ruhig sitzen und wartet auf sein Zurückkommen. Jch habe nie gesehen, daß sich zwei Bienenfresser um eine Beute gestritten hätten, niemals beobachtet, daß unter ihnen Kampf aus irgend welcher Ursache entstanden wäre. Frieden und Verträglichkeit herrscht unter allen Umständen unter ihnen, ihr Verein mag so zahlreich sein, wie er sein kann.
Die Nahrung besteht ausschließlich in Kerbthieren, welche in der Regel im Fluge gefangen, aus- nahmsweise aber auch von leicht zugänglichen Blättern oder selbst vom Boden aufgenommen werden. Merkwürdig ist, daß die Bienenfresser giftstachliche Kerfe verzehren. Versuche, welche angestellt wurden, haben zur Genüge bewiesen, daß der Stich einer Biene oder Wespe den meisten Vögeln tödtlich ist, und Beobachtungen haben ergeben, daß fast alle Vögel, welche derartige Kerbthiere fangen, ihnen vor dem Verzehren den Giftstachel abbeißen: die Bienenfresser hingegen schlingen ohne jegliche Vorbereitung die gefährliche Beute hinab.
Alle Bienenfresser nisten gesellig und zwar in tiefen, wagrecht in steil abfallende Erdflächen gegrabenen Höhlen. Alle Arten lieben auch während ihres Brutgeschäfts die Gesellschaft Jhres- gleichen, und deshalb sind die Brutstellen fast ausnahmslos sehr zahlreich bewohnte Siedelungen. Der eigentliche Nestplatz ist ein backofenförmig erweiterter Raum am hinteren Ende des Ganges. Ein wirkliches Nest wird nicht erbaut; die vier bis sieben reinweißen Eier werden vielmehr auf den blosen Sand niedergelegt, und erst nach und nach sammelt sich von den abgebissenen Flügeln der Kerbthiere oder von den ausgespieenen Gewöllen eine Art von Unterlage, um so zu sagen, ein Sitz- polster für die Jungen, an.
Leider ist es nicht möglich, Bienenfresser in der Gefangenschaft zu erhalten. Selbst diejenigen, denen man die Nahrung einstopft, gehen bald zu Grunde. Wir sind nicht im Stande, ihnen umschlossene Wohnräume herzurichten und ihnen in denselben ein Futter zu bereiten, wie ihre Bedürf- nisse beides erfordern.
Jn Europa lebt eine Art der Familie, der Bienen- oder Jmmenfresser, Bienenfraß, Bienenfänger, Bienenvogel oder Bienenwolf, Heuvogel, Seeschwalm u. s. w. (Merops apiaster). Er gehört zu den größeren Arten seiner Familie. Die Länge beträgt 10, die Breite 17, die Fittiglänge 51/2, die Schwanzlänge 4 bis 41/4 Zoll. Das Gefieder ist auf der Stirn weiß, auf dem Vorderkopf grün, auf dem Hinterkopf, Hinterhals, Nacken und den Mittelflügeln kastanien- oder zimmt- braun, auf dem Rücken gelb mit grünlichem Schimmer. Ein Zügelstreifen, welcher sich bis zum Mittel- hals herabzieht, und die Einfassung der blaßgoldgelben Kehle sind schwarz. Die Unterseite und der Bürzel sind blau oder spangrün, die Schwingen grasgrün, ihre Außenkanten blau, ihre Spitzen schwärzlich, die Steuerfedern blaugrün, gelblich überlaufen, und die verlängerten Spitzen des mittleren Paares schwarz. Das Auge ist hochkarmin, der Schnabel schwarz, der Fuß röthlich.
