Die Fersenkukuke sind über ganz Amerika verbreitet, besonders aber im Süden des Erdtheils zu Hause. Sie vertreten im Westen die Kukuke des Ostens, mit de- nen sie in ihrem Wesen manche Aehnlichkeit haben, halten sich in den Wäldern oder Baum- pflanzungen auf, sind schen, der Einsamkeit zugethan, leben meist in den dichtesten Theilen der Gebüsche, schlüpfen hier geschickt durch das Gezweig und kommen gelegentlich wohl auch auf den Boden herab. Jhre Nahrung besteht in Kerbthieren und Früchten, vorzugsweise aber in den haarigen Raupen gewisser Schmetterlinge. Nebenbei plün- dern sie die Nester kleinerer Vögel und schlucken wenigstens deren Eier hinab und können hierdurch lästig werden. Dafür aber vernichten sie wiederum keine Bruten durch das Unter- schieben ihrer Eier; denn sie brüten in der Regel selbst und
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Der Kokil oder Ban-Kokil(Zan- clostomus tristls) 1/2 der nat. Größe.
legen, wie es scheint, nur ausnahmsweise, vielleicht im größ- ten Nothfall blos, eins ihrer Eier fremden Vögeln unter.
Durch Wilson, Audubon, Nuttall und andere Forscher ist uns eine Art der Familie, der Regenkukuk (Coccygus americanus) bekannt geworden. Die Sippe, welche der Vogel vertritt, kennzeichnet sich durch kopflangen, schwachen, zusammengedrückten, leicht gebogenen, spitzen Schnabel, kurze Füße, lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längste ist, und einen langen, abgestusten, aus zehn schmalen, zuge- rundeten Federn bestehenden Schwanz. Das Gefieder der Oberseite, einschließlich der Flügeldeck- und mittelsten Schwanz- federn, ist lichtgraubraun, das der Unterseite graulichweiß; die ersten Schwingen sind an der Jnnenfahne bräunlichorangegelb gesäumt, die Schwanzfedern mit Ausnahme der mittelsten schwarz, weiß an der Spitze und die äußersten auch weiß an der Außenfahne. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel oben bräunlichschwarz, der Unter- schnabel gelb, der Fuß blaugrau. Die Länge beträgt 121/2, die Breite 16, die Fittiglänge 51/2, die Schwanzlänge 63/4 Zoll.
"Ein Fremder", sagt Wilson, "welcher die Vereinigten Staaten besucht und im Mai und Juni durch unsere Wälder geht, vernimmt zuweilen tiefe Kehllaute, welche den Silben "Kau kau" ungefähr ähneln, langsam beginnen, aber schneller werden und so rasch endigen, daß die Laute in
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Kokil Regenkukuk.
Die Ferſenkukuke ſind über ganz Amerika verbreitet, beſonders aber im Süden des Erdtheils zu Hauſe. Sie vertreten im Weſten die Kukuke des Oſtens, mit de- nen ſie in ihrem Weſen manche Aehnlichkeit haben, halten ſich in den Wäldern oder Baum- pflanzungen auf, ſind ſchen, der Einſamkeit zugethan, leben meiſt in den dichteſten Theilen der Gebüſche, ſchlüpfen hier geſchickt durch das Gezweig und kommen gelegentlich wohl auch auf den Boden herab. Jhre Nahrung beſteht in Kerbthieren und Früchten, vorzugsweiſe aber in den haarigen Raupen gewiſſer Schmetterlinge. Nebenbei plün- dern ſie die Neſter kleinerer Vögel und ſchlucken wenigſtens deren Eier hinab und können hierdurch läſtig werden. Dafür aber vernichten ſie wiederum keine Bruten durch das Unter- ſchieben ihrer Eier; denn ſie brüten in der Regel ſelbſt und
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Der Kokil oder Ban-Kokil(Zan- clostomus tristls) ½ der nat. Größe.
legen, wie es ſcheint, nur ausnahmsweiſe, vielleicht im größ- ten Nothfall blos, eins ihrer Eier fremden Vögeln unter.
Durch Wilſon, Audubon, Nuttall und andere Forſcher iſt uns eine Art der Familie, der Regenkukuk (Coccygus americanus) bekannt geworden. Die Sippe, welche der Vogel vertritt, kennzeichnet ſich durch kopflangen, ſchwachen, zuſammengedrückten, leicht gebogenen, ſpitzen Schnabel, kurze Füße, lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte iſt, und einen langen, abgeſtuſten, aus zehn ſchmalen, zuge- rundeten Federn beſtehenden Schwanz. Das Gefieder der Oberſeite, einſchließlich der Flügeldeck- und mittelſten Schwanz- federn, iſt lichtgraubraun, das der Unterſeite graulichweiß; die erſten Schwingen ſind an der Jnnenfahne bräunlichorangegelb geſäumt, die Schwanzfedern mit Ausnahme der mittelſten ſchwarz, weiß an der Spitze und die äußerſten auch weiß an der Außenfahne. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel oben bräunlichſchwarz, der Unter- ſchnabel gelb, der Fuß blaugrau. Die Länge beträgt 12½, die Breite 16, die Fittiglänge 5½, die Schwanzlänge 6¾ Zoll.
„Ein Fremder“, ſagt Wilſon, „welcher die Vereinigten Staaten beſucht und im Mai und Juni durch unſere Wälder geht, vernimmt zuweilen tiefe Kehllaute, welche den Silben „Kau kau“ ungefähr ähneln, langſam beginnen, aber ſchneller werden und ſo raſch endigen, daß die Laute in
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Kokil Regenkukuk.
Die Ferſenkukuke ſind über ganz Amerika verbreitet, beſonders aber im Süden des Erdtheils zu
Hauſe. Sie vertreten im Weſten
die Kukuke des Oſtens, mit de-
nen ſie in ihrem Weſen manche
Aehnlichkeit haben, halten ſich
in den Wäldern oder Baum-
pflanzungen auf, ſind ſchen, der
Einſamkeit zugethan, leben meiſt
in den dichteſten Theilen der
Gebüſche, ſchlüpfen hier geſchickt
durch das Gezweig und kommen
gelegentlich wohl auch auf den
Boden herab. Jhre Nahrung
beſteht in Kerbthieren und
Früchten, vorzugsweiſe aber in
den haarigen Raupen gewiſſer
Schmetterlinge. Nebenbei plün-
dern ſie die Neſter kleinerer
Vögel und ſchlucken wenigſtens
deren Eier hinab und können
hierdurch läſtig werden. Dafür
aber vernichten ſie wiederum
keine Bruten durch das Unter-
ſchieben ihrer Eier; denn ſie
brüten in der Regel ſelbſt und
[Abbildung Der Kokil oder Ban-Kokil (Zan-
clostomus tristls) ½ der nat. Größe.]
legen, wie es ſcheint, nur ausnahmsweiſe, vielleicht im größ-
ten Nothfall blos, eins ihrer Eier fremden Vögeln unter.
Durch Wilſon, Audubon, Nuttall und andere
Forſcher iſt uns eine Art der Familie, der Regenkukuk
(Coccygus americanus) bekannt geworden. Die Sippe, welche
der Vogel vertritt, kennzeichnet ſich durch kopflangen, ſchwachen,
zuſammengedrückten, leicht gebogenen, ſpitzen Schnabel, kurze
Füße, lange Flügel, in denen die dritte Schwinge die längſte
iſt, und einen langen, abgeſtuſten, aus zehn ſchmalen, zuge-
rundeten Federn beſtehenden Schwanz. Das Gefieder der
Oberſeite, einſchließlich der Flügeldeck- und mittelſten Schwanz-
federn, iſt lichtgraubraun, das der Unterſeite graulichweiß; die
erſten Schwingen ſind an der Jnnenfahne bräunlichorangegelb
geſäumt, die Schwanzfedern mit Ausnahme der mittelſten
ſchwarz, weiß an der Spitze und die äußerſten auch weiß an
der Außenfahne. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel oben bräunlichſchwarz, der Unter-
ſchnabel gelb, der Fuß blaugrau. Die Länge beträgt 12½, die Breite 16, die Fittiglänge 5½,
die Schwanzlänge 6¾ Zoll.
„Ein Fremder“, ſagt Wilſon, „welcher die Vereinigten Staaten beſucht und im Mai und
Juni durch unſere Wälder geht, vernimmt zuweilen tiefe Kehllaute, welche den Silben „Kau kau“
ungefähr ähneln, langſam beginnen, aber ſchneller werden und ſo raſch endigen, daß die Laute in
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/233>, abgerufen am 21.11.2024.
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