So lange er nicht bemerkt zu sein glaubt, bleibt er niedergedrückt ganz ruhig und folgt, mit den Augen beobachtend, dem Suchenden. Erst wenn er sich entdeckt sieht, beginnt wieder die komisch sträubende Bewegung, um den Gegner zu ängstigen und zu verscheuchen. Wenn er überrascht wird, während er sich außerhalb des Käfigs befindet, so drückt er sich gegen den Boden der Länge nach nieder und bleibt unbeweglich liegen. Beobachtet man ihn nicht weiter, so erhebt er sich aber erst nach geraumer Zeit wieder und treibt sich weiter im Zimmer umher. Geht man jedoch auf ihn los, so wiederholt er das alte Spiel. Nur, wenn mehrere Personen zu gleicher Zeit ins Zimmer treten, fliegt er furchtsam nach einer höheren Stelle".
Der Wendehals bietet sich vernichtungssüchtigen Sonntagsschützen leider oft genug zum Ziele dar und wird deshalb viel häusiger auch durch den Menschen vertilgt, als es geschehen sollte. Der harmlose Vogel hat im Sperber und seinen Verwandten, in Elstern und Hehern, in Katzen, Mardern und Wieseln ohnehin so viele Feinde, daß der Mensch geradezu frevelt, wenn er ihn tödtet. Das Fleisch ist zwar zart und schmackhaft; der einzige kleine Bissen aber, welchen der erlegte Wendehals hergibt, rechtfertigt die Tödtung in keiner Weise. So lange der Vogel lebt, bringt er uns nur Nutzen, niemals Schaden. Die Erkenntniß dieser unbestreitbaren Wahrheit sollte doch wahrhaftig in Jeder- manns Augen sein Schutzbrief sein.
Achte Ordnung. Die Schwirrvögel(Stridores).
"Unter allen belebten Wesen ist der Kolibri das schönste der Gestalt, das prächtigste der Färbung nach. Edelsteine und Metalle, denen unsere Kunst ihren Glanz gibt, sind mit diesen Kleinodien der Natur nicht zu vergleichen. Jhr Meisterstück ist dieser kleine Vogel. Jhn hat sie mit allen Gaben überschüttet, welche den übrigen Vögeln nur vereinzelt beschieden worden sind. Leichtigkeit, Schnelle, Gewandtheit, Anmuth und reicher Schmuck: Alles ist diesem ihrem kleinen Liebling zu Theil geworden. Der Smaragd, der Rubin, der Topas schimmern auf seinem Gewande, welches er nie mit dem Staube der Erde beschmuzt; denn sein ganzes ätherisches Leben hindurch berührt er kaum auf Augenblicke den Boden. Er ist stets in der Luft, von Blume zu Blume gaukelnd, deren Frische und deren Glanz ihm eigen ist und deren Nektar er trinkt."
"Der Kolibri bewohnt nur die Himmelsstriche, wo sich Blumen immerdar erneuern; denn die- jenigen Arten seiner Familie, welche des Sommers bis in die gemäßigten Gürtel kommen, bleiben daselbst nur kurze Zeit. Sie scheinen der Sonne zu folgen, mit ihr vor- und rückwärts zu gehen und auf Zephyrflügeln im Gefolge eines ewigen Frühlings zu wandeln."
So schildert Buffon in seiner malerischen Weise; aber auch alle nach ihm folgenden Natur- forscher und selbst die ernstesten unter ihnen stimmen in die Bewunderung dieser Prachtvögel mit ein. Wen gäbe es wohl, fragt Audubon, "welcher nicht bewundernd still stehen sollte, wenn er eines dieser lieblichen kleinen Geschöpfe erblickt, wenn es schwirrend durch die Luft schießt, sich in ihr wie durch Zauber festhält oder von Blume zu Blume gleitet, glänzend, als wäre es selbst nur ein Stück Regenbogen, welches so lieblich ist, wie das Licht selber?" -- "Der Kolibri", meint Waterton, "ist der wahre Paradiesvogel. Man sehe ihn durch die Luft schießen, mit der Schnelligkeit des Gedankens. Jetzt ist er eine Armslänge vor Deinem Gesicht, im Nu ist er verschwunden, und einen Augenblick später gaukelt er wieder um Blumen und Blüthen. Jetzt gleicht er einem Rubin, jetzt einem Topas, bald darauf einem Esmerald und bald wiederum funkelndem Gold." -- "Es gibt keine
Wendehals.
