förmig als bei den Spechten, aber nicht so kegelig und kurz wie bei den Meisen. Die Nasenlöcher stehen nahe an der Stirn, sind rundlich und zum Theil durch kurze, aufliegende, vorwärts gerichtete Barthaare bedeckt. Der Fuß ist kurzläufig und sehr langzehig; seine Sohle durch viele Ballen aus- gezeichnet. Die innere und mittlere Zehe sind durch ein kurzes Häutchen verbunden, die erste und mittlere bis zum ersten Gelenk zusammengewachsen. Die Nägel sind groß, im Halbkreise gekrümmt und sehr spitzig. Der Flügel ist breit und etwas stumpf; seine Schwingen, unter denen die dritte und vierte die längsten, sind weich und biegsam. Der Schwanz ist kurz und breit, zum Unter- stützen beim Klettern ganz untauglich: er besteht aus zwölf schwachen, biegsamen, an der Spitze abgerundeten Federn. Jm Gefieder herrscht auf der Oberseite eine blaugraue, auf der Unterseite eine braunröthliche Färbung vor. Die Geschlechter unterscheiden sich kaum, die Jungen nur wenig von den Alten.
Den innern Bau des Leibes hat Nitzsch untersucht. Er sagt, daß die Spechtmeisen im wesentlichen den Singvögeln, nicht aber den Spechten ähneln, da sie die Singmuskeln und alle mit dieser Anordnung verbundenen Verhältnisse zeigen. Die Wirbelsäule besteht aus zwölf Hals-, acht Rippen- und sieben Schwanzwirbeln. Die Hinterglieder zeigen auch im Geripp ihre bedeutende Entwickelung. Luftführend sind nur die Hirnschale und die Oberarmknochen. Die Zunge reicht in ihrer gewöhnlichen Lage bis zur halben Schnabellänge hervor, läßt sich jedoch über die Schnabelspitze vorstrecken. Sie ist lang, aber nicht wurmartig, breit, niedrig, oben gefurcht, vorn stumpf gespalten und in mehrere Fasern zerrissen. Der Vormagen ist kurz, der Magen fleischig.
Die Spechtmeisen sind Weltbürger, fehlen aber, so weit bis jetzt bekannt, in Mittel- und Südafrika und in Südamerika. Es sind vorzugsweise, aber nicht ausschließlich Waldungen, welche die Mit- glