einem der besten brasilianischen Sänger erhebt. Selbst in den Städten hörte ich nicht selten seinen Gesang von einem Gartenzaune oder Dache herabtönen."
"Diese niedlichen Vögel sind von den Bewohnern geliebt und scheinen die Gesellschaft des Menschen zu suchen. Jhr Nest erbauen sie meistens unter die Dächer oder in Mauerhöhlen und zwischen die gewöhnlich aus Kokusstämmen bestehenden Zäune. Schon im Monat Julius sah ich den Hausschlüpfer Federn, Halmen und dergleichen zu seinem Neste zusammentragen, welches in dem hohlen, ausgefaulten Palmenstamme einer Hofumzäunung erbaut wurde. Ein anderes Nest fand ich im Monat August in einer Höhlung zweier Balken in einem Hause. Das Nest selbst ist klein, schlecht gebaut, oben offen und wenig tief, aus Halmen zusammengesetzt und stark mit Federn durch- wirkt. Es befänden sich vier, auf fleischfarbigem oder rosenrothen Grunde dunkler roth fein gesprenkelte und getüpfelte Eier darin.
Ein anderer und zwar ein hochberühmter Schlüpfer Südamerikas ist der "Flötenspieler", wie die Peruaner ihn nennen (Cyphorhinus cantans). Die Merkmale der Sippe, welche er vertritt, stimmen im allgemeinen mit denen der übrigen Schlüpfer überein; der Schnabel aber ist stark, seitlich zusam- mengedrückt und die Nasenscheidung deutlich abgesetzt und höckerig erhaben; die Nasenlöcher sind klein, rund, ganz offen und von einer Haut umgeben, während sie bei allen verwandten Sippen durch eine Schuppe bedeckt sind; die Flügel sind kurz und stark abgerundet; der Schwanz ist mäßig lang und seitlich stufig verkürzt; die Beine sind kräftig, die Zehen ziemlich lang, unverhältnißmäßig stark bekrallt. Das Gefieder der Oberseite ist röthlichbraun, auf Stirn und Oberkopf heller; die Federn des Mantels sind fein schwarzbraun in die Quere gewellt; Kinn, Kehle und Vorderhals sind hellrostroth, die Hals- seiten, die Wangen und die Ohrgegend schwarz, alle Federn weiß geschäftet; die Mitte der Brust und des Bauches ist weißlichgelb; die Seiten sind mattolivenbraun, etwas dunkler gewellt. Die Länge beträgt 5 Zoll, die Fittiglänge 2 1/6 , die Schwanzlänge 11/2 Zoll.
"Jn dem tiefsten Dunkel der Wälder", sagt Pöppig, "lebt vereinzelt ein wunderherrlicher Sänger. Man bleibt lauschend und gleichsam festgebannt stehen, wenn seine Klänge, die nur zu ver- gleichen sind mit dem Schlage kleiner Glasglocken, vielfach abgestimmt, allein mit der richtigsten Beob- achtung der Jntervallen, in eine regelmäßige Melodie vereint, aus den Baumwipfeln leise und langsam herabtönen. Es liegt etwas unbeschreiblich Sanftes, man möchte sagen Ueberirdisches in diesem Glockenspiele, dessen Reiz durch das öde Schweigen des weiten Waldes und die Unsichtbarkeit des überaus kleinen Sängers vermehrt wird. Man möchte um keinen Preis den endlich Bemerkten tödten. Die Peruaner nennen ihn den Organisten oder Flötenspieler; in Lima spricht man von ihm als einen der merkwürdigsten Bewohner der unbekannten Wälder im Osten, und die ältesten Beschreiber dieser Gegenden erwähnen ihn mit Bewunderung" ... "Einen ganz eigenen Eindruck", erzählt Schom- burgk, "machte am Morgen, noch ehe der Tag graute, die Stimme eines Vogels auf mich, in der ich die Töne einer Glasharmonika zu hören glaubte. Diese glockenreinen Töne hatten etwas so Ein- schmeichelndes, Zartes, Melodisches, daß ich anfangs wirklich nicht wußte, wem ich sie zuschreiben sollte. Erstaunt und sprachlos lauschte ich dem Sänger, bis mir mein Farbiger sagte, daß dies der Flageolettvogel sei, dessen Ruhm mir schon durch die Erzählungen der Reisenden bekannt war... Jn allen Büschen fanden die Laute ihren Widerhall, es war, als wollten die Vögel einander zurufen, daß jetzt der junge Tag erwache und daß jetzt auch ihr Tagewerk beginne ... Als es Tag wurde, sah ich den lieblichen Sänger durch das niedere Gebüsch schlüpfen. Er lebt gesellig, fliegt von Strauch zu Strauch, doch nie höher als ein bis zwei Fuß über dem Boden, hüpft auch auf der Erde und sucht Kerbthiere und Beeren. Während des Tags scheint er vollkommen zu schweigen; ich habe wenigstens um diese Zeit seine Stimme nie gehört. Leider konnte ich Nichts über das Brutgeschäft erfahren; wahrscheinlich wird es von dem anderer Arten der Familie nicht abweichen."
