schmuzigweiß; die Schwung- und Steuerfedern sind braunschwarz, rostgrau gesäumt; das äußerste Paar der Steuerfedern ist außen weiß gesäumt. Das Auge ist nußbraun, der nackte Augenlid- rand gelblichfleischfarben, der Schnabel schwarz, am Grunde des Unterkiefers gelblich, der Fuß licht- hornfarben. Das Weibchen unterscheidet sich durch etwas hellere Färbung vom Männchen.
"Diese Grasmücke", sagt Salvatori, "ist vielleicht der gemeinste Vogel, den es auf Sardinien gibt. Er bewohnt Berg und Ebene, aber immer nur da, wo der Boden mit Cisten und Haide bekleidet ist. Besonders auf den von diesen Pflanzen bedeckten Hügeln lebt eine außerordentlich große Anzahl." Ganz Dasselbe scheint, laut Homeyer, für die Balearen zu gelten, und deshalb ist es umso auf- fallender, daß der Vogel auf dem Festlande Spaniens nicht oder doch nur höchst selten gefunden wird. Hansmann und Homeyer haben das Leben des sardischen Strauchsängers vortrefflich beschrieben, und ihren Schilderungen will ich das Nachstehende entnehmen.
Jn seinem Strauchwalde bewegt sich der sardische Sänger fast mehr nach Art einer Maus, als nach Art eines Vogels. "Er verläßt einen Strauch", sagt Homeyer, "eilt flatternd, hüpfend dicht über den Boden dahin, einem andern zu, verschwindet in diesem, verläßt ihn jedoch oft wieder sofort, fliegt auf einen Stein oder Felsen, läuft über ihn oder um ihn herum, verschwindet wieder im Strauch, läuft auf der Erde fort zu den nächsten Deckungen u. s. w., und das Alles mit einer Gewandtheit, welche die unseres Zaunkönigs weit übertrifft. Er hat, was das Schlüpfen anbetrifft, mit dem Schwarzköpfchen Aehnlichkeit; seine Eilfertigkeit und Gewandtheit ist aber viel bedeutender. Auch läuft er stolz wie eine Bachstelze oder hurtig wie ein Blaukehlchen auf dem Boden dahin, den Schwanz in der Regel fast senkrecht in die Höhe gestelzt. Drollig sieht das Vögelchen aus, wenn es in dieser Stellung auf die Höhe eines Steines kommt und hier Umschau hält."
"Rastlos in Bewegung", schildert Hansmann, "von einem Cistenstrauch zum andern gehend, bald Käferchen aus der Blüthenkrone hervorpickend, bald einen flatternden Spanner über der Erde im Laufe verfolgend, läßt er von Zeit zu Zeit sein klingelndes Liedchen erschallen, welches eine große Aehnlichkeit mit dem Gezwitscher eines jungen Kanarienvogelmännchens hat, mit dem Unterschiede jedoch, daß jenes wie der Gesang des Rothkehlchens, in Moll schließt. So wenig laut das Lied des sardischen Sängers auch an und für sich ist, so weit kann man es doch vernehmen, besonders einzelne hellere Töne, die fast ganz dem Schellen einer kleinen Klingel gleichen."
"Der Lockruf dieses Vogels ähnelt vollkommen demjenigen des rothrückigen Würgers, nur daß er um ein Bedeutendes leiser ist, der Größe des ersteren angemessen. Schärfer und in schnellerem Tempo ausgestoßen wird er zum Warnungsrufe."
"Es ist ziemlich schwierig, den sardischen Sänger an seinen dicht bebuschten Aufenthaltsorten zu erlegen. Sobald er sich verfolgt sieht, taucht er unter die Cistenzweige, sein Wesen dicht über der Erde forttreibend. Dies wird um so leichter, als erstere, oben wohl eng mit den Kronen sich berüh- rend, eine weite und zusammenhängende Decke bilden, unten jedoch, wo die Zwischenräume der Stämme mit keinem Mos oder Gras ausgefüllt werden, einen genügenden Naum zu freier Bewegung darbieten. Zuweilen taucht er dann zwischen den oberen Zweigen jener Pflanzen auf, sich geschickt durch die Blätter deckend, so daß man höchstens einen Theil des Schwanzes oder eines andern Gliedes gewahr wird, nie jedoch den ganzen Vogel. Verhält man sich ganz ruhig, so erscheint er auch wohl singend auf dem Gipfel des nächsten Busches, von dem man ihn dann, schnell feuernd, herab- schießen kann. Jede verdächtige Bewegung vorher macht, daß er mit einem kurzen "Täck" wieder unter der Laubdecke verschwindet. Flügellahm geschossen, läuft er hurtig an der Erde fort, und man muß flink hinterher sein, will man ihn noch zu rechter Zeit ergreifen, ehe er sich, etwa zwanzig Schritte von dem Orte des Anschusses entfernt, hinter einen Stein oder einen kleinen Grasbüschel gedrükt hat."
