Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.Die Späher. Schwirrvögel. in der Luft ist Kerbthierfang. Jch habe einen, welcher damit beschäftigt war, in großer Nähe beob-achten können; ich habe mit Bestimmtheit die kleinen Fliegen, welche er verfolgte, in der Luft unter- schieden und wiederholt das Schnappen seines Schnabels gehört." Mit aller Absicht habe ich die verschiedenen Angaben zusammengestellt, weil immer noch Eins aufzuklären bleibt. Daß nach dem Vorstehenden schwerlich Jemand noch versucht sein kann, an das Honigsaugen der Kolibris zu glauben, darf ich annehmen; dagegen scheint mir nachstehende Angabe und Annahme Burmeister's noch der Bestätigung zu bedürfen. Dieser Forscher behauptet nämlich mit aller Bestimmtheit, in seiner Reise- beschreibung ebensowohl, wie in seiner systematischen Uebersicht der Thiere Brasiliens, daß die Schwirr- vögel niemals Kerbthiere im Fluge fangen. Er bestätigt Bullock's Angabe bezüglich der Spinnen, stellt aber die übereinstimmenden Beobachtungen der angegebenen Naturforscher, welche er unzweifelhaft gekannt haben wird, entschieden in Abrede. "Jch habe gesehen", sagt er, "wie Kolibris kleine Fliegen aus freischwebenden Spinnennestern nahmen, indem sie vor denselben ebenso standen, wie vor den Blumen, und konnte deutlich bemerken, wie der ruckweise ab- und zufliegende Vogel eine Mücke nach der andern herausholte. Die Spinnen suchten ihn dabei nur selten zu stören, die meisten lassen es ruhig geschehen, weil, wenn sie unvorsichtig zu weit vorfahren, auch sie vom Kolibri weggeschnappt werden, namentlich die kleineren. Die Kerbthiernahrung ist somit bewiesen, und jetzt bezweifelt sie wohl Niemand mehr.... Nie aber fangen die Schwirrvögel ein Kerbthier im Fluge, und weil sie Das nicht können, sind sie genöthigt, die kleinen Thierchen aus den Blüthen zu holen. Auch Honig mag dabei an ihre Zunge kommen; aber er ist höchstens eine Zugabe, nicht das Ziel, nach dem sie ihre Zunge ausstrecken. Die poetische Benennung der Brasilianer Beija flores, Blumenküsser, deutet das Verhältniß also nicht ganz richtig; der Kolibri will mehr als bloses Küssen; er lebt wirklich nur durch die Blumen. Warum der kleine Vogel seine Beute nicht im Fluge fängt, wie es so viele andere Vögel thun, ist leicht zu erklären, wenn man den langen, dünnen Schnabel mit der engen Mundöffnung betrachtet und dagegen den kurzen Schnabel und das weite Maul der Schwalbe nimmt. Alle Vögel, welche Kerbthiere im Fluge fangen, haben kurze oder flache Schnäbel, eine weite Mundöffnung und lange Bartborsten am Mundwinkel. Ja, diese drei Eigenschaften stehen zur Größe ihrer Beute und der Sicherheit, womit sie danach schnappen, stets im geraden Verhältniß. Ein Vogel also, der gleich dem Kolibri von diesen drei Eigenschaften das Gegentheil besitzt, kann nicht Kerbthiere im Fluge fangen: er muß sitzende aufsuchen, sei es, daß er sie, gleich dem Spechte, aus den Fugen und Spalten der Stämme hervorklaubt oder, wie der Kolibri, im Kelche der Blumen erhascht. Zu beiden Geschäften gehört eine lange Zunge, welche bei dem Spechte durch fadenförmige Verlängerung der Zungenbeinhörner, beim Kolibri durch den gleichen Bau der Zunge selbst bewerkstelligt wird." Aus diesen Worten Burmeister's geht das Eine deutlich hervor, daß er die Schwirrvögel nicht beobachtet hat, während sie Kerbthiere im Fluge fingen, mehr aber auch nicht; denn wie so oft im Leben wird es auch hier heißen können "Grau, theurer Freund, ist alle Theorie, Wilson, Audubon und Gosse sind zu sorgfältige und glaubwürdige Beobachter, als daß Heimat und Oertlichkeit, die Verschiedenheit der Blumen, welche Nahrung gewähren und Die Späher. Schwirrvögel. in der Luft iſt Kerbthierfang. Jch habe einen, welcher damit beſchäftigt war, in großer Nähe beob-achten können; ich habe mit Beſtimmtheit die kleinen Fliegen, welche er verfolgte, in der Luft unter- ſchieden und wiederholt das Schnappen ſeines Schnabels gehört.