Auffallend klein und zierlich gebaut sind die Füße der Kolibris. Der Lauf hat mitunter noch Befiederung, welche indessen mehr anliegt, als absteht. Die Zehen sind bald völlig getrennt, bald am Grunde etwas verwachsen; die Bedeckung besteht aus kurzen Tafelschildern. Die Krallen sind unge- mein scharf, spitz und beinahe ebenso lang, in einzelnen Fällen fast länger, als die Zehen selbst. Die Flügel sind lang, meist schmal und etwas sichelförmig gebogen. Die erste Schwinge ist immer die längste, hat auch gewöhnlich einen stärkeren Schaft, als die übrigen und fällt insbesondere noch dadurch auf, daß die untere Schafthälfte sich, bei manchen Arten wenigstens, ungewöhnlich ausbreitet. Man zählt neun oder gewöhnlich zehn Federn an der Hand, aber nur sechs am Armtheil des Flügels. Von den letzteren sind die vier vorderen gleich lang, die zweithintersten stufig abgekürzt; doch erreichen jene vier nicht ganz die Länge der letzten Handschwingen. Der Schwanz besteht immer aus zehn Federn; sie aber sind außerordentlich verschiedenartig gebildet. Sehr viele Arten haben einen Gabelschwanz; die äußersten Federn sind jedoch mehr oder weniger über die mittleren verlängert, bei einzelnen so, daß sie das Sechs- und Mehrfache von deren Länge erreichen, bei andern nur wenig. Jhre Fahnen sind der ganzen Länge nach ziemlich gleich oder gegen das Ende hin bis zu einem kaum bemerklichen Saum verkümmert, an der Spitze aber wiederum zu einer rundlichen Scheibe verbreitert, sodaß der Schwanz dadurch ein Anhängsel erhält, wie es ähnlich z. B. der Flaggendrongo zeigt. Bei andern Arten sind die Fahnen ungemein schmal, und die ganzen Federn erscheinen gleichsam nur als Schäfte, an denen beiderseits ein Säumchen zu sehen ist. Nicht selten kommt es vor, daß die Steuerfedern geradezu verkümmern, d. h. zu Gebilden geworden sind, welche man eher Stacheln, als Federn nennen möchte. Ebenso bemerkt man, daß der Schwanz gegabelt, aber nach außen hin doch abgerundet ist, sodaß die Enden der Steuerfedern ausgebreitet eine Bogenlinie darstellen. Bei andern endlich ist der Schwanz einfach abgerundet; die Mittelfedern sind dann entschieden die längsten. Das Gefieder ist ziemlich derb und im Verhältniß zur Größe des Vogels reichlich. Es hat fast gar keine dunigen Bestandtheile, sondern ist größtentheils hart. Uebrigens bekleidet es den Leib durchaus nicht gleich- mäßig, sondern verlängert sich an sehr verschiedenen Stellen desselben. So tragen einzelne Kolibris längere oder kürzere Kopfhauben, andere verlängerte Brustkragen oder bartähnliche Federbüschel u. s. f. Nund um das Auge bleibt ein ziemlich breiter Ring nackt. Die Augenlidränder sind mit kleinen schuppen- artigen Federn anstatt der Wimpern besetzt. Das Kleid unterscheidet sich je nach Geschlecht und Alter mehr oder weniger und zwar nicht blos hinsichtlich seiner Färbung, sondern auch bezüglich der Schmuck- federn. Ob nur ein einmaliger Federwechsel stattfindet oder ob die Kolibris einer doppelten Mauser unterworfen sind, ist zur Zeit mit Gewißheit noch nicht festgestellt.