So lange er nicht bemerkt zu ſein glaubt, bleibt er niedergedrückt ganz ruhig und folgt, mit den Augen beobachtend, dem Suchenden. Erſt wenn er ſich entdeckt ſieht, beginnt wieder die komiſch ſträubende Bewegung, um den Gegner zu ängſtigen und zu verſcheuchen. Wenn er überraſcht wird, während er ſich außerhalb des Käfigs befindet, ſo drückt er ſich gegen den Boden der Länge nach nieder und bleibt unbeweglich liegen. Beobachtet man ihn nicht weiter, ſo erhebt er ſich aber erſt nach geraumer Zeit wieder und treibt ſich weiter im Zimmer umher. Geht man jedoch auf ihn los, ſo wiederholt er das alte Spiel. Nur, wenn mehrere Perſonen zu gleicher Zeit ins Zimmer treten, fliegt er furchtſam nach einer höheren Stelle“.
Der Wendehals bietet ſich vernichtungsſüchtigen Sonntagsſchützen leider oft genug zum Ziele dar und wird deshalb viel häuſiger auch durch den Menſchen vertilgt, als es geſchehen ſollte. Der harmloſe Vogel hat im Sperber und ſeinen Verwandten, in Elſtern und Hehern, in Katzen, Mardern und Wieſeln ohnehin ſo viele Feinde, daß der Menſch geradezu frevelt, wenn er ihn tödtet. Das Fleiſch iſt zwar zart und ſchmackhaft; der einzige kleine Biſſen aber, welchen der erlegte Wendehals hergibt, rechtfertigt die Tödtung in keiner Weiſe. So lange der Vogel lebt, bringt er uns nur Nutzen, niemals Schaden. Die Erkenntniß dieſer unbeſtreitbaren Wahrheit ſollte doch wahrhaftig in Jeder- manns Augen ſein Schutzbrief ſein.
Achte Ordnung. Die Schwirrvögel(Stridores).
„Unter allen belebten Weſen iſt der Kolibri das ſchönſte der Geſtalt, das prächtigſte der Färbung nach. Edelſteine und Metalle, denen unſere Kunſt ihren Glanz gibt, ſind mit dieſen Kleinodien der Natur nicht zu vergleichen. Jhr Meiſterſtück iſt dieſer kleine Vogel. Jhn hat ſie mit allen Gaben überſchüttet, welche den übrigen Vögeln nur vereinzelt beſchieden worden ſind. Leichtigkeit, Schnelle, Gewandtheit, Anmuth und reicher Schmuck: Alles iſt dieſem ihrem kleinen Liebling zu Theil geworden. Der Smaragd, der Rubin, der Topas ſchimmern auf ſeinem Gewande, welches er nie mit dem Staube der Erde beſchmuzt; denn ſein ganzes ätheriſches Leben hindurch berührt er kaum auf Augenblicke den Boden. Er iſt ſtets in der Luft, von Blume zu Blume gaukelnd, deren Friſche und deren Glanz ihm eigen iſt und deren Nektar er trinkt.“
„Der Kolibri bewohnt nur die Himmelsſtriche, wo ſich Blumen immerdar erneuern; denn die- jenigen Arten ſeiner Familie, welche des Sommers bis in die gemäßigten Gürtel kommen, bleiben daſelbſt nur kurze Zeit. Sie ſcheinen der Sonne zu folgen, mit ihr vor- und rückwärts zu gehen und auf Zephyrflügeln im Gefolge eines ewigen Frühlings zu wandeln.“
So ſchildert Buffon in ſeiner maleriſchen Weiſe; aber auch alle nach ihm folgenden Natur- forſcher und ſelbſt die ernſteſten unter ihnen ſtimmen in die Bewunderung dieſer Prachtvögel mit ein. Wen gäbe es wohl, fragt Audubon, „welcher nicht bewundernd ſtill ſtehen ſollte, wenn er eines dieſer lieblichen kleinen Geſchöpfe erblickt, wenn es ſchwirrend durch die Luft ſchießt, ſich in ihr wie durch Zauber feſthält oder von Blume zu Blume gleitet, glänzend, als wäre es ſelbſt nur ein Stück Regenbogen, welches ſo lieblich iſt, wie das Licht ſelber?“ — „Der Kolibri“, meint Waterton, „iſt der wahre Paradiesvogel. Man ſehe ihn durch die Luft ſchießen, mit der Schnelligkeit des Gedankens. Jetzt iſt er eine Armslänge vor Deinem Geſicht, im Nu iſt er verſchwunden, und einen Augenblick ſpäter gaukelt er wieder um Blumen und Blüthen. Jetzt gleicht er einem Rubin, jetzt einem Topas, bald darauf einem Esmerald und bald wiederum funkelndem Gold.“ — „Es gibt keine
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Bewegung, um den Gegner zu ängſtigen und zu verſcheuchen. Wenn er überraſcht wird, während er
ſich außerhalb des Käfigs befindet, ſo drückt er ſich gegen den Boden der Länge nach nieder und bleibt
unbeweglich liegen. Beobachtet man ihn nicht weiter, ſo erhebt er ſich aber erſt nach geraumer Zeit
wieder und treibt ſich weiter im Zimmer umher. Geht man jedoch auf ihn los, ſo wiederholt er das
alte Spiel. Nur, wenn mehrere Perſonen zu gleicher Zeit ins Zimmer treten, fliegt er furchtſam
nach einer höheren Stelle“.