Der Bienenfresser wird mit vollstem Recht zu den deutschen Vögeln gezählt, da er sich nicht blos wiederholt in Deutschland gezeigt, sondern auch schon hier gebrütet hat. Allerdings ist sein Vor- kommen kein regelmäßiges, aber doch auch nicht gerade ein seltenes, und namentlich in den südöstlichen Theilen Deutschlands wird der auffallende und leicht kenntliche Vogel sehr oft bemerkt. Von seinem Erscheinen in Gegenden, welche weit nördlich seines Verbreitungskreises liegen, haben wir wiederholt Kunde erhalten. Man hat ihn nicht blos in Mittel- und Norddeutschland, sondern auch in Dänemark, in Schweden, ja selbst in Finnland wabrgenommen. Zuweilen ist er in ziemlich zahlreichen Flügen erschienen, und dann hat er nicht verfehlt, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. So berichtet die Leipziger Chronik: "Seltzame Vögel. Anno 1517. Umb Philippi Jacobi sind seltzame Vögel, so unbekandt, umb Leipzig gesehen und gefangen worden, an der Grösse wie die Schwalben, mit langen Schnäbeln, der Obertheil am Kopff, Hals und Rücken, war dunckelbraun, die Flügel dunckel- blan, der Leib schwartz, die Kehle gelbe, hatten kurtze Füsse, und thäten denen Bienen und Fischen grossen Schaden."
Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer.
ruhig ſitzen und wartet auf ſein Zurückkommen. Jch habe nie geſehen, daß ſich zwei Bienenfreſſer um eine Beute geſtritten hätten, niemals beobachtet, daß unter ihnen Kampf aus irgend welcher Urſache entſtanden wäre. Frieden und Verträglichkeit herrſcht unter allen Umſtänden unter ihnen, ihr Verein mag ſo zahlreich ſein, wie er ſein kann.
Die Nahrung beſteht ausſchließlich in Kerbthieren, welche in der Regel im Fluge gefangen, aus- nahmsweiſe aber auch von leicht zugänglichen Blättern oder ſelbſt vom Boden aufgenommen werden. Merkwürdig iſt, daß die Bienenfreſſer giftſtachliche Kerfe verzehren. Verſuche, welche angeſtellt wurden, haben zur Genüge bewieſen, daß der Stich einer Biene oder Weſpe den meiſten Vögeln tödtlich iſt, und Beobachtungen haben ergeben, daß faſt alle Vögel, welche derartige Kerbthiere fangen, ihnen vor dem Verzehren den Giftſtachel abbeißen: die Bienenfreſſer hingegen ſchlingen ohne jegliche Vorbereitung die gefährliche Beute hinab.
Alle Bienenfreſſer niſten geſellig und zwar in tiefen, wagrecht in ſteil abfallende Erdflächen gegrabenen Höhlen. Alle Arten lieben auch während ihres Brutgeſchäfts die Geſellſchaft Jhres- gleichen, und deshalb ſind die Brutſtellen faſt ausnahmslos ſehr zahlreich bewohnte Siedelungen. Der eigentliche Neſtplatz iſt ein backofenförmig erweiterter Raum am hinteren Ende des Ganges. Ein wirkliches Neſt wird nicht erbaut; die vier bis ſieben reinweißen Eier werden vielmehr auf den bloſen Sand niedergelegt, und erſt nach und nach ſammelt ſich von den abgebiſſenen Flügeln der Kerbthiere oder von den ausgeſpieenen Gewöllen eine Art von Unterlage, um ſo zu ſagen, ein Sitz- polſter für die Jungen, an.
Leider iſt es nicht möglich, Bienenfreſſer in der Gefangenſchaft zu erhalten. Selbſt diejenigen, denen man die Nahrung einſtopft, gehen bald zu Grunde. Wir ſind nicht im Stande, ihnen umſchloſſene Wohnräume herzurichten und ihnen in denſelben ein Futter zu bereiten, wie ihre Bedürf- niſſe beides erfordern.