"Von dem innern Bau der Kolibris", sagt Burmeister, dessen Darstellung ich auch im Vor- stehenden gefolgt bin, "sind die Hauptzüge bekannt. Das Geripp ist ungemein zierlich gebaut, das des Rumpfes größtentheils luftführend. Der Schädel hat sehr große Augenhöhlen, deren Scheide- wand durchbrochen zu sein scheint. Jm Hals sind zwölf bis dreizehn Wirbel vorhanden, im Rücken gewöhnlich acht mit ebensoviel Rippen. Die Gabel ist kurz, fein, hat keinen Stiel und verbindet sich nicht mit dem Brustband. Letzteres wird nach hinten zu merklich breiter, ist dort abgerundet und nicht mit Buchten oder Lücken versehen. Der ungemein hohe Kamm tritt stark nach vorn hervor. Das Becken nähert sich durch seine kurze, breite Form mehr dem der Spechte und Kukuke, als dem der Singvögel. Der Schwanz besteht aus fünf bis sieben Wirbeln, je nachdem die vorderen sich mit dem Becken verbunden haben oder frei bleiben. Die Flügelknochen sind durch das lange Schulterblatt ebenso merkwürdig wie durch den sehr kurzen Ober- und Vorderarm. Der Handtheil dagegen hat eine sehr bedeutende Länge. Die Knochen der Beine sind sämmtlich sehr fein und ziemlich kurz; doch behalten die Zehen ihre gewöhnliche Gliederzahl."
"Das Zungengerüst hat in der Anlage die meiste Aehnlichkeit mit dem der Spechte, insofern die langen Zungenbeinhörner gebogen am Hinterkopf hinaufsteigen und darüber hinweg auf die Stirn übergehen, woselbst sie in der Ruhe bis an den Rand des Schnabels reichen. Die eigentliche Zunge besteht aus zwei am Grunde verwachsenen Fäden, welche aber nicht an der Spitze geöffnet sind, sondern
Allgemeines.
Auffallend klein und zierlich gebaut ſind die Füße der Kolibris. Der Lauf hat mitunter noch Befiederung, welche indeſſen mehr anliegt, als abſteht. Die Zehen ſind bald völlig getrennt, bald am Grunde etwas verwachſen; die Bedeckung beſteht aus kurzen Tafelſchildern. Die Krallen ſind unge- mein ſcharf, ſpitz und beinahe ebenſo lang, in einzelnen Fällen faſt länger, als die Zehen ſelbſt. Die Flügel ſind lang, meiſt ſchmal und etwas ſichelförmig gebogen. Die erſte Schwinge iſt immer die längſte, hat auch gewöhnlich einen ſtärkeren Schaft, als die übrigen und fällt insbeſondere noch dadurch auf, daß die untere Schafthälfte ſich, bei manchen Arten wenigſtens, ungewöhnlich ausbreitet. Man zählt neun oder gewöhnlich zehn Federn an der Hand, aber nur ſechs am Armtheil des Flügels. Von den letzteren ſind die vier vorderen gleich lang, die zweithinterſten ſtufig abgekürzt; doch erreichen jene vier nicht ganz die Länge der letzten Handſchwingen. Der Schwanz beſteht immer aus zehn Federn; ſie aber ſind außerordentlich verſchiedenartig gebildet. Sehr viele Arten haben einen Gabelſchwanz; die äußerſten Federn ſind jedoch mehr oder weniger über die mittleren verlängert, bei einzelnen ſo, daß ſie das Sechs- und Mehrfache von deren Länge erreichen, bei andern nur wenig. Jhre Fahnen ſind der ganzen Länge nach ziemlich gleich oder gegen das Ende hin bis zu einem kaum bemerklichen Saum verkümmert, an der Spitze aber wiederum zu einer rundlichen Scheibe verbreitert, ſodaß der Schwanz dadurch ein Anhängſel erhält, wie es ähnlich z. B. der Flaggendrongo zeigt. Bei andern Arten ſind die Fahnen ungemein