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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Prachtdrosseln. Ameisenvögel.
kleinen Bögen außerordentlich zu handhaben wissen. Wallace bemerkt, daß der geübte Jäger das
Erscheinen der Pitta zuerst an dem Rasseln der Blätter entdeckt; dann nimmt das Auge einen
Schimmer wahr, wenn der Vogel bei seinen leichten Bewegungen in günstiger Weise beleuchtet wird.
Regt sich der Jäger unvorsichtig, so zeigt ihm ein blitzartiges Glänzen an, daß sein Wild sich
fliegend in Sicherheit brachte. Die tödtlich getroffene Pitta soll regelmäßig auf den Rücken fallen
und so einen prachtvollen Anblick gewähren.

Bernstein theilt uns auch Einiges über das Gefangenleben dieser Prachtdrosseln mit. Er fing
zwei alte Pittas in Schlingen, welche er um das Nest gelegt hatte und hielt beide längere Zeit im
Käfig. "Jn den ersten Tagen", sagt er, "waren sie zwar etwas scheu, gewöhnten sich jedoch bald ein
und wurden schon nach der ersten Woche so zahm, daß sie das Futter aus der Hand nahmen. Am
liebsten fraßen sie kleine Heuschrecken, Ameisenpuppen, Termiten und dergleichen. Erstere suchten sie
durch Aufstoßen auf den Boden von den harten Füßen und Flügeldecken zu befreien, fraßen diese
jedoch nachträglich auch noch. Den Körper der Thiere selbst drehten sie so lange im Schnabel herum,
bis sie so zu liegen kamen, daß sie mit dem Kopf voraus verschluckt werden konnten. Ueber Tags
hielten sie sich ausschließlich auf dem Boden ihres Käfigs auf und machten von den Sitzstangen der-
selben selbst nachts nur selten und ausnahmsweise Gebrauch. ..." "Jch glaube", schließt er, "daß es
nicht schwer fallen würde, diese Vögel an ein Ersatzfutter zu gewöhnen und nach Europa überzu-
bringen. Sie würden hier eine außerordentliche Zierde der Thiergärten sein."



"Unsere im gleichen Schritt fortschreitende Reihe mußte an der Spitze ein unerwartetes Hinder-
niß gefunden haben -- die Bewegung stockte. Voll Befürchtung eilte ich dorthin: die Ersten des
Zugs standen vor einem braunen, zwölf bis sechszehn Fuß breiten Bande; denn so und nicht anders
sah der dicht gedrängte Heerzug der Wanderameise aus, welcher eben unsern Pfad kreuzte. Zu warten,
bis dieser vorüber war, hätte uns zu lange aufgehalten, der Durchbruch dieses Heeres mußte im
raschen Laufe unter gewaltigen Sprüngen erzwungen werden. Bis an die Kniee mit den wüthend
gewordenen Kerfen bedeckt, durchbrachen wir die dichte Reihe, ohne uns jedoch, trotzdem wir sie mit
den Händen zerquetschten und mit den Füßen zerstampften, ganz vor den schmerzhaften Bissen der
gereizten Thiere retten zu können. ... Greift ein solches Heer, von dem Niemand weiß, woher es
kommt, noch wohin es zieht, auch Alles an, das sich ihm auf seinem Wege entgegenstellt, so hat es doch
ebenfalls seine Feinde, namentlich unter den Vögeln, welche es stets in großer Anzahl begleiten."
So schildert Schomburgk und berichtet sodann Einiges über die Lebensweise jener Vögel, welche ich
nun zunächst leiblich beschreiben will.

