordnen ſie Jene den Erd- ſängern unter. Betrachtet man aber die Lebensweiſe als maßgebend, ſo kann man die betreffenden Vögel nicht trennen, aller in der That zwiſchen den einzelnen Sippen beſtehenden Unterſchiede ungeachtet.
Die Kennzeichen der Schmätzer ſind: ein ſchlanker Leib, mittel- oder ziemlich lange Flügel, in denen gewöhnlich die dritte Schwinge die längſte iſt, ein kurzer, meiſt gerade ab- oder ſeicht ausge- ſchnittener Schwanz, mittelhohe, ſchlankläufige Beine und ein pfriemenförmiger Schnabel, welcher auf der Firſte ein wenig gebogen oder gerade und an der Spitze mit einem ſehr kurzen und ſchwachen Haken verſehen iſt. Das Gefieder iſt reich und locker anliegend, ſeine Färbung regelmäßig nach Geſchlecht und Alter verſchieden. Die Männchen ſind ausnahmslos ſchöner als die Weibchen gefärbt, die Jungen gewöhnlich gefleckt. Bei vielen zeichnet ſich der Schwanz durch eine beſondere, von der des übrigen Gefieders abweichende Färbung aus; es herrſchen hier namentlich Weiß und Roſtroth vor. Auch die Kehle und Ohrgegend zeigen oft hervorſtechende, aber meiſt dunkle Farben, welche gewöhnlich ein Feld bilden.
Das Reich der Steine iſt das Heimatgebiet der Schmätzer: mit wenigen Ausnahmen leben ſie nur in felſigen oder wenigſtens ſteinigten Gegenden. Einzelne kommen im Walde oder in Gärten vor, andere halten ſich vorzüglich auf Wieſen auf; für die Mehrzahl gilt die Regel. Je wilder und zerklüfteter ein Gebirge, je ſteiniger eine Gegend iſt, um ſo ſicherer wird man ihnen begegnen. Sie umfliegen die kahlen Felſenzinnen, ſie beleben die öde Wüfte; ſie fühlen ſich da noch wohl und behaglich, wo andere Vögel an der Möglichkeit, ſich zu ernähren, verzweifeln. Dies gilt für den Norden wie für den Süden, für die alte Welt wie für Neuholland; denn auf der Weſthälfte der Erde hat dieſe Familie keinen Vertreter. Jn ihrer Lebensweiſe, im Weſen und Betragen ähneln ſich, wie ſchon bemerkt, alle Schmätzer im hohen Grade. Sie ſind kluge, aufgeweckte, muntere, bewegliche, unruhige und ungeſellige Geſchöpfe, welche ſich innerhalb des von ihnen gewählten Gebietes paarweiſe halten und keine andern derſelben Art, ja nicht einmal gern Verwandte dulden. Hierdurch unterſcheiden ſich auch diejenigen Arten, welche man bisher zu den Droſſeln zu rechnen pflegte, ſehr weſentlich von dieſen: ſie vereinigen ſich nicht einmal auf dem Zuge zu Geſellſchaften, geſchweige denn während der Brutzeit, ſondern leben ſtets paar [,] höchſtens familienweiſe. Bewegungsluſtig wie ſie ſind, trifft ſie bereits der kommende Tag und noch die einbrechende Nacht munter an. Ueber Tags durchſtreifen ſie ihr ziemlich ausgedehntes Gebiet unabläſſig, immer und immer wieder zu gewiſſen Lieblingsplätzen zurückkehrend. Jhre Bewegungen ſind theilweife eigenthümlich. Alle Arten ſind vortrefflich zu Fuße: ſie rennen mehr, als ſie hüpfen, über den Boden dahin; einzelne wiſſen ſich aber auch im Gezweig der Bäume mit ziemlichem Geſchick zu bewegen, wenngleich die große Mehrzahl Bäume meidet und zum Auffitzen erhabene Steine oder bezüglich Felsvorſprünge wählt. Der Flug iſt verſchieden, im All- gemeinen aber leicht und fördernd. Viele Arten fliegen ſelten zu größeren Höhen empor, ſondern lieber dicht über dem Boden dahin; diejenigen Arten hingegen, welche höhere Gebirge bewohnen, erheben ſich, ſchon weil ſie die Höhe aufzuſuchen pflegen, oft hoch über denſelben. Beim Aufſitzen und wenn ſich irgend welche Erregung ihrer bemächtigt, pflegen ſie in einer ihnen eigenthümlichen Weiſe ſich raſch zu bücken und dabei mit dem Schwanze zu zittern, ihn abwärts zu ſchlagen oder auszubreiten. Hierdurch unterſcheiden ſie ſich von allen andern Sängern.