ſchmal, und die ganzen Federn erſcheinen gleichſam nur als Schäfte, an denen beiderſeits ein Säumchen zu ſehen iſt. Nicht ſelten kommt es vor, daß die Steuerfedern geradezu verkümmern, d. h. zu Gebilden geworden ſind, welche man eher Stacheln, als Federn nennen möchte. Ebenſo bemerkt man, daß der Schwanz gegabelt, aber nach außen hin doch abgerundet iſt, ſodaß die Enden der Steuerfedern ausgebreitet eine Bogenlinie darſtellen. Bei andern endlich iſt der Schwanz einfach abgerundet; die Mittelfedern ſind dann entſchieden die längſten. Das Gefieder iſt ziemlich derb und im Verhältniß zur Größe des Vogels reichlich. Es hat faſt gar keine dunigen Beſtandtheile, ſondern iſt größtentheils hart. Uebrigens bekleidet es den Leib durchaus nicht gleich- mäßig, ſondern verlängert ſich an ſehr verſchiedenen Stellen deſſelben. So tragen einzelne Kolibris längere oder kürzere Kopfhauben, andere verlängerte Bruſtkragen oder bartähnliche Federbüſchel u. ſ. f. Nund um das Auge bleibt ein ziemlich breiter Ring nackt. Die Augenlidränder ſind mit kleinen ſchuppen- artigen Federn anſtatt der Wimpern beſetzt. Das Kleid unterſcheidet ſich je nach Geſchlecht und Alter mehr oder weniger und zwar nicht blos hinſichtlich ſeiner Färbung, ſondern auch bezüglich der Schmuck- federn. Ob nur ein einmaliger Federwechſel ſtattfindet oder ob die Kolibris einer doppelten Mauſer unterworfen ſind, iſt zur Zeit mit Gewißheit noch nicht feſtgeſtellt.
„Von dem innern Bau der Kolibris“, ſagt Burmeiſter, deſſen Darſtellung ich auch im Vor- ſtehenden gefolgt bin, „ſind die Hauptzüge bekannt. Das Geripp iſt ungemein zierlich gebaut, das des Rumpfes größtentheils luftführend. Der Schädel hat ſehr große Augenhöhlen, deren Scheide- wand durchbrochen zu ſein ſcheint. Jm Hals ſind zwölf bis dreizehn Wirbel vorhanden, im Rücken gewöhnlich acht mit ebenſoviel Rippen. Die Gabel iſt kurz, fein, hat keinen Stiel und verbindet ſich nicht mit dem Bruſtband. Letzteres wird nach hinten zu merklich breiter, iſt dort abgerundet und nicht mit Buchten oder Lücken verſehen. Der ungemein hohe Kamm tritt ſtark nach vorn hervor. Das Becken nähert ſich durch ſeine kurze, breite Form mehr dem der Spechte und Kukuke, als dem der Singvögel. Der Schwanz beſteht aus fünf bis ſieben Wirbeln, je nachdem die vorderen ſich mit dem Becken verbunden haben oder frei bleiben. Die Flügelknochen ſind durch das lange Schulterblatt ebenſo merkwürdig wie durch den ſehr kurzen Ober- und Vorderarm. Der Handtheil dagegen hat eine ſehr bedeutende Länge. Die Knochen der Beine ſind ſämmtlich ſehr fein und ziemlich kurz; doch behalten die Zehen ihre gewöhnliche Gliederzahl.“
„Das Zungengerüſt hat in der Anlage die meiſte Aehnlichkeit mit dem der Spechte, inſofern die langen Zungenbeinhörner gebogen am Hinterkopf hinaufſteigen und darüber hinweg auf die Stirn übergehen, woſelbſt ſie in der Ruhe bis an den Rand des Schnabels reichen. Die eigentliche Zunge beſteht aus zwei am Grunde verwachſenen Fäden, welche aber nicht an der Spitze geöffnet ſind, ſondern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0109"n="95"/><fwplace="top"type="header">Allgemeines.</fw><lb/><p>Auffallend klein und zierlich gebaut ſind die Füße der Kolibris. Der Lauf hat mitunter noch<lb/>