“ Mit aller Abſicht habe ich die verſchiedenen Angaben zuſammengeſtellt, weil immer noch Eins aufzuklären bleibt. Daß nach dem Vorſtehenden ſchwerlich Jemand noch verſucht ſein kann, an das Honigſaugen der Kolibris zu glauben, darf ich annehmen; dagegen ſcheint mir nachſtehende Angabe und Annahme Burmeiſter’s noch der Beſtätigung zu bedürfen. Dieſer Forſcher behauptet nämlich mit aller Beſtimmtheit, in ſeiner Reiſe- beſchreibung ebenſowohl, wie in ſeiner ſyſtematiſchen Ueberſicht der Thiere Braſiliens, daß die Schwirr- vögel niemals Kerbthiere im Fluge fangen. Er beſtätigt Bullock’s Angabe bezüglich der Spinnen, ſtellt aber die übereinſtimmenden Beobachtungen der angegebenen Naturforſcher, welche er unzweifelhaft gekannt haben wird, entſchieden in Abrede. „Jch habe geſehen“, ſagt er, „wie Kolibris kleine Fliegen aus freiſchwebenden Spinnenneſtern nahmen, indem ſie vor denſelben ebenſo ſtanden, wie vor den Blumen, und konnte deutlich bemerken, wie der ruckweiſe ab- und zufliegende Vogel eine Mücke nach der andern herausholte. Die Spinnen ſuchten ihn dabei nur ſelten zu ſtören, die meiſten laſſen es ruhig geſchehen, weil, wenn ſie unvorſichtig zu weit vorfahren, auch ſie vom Kolibri weggeſchnappt werden, namentlich die kleineren. Die Kerbthiernahrung iſt ſomit bewieſen, und jetzt bezweifelt ſie wohl Niemand mehr.... Nie aber fangen die Schwirrvögel ein Kerbthier im Fluge, und weil ſie Das nicht können, ſind ſie genöthigt, die kleinen Thierchen aus den Blüthen zu holen. Auch Honig mag dabei an ihre Zunge kommen; aber er iſt höchſtens eine Zugabe, nicht das Ziel, nach dem ſie ihre Zunge ausſtrecken. Die poetiſche Benennung der Braſilianer Beija flores, Blumenküſſer, deutet das Verhältniß alſo nicht ganz richtig; der Kolibri will mehr als bloſes Küſſen; er lebt wirklich nur durch die Blumen. Warum der kleine Vogel ſeine Beute nicht im Fluge fängt, wie es ſo viele andere Vögel thun, iſt leicht zu erklären, wenn man den langen, dünnen Schnabel mit der engen Mundöffnung betrachtet und dagegen den kurzen Schnabel und das weite Maul der Schwalbe nimmt. Alle Vögel, welche Kerbthiere im Fluge fangen, haben kurze oder flache Schnäbel, eine weite Mundöffnung und lange Bartborſten am Mundwinkel. Ja, dieſe drei Eigenſchaften ſtehen zur Größe ihrer Beute und der Sicherheit, womit ſie danach ſchnappen, ſtets im geraden Verhältniß. Ein Vogel alſo, der gleich dem Kolibri von dieſen drei Eigenſchaften das Gegentheil beſitzt, kann nicht Kerbthiere im Fluge fangen: er muß ſitzende aufſuchen, ſei es, daß er ſie, gleich dem Spechte, aus den Fugen und Spalten der Stämme hervorklaubt oder, wie der Kolibri, im Kelche der Blumen erhaſcht. Zu beiden Geſchäften gehört eine lange Zunge, welche bei dem Spechte durch fadenförmige Verlängerung der Zungenbeinhörner, beim Kolibri durch den gleichen Bau der Zunge ſelbſt bewerkſtelligt wird.“ Aus dieſen Worten Burmeiſter’s geht das Eine deutlich hervor, daß er die Schwirrvögel nicht beobachtet hat, während ſie Kerbthiere im Fluge fingen, mehr aber auch nicht; denn wie ſo oft im Leben wird es auch hier heißen können „Grau, theurer Freund, iſt alle Theorie, Wilſon, Audubon und Goſſe ſind zu ſorgfältige und glaubwürdige Beobachter, als daß Heimat und Oertlichkeit, die Verſchiedenheit der Blumen, welche Nahrung gewähren und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0136" n="122"/><fw place="top" type="header">Die Späher. Schwirrvögel.</fw><lb/> in der Luft iſt Kerbthierfang. 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Die Späher. Schwirrvögel.