Die Fänger. Singvögel. Schlüpfer. Pieper.
einem der beſten braſilianiſchen Sänger erhebt. Selbſt in den Städten hörte ich nicht ſelten ſeinen Geſang von einem Gartenzaune oder Dache herabtönen.‟
„Dieſe niedlichen Vögel ſind von den Bewohnern geliebt und ſcheinen die Geſellſchaft des Menſchen zu ſuchen. Jhr Neſt erbauen ſie meiſtens unter die Dächer oder in Mauerhöhlen und zwiſchen die gewöhnlich aus Kokusſtämmen beſtehenden Zäune. Schon im Monat Julius ſah ich den Hausſchlüpfer Federn, Halmen und dergleichen zu ſeinem Neſte zuſammentragen, welches in dem hohlen, ausgefaulten Palmenſtamme einer Hofumzäunung erbaut wurde. Ein anderes Neſt fand ich im Monat Auguſt in einer Höhlung zweier Balken in einem Hauſe. Das Neſt ſelbſt iſt klein, ſchlecht gebaut, oben offen und wenig tief, aus Halmen zuſammengeſetzt und ſtark mit Federn durch- wirkt. Es befänden ſich vier, auf fleiſchfarbigem oder roſenrothen Grunde dunkler roth fein geſprenkelte und getüpfelte Eier darin.
Ein anderer und zwar ein hochberühmter Schlüpfer Südamerikas iſt der „Flötenſpieler‟, wie die Peruaner ihn nennen (Cyphorhinus cantans). Die Merkmale der Sippe, welche er vertritt, ſtimmen im allgemeinen mit denen der übrigen Schlüpfer überein; der Schnabel aber iſt ſtark, ſeitlich zuſam- mengedrückt und die Naſenſcheidung deutlich abgeſetzt und höckerig erhaben; die Naſenlöcher ſind klein, rund, ganz offen und von einer Haut umgeben, während ſie bei allen verwandten Sippen durch eine Schuppe bedeckt ſind; die Flügel ſind kurz und ſtark abgerundet; der Schwanz iſt mäßig lang und ſeitlich ſtufig verkürzt; die Beine ſind kräftig, die Zehen ziemlich lang, unverhältnißmäßig ſtark bekrallt. Das Gefieder der Oberſeite iſt röthlichbraun, auf Stirn und Oberkopf heller; die Federn des Mantels ſind fein ſchwarzbraun in die Quere gewellt; Kinn, Kehle und Vorderhals ſind hellroſtroth, die Hals- ſeiten, die Wangen und die Ohrgegend ſchwarz, alle Federn weiß geſchäftet; die Mitte der Bruſt und des Bauches iſt weißlichgelb; die Seiten ſind mattolivenbraun, etwas dunkler gewellt. Die Länge beträgt 5 Zoll, die Fittiglänge 2⅙, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
„Jn dem tiefſten Dunkel der Wälder‟, ſagt Pöppig, „lebt vereinzelt ein wunderherrlicher Sänger. Man bleibt lauſchend und gleichſam feſtgebannt ſtehen, wenn ſeine Klänge, die nur zu ver- gleichen ſind mit dem Schlage kleiner Glasglocken, vielfach abgeſtimmt, allein mit der richtigſten Beob- achtung der Jntervallen, in eine regelmäßige Melodie vereint, aus den Baumwipfeln leiſe und langſam herabtönen. Es liegt etwas unbeſchreiblich Sanftes, man möchte ſagen