Befiederung, welche indeſſen mehr anliegt, als abſteht. Die Zehen ſind bald völlig getrennt, bald am<lb/>
Grunde etwas verwachſen; die Bedeckung beſteht aus kurzen Tafelſchildern. Die Krallen ſind unge-<lb/>
mein ſcharf, ſpitz und beinahe ebenſo lang, in einzelnen Fällen faſt länger, als die Zehen ſelbſt. Die<lb/>
Flügel ſind lang, meiſt ſchmal und etwas ſichelförmig gebogen. Die erſte Schwinge iſt immer die<lb/>
längſte, hat auch gewöhnlich einen ſtärkeren Schaft, als die übrigen und fällt insbeſondere noch dadurch<lb/>
auf, daß die untere Schafthälfte ſich, bei manchen Arten wenigſtens, ungewöhnlich ausbreitet. Man<lb/>
zählt neun oder gewöhnlich zehn Federn an der Hand, aber nur ſechs am Armtheil des Flügels. Von<lb/>
den letzteren ſind die vier vorderen gleich lang, die zweithinterſten ſtufig abgekürzt; doch erreichen jene<lb/>
vier nicht ganz die Länge der letzten Handſchwingen. Der Schwanz beſteht immer aus zehn Federn;<lb/>ſie aber ſind außerordentlich verſchiedenartig gebildet. Sehr viele Arten haben einen Gabelſchwanz;<lb/>
die äußerſten Federn ſind jedoch mehr oder weniger über die mittleren verlängert, bei einzelnen ſo, daß<lb/>ſie das Sechs- und Mehrfache von deren Länge erreichen, bei andern nur wenig. Jhre Fahnen ſind<lb/>
der ganzen Länge nach ziemlich gleich oder gegen das Ende hin bis zu einem kaum bemerklichen Saum<lb/>
verkümmert, an der Spitze aber wiederum zu einer rundlichen Scheibe verbreitert, ſodaß der Schwanz<lb/>
dadurch ein Anhängſel erhält, wie es ähnlich z. B. der Flaggendrongo zeigt. Bei andern Arten ſind<lb/>
die Fahnen ungemein ſchmal, und die ganzen Federn erſcheinen gleichſam nur als Schäfte, an denen<lb/>
beiderſeits ein Säumchen zu ſehen iſt. Nicht ſelten kommt es vor, daß die Steuerfedern geradezu<lb/>
verkümmern, d. h. zu Gebilden geworden ſind, welche man eher Stacheln, als Federn nennen<lb/>
möchte. Ebenſo bemerkt man, daß der Schwanz gegabelt, aber nach außen hin doch abgerundet iſt,<lb/>ſodaß die Enden der Steuerfedern ausgebreitet eine Bogenlinie darſtellen. Bei andern endlich iſt der<lb/>
Schwanz einfach abgerundet; die Mittelfedern ſind dann entſchieden die längſten. Das Gefieder iſt<lb/>
ziemlich derb und im Verhältniß zur Größe des Vogels reichlich. Es hat faſt gar keine dunigen<lb/>
Beſtandtheile, ſondern iſt größtentheils hart. Uebrigens bekleidet es den Leib durchaus nicht gleich-<lb/>
mäßig, ſondern verlängert ſich an ſehr verſchiedenen Stellen deſſelben. So tragen einzelne Kolibris<lb/>
längere oder kürzere Kopfhauben, andere verlängerte Bruſtkragen oder bartähnliche Federbüſchel u. ſ. f.<lb/>
Nund um das Auge bleibt ein ziemlich breiter Ring nackt. Die Augenlidränder ſind mit kleinen ſchuppen-<lb/>
artigen Federn anſtatt der Wimpern beſetzt. Das Kleid unterſcheidet ſich je nach Geſchlecht und Alter<lb/>
mehr oder weniger und zwar nicht blos hinſichtlich ſeiner Färbung, ſondern auch bezüglich der Schmuck-<lb/>
federn. Ob nur ein einmaliger Federwechſel ſtattfindet oder ob die Kolibris einer doppelten Mauſer<lb/>
unterworfen ſind, iſt zur Zeit mit Gewißheit noch nicht feſtgeſtellt.</p><lb/><p>„Von dem innern Bau der Kolibris“, ſagt <hirendition="#g">Burmeiſter,</hi> deſſen Darſtellung ich auch im Vor-<lb/>ſtehenden gefolgt bin, „ſind die Hauptzüge bekannt. Das Geripp iſt ungemein zierlich gebaut, das<lb/>