Jn Europa lebt eine Art der Familie, der Bienen- oder Jmmenfreſſer, Bienenfraß, Bienenfänger, Bienenvogel oder Bienenwolf, Heuvogel, Seeſchwalm u. ſ. w. (Merops apiaster). Er gehört zu den größeren Arten ſeiner Familie. Die Länge beträgt 10, die Breite 17, die Fittiglänge 5½, die Schwanzlänge 4 bis 4¼ Zoll. Das Gefieder iſt auf der Stirn weiß, auf dem Vorderkopf grün, auf dem Hinterkopf, Hinterhals, Nacken und den Mittelflügeln kaſtanien- oder zimmt- braun, auf dem Rücken gelb mit grünlichem Schimmer. Ein Zügelſtreifen, welcher ſich bis zum Mittel- hals herabzieht, und die Einfaſſung der blaßgoldgelben Kehle ſind ſchwarz. Die Unterſeite und der Bürzel ſind blau oder ſpangrün, die Schwingen grasgrün, ihre Außenkanten blau, ihre Spitzen ſchwärzlich, die Steuerfedern blaugrün, gelblich überlaufen, und die verlängerten Spitzen des mittleren Paares ſchwarz. Das Auge iſt hochkarmin, der Schnabel ſchwarz, der Fuß röthlich.
Der Bienenfreſſer wird mit vollſtem Recht zu den deutſchen Vögeln gezählt, da er ſich nicht blos wiederholt in Deutſchland gezeigt, ſondern auch ſchon hier gebrütet hat. Allerdings iſt ſein Vor- kommen kein regelmäßiges, aber doch auch nicht gerade ein ſeltenes, und namentlich in den ſüdöſtlichen Theilen Deutſchlands wird der auffallende und leicht kenntliche Vogel ſehr oft bemerkt. Von ſeinem Erſcheinen in Gegenden, welche weit nördlich ſeines Verbreitungskreiſes liegen, haben wir wiederholt Kunde erhalten. Man hat ihn nicht blos in Mittel- und Norddeutſchland, ſondern auch in Dänemark, in Schweden, ja ſelbſt in Finnland wabrgenommen. Zuweilen iſt er in ziemlich zahlreichen Flügen erſchienen, und dann hat er nicht verfehlt, die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich zu ziehen. So berichtet die Leipziger Chronik: „Seltzame Vögel. Anno 1517. Umb Philippi Jacobi ſind ſeltzame Vögel, ſo unbekandt, umb Leipzig geſehen und gefangen worden, an der Gröſſe wie die Schwalben, mit langen Schnäbeln, der Obertheil am Kopff, Hals und Rücken, war dunckelbraun, die Flügel dunckel- blan, der Leib ſchwartz, die Kehle gelbe, hatten kurtze Füſſe, und thäten denen Bienen und Fiſchen groſſen Schaden.“
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[138/0152]
Die Späher. Leichtſchnäbler. Bienenfreſſer.
ruhig ſitzen und wartet auf ſein Zurückkommen. Jch habe nie geſehen, daß ſich zwei Bienenfreſſer
um eine Beute geſtritten hätten, niemals beobachtet, daß unter ihnen Kampf aus irgend welcher
Urſache entſtanden wäre. Frieden und Verträglichkeit herrſcht unter allen Umſtänden unter ihnen,
ihr Verein mag ſo zahlreich ſein, wie er ſein kann.
Die Nahrung beſteht ausſchließlich in Kerbthieren, welche in der Regel im Fluge gefangen, aus-
nahmsweiſe aber auch von leicht zugänglichen Blättern oder ſelbſt vom Boden aufgenommen werden.
Merkwürdig iſt, daß die Bienenfreſſer giftſtachliche Kerfe verzehren. Verſuche, welche angeſtellt wurden,
haben zur Genüge bewieſen, daß der Stich einer Biene oder Weſpe den meiſten Vögeln tödtlich iſt,
und Beobachtungen haben ergeben, daß faſt alle Vögel, welche derartige Kerbthiere fangen, ihnen vor
dem Verzehren den Giftſtachel abbeißen: die Bienenfreſſer hingegen ſchlingen ohne jegliche Vorbereitung
die gefährliche Beute hinab.
Alle Bienenfreſſer niſten geſellig und zwar in tiefen, wagrecht in ſteil abfallende Erdflächen
gegrabenen Höhlen. Alle Arten lieben auch während ihres Brutgeſchäfts die Geſellſchaft Jhres-
gleichen, und deshalb ſind die Brutſtellen faſt ausnahmslos ſehr zahlreich bewohnte Siedelungen.