Ueberirdiſches in dieſem Glockenſpiele, deſſen Reiz durch das öde Schweigen des weiten Waldes und die Unſichtbarkeit des überaus kleinen Sängers vermehrt wird. Man möchte um keinen Preis den endlich Bemerkten tödten. Die Peruaner nennen ihn den Organiſten oder Flötenſpieler; in Lima ſpricht man von ihm als einen der merkwürdigſten Bewohner der unbekannten Wälder im Oſten, und die älteſten Beſchreiber dieſer Gegenden erwähnen ihn mit Bewunderung‟ … „Einen ganz eigenen Eindruck‟, erzählt Schom- burgk, „machte am Morgen, noch ehe der Tag graute, die Stimme eines Vogels auf mich, in der ich die Töne einer Glasharmonika zu hören glaubte. Dieſe glockenreinen Töne hatten etwas ſo Ein- ſchmeichelndes, Zartes, Melodiſches, daß ich anfangs wirklich nicht wußte, wem ich ſie zuſchreiben ſollte. Erſtaunt und ſprachlos lauſchte ich dem Sänger, bis mir mein Farbiger ſagte, daß dies der Flageolettvogel ſei, deſſen Ruhm mir ſchon durch die Erzählungen der Reiſenden bekannt war… Jn allen Büſchen fanden die Laute ihren Widerhall, es war, als wollten die Vögel einander zurufen, daß jetzt der junge Tag erwache und daß jetzt auch ihr Tagewerk beginne … Als es Tag wurde, ſah ich den lieblichen Sänger durch das niedere Gebüſch ſchlüpfen. Er lebt geſellig, fliegt von Strauch zu Strauch, doch nie höher als ein bis zwei Fuß über dem Boden, hüpft auch auf der Erde und ſucht Kerbthiere und Beeren. Während des Tags ſcheint er vollkommen zu ſchweigen; ich habe wenigſtens um dieſe Zeit ſeine Stimme nie gehört. Leider konnte ich Nichts über das Brutgeſchäft erfahren; wahrſcheinlich wird es von dem anderer Arten der Familie nicht abweichen.‟
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Die Fänger. Singvögel. Schlüpfer. Pieper.
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Geſang von einem Gartenzaune oder Dache herabtönen.‟
„Dieſe niedlichen Vögel ſind von den Bewohnern geliebt und ſcheinen die Geſellſchaft des
Menſchen zu ſuchen. Jhr Neſt erbauen ſie meiſtens unter die Dächer oder in Mauerhöhlen und
zwiſchen die gewöhnlich aus Kokusſtämmen beſtehenden Zäune. Schon im Monat Julius ſah ich den
Hausſchlüpfer Federn, Halmen und dergleichen zu ſeinem Neſte zuſammentragen, welches in dem
hohlen, ausgefaulten Palmenſtamme einer Hofumzäunung erbaut wurde. Ein anderes Neſt fand ich
im Monat Auguſt in einer Höhlung zweier Balken in einem Hauſe. Das Neſt ſelbſt iſt klein,
ſchlecht gebaut, oben offen und wenig tief, aus Halmen zuſammengeſetzt und ſtark mit Federn durch-
wirkt. Es befänden ſich vier, auf fleiſchfarbigem oder roſenrothen Grunde dunkler roth fein geſprenkelte
und getüpfelte Eier darin.
