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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Leierschwänze.
der Hals mittellang, der Kopf verhältnißmäßig groß und wohl geformt, der Flügel kurz, der Schwanz
sehr lang, der Fuß hoch. Der Schnabel ist gerade, an der Spitze gebogen, vor derselben etwas aus-
geschweift, an der Wurzel breiter als hoch; die Nasenlöcher liegen in der Mitte des Schnabels, sind
groß, eiförmig und durch eine Haut halb geschlossen. Die Füße sind schlankläufig, denn die Mittel-
zehe ist blos halb so lang, wie der Lauftheil; sie und die Seitenzehen haben beinahe dieselbe Länge;
die äußere und die mittlere sind bis zum ersten Gelenk verwachsen, alle durch große, gekrümmte, aber
stumpfe Nägel bewehrt, welche ebenso lang sind, wie die Zehen selbst. Jn dem sehr gewölbten Flügel
sind die ersten fünf Schwungfedern abgestuft, die sechste bis neunte aber von gleicher Länge und die
längsten. Der Schwanz ist sehr lang; seine sechszehn Federn sind verschiedenartig gebildet. Die-
jenigen, welche man als die eigentlichen Steuerfedern bezeichnen möchte, zwölf an der Zahl, können
kaum mehr Federn genannt werden, weil die Fahnenstrahlen nicht zusammenhängen, sondern weit
gedrängt von einander stehen, sodaß sie den zerschlissenen Schmuckfedern mancher Reiherarten ähneln;
die beiden mittleren und die beiden äußeren Steuerfedern dagegen sind mit zusammenhängenden
Fahnen besetzt, erstere mit sehr schmalen, letztere, welche außerdem Sförmig gekrümmt sind, mit
schmalen Außen- und sehr breiten Jnnenfahnen. Diese Schwanzbildung, der schönste Schmuck des
Vogels, kommt übrigens blos dem Männchen zu; denn der Schwanz des Weibchens besteht nur aus
zwölf abgestuften Steuerfedern von gewöhnlicher Form. Das Gefieder ist reich und locker, auf
Rumpf und Rücken fast haarartig, auf dem Kopf hollenartig verlängert, um die Schnabelwurzel
herum in Borsten verwandelt.

Die Färbung der genannten Art ist der Hauptsache nach ein dunkles Braungrau, welches auf dem
Bürzel röthlich überlaufen ist; die Kehle und Gurgelgegend sind roth; die Unterseite ist bräunlich-
aschgrau, blässer am Bauche; die Armschwingen und die Außenfahne der übrigen sind rothbraun;
der Schwanz ist auf der Oberseite schwärzlichbraun, auf der Unterseite silbergrau; die Außenfahnen
der beiden leierförmigen Federn sind dunkelgrau, ihre Spitzen sammtschwarz, weiß gefranzt, ihre
Jnnenfahnen abwechselnd schwarzbraun und rostroth gebändert; die mittleren Schwanzfedern sind
grau, die übrigen schwarz. Die Länge des Männchens beträgt 38 Zoll, wovon 23 Zoll auf den
Schwanz kommen. Das Weibchen ist bedeutend kleiner, nur ungefähr 30 Zoll lang, wovon 17 Zoll
auf die beiden mittelsten Schwanzfedern zu rechnen sind. Die Färbung seines Gefieders ist ein
schmuziges Braun, welches auf dem Bauch ins Graue übergeht. Jhm ähneln die jungen Männchen
bis zur ersten Mauser.