"Der sardische Sänger ist der allerletzte, welcher sich noch in der Dämmerung hören läßt, nachdem schon die ersten Zwergohreulen angefangen haben zu rufen. Dann aber ist sein Gesang nur ein helles Aufflackern, das sich in langen und unregelmäßigen Pausen wiederholt, jedenfalls eine Folge der Unruhe dieses Vogels, dem die herabsinkende Racht noch nicht sogleich auf die Augenlider fällt."
Schwarzköpfchen. Sardiſcher Sänger.
ſchmuzigweiß; die Schwung- und Steuerfedern ſind braunſchwarz, roſtgrau geſäumt; das äußerſte Paar der Steuerfedern iſt außen weiß geſäumt. Das Auge iſt nußbraun, der nackte Augenlid- rand gelblichfleiſchfarben, der Schnabel ſchwarz, am Grunde des Unterkiefers gelblich, der Fuß licht- hornfarben. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch etwas hellere Färbung vom Männchen.
„Dieſe Grasmücke‟, ſagt Salvatori, „iſt vielleicht der gemeinſte Vogel, den es auf Sardinien gibt. Er bewohnt Berg und Ebene, aber immer nur da, wo der Boden mit Ciſten und Haide bekleidet iſt. Beſonders auf den von dieſen Pflanzen bedeckten Hügeln lebt eine außerordentlich große Anzahl.‟ Ganz Daſſelbe ſcheint, laut Homeyer, für die Balearen zu gelten, und deshalb iſt es umſo auf- fallender, daß der Vogel auf dem Feſtlande Spaniens nicht oder doch nur höchſt ſelten gefunden wird. Hansmann und Homeyer haben das Leben des ſardiſchen Strauchſängers vortrefflich beſchrieben, und ihren Schilderungen will ich das Nachſtehende entnehmen.
Jn ſeinem Strauchwalde bewegt ſich der ſardiſche Sänger faſt mehr nach Art einer Maus, als nach Art eines Vogels. „Er verläßt einen Strauch‟, ſagt Homeyer, „eilt flatternd, hüpfend dicht über den Boden dahin, einem andern zu, verſchwindet in dieſem, verläßt ihn jedoch oft wieder ſofort, fliegt auf einen Stein oder Felſen, läuft über ihn oder um ihn herum, verſchwindet wieder im Strauch, läuft auf der Erde fort zu den nächſten Deckungen u. ſ. w., und das Alles mit einer Gewandtheit, welche die unſeres Zaunkönigs weit übertrifft. Er hat, was das Schlüpfen anbetrifft, mit dem Schwarzköpfchen Aehnlichkeit; ſeine Eilfertigkeit und Gewandtheit iſt aber viel bedeutender. Auch läuft er ſtolz wie eine Bachſtelze oder hurtig wie ein Blaukehlchen auf dem Boden dahin, den Schwanz in der Regel faſt ſenkrecht in die Höhe geſtelzt. Drollig ſieht das Vögelchen aus, wenn es in dieſer Stellung auf die Höhe eines Steines kommt und hier Umſchau hält.‟
„Raſtlos in Bewegung‟, ſchildert Hansmann, „von einem Ciſtenſtrauch zum andern gehend, bald Käferchen aus der Blüthenkrone hervorpickend, bald einen flatternden Spanner über der Erde im Laufe verfolgend, läßt er von Zeit zu Zeit ſein klingelndes Liedchen erſchallen, welches eine große Aehnlichkeit mit dem Gezwitſcher eines jungen Kanarienvogelmännchens hat, mit dem Unterſchiede jedoch, daß jenes wie der Geſang des Rothkehlchens, in Moll ſchließt. So wenig laut das Lied des ſardiſchen Sängers auch an und für ſich iſt, ſo weit kann man es doch vernehmen, beſonders einzelne hellere Töne, die faſt ganz dem Schellen einer kleinen Klingel gleichen.‟