des Rumpfes größtentheils luftführend. Der Schädel hat ſehr große Augenhöhlen, deren Scheide-<lb/>
wand durchbrochen zu ſein ſcheint. Jm Hals ſind zwölf bis dreizehn Wirbel vorhanden, im Rücken<lb/>
gewöhnlich acht mit ebenſoviel Rippen. Die Gabel iſt kurz, fein, hat keinen Stiel und verbindet ſich<lb/>
nicht mit dem Bruſtband. Letzteres wird nach hinten zu merklich breiter, iſt dort abgerundet und nicht<lb/>
mit Buchten oder Lücken verſehen. Der ungemein hohe Kamm tritt ſtark nach vorn hervor. Das<lb/>
Becken nähert ſich durch ſeine kurze, breite Form mehr dem der Spechte und Kukuke, als dem der<lb/>
Singvögel. Der Schwanz beſteht aus fünf bis ſieben Wirbeln, je nachdem die vorderen ſich mit dem<lb/>
Becken verbunden haben oder frei bleiben. Die Flügelknochen ſind durch das lange Schulterblatt<lb/>
ebenſo merkwürdig wie durch den ſehr kurzen Ober- und Vorderarm. Der Handtheil dagegen hat<lb/>
eine ſehr bedeutende Länge. Die Knochen der Beine ſind ſämmtlich ſehr fein und ziemlich kurz; doch<lb/>
behalten die Zehen ihre gewöhnliche Gliederzahl.“</p><lb/><p>„Das Zungengerüſt hat in der Anlage die meiſte Aehnlichkeit mit dem der Spechte, inſofern die<lb/>
langen Zungenbeinhörner gebogen am Hinterkopf hinaufſteigen und darüber hinweg auf die Stirn<lb/>
übergehen, woſelbſt ſie in der Ruhe bis an den Rand des Schnabels reichen. Die eigentliche Zunge<lb/>
beſteht aus zwei am Grunde verwachſenen Fäden, welche aber nicht an der Spitze geöffnet ſind, ſondern<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[95/0109]
Allgemeines.
Auffallend klein und zierlich gebaut ſind die Füße der Kolibris. Der Lauf hat mitunter noch
Befiederung, welche indeſſen mehr anliegt, als abſteht. Die Zehen ſind bald völlig getrennt, bald am
Grunde etwas verwachſen; die Bedeckung beſteht aus kurzen Tafelſchildern. Die Krallen ſind unge-
mein ſcharf, ſpitz und beinahe ebenſo lang, in einzelnen Fällen faſt länger, als die Zehen ſelbſt. Die
Flügel ſind lang, meiſt ſchmal und etwas ſichelförmig gebogen. Die erſte Schwinge iſt immer die
längſte, hat auch gewöhnlich einen ſtärkeren Schaft, als die übrigen und fällt insbeſondere noch dadurch
auf, daß die untere Schafthälfte ſich, bei manchen Arten wenigſtens, ungewöhnlich ausbreitet. Man
zählt neun oder gewöhnlich zehn Federn an der Hand, aber nur ſechs am Armtheil des Flügels. Von
den letzteren ſind die vier vorderen gleich lang, die zweithinterſten ſtufig abgekürzt; doch erreichen jene
vier nicht ganz die Länge der letzten Handſchwingen. Der Schwanz beſteht immer aus zehn Federn;
ſie aber ſind außerordentlich verſchiedenartig gebildet. Sehr viele Arten haben einen Gabelſchwanz;
die äußerſten Federn ſind jedoch mehr oder weniger über die mittleren verlängert, bei einzelnen ſo, daß
ſie das Sechs- und Mehrfache von deren Länge erreichen, bei andern nur wenig. Jhre Fahnen ſind
der ganzen Länge nach ziemlich gleich oder gegen das Ende hin bis zu einem kaum bemerklichen Saum
verkümmert, an der Spitze aber wiederum zu einer rundlichen Scheibe verbreitert, ſodaß der Schwanz