Wir verdanken Gould die ausführlichsten Beobachtungen über die Lebensweise der Leier-
schwänze und sind durch Becker neuerdings auch über das Fortpflanzungsgeschäft unterrichtet
worden. Das Vaterland des beschriebenen Leierschwanzes ist Neusüdwales, östlich bis zur
Moritonbay, südwestlich bis gegen Port Philipp hin. Jn Victorialand und im Osten Neuhol-
ands leben zwei nah verwandte Arten (Nenura Victoriae und Menura Alberti) in ähnlichen
Verhältnissen und in ähnlicher Weise, so daß wir das von Allen Bekannte wohl auf die
eine Art beziehen können. Die Aufenthaltsorte sind Buschwaldungen und zwar solche in der
Nähe der Küste ebensowohl, wie diejenigen, welche Berggehänge im Jnnern bedecken. An
geeigneten Orten ist der Leierschwanz durchaus nicht selten, in gewissen Gegenden sogar sehr häufig;
demungeachtet hält es überaus schwer, ihn zu beobachten und noch schwieriger, ihn zu erlegen. Er
wählt sich nämlich vor allem Andern solche Stellen aus, welche auf hügeligem oder felsigem Grunde
dicht bewaldet sind. Die Reisenden und Jäger schildern seine Lieblingsplätze als beinahe unzu-
gänglich; sie klagen aber weniger über die Hindernisse, welche ihnen der dichte Wald entgegensetzt, als
über die Beschaffenheit des Bodens. "Das Umherklettern in diesen Bergen", so erzählt ein Leier-
schwanzjäger, "ist nicht blos beschwerlich, sondern auch höchst gefährlich. Die Spalte und Klüfte sind
mit ungeheueren Massen halbverwester Pflanzenstoffe bedeckt, in denen man wie in Schnee knietief
wadet. Ein falscher Tritt, und der Mann verschwindet oder bleibt wie ein Keil in den Felsspalten
stecken. Ein Glück, wenn er seine Waffe noch gebrauchen, wenn er sich vermittelst eines Schusses

Die Fänger. Singvögel. Leierſchwänze.
der Hals mittellang, der Kopf verhältnißmäßig groß und wohl geformt, der Flügel kurz, der Schwanz
ſehr lang, der Fuß hoch. Der Schnabel iſt gerade, an der Spitze gebogen, vor derſelben etwas aus-
geſchweift, an der Wurzel breiter als hoch; die Naſenlöcher liegen in der Mitte des Schnabels, ſind
groß, eiförmig und durch eine Haut halb geſchloſſen. Die Füße ſind ſchlankläufig, denn die Mittel-
zehe iſt blos halb ſo lang, wie der Lauftheil; ſie und die Seitenzehen haben beinahe dieſelbe Länge;
die äußere und die mittlere ſind bis zum erſten Gelenk verwachſen, alle durch große, gekrümmte, aber
ſtumpfe Nägel bewehrt, welche ebenſo lang ſind, wie die Zehen ſelbſt. Jn dem ſehr gewölbten Flügel
ſind die erſten fünf Schwungfedern abgeſtuft, die ſechste bis neunte aber von gleicher Länge und die
längſten. Der Schwanz iſt ſehr lang; ſeine ſechszehn Federn ſind verſchiedenartig gebildet. Die-
jenigen, welche man als die eigentlichen Steuerfedern bezeichnen möchte, zwölf an der Zahl, können
kaum mehr Federn genannt werden, weil die Fahnenſtrahlen nicht zuſammenhängen, ſondern weit
gedrängt von einander ſtehen, ſodaß ſie den zerſchliſſenen Schmuckfedern mancher Reiherarten ähneln;
die beiden mittleren und die beiden äußeren Steuerfedern dagegen ſind mit zuſammenhängenden
Fahnen beſetzt, erſtere mit ſehr ſchmalen, letztere, welche außerdem Sförmig gekrümmt ſind, mit
ſchmalen Außen- und ſehr breiten Jnnenfahnen. Dieſe Schwanzbildung, der ſchönſte Schmuck des
Vogels, kommt übrigens blos dem Männchen zu; denn der Schwanz des Weibchens beſteht nur aus
zwölf abgeſtuften Steuerfedern von gewöhnlicher Form. Das Gefieder iſt reich und locker, auf
Rumpf und Rücken faſt haarartig, auf dem Kopf hollenartig verlängert, um die Schnabelwurzel
herum in Borſten verwandelt.

Die Färbung der genannten Art iſt der Hauptſache nach ein dunkles Braungrau, welches auf dem
Bürzel röthlich überlaufen iſt; die Kehle und Gurgelgegend ſind roth; die Unterſeite iſt bräunlich-
aſchgrau, bläſſer am Bauche; die Armſchwingen und die Außenfahne der übrigen ſind rothbraun;
der Schwanz iſt auf der Oberſeite ſchwärzlichbraun, auf der Unterſeite ſilbergrau; die Außenfahnen
der beiden leierförmigen Federn ſind dunkelgrau, ihre Spitzen ſammtſchwarz, weiß gefranzt, ihre
Jnnenfahnen abwechſelnd ſchwarzbraun und roſtroth gebändert; die mittleren Schwanzfedern ſind
grau, die übrigen ſchwarz. Die Länge des Männchens beträgt 38 Zoll, wovon 23 Zoll auf den
Schwanz kommen. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner, nur ungefähr 30 Zoll lang, wovon 17 Zoll
auf die beiden mittelſten Schwanzfedern zu rechnen ſind. Die Färbung ſeines Gefieders iſt ein
ſchmuziges Braun, welches auf dem Bauch ins Graue übergeht. Jhm ähneln die jungen Männchen
bis zur erſten Mauſer.