„Der Lockruf dieſes Vogels ähnelt vollkommen demjenigen des rothrückigen Würgers, nur daß er um ein Bedeutendes leiſer iſt, der Größe des erſteren angemeſſen. Schärfer und in ſchnellerem Tempo ausgeſtoßen wird er zum Warnungsrufe.‟
„Es iſt ziemlich ſchwierig, den ſardiſchen Sänger an ſeinen dicht bebuſchten Aufenthaltsorten zu erlegen. Sobald er ſich verfolgt ſieht, taucht er unter die Ciſtenzweige, ſein Weſen dicht über der Erde forttreibend. Dies wird um ſo leichter, als erſtere, oben wohl eng mit den Kronen ſich berüh- rend, eine weite und zuſammenhängende Decke bilden, unten jedoch, wo die Zwiſchenräume der Stämme mit keinem Mos oder Gras ausgefüllt werden, einen genügenden Naum zu freier Bewegung darbieten. Zuweilen taucht er dann zwiſchen den oberen Zweigen jener Pflanzen auf, ſich geſchickt durch die Blätter deckend, ſo daß man höchſtens einen Theil des Schwanzes oder eines andern Gliedes gewahr wird, nie jedoch den ganzen Vogel. Verhält man ſich ganz ruhig, ſo erſcheint er auch wohl ſingend auf dem Gipfel des nächſten Buſches, von dem man ihn dann, ſchnell feuernd, herab- ſchießen kann. Jede verdächtige Bewegung vorher macht, daß er mit einem kurzen „Täck‟ wieder unter der Laubdecke verſchwindet. Flügellahm geſchoſſen, läuft er hurtig an der Erde fort, und man muß flink hinterher ſein, will man ihn noch zu rechter Zeit ergreifen, ehe er ſich, etwa zwanzig Schritte von dem Orte des Anſchuſſes entfernt, hinter einen Stein oder einen kleinen Grasbüſchel gedrükt hat.‟
„Der ſardiſche Sänger iſt der allerletzte, welcher ſich noch in der Dämmerung hören läßt, nachdem ſchon die erſten Zwergohreulen angefangen haben zu rufen. Dann aber iſt ſein Geſang nur ein helles Aufflackern, das ſich in langen und unregelmäßigen Pauſen wiederholt, jedenfalls eine Folge der Unruhe dieſes Vogels, dem die herabſinkende Racht noch nicht ſogleich auf die Augenlider fällt.‟
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[855/0903]
Schwarzköpfchen. Sardiſcher Sänger.
ſchmuzigweiß; die Schwung- und Steuerfedern ſind braunſchwarz, roſtgrau geſäumt; das äußerſte
Paar der Steuerfedern iſt außen weiß geſäumt. Das Auge iſt nußbraun, der nackte Augenlid-
rand gelblichfleiſchfarben, der Schnabel ſchwarz, am Grunde des Unterkiefers gelblich, der Fuß licht-
hornfarben. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch etwas hellere Färbung vom Männchen.
„Dieſe Grasmücke‟, ſagt Salvatori, „iſt vielleicht der gemeinſte Vogel, den es auf Sardinien
gibt. Er bewohnt Berg und Ebene, aber immer nur da, wo der Boden mit Ciſten und Haide bekleidet
iſt. Beſonders auf den von dieſen Pflanzen bedeckten Hügeln lebt eine außerordentlich große Anzahl.‟
Ganz Daſſelbe ſcheint, laut Homeyer, für die Balearen zu gelten, und deshalb iſt es umſo auf-
fallender, daß der Vogel auf dem Feſtlande Spaniens nicht oder doch nur höchſt ſelten gefunden wird.
Hansmann und Homeyer haben das Leben des ſardiſchen Strauchſängers vortrefflich beſchrieben,
und ihren Schilderungen will ich das Nachſtehende entnehmen.