in der Luft iſt Kerbthierfang. Jch habe einen, welcher damit beſchäftigt war, in großer Nähe beob-
achten können; ich habe mit Beſtimmtheit die kleinen Fliegen, welche er verfolgte, in der Luft unter-
ſchieden und wiederholt das Schnappen ſeines Schnabels gehört.“ Mit aller Abſicht habe ich die
verſchiedenen Angaben zuſammengeſtellt, weil immer noch Eins aufzuklären bleibt. Daß nach dem
Vorſtehenden ſchwerlich Jemand noch verſucht ſein kann, an das Honigſaugen der Kolibris zu glauben,
darf ich annehmen; dagegen ſcheint mir nachſtehende Angabe und Annahme Burmeiſter’s noch der
Beſtätigung zu bedürfen. Dieſer Forſcher behauptet nämlich mit aller Beſtimmtheit, in ſeiner Reiſe-
beſchreibung ebenſowohl, wie in ſeiner ſyſtematiſchen Ueberſicht der Thiere Braſiliens, daß die Schwirr-
vögel niemals Kerbthiere im Fluge fangen. Er beſtätigt Bullock’s Angabe bezüglich der Spinnen,
ſtellt aber die übereinſtimmenden Beobachtungen der angegebenen Naturforſcher, welche er unzweifelhaft
gekannt haben wird, entſchieden in Abrede. „Jch habe geſehen“, ſagt er, „wie Kolibris kleine Fliegen
aus freiſchwebenden Spinnenneſtern nahmen, indem ſie vor denſelben ebenſo ſtanden, wie vor den
Blumen, und konnte deutlich bemerken, wie der ruckweiſe ab- und zufliegende Vogel eine Mücke nach
der andern herausholte. Die Spinnen ſuchten ihn dabei nur ſelten zu ſtören, die meiſten laſſen es
ruhig geſchehen, weil, wenn ſie unvorſichtig zu weit vorfahren, auch ſie vom Kolibri weggeſchnappt
werden, namentlich die kleineren. Die Kerbthiernahrung iſt ſomit bewieſen, und jetzt bezweifelt ſie
wohl Niemand mehr.... Nie aber fangen die Schwirrvögel ein Kerbthier im Fluge,
und weil ſie Das nicht können, ſind ſie genöthigt, die kleinen Thierchen aus den Blüthen zu holen.
Auch Honig mag dabei an ihre Zunge kommen; aber er iſt höchſtens eine Zugabe, nicht das Ziel,
nach dem ſie ihre Zunge ausſtrecken. Die poetiſche Benennung der Braſilianer Beija flores,
Blumenküſſer, deutet das Verhältniß alſo nicht ganz richtig; der Kolibri will mehr als bloſes
Küſſen; er lebt wirklich nur durch die Blumen. Warum der kleine Vogel ſeine Beute nicht im
Fluge fängt, wie es ſo viele andere Vögel thun, iſt leicht zu erklären, wenn man den langen, dünnen
Schnabel mit der engen Mundöffnung betrachtet und dagegen den kurzen Schnabel und das weite
Maul der Schwalbe nimmt. Alle Vögel, welche Kerbthiere im Fluge fangen, haben kurze oder
flache Schnäbel, eine weite Mundöffnung und lange Bartborſten am Mundwinkel. Ja, dieſe drei
Eigenſchaften ſtehen zur Größe ihrer Beute und der Sicherheit, womit ſie danach ſchnappen, ſtets im
geraden Verhältniß. Ein Vogel alſo, der gleich dem Kolibri von dieſen drei Eigenſchaften das
Gegentheil beſitzt, kann nicht Kerbthiere im Fluge fangen: er muß ſitzende aufſuchen, ſei es, daß er
ſie, gleich dem Spechte, aus den Fugen und Spalten der Stämme hervorklaubt oder, wie der Kolibri,
im Kelche der Blumen erhaſcht. Zu beiden Geſchäften gehört eine lange Zunge, welche bei dem
Spechte durch fadenförmige Verlängerung der Zungenbeinhörner, beim Kolibri durch den gleichen
Bau der Zunge ſelbſt bewerkſtelligt wird.“ Aus dieſen Worten Burmeiſter’s geht das Eine
deutlich hervor, daß er die Schwirrvögel nicht beobachtet hat, während ſie Kerbthiere im Fluge
fingen, mehr aber auch nicht; denn wie ſo oft im Leben wird es auch hier heißen können
„Grau, theurer Freund, iſt alle Theorie,
Doch grün des Lebens ewig junger Baum.“
Wilſon, Audubon und Goſſe ſind zu ſorgfältige und glaubwürdige Beobachter, als daß
wir ihren Angaben nicht unbedingt vertrauen dürften. —
Heimat und Oertlichkeit, die Verſchiedenheit der Blumen, welche Nahrung gewähren und
andere äußere Verhältniſſe üben alſo einen ſehr großen Einfluß aus auf die Lebensweiſe
der verſchiedenen Schwirrvögel; aber auch das Weſen der verſchiedenen Arten unterſcheidet ſich nicht
unerheblich. Faſt alle Kolibris ſind echte Tagvögel; doch gibt es mehrere, welche nur in den Früh-
oder Abendſtunden ihre Jagd betreiben, während des heißen Mittags aber im tiefen Schatten der
Bäume der Ruhe pflegen. So berichtet Waterton und nach ihm Schomburgk von dem Topas,
daß er blos während der kühleren Tageszeit thätig ſei, die Sonnenſtrahlen aber ängſtlich meide, und
ſo erzählt der Prinz von einem andern, daß er ihn hauptſächlich des Morgens geſehen habe, ſein
Gefieder trocknend. Der Zwergkolibri Jamaikas umſchwirrt wie eine Hummel die niederen
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