Wir verdanken Gould die ausführlichſten Beobachtungen über die Lebensweiſe der Leier-
ſchwänze und ſind durch Becker neuerdings auch über das Fortpflanzungsgeſchäft unterrichtet
worden. Das Vaterland des beſchriebenen Leierſchwanzes iſt Neuſüdwales, öſtlich bis zur
Moritonbay, ſüdweſtlich bis gegen Port Philipp hin. Jn Victorialand und im Oſten Neuhol-
ands leben zwei nah verwandte Arten (Nenura Victoriae und Menura Alberti) in ähnlichen
Verhältniſſen und in ähnlicher Weiſe, ſo daß wir das von Allen Bekannte wohl auf die
eine Art beziehen können. Die Aufenthaltsorte ſind Buſchwaldungen und zwar ſolche in der
Nähe der Küſte ebenſowohl, wie diejenigen, welche Berggehänge im Jnnern bedecken. An
geeigneten Orten iſt der Leierſchwanz durchaus nicht ſelten, in gewiſſen Gegenden ſogar ſehr häufig;
demungeachtet hält es überaus ſchwer, ihn zu beobachten und noch ſchwieriger, ihn zu erlegen. Er
wählt ſich nämlich vor allem Andern ſolche Stellen aus, welche auf hügeligem oder felſigem Grunde
dicht bewaldet ſind. Die Reiſenden und Jäger ſchildern ſeine Lieblingsplätze als beinahe unzu-
gänglich; ſie klagen aber weniger über die Hinderniſſe, welche ihnen der dichte Wald entgegenſetzt, als
über die Beſchaffenheit des Bodens. „Das Umherklettern in dieſen Bergen‟, ſo erzählt ein Leier-
ſchwanzjäger, „iſt nicht blos beſchwerlich, ſondern auch höchſt gefährlich. Die Spalte und Klüfte ſind
mit ungeheueren Maſſen halbverweſter Pflanzenſtoffe bedeckt, in denen man wie in Schnee knietief
wadet. Ein falſcher Tritt, und der Mann verſchwindet oder bleibt wie ein Keil in den Felsſpalten
ſtecken. Ein Glück, wenn er ſeine Waffe noch gebrauchen, wenn er ſich vermittelſt eines Schuſſes