Die Ameisenvögel (Myiotherae) bilden eine an Sippen und Arten sehr zahlreiche Familie,
welche vorzugsweise in Südamerika heimisch ist. Viele Arten haben große Aehnlichkeit mit den Wald-
drosseln, andere erinnern an die Sänger im engeren Sinne und einige wohl auch an die Würger.
Bezeichnend für die Gesammtheit ist, daß, wie der Prinz von Wied sagt, "die Füße auf Unkosten der
Flügel ausgebildet sind". Der Schnabel ist sehr verschieden gestaltet, bald kräftig, bald zierlich, bald
hochfirstig, bald pfriemenförmig, selten lang, vielmehr gewöhnlich ziemlich kurz, gerade oder gebogen.
Die Flügel sind immer kurz und rundlich, die dritte, vierte oder fünfte Schwinge ist die längste. Der
Schwanz ist bald lang, bald kurz, bald gerade abgeschnitten, bald zugerundet. Der Lauf ist mittelhoch
und stets kräftig; die Zehen sind in der Regel lang und dünn und außerdem noch bewehrt mit langen,
schwachen Nägeln, welche zuweilen spornartig erscheinen können. Das Gefieder ist weich und buntfarbig.

Jn ihrer Lebensweise haben die Ameisenvögel wahrscheinlich die größte Aehnlichkeit mit den
Pittas; doch erinnern einige auch wieder an die Drosseln und Wasserschwätzer, andere an die Sänger.
Sie bewohnen die großen Waldungen der Ebenen oder die buschigen Strecken der Steppengegenden,

Die Fänger. Singvögel. Prachtdroſſeln. Ameiſenvögel.
kleinen Bögen außerordentlich zu handhaben wiſſen. Wallace bemerkt, daß der geübte Jäger das
Erſcheinen der Pitta zuerſt an dem Raſſeln der Blätter entdeckt; dann nimmt das Auge einen
Schimmer wahr, wenn der Vogel bei ſeinen leichten Bewegungen in günſtiger Weiſe beleuchtet wird.
Regt ſich der Jäger unvorſichtig, ſo zeigt ihm ein blitzartiges Glänzen an, daß ſein Wild ſich
fliegend in Sicherheit brachte. Die tödtlich getroffene Pitta ſoll regelmäßig auf den Rücken fallen
und ſo einen prachtvollen Anblick gewähren.

Bernſtein theilt uns auch Einiges über das Gefangenleben dieſer Prachtdroſſeln mit. Er fing
zwei alte Pittas in Schlingen, welche er um das Neſt gelegt hatte und hielt beide längere Zeit im
Käfig. „Jn den erſten Tagen‟, ſagt er, „waren ſie zwar etwas ſcheu, gewöhnten ſich jedoch bald ein
und wurden ſchon nach der erſten Woche ſo zahm, daß ſie das Futter aus der Hand nahmen. Am
liebſten fraßen ſie kleine Heuſchrecken, Ameiſenpuppen, Termiten und dergleichen. Erſtere ſuchten ſie
durch Aufſtoßen auf den Boden von den harten Füßen und Flügeldecken zu befreien, fraßen dieſe
jedoch nachträglich auch noch. Den Körper der Thiere ſelbſt drehten ſie ſo lange im Schnabel herum,
bis ſie ſo zu liegen kamen, daß ſie mit dem Kopf voraus verſchluckt werden konnten. Ueber Tags
hielten ſie ſich ausſchließlich auf dem Boden ihres Käfigs auf und machten von den Sitzſtangen der-
ſelben ſelbſt nachts nur ſelten und ausnahmsweiſe Gebrauch. …‟ „Jch glaube‟, ſchließt er, „daß es
nicht ſchwer fallen würde, dieſe Vögel an ein Erſatzfutter zu gewöhnen und nach Europa überzu-
bringen. Sie würden hier eine außerordentliche Zierde der Thiergärten ſein.‟



„Unſere im gleichen Schritt fortſchreitende Reihe mußte an der Spitze ein unerwartetes Hinder-
niß gefunden haben — die Bewegung ſtockte. Voll Befürchtung eilte ich dorthin: die Erſten des
Zugs ſtanden vor einem braunen, zwölf bis ſechszehn Fuß breiten Bande; denn ſo und nicht anders
ſah der dicht gedrängte Heerzug der Wanderameiſe aus, welcher eben unſern Pfad kreuzte. Zu warten,
bis dieſer vorüber war, hätte uns zu lange aufgehalten, der Durchbruch dieſes Heeres mußte im
raſchen Laufe unter gewaltigen Sprüngen erzwungen werden. Bis an die Kniee mit den wüthend
gewordenen Kerfen bedeckt, durchbrachen wir die dichte Reihe, ohne uns jedoch, trotzdem wir ſie mit
den Händen zerquetſchten und mit den Füßen zerſtampften, ganz vor den ſchmerzhaften Biſſen der
gereizten Thiere retten zu können. … Greift ein ſolches Heer, von dem Niemand weiß, woher es
kommt, noch wohin es zieht, auch Alles an, das ſich ihm auf ſeinem Wege entgegenſtellt, ſo hat es doch
ebenfalls ſeine Feinde, namentlich unter den Vögeln, welche es ſtets in großer Anzahl begleiten.‟
So ſchildert Schomburgk und berichtet ſodann Einiges über die Lebensweiſe jener Vögel, welche ich
nun zunächſt leiblich beſchreiben will.

Die Ameiſenvögel (Myiotherae) bilden eine an Sippen und Arten ſehr zahlreiche Familie,
welche vorzugsweiſe in Südamerika heimiſch iſt. Viele Arten haben große Aehnlichkeit mit den Wald-
droſſeln, andere erinnern an die Sänger im engeren Sinne und einige wohl auch an die Würger.
Bezeichnend für die Geſammtheit iſt, daß, wie der Prinz von Wied ſagt, „die Füße auf Unkoſten der
Flügel ausgebildet ſind‟. Der Schnabel iſt ſehr verſchieden geſtaltet, bald kräftig, bald zierlich, bald
hochfirſtig, bald pfriemenförmig, ſelten lang, vielmehr gewöhnlich ziemlich kurz, gerade oder gebogen.
Die Flügel ſind immer kurz und rundlich, die dritte, vierte oder fünfte Schwinge iſt die längſte. Der
Schwanz iſt bald lang, bald kurz, bald gerade abgeſchnitten, bald zugerundet. Der Lauf iſt mittelhoch
und ſtets kräftig; die Zehen ſind in der Regel lang und dünn und außerdem noch bewehrt mit langen,
ſchwachen Nägeln, welche zuweilen ſpornartig erſcheinen können. Das Gefieder iſt weich und buntfarbig.

Jn ihrer Lebensweiſe haben die Ameiſenvögel wahrſcheinlich die größte Aehnlichkeit mit den
Pittas; doch erinnern einige auch wieder an die Droſſeln und Waſſerſchwätzer, andere an die Sänger.
Sie bewohnen die großen Waldungen der Ebenen oder die buſchigen Strecken der Steppengegenden,

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[826/0872] Die Fänger. Singvögel. Prachtdroſſeln. Ameiſenvögel. kleinen Bögen außerordentlich zu handhaben wiſſen. Wallace bemerkt, daß der geübte Jäger das Erſcheinen der Pitta zuerſt an dem Raſſeln der Blätter entdeckt; dann nimmt das Auge einen Schimmer wahr, wenn der Vogel bei ſeinen leichten Bewegungen in günſtiger Weiſe beleuchtet wird. Regt ſich der Jäger unvorſichtig, ſo zeigt ihm ein blitzartiges Glänzen an, daß ſein Wild ſich fliegend in Sicherheit brachte. Die tödtlich getroffene Pitta ſoll regelmäßig auf den Rücken fallen und ſo einen prachtvollen Anblick gewähren. Bernſtein theilt uns auch Einiges über das Gefangenleben dieſer Prachtdroſſeln mit. Er fing zwei alte Pittas in Schlingen, welche er um das Neſt gelegt hatte und hielt beide längere Zeit im Käfig. „Jn den erſten Tagen‟, ſagt er, „waren ſie zwar etwas ſcheu, gewöhnten ſich jedoch bald ein und wurden ſchon nach der erſten Woche ſo zahm, daß ſie das Futter aus der Hand nahmen. Am liebſten fraßen ſie kleine Heuſchrecken, Ameiſenpuppen, Termiten und dergleichen. Erſtere ſuchten ſie durch Aufſtoßen auf den Boden von den harten Füßen und Flügeldecken zu befreien, fraßen dieſe jedoch nachträglich auch noch. Den Körper der Thiere ſelbſt drehten ſie ſo lange im Schnabel herum, bis ſie ſo zu liegen kamen, daß ſie mit dem Kopf voraus verſchluckt werden konnten. Ueber Tags hielten ſie ſich ausſchließlich auf dem Boden ihres Käfigs auf und machten von den Sitzſtangen der- ſelben ſelbſt nachts nur ſelten und ausnahmsweiſe Gebrauch. …‟ „Jch glaube‟, ſchließt er, „daß es nicht ſchwer fallen würde, dieſe Vögel an ein Erſatzfutter zu gewöhnen und nach Europa überzu- bringen. Sie würden hier eine außerordentliche Zierde der Thiergärten ſein.‟ „Unſere im gleichen Schritt fortſchreitende Reihe mußte an der Spitze ein unerwartetes Hinder- niß gefunden haben — die Bewegung ſtockte. Voll Befürchtung eilte ich dorthin: die Erſten des Zugs ſtanden vor einem braunen, zwölf bis ſechszehn Fuß breiten Bande; denn ſo und nicht anders ſah der dicht gedrängte Heerzug der Wanderameiſe aus, welcher eben unſern Pfad kreuzte. Zu warten, bis dieſer vorüber war, hätte uns zu lange aufgehalten, der Durchbruch dieſes Heeres mußte im raſchen Laufe unter gewaltigen Sprüngen erzwungen werden. Bis an die Kniee mit den wüthend gewordenen Kerfen bedeckt, durchbrachen wir die dichte Reihe, ohne uns jedoch, trotzdem wir ſie mit den Händen zerquetſchten und mit den Füßen zerſtampften, ganz vor den ſchmerzhaften Biſſen der gereizten Thiere retten zu können. … Greift ein ſolches Heer, von dem Niemand weiß, woher es kommt, noch wohin es zieht, auch Alles an, das ſich ihm auf ſeinem Wege entgegenſtellt, ſo hat es doch ebenfalls ſeine Feinde, namentlich unter den Vögeln, welche es ſtets in großer Anzahl begleiten.‟ So ſchildert Schomburgk und berichtet ſodann Einiges über die Lebensweiſe jener Vögel, welche ich nun zunächſt leiblich beſchreiben will. Die Ameiſenvögel (Myiotherae) bilden eine an Sippen und Arten ſehr zahlreiche Familie, welche vorzugsweiſe in Südamerika heimiſch iſt. Viele Arten haben große Aehnlichkeit mit den Wald- droſſeln, andere erinnern an die Sänger im engeren Sinne und einige wohl auch an die Würger. Bezeichnend für die Geſammtheit iſt, daß, wie der Prinz von Wied ſagt, „die Füße auf Unkoſten der Flügel ausgebildet ſind‟. Der Schnabel iſt ſehr verſchieden geſtaltet, bald kräftig, bald zierlich, bald hochfirſtig, bald pfriemenförmig, ſelten lang, vielmehr gewöhnlich ziemlich kurz, gerade oder gebogen. Die Flügel ſind immer kurz und rundlich, die dritte, vierte oder fünfte Schwinge iſt die längſte. Der Schwanz iſt bald lang, bald kurz, bald gerade abgeſchnitten, bald zugerundet. Der Lauf iſt mittelhoch und ſtets kräftig; die Zehen ſind in der Regel lang und dünn und außerdem noch bewehrt mit langen, ſchwachen Nägeln, welche zuweilen ſpornartig erſcheinen können. Das Gefieder iſt weich und buntfarbig. Jn ihrer Lebensweiſe haben die Ameiſenvögel wahrſcheinlich die größte Aehnlichkeit mit den Pittas; doch erinnern einige auch wieder an die Droſſeln und Waſſerſchwätzer, andere an die Sänger. Sie bewohnen die großen Waldungen der Ebenen oder die buſchigen Strecken der Steppengegenden,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/872>, abgerufen am 22.11.2024.