Ein anderer und zwar ein hochberühmter Schlüpfer Südamerikas iſt der „Flötenſpieler‟, wie
die Peruaner ihn nennen (Cyphorhinus cantans). Die Merkmale der Sippe, welche er vertritt, ſtimmen
im allgemeinen mit denen der übrigen Schlüpfer überein; der Schnabel aber iſt ſtark, ſeitlich zuſam-
mengedrückt und die Naſenſcheidung deutlich abgeſetzt und höckerig erhaben; die Naſenlöcher ſind klein,
rund, ganz offen und von einer Haut umgeben, während ſie bei allen verwandten Sippen durch eine
Schuppe bedeckt ſind; die Flügel ſind kurz und ſtark abgerundet; der Schwanz iſt mäßig lang und
ſeitlich ſtufig verkürzt; die Beine ſind kräftig, die Zehen ziemlich lang, unverhältnißmäßig ſtark bekrallt.
Das Gefieder der Oberſeite iſt röthlichbraun, auf Stirn und Oberkopf heller; die Federn des Mantels
ſind fein ſchwarzbraun in die Quere gewellt; Kinn, Kehle und Vorderhals ſind hellroſtroth, die Hals-
ſeiten, die Wangen und die Ohrgegend ſchwarz, alle Federn weiß geſchäftet; die Mitte der Bruſt und des
Bauches iſt weißlichgelb; die Seiten ſind mattolivenbraun, etwas dunkler gewellt. Die Länge beträgt
5 Zoll, die Fittiglänge 2⅙, die Schwanzlänge 1½ Zoll.
„Jn dem tiefſten Dunkel der Wälder‟, ſagt Pöppig, „lebt vereinzelt ein wunderherrlicher
Sänger. Man bleibt lauſchend und gleichſam feſtgebannt ſtehen, wenn ſeine Klänge, die nur zu ver-
gleichen ſind mit dem Schlage kleiner Glasglocken, vielfach abgeſtimmt, allein mit der richtigſten Beob-
achtung der Jntervallen, in eine regelmäßige Melodie vereint, aus den Baumwipfeln leiſe und langſam
herabtönen. Es liegt etwas unbeſchreiblich Sanftes, man möchte ſagen Ueberirdiſches in dieſem
Glockenſpiele, deſſen Reiz durch das öde Schweigen des weiten Waldes und die Unſichtbarkeit des
überaus kleinen Sängers vermehrt wird. Man möchte um keinen Preis den endlich Bemerkten tödten.
Die Peruaner nennen ihn den Organiſten oder Flötenſpieler; in Lima ſpricht man von ihm als einen
der merkwürdigſten Bewohner der unbekannten Wälder im Oſten, und die älteſten Beſchreiber dieſer
Gegenden erwähnen ihn mit Bewunderung‟ … „Einen ganz eigenen Eindruck‟, erzählt Schom-
burgk, „machte am Morgen, noch ehe der Tag graute, die Stimme eines Vogels auf mich, in der ich
die Töne einer Glasharmonika zu hören glaubte. Dieſe glockenreinen Töne hatten etwas ſo Ein-
ſchmeichelndes, Zartes, Melodiſches, daß ich anfangs wirklich nicht wußte, wem ich ſie zuſchreiben
ſollte. Erſtaunt und ſprachlos lauſchte ich dem Sänger, bis mir mein Farbiger ſagte, daß dies der
Flageolettvogel ſei, deſſen Ruhm mir ſchon durch die Erzählungen der Reiſenden bekannt war… Jn
allen Büſchen fanden die Laute ihren Widerhall, es war, als wollten die Vögel einander zurufen, daß
jetzt der junge Tag erwache und daß jetzt auch ihr Tagewerk beginne … Als es Tag wurde, ſah ich
den lieblichen Sänger durch das niedere Gebüſch ſchlüpfen. Er lebt geſellig, fliegt von Strauch zu
Strauch, doch nie höher als ein bis zwei Fuß über dem Boden, hüpft auch auf der Erde und ſucht
Kerbthiere und Beeren. Während des Tags ſcheint er vollkommen zu ſchweigen; ich habe wenigſtens
um dieſe Zeit ſeine Stimme nie gehört. Leider konnte ich Nichts über das Brutgeſchäft erfahren;
wahrſcheinlich wird es von dem anderer Arten der Familie nicht abweichen.‟
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 888. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/936>, abgerufen am 22.11.2024.
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