Der eigentliche Neſtplatz iſt ein backofenförmig erweiterter Raum am hinteren Ende des Ganges.
Ein wirkliches Neſt wird nicht erbaut; die vier bis ſieben reinweißen Eier werden vielmehr auf
den bloſen Sand niedergelegt, und erſt nach und nach ſammelt ſich von den abgebiſſenen Flügeln der
Kerbthiere oder von den ausgeſpieenen Gewöllen eine Art von Unterlage, um ſo zu ſagen, ein Sitz-
polſter für die Jungen, an.
Leider iſt es nicht möglich, Bienenfreſſer in der Gefangenſchaft zu erhalten. Selbſt diejenigen,
denen man die Nahrung einſtopft, gehen bald zu Grunde. Wir ſind nicht im Stande, ihnen
umſchloſſene Wohnräume herzurichten und ihnen in denſelben ein Futter zu bereiten, wie ihre Bedürf-
niſſe beides erfordern.
Jn Europa lebt eine Art der Familie, der Bienen- oder Jmmenfreſſer, Bienenfraß,
Bienenfänger, Bienenvogel oder Bienenwolf, Heuvogel, Seeſchwalm u. ſ. w. (Merops
apiaster). Er gehört zu den größeren Arten ſeiner Familie. Die Länge beträgt 10, die Breite 17,
die Fittiglänge 5½, die Schwanzlänge 4 bis 4¼ Zoll. Das Gefieder iſt auf der Stirn weiß, auf dem
Vorderkopf grün, auf dem Hinterkopf, Hinterhals, Nacken und den Mittelflügeln kaſtanien- oder zimmt-
braun, auf dem Rücken gelb mit grünlichem Schimmer. Ein Zügelſtreifen, welcher ſich bis zum Mittel-
hals herabzieht, und die Einfaſſung der blaßgoldgelben Kehle ſind ſchwarz. Die Unterſeite und der
Bürzel ſind blau oder ſpangrün, die Schwingen grasgrün, ihre Außenkanten blau, ihre Spitzen
ſchwärzlich, die Steuerfedern blaugrün, gelblich überlaufen, und die verlängerten Spitzen des
mittleren Paares ſchwarz. Das Auge iſt hochkarmin, der Schnabel ſchwarz, der Fuß röthlich.
Der Bienenfreſſer wird mit vollſtem Recht zu den deutſchen Vögeln gezählt, da er ſich nicht blos
wiederholt in Deutſchland gezeigt, ſondern auch ſchon hier gebrütet hat. Allerdings iſt ſein Vor-
kommen kein regelmäßiges, aber doch auch nicht gerade ein ſeltenes, und namentlich in den ſüdöſtlichen
Theilen Deutſchlands wird der auffallende und leicht kenntliche Vogel ſehr oft bemerkt. Von ſeinem
Erſcheinen in Gegenden, welche weit nördlich ſeines Verbreitungskreiſes liegen, haben wir wiederholt
Kunde erhalten. Man hat ihn nicht blos in Mittel- und Norddeutſchland, ſondern auch in Dänemark,
in Schweden, ja ſelbſt in Finnland wabrgenommen. Zuweilen iſt er in ziemlich zahlreichen Flügen
erſchienen, und dann hat er nicht verfehlt, die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich zu ziehen. So
berichtet die Leipziger Chronik: „Seltzame Vögel. Anno 1517. Umb Philippi Jacobi ſind ſeltzame
Vögel, ſo unbekandt, umb Leipzig geſehen und gefangen worden, an der Gröſſe wie die Schwalben, mit
langen Schnäbeln, der Obertheil am Kopff, Hals und Rücken, war dunckelbraun, die Flügel dunckel-
blan, der Leib ſchwartz, die Kehle gelbe, hatten kurtze Füſſe, und thäten denen Bienen und Fiſchen
groſſen Schaden.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/152>, abgerufen am 21.11.2024.
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