Jn ſeinem Strauchwalde bewegt ſich der ſardiſche Sänger faſt mehr nach Art einer Maus, als
nach Art eines Vogels. „Er verläßt einen Strauch‟, ſagt Homeyer, „eilt flatternd, hüpfend dicht
über den Boden dahin, einem andern zu, verſchwindet in dieſem, verläßt ihn jedoch oft wieder ſofort,
fliegt auf einen Stein oder Felſen, läuft über ihn oder um ihn herum, verſchwindet wieder im Strauch,
läuft auf der Erde fort zu den nächſten Deckungen u. ſ. w., und das Alles mit einer Gewandtheit,
welche die unſeres Zaunkönigs weit übertrifft. Er hat, was das Schlüpfen anbetrifft, mit dem
Schwarzköpfchen Aehnlichkeit; ſeine Eilfertigkeit und Gewandtheit iſt aber viel bedeutender. Auch
läuft er ſtolz wie eine Bachſtelze oder hurtig wie ein Blaukehlchen auf dem Boden dahin, den Schwanz
in der Regel faſt ſenkrecht in die Höhe geſtelzt. Drollig ſieht das Vögelchen aus, wenn es in dieſer
Stellung auf die Höhe eines Steines kommt und hier Umſchau hält.‟
„Raſtlos in Bewegung‟, ſchildert Hansmann, „von einem Ciſtenſtrauch zum andern gehend,
bald Käferchen aus der Blüthenkrone hervorpickend, bald einen flatternden Spanner über der Erde im
Laufe verfolgend, läßt er von Zeit zu Zeit ſein klingelndes Liedchen erſchallen, welches eine große
Aehnlichkeit mit dem Gezwitſcher eines jungen Kanarienvogelmännchens hat, mit dem Unterſchiede
jedoch, daß jenes wie der Geſang des Rothkehlchens, in Moll ſchließt. So wenig laut das Lied des
ſardiſchen Sängers auch an und für ſich iſt, ſo weit kann man es doch vernehmen, beſonders einzelne
hellere Töne, die faſt ganz dem Schellen einer kleinen Klingel gleichen.‟
„Der Lockruf dieſes Vogels ähnelt vollkommen demjenigen des rothrückigen Würgers, nur daß
er um ein Bedeutendes leiſer iſt, der Größe des erſteren angemeſſen. Schärfer und in ſchnellerem
Tempo ausgeſtoßen wird er zum Warnungsrufe.‟
„Es iſt ziemlich ſchwierig, den ſardiſchen Sänger an ſeinen dicht bebuſchten Aufenthaltsorten zu
erlegen. Sobald er ſich verfolgt ſieht, taucht er unter die Ciſtenzweige, ſein Weſen dicht über der
Erde forttreibend. Dies wird um ſo leichter, als erſtere, oben wohl eng mit den Kronen ſich berüh-
rend, eine weite und zuſammenhängende Decke bilden, unten jedoch, wo die Zwiſchenräume der
Stämme mit keinem Mos oder Gras ausgefüllt werden, einen genügenden Naum zu freier Bewegung
darbieten. Zuweilen taucht er dann zwiſchen den oberen Zweigen jener Pflanzen auf, ſich geſchickt
durch die Blätter deckend, ſo daß man höchſtens einen Theil des Schwanzes oder eines andern Gliedes
gewahr wird, nie jedoch den ganzen Vogel. Verhält man ſich ganz ruhig, ſo erſcheint er auch
wohl ſingend auf dem Gipfel des nächſten Buſches, von dem man ihn dann, ſchnell feuernd, herab-
ſchießen kann. Jede verdächtige Bewegung vorher macht, daß er mit einem kurzen „Täck‟ wieder
unter der Laubdecke verſchwindet. Flügellahm geſchoſſen, läuft er hurtig an der Erde fort, und man
muß flink hinterher ſein, will man ihn noch zu rechter Zeit ergreifen, ehe er ſich, etwa zwanzig Schritte
von dem Orte des Anſchuſſes entfernt, hinter einen Stein oder einen kleinen Grasbüſchel gedrükt hat.‟
„Der ſardiſche Sänger iſt der allerletzte, welcher ſich noch in der Dämmerung hören läßt, nachdem
ſchon die erſten Zwergohreulen angefangen haben zu rufen. Dann aber iſt ſein Geſang nur ein helles
Aufflackern, das ſich in langen und unregelmäßigen Pauſen wiederholt, jedenfalls eine Folge der
Unruhe dieſes Vogels, dem die herabſinkende Racht noch nicht ſogleich auf die Augenlider fällt.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/903>, abgerufen am 22.11.2024.
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