Die Schmätzer ſind größtentheils gute, einzelne von ihnen ſogar ausgezeichnete Sänger. Jhre Lieder ſind reich an Abwechslung und einzelne Strophen derſelben höchſt wohllautend. Heiſer knar- rende Töne fehlen allerdings auch nicht; bei einzelnen kehren ſie ſogar häufiger wieder, als unſerm Ohre lieb iſt. Mehrere Arten beſitzen ein nicht gewöhnliches Nachahmungsvermögen: ſie lernen mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0818"n="774"/><fwplace="top"type="header">Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.</fw><lb/><p>Die nächſten Verwandten der Erdſänger ſind die <hirendition="#g">Schmätzer</hi> (<hirendition="#aq">Monticolae</hi>), eine zahlreiche<lb/>
Familie meiſt buntfarbiger Singvögel von ziemlich verſchiedener Größe, aber ſehr übereinſtimmender<lb/>
Geſtalt und Lebensweiſe. Ueber die Begrenzung der Familie ſind die Anſichten der ordnenden Thier-<lb/>
kundigen verſchieden; denn während Dieſe einzelne zu den Droſſeln zählen, ordnen ſie Jene den Erd-<lb/>ſängern unter. Betrachtet man aber die Lebensweiſe als maßgebend, ſo kann man die betreffenden<lb/>
Vögel nicht trennen, aller in der That zwiſchen den einzelnen Sippen beſtehenden Unterſchiede<lb/>
ungeachtet.</p><lb/><p>Die Kennzeichen der Schmätzer ſind: ein ſchlanker Leib, mittel- oder ziemlich lange Flügel, in<lb/>
denen gewöhnlich die dritte Schwinge die längſte iſt, ein kurzer, meiſt gerade ab- oder ſeicht ausge-<lb/>ſchnittener Schwanz, mittelhohe, ſchlankläufige Beine und ein pfriemenförmiger Schnabel, welcher<lb/>
auf der Firſte ein wenig gebogen oder gerade und an der Spitze mit einem ſehr kurzen und ſchwachen<lb/>
Haken verſehen iſt. Das Gefieder iſt reich und locker anliegend, ſeine Färbung regelmäßig nach<lb/>
Geſchlecht und Alter verſchieden. Die Männchen ſind ausnahmslos ſchöner als die Weibchen gefärbt,<lb/>
die Jungen gewöhnlich gefleckt. Bei vielen zeichnet ſich der Schwanz durch eine beſondere, von der<lb/>
des übrigen Gefieders abweichende Färbung aus; es herrſchen hier namentlich Weiß und Roſtroth vor.<lb/>
Auch die Kehle und Ohrgegend zeigen oft hervorſtechende, aber meiſt dunkle Farben, welche gewöhnlich<lb/>
ein Feld bilden.</p><lb/><p>Das Reich der Steine iſt das Heimatgebiet der Schmätzer: mit wenigen Ausnahmen leben<lb/>ſie nur in felſigen oder wenigſtens ſteinigten Gegenden. Einzelne kommen im Walde oder in<lb/>
Gärten vor, andere halten ſich vorzüglich auf Wieſen auf; für die Mehrzahl gilt die Regel. Je wilder<lb/>
und zerklüfteter ein Gebirge, je ſteiniger eine Gegend iſt, um ſo ſicherer wird man ihnen begegnen. Sie<lb/>
umfliegen die kahlen Felſenzinnen, ſie beleben die öde Wüfte; ſie fühlen ſich da noch wohl und behaglich,<lb/>
wo andere Vögel an der Möglichkeit, ſich zu ernähren, verzweifeln. Dies gilt für den Norden wie<lb/>
für den Süden, für die alte Welt wie für Neuholland; denn auf der Weſthälfte der Erde hat dieſe<lb/>
Familie keinen Vertreter. Jn ihrer Lebensweiſe, im Weſen und Betragen ähneln ſich, wie ſchon<lb/>
bemerkt, alle Schmätzer im hohen Grade. Sie ſind kluge, aufgeweckte, muntere, bewegliche, unruhige<lb/>
und ungeſellige Geſchöpfe, welche ſich innerhalb des von ihnen gewählten Gebietes paarweiſe halten<lb/>
und keine andern derſelben Art, ja nicht einmal gern Verwandte dulden. Hierdurch unterſcheiden<lb/>ſich auch diejenigen Arten, welche man bisher zu den Droſſeln zu rechnen pflegte, ſehr weſentlich von<lb/>