dadurch ein Anhängſel erhält, wie es ähnlich z. B. der Flaggendrongo zeigt. Bei andern Arten ſind
die Fahnen ungemein ſchmal, und die ganzen Federn erſcheinen gleichſam nur als Schäfte, an denen
beiderſeits ein Säumchen zu ſehen iſt. Nicht ſelten kommt es vor, daß die Steuerfedern geradezu
verkümmern, d. h. zu Gebilden geworden ſind, welche man eher Stacheln, als Federn nennen
möchte. Ebenſo bemerkt man, daß der Schwanz gegabelt, aber nach außen hin doch abgerundet iſt,
ſodaß die Enden der Steuerfedern ausgebreitet eine Bogenlinie darſtellen. Bei andern endlich iſt der
Schwanz einfach abgerundet; die Mittelfedern ſind dann entſchieden die längſten. Das Gefieder iſt
ziemlich derb und im Verhältniß zur Größe des Vogels reichlich. Es hat faſt gar keine dunigen
Beſtandtheile, ſondern iſt größtentheils hart. Uebrigens bekleidet es den Leib durchaus nicht gleich-
mäßig, ſondern verlängert ſich an ſehr verſchiedenen Stellen deſſelben. So tragen einzelne Kolibris
längere oder kürzere Kopfhauben, andere verlängerte Bruſtkragen oder bartähnliche Federbüſchel u. ſ. f.
Nund um das Auge bleibt ein ziemlich breiter Ring nackt. Die Augenlidränder ſind mit kleinen ſchuppen-
artigen Federn anſtatt der Wimpern beſetzt. Das Kleid unterſcheidet ſich je nach Geſchlecht und Alter
mehr oder weniger und zwar nicht blos hinſichtlich ſeiner Färbung, ſondern auch bezüglich der Schmuck-
federn. Ob nur ein einmaliger Federwechſel ſtattfindet oder ob die Kolibris einer doppelten Mauſer
unterworfen ſind, iſt zur Zeit mit Gewißheit noch nicht feſtgeſtellt.
„Von dem innern Bau der Kolibris“, ſagt Burmeiſter, deſſen Darſtellung ich auch im Vor-
ſtehenden gefolgt bin, „ſind die Hauptzüge bekannt. Das Geripp iſt ungemein zierlich gebaut, das
des Rumpfes größtentheils luftführend. Der Schädel hat ſehr große Augenhöhlen, deren Scheide-
wand durchbrochen zu ſein ſcheint. Jm Hals ſind zwölf bis dreizehn Wirbel vorhanden, im Rücken
gewöhnlich acht mit ebenſoviel Rippen. Die Gabel iſt kurz, fein, hat keinen Stiel und verbindet ſich
nicht mit dem Bruſtband. Letzteres wird nach hinten zu merklich breiter, iſt dort abgerundet und nicht
mit Buchten oder Lücken verſehen. Der ungemein hohe Kamm tritt ſtark nach vorn hervor. Das
Becken nähert ſich durch ſeine kurze, breite Form mehr dem der Spechte und Kukuke, als dem der
Singvögel. Der Schwanz beſteht aus fünf bis ſieben Wirbeln, je nachdem die vorderen ſich mit dem
Becken verbunden haben oder frei bleiben. Die Flügelknochen ſind durch das lange Schulterblatt
ebenſo merkwürdig wie durch den ſehr kurzen Ober- und Vorderarm. Der Handtheil dagegen hat
eine ſehr bedeutende Länge. Die Knochen der Beine ſind ſämmtlich ſehr fein und ziemlich kurz; doch
behalten die Zehen ihre gewöhnliche Gliederzahl.“
„Das Zungengerüſt hat in der Anlage die meiſte Aehnlichkeit mit dem der Spechte, inſofern die
langen Zungenbeinhörner gebogen am Hinterkopf hinaufſteigen und darüber hinweg auf die Stirn
übergehen, woſelbſt ſie in der Ruhe bis an den Rand des Schnabels reichen. Die eigentliche Zunge
beſteht aus zwei am Grunde verwachſenen Fäden, welche aber nicht an der Spitze geöffnet ſind, ſondern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/109>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.