Der Wendehals bietet ſich vernichtungsſüchtigen Sonntagsſchützen leider oft genug zum Ziele
dar und wird deshalb viel häuſiger auch durch den Menſchen vertilgt, als es geſchehen ſollte. Der
harmloſe Vogel hat im Sperber und ſeinen Verwandten, in Elſtern und Hehern, in Katzen, Mardern
und Wieſeln ohnehin ſo viele Feinde, daß der Menſch geradezu frevelt, wenn er ihn tödtet. Das
Fleiſch iſt zwar zart und ſchmackhaft; der einzige kleine Biſſen aber, welchen der erlegte Wendehals
hergibt, rechtfertigt die Tödtung in keiner Weiſe. So lange der Vogel lebt, bringt er uns nur Nutzen,
niemals Schaden. Die Erkenntniß dieſer unbeſtreitbaren Wahrheit ſollte doch wahrhaftig in Jeder-
manns Augen ſein Schutzbrief ſein.
Achte Ordnung.
Die Schwirrvögel (Stridores).
„Unter allen belebten Weſen iſt der Kolibri das ſchönſte der Geſtalt, das prächtigſte der Färbung
nach. Edelſteine und Metalle, denen unſere Kunſt ihren Glanz gibt, ſind mit dieſen Kleinodien der
Natur nicht zu vergleichen. Jhr Meiſterſtück iſt dieſer kleine Vogel. Jhn hat ſie mit allen Gaben
überſchüttet, welche den übrigen Vögeln nur vereinzelt beſchieden worden ſind. Leichtigkeit, Schnelle,
Gewandtheit, Anmuth und reicher Schmuck: Alles iſt dieſem ihrem kleinen Liebling zu Theil
geworden. Der Smaragd, der Rubin, der Topas ſchimmern auf ſeinem Gewande, welches er nie mit
dem Staube der Erde beſchmuzt; denn ſein ganzes ätheriſches Leben hindurch berührt er kaum auf
Augenblicke den Boden. Er iſt ſtets in der Luft, von Blume zu Blume gaukelnd, deren Friſche und
deren Glanz ihm eigen iſt und deren Nektar er trinkt.“
„Der Kolibri bewohnt nur die Himmelsſtriche, wo ſich Blumen immerdar erneuern; denn die-
jenigen Arten ſeiner Familie, welche des Sommers bis in die gemäßigten Gürtel kommen, bleiben
daſelbſt nur kurze Zeit. Sie ſcheinen der Sonne zu folgen, mit ihr vor- und rückwärts zu gehen und
auf Zephyrflügeln im Gefolge eines ewigen Frühlings zu wandeln.“
So ſchildert Buffon in ſeiner maleriſchen Weiſe; aber auch alle nach ihm folgenden Natur-
forſcher und ſelbſt die ernſteſten unter ihnen ſtimmen in die Bewunderung dieſer Prachtvögel mit
ein. Wen gäbe es wohl, fragt Audubon, „welcher nicht bewundernd ſtill ſtehen ſollte, wenn er
eines dieſer lieblichen kleinen Geſchöpfe erblickt, wenn es ſchwirrend durch die Luft ſchießt, ſich in ihr
wie durch Zauber feſthält oder von Blume zu Blume gleitet, glänzend, als wäre es ſelbſt nur ein
Stück Regenbogen, welches ſo lieblich iſt, wie das Licht ſelber?“ — „Der Kolibri“, meint Waterton,
„iſt der wahre Paradiesvogel. Man ſehe ihn durch die Luft ſchießen, mit der Schnelligkeit des
Gedankens. Jetzt iſt er eine Armslänge vor Deinem Geſicht, im Nu iſt er verſchwunden, und einen
Augenblick ſpäter gaukelt er wieder um Blumen und Blüthen. Jetzt gleicht er einem Rubin, jetzt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/107>, abgerufen am 23.11.2024.
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