dieſen: ſie vereinigen ſich nicht einmal auf dem Zuge zu Geſellſchaften, geſchweige denn während<lb/>
der Brutzeit, ſondern leben ſtets paar <supplied>,</supplied> höchſtens familienweiſe. Bewegungsluſtig wie ſie ſind, trifft<lb/>ſie bereits der kommende Tag und noch die einbrechende Nacht munter an. Ueber Tags durchſtreifen<lb/>ſie ihr ziemlich ausgedehntes Gebiet unabläſſig, immer und immer wieder zu gewiſſen Lieblingsplätzen<lb/>
zurückkehrend. Jhre Bewegungen ſind theilweife eigenthümlich. Alle Arten ſind vortrefflich zu Fuße:<lb/>ſie rennen mehr, als ſie hüpfen, über den Boden dahin; einzelne wiſſen ſich aber auch im Gezweig der<lb/>
Bäume mit ziemlichem Geſchick zu bewegen, wenngleich die große Mehrzahl Bäume meidet und zum<lb/>
Auffitzen erhabene Steine oder bezüglich Felsvorſprünge wählt. Der Flug iſt verſchieden, im All-<lb/>
gemeinen aber leicht und fördernd. Viele Arten fliegen ſelten zu größeren Höhen empor, ſondern<lb/>
lieber dicht über dem Boden dahin; diejenigen Arten hingegen, welche höhere Gebirge bewohnen,<lb/>
erheben ſich, ſchon weil ſie die Höhe aufzuſuchen pflegen, oft hoch über denſelben. Beim Aufſitzen<lb/>
und wenn ſich irgend welche Erregung ihrer bemächtigt, pflegen ſie in einer ihnen eigenthümlichen<lb/>
Weiſe ſich raſch zu bücken und dabei mit dem Schwanze zu zittern, ihn abwärts zu ſchlagen oder<lb/>
auszubreiten. Hierdurch unterſcheiden ſie ſich von allen andern Sängern.</p><lb/><p>Die Schmätzer ſind größtentheils gute, einzelne von ihnen ſogar ausgezeichnete Sänger. Jhre<lb/>
Lieder ſind reich an Abwechslung und einzelne Strophen derſelben höchſt wohllautend. Heiſer knar-<lb/>
rende Töne fehlen allerdings auch nicht; bei einzelnen kehren ſie ſogar häufiger wieder, als unſerm<lb/>
Ohre lieb iſt. Mehrere Arten beſitzen ein nicht gewöhnliches Nachahmungsvermögen: ſie lernen mit<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[774/0818]
Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
Die nächſten Verwandten der Erdſänger ſind die Schmätzer (Monticolae), eine zahlreiche
Familie meiſt buntfarbiger Singvögel von ziemlich verſchiedener Größe, aber ſehr übereinſtimmender
Geſtalt und Lebensweiſe. Ueber die Begrenzung der Familie ſind die Anſichten der ordnenden Thier-
kundigen verſchieden; denn während Dieſe einzelne zu den Droſſeln zählen, ordnen ſie Jene den Erd-
ſängern unter. Betrachtet man aber die Lebensweiſe als maßgebend, ſo kann man die betreffenden
Vögel nicht trennen, aller in der That zwiſchen den einzelnen Sippen beſtehenden Unterſchiede
ungeachtet.
Die Kennzeichen der Schmätzer ſind: ein ſchlanker Leib, mittel- oder ziemlich lange Flügel, in
denen gewöhnlich die dritte Schwinge die längſte iſt, ein kurzer, meiſt gerade ab- oder ſeicht ausge-
ſchnittener Schwanz, mittelhohe, ſchlankläufige Beine und ein pfriemenförmiger Schnabel, welcher
auf der Firſte ein wenig gebogen oder gerade und an der Spitze mit einem ſehr kurzen und ſchwachen
Haken verſehen iſt. Das Gefieder iſt reich und locker anliegend, ſeine Färbung regelmäßig nach
Geſchlecht und Alter verſchieden. Die Männchen ſind ausnahmslos ſchöner als die Weibchen gefärbt,
die Jungen gewöhnlich gefleckt. Bei vielen zeichnet ſich der Schwanz durch eine beſondere, von der
des übrigen Gefieders abweichende Färbung aus; es herrſchen hier namentlich Weiß und Roſtroth vor.
Auch die Kehle und Ohrgegend zeigen oft hervorſtechende, aber meiſt dunkle Farben, welche gewöhnlich
ein Feld bilden.
Das Reich der Steine iſt das Heimatgebiet der Schmätzer: mit wenigen Ausnahmen leben
ſie nur in felſigen oder wenigſtens ſteinigten Gegenden. Einzelne kommen im Walde oder in
Gärten vor, andere halten ſich vorzüglich auf Wieſen auf; für die Mehrzahl gilt die Regel. Je wilder
und zerklüfteter ein Gebirge, je ſteiniger eine Gegend iſt, um ſo ſicherer wird man ihnen begegnen. Sie
umfliegen die kahlen Felſenzinnen, ſie beleben die öde Wüfte; ſie fühlen ſich da noch wohl und behaglich,
wo andere Vögel an der Möglichkeit, ſich zu ernähren, verzweifeln. Dies gilt für den Norden wie
für den Süden, für die alte Welt wie für Neuholland; denn auf der Weſthälfte der Erde hat dieſe
Familie keinen Vertreter. Jn ihrer Lebensweiſe, im Weſen und Betragen ähneln ſich, wie ſchon
bemerkt, alle Schmätzer im hohen Grade. Sie ſind kluge, aufgeweckte, muntere, bewegliche, unruhige
und ungeſellige Geſchöpfe, welche ſich innerhalb des von ihnen gewählten Gebietes paarweiſe halten
und keine andern derſelben Art, ja nicht einmal gern Verwandte dulden. Hierdurch unterſcheiden
ſich auch diejenigen Arten, welche man bisher zu den Droſſeln zu rechnen pflegte, ſehr weſentlich von
dieſen: ſie vereinigen ſich nicht einmal auf dem Zuge zu Geſellſchaften, geſchweige denn während
der Brutzeit, ſondern leben ſtets paar , höchſtens familienweiſe. Bewegungsluſtig wie ſie ſind, trifft
ſie bereits der kommende Tag und noch die einbrechende Nacht munter an. Ueber Tags durchſtreifen
ſie ihr ziemlich ausgedehntes Gebiet unabläſſig, immer und immer wieder zu gewiſſen Lieblingsplätzen
zurückkehrend. Jhre Bewegungen ſind theilweife eigenthümlich. Alle Arten ſind vortrefflich zu Fuße:
ſie rennen mehr, als ſie hüpfen, über den Boden dahin; einzelne wiſſen ſich aber auch im Gezweig der
Bäume mit ziemlichem Geſchick zu bewegen, wenngleich die große Mehrzahl Bäume meidet und zum
Auffitzen erhabene Steine oder bezüglich Felsvorſprünge wählt. Der Flug iſt verſchieden, im All-
gemeinen aber leicht und fördernd. Viele Arten fliegen ſelten zu größeren Höhen empor, ſondern
lieber dicht über dem Boden dahin; diejenigen Arten hingegen, welche höhere Gebirge bewohnen,
erheben ſich, ſchon weil ſie die Höhe aufzuſuchen pflegen, oft hoch über denſelben. Beim Aufſitzen
und wenn ſich irgend welche Erregung ihrer bemächtigt, pflegen ſie in einer ihnen eigenthümlichen
Weiſe ſich raſch zu bücken und dabei mit dem Schwanze zu zittern, ihn abwärts zu ſchlagen oder
auszubreiten. Hierdurch unterſcheiden ſie ſich von allen andern Sängern.
Die Schmätzer ſind größtentheils gute, einzelne von ihnen ſogar ausgezeichnete Sänger. Jhre
Lieder ſind reich an Abwechslung und einzelne Strophen derſelben höchſt wohllautend. Heiſer knar-
rende Töne fehlen allerdings auch nicht; bei einzelnen kehren ſie ſogar häufiger wieder, als unſerm
Ohre lieb iſt. Mehrere Arten beſitzen ein nicht gewöhnliches Nachahmungsvermögen: ſie lernen mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/818>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.