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[832/0878] Die Fänger. Singvögel. Leierſchwänze. der Hals mittellang, der Kopf verhältnißmäßig groß und wohl geformt, der Flügel kurz, der Schwanz ſehr lang, der Fuß hoch. Der Schnabel iſt gerade, an der Spitze gebogen, vor derſelben etwas aus- geſchweift, an der Wurzel breiter als hoch; die Naſenlöcher liegen in der Mitte des Schnabels, ſind groß, eiförmig und durch eine Haut halb geſchloſſen. Die Füße ſind ſchlankläufig, denn die Mittel- zehe iſt blos halb ſo lang, wie der Lauftheil; ſie und die Seitenzehen haben beinahe dieſelbe Länge; die äußere und die mittlere ſind bis zum erſten Gelenk verwachſen, alle durch große, gekrümmte, aber ſtumpfe Nägel bewehrt, welche ebenſo lang ſind, wie die Zehen ſelbſt. Jn dem ſehr gewölbten Flügel ſind die erſten fünf Schwungfedern abgeſtuft, die ſechste bis neunte aber von gleicher Länge und die längſten. Der Schwanz iſt ſehr lang; ſeine ſechszehn Federn ſind verſchiedenartig gebildet. Die- jenigen, welche man als die eigentlichen Steuerfedern bezeichnen möchte, zwölf an der Zahl, können kaum mehr Federn genannt werden, weil die Fahnenſtrahlen nicht zuſammenhängen, ſondern weit gedrängt von einander ſtehen, ſodaß ſie den zerſchliſſenen Schmuckfedern mancher Reiherarten ähneln; die beiden mittleren und die beiden äußeren Steuerfedern dagegen ſind mit zuſammenhängenden Fahnen beſetzt, erſtere mit ſehr ſchmalen, letztere, welche außerdem Sförmig gekrümmt ſind, mit ſchmalen Außen- und ſehr breiten Jnnenfahnen. Dieſe Schwanzbildung, der ſchönſte Schmuck des Vogels, kommt übrigens blos dem Männchen zu; denn der Schwanz des Weibchens beſteht nur aus zwölf abgeſtuften Steuerfedern von gewöhnlicher Form. Das Gefieder iſt reich und locker, auf Rumpf und Rücken faſt haarartig, auf dem Kopf hollenartig verlängert, um die Schnabelwurzel herum in Borſten verwandelt. Die Färbung der genannten Art iſt der Hauptſache nach ein dunkles Braungrau, welches auf dem Bürzel röthlich überlaufen iſt; die Kehle und Gurgelgegend ſind roth; die Unterſeite iſt bräunlich- aſchgrau, bläſſer am Bauche; die Armſchwingen und die Außenfahne der übrigen ſind rothbraun; der Schwanz iſt auf der Oberſeite ſchwärzlichbraun, auf der Unterſeite ſilbergrau; die Außenfahnen der beiden leierförmigen Federn ſind dunkelgrau, ihre Spitzen ſammtſchwarz, weiß gefranzt, ihre Jnnenfahnen abwechſelnd ſchwarzbraun und roſtroth gebändert; die mittleren Schwanzfedern ſind grau, die übrigen ſchwarz. Die Länge des Männchens beträgt 38 Zoll, wovon 23 Zoll auf den Schwanz kommen. Das Weibchen iſt bedeutend kleiner, nur ungefähr 30 Zoll lang, wovon 17 Zoll auf die beiden mittelſten Schwanzfedern zu rechnen ſind. Die Färbung ſeines Gefieders iſt ein ſchmuziges Braun, welches auf dem Bauch ins Graue übergeht. Jhm ähneln die jungen Männchen bis zur erſten Mauſer. Wir verdanken Gould die ausführlichſten Beobachtungen über die Lebensweiſe der Leier- ſchwänze und ſind durch Becker neuerdings auch über das Fortpflanzungsgeſchäft unterrichtet worden. Das Vaterland des beſchriebenen Leierſchwanzes iſt Neuſüdwales, öſtlich bis zur Moritonbay, ſüdweſtlich bis gegen Port Philipp hin. Jn Victorialand und im Oſten Neuhol- ands leben zwei nah verwandte Arten (Nenura Victoriae und Menura Alberti) in ähnlichen Verhältniſſen und in ähnlicher Weiſe, ſo daß wir das von Allen Bekannte wohl auf die eine Art beziehen können. Die Aufenthaltsorte ſind Buſchwaldungen und zwar ſolche in der Nähe der Küſte ebenſowohl, wie diejenigen, welche Berggehänge im Jnnern bedecken. An geeigneten Orten iſt der Leierſchwanz durchaus nicht ſelten, in gewiſſen Gegenden ſogar ſehr häufig; demungeachtet hält es überaus ſchwer, ihn zu beobachten und noch ſchwieriger, ihn zu erlegen. Er wählt ſich nämlich vor allem Andern ſolche Stellen aus, welche auf hügeligem oder felſigem Grunde dicht bewaldet ſind. Die Reiſenden und Jäger ſchildern ſeine Lieblingsplätze als beinahe unzu- gänglich; ſie klagen aber weniger über die Hinderniſſe, welche ihnen der dichte Wald entgegenſetzt, als über die Beſchaffenheit des Bodens. „Das Umherklettern in dieſen Bergen‟, ſo erzählt ein Leier- ſchwanzjäger, „iſt nicht blos beſchwerlich, ſondern auch höchſt gefährlich. Die Spalte und Klüfte ſind mit ungeheueren Maſſen halbverweſter Pflanzenſtoffe bedeckt, in denen man wie in Schnee knietief wadet. Ein falſcher Tritt, und der Mann verſchwindet oder bleibt wie ein Keil in den Felsſpalten ſtecken. Ein Glück, wenn er ſeine Waffe noch gebrauchen, wenn er ſich vermittelſt eines Schuſſes

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/878>, abgerufen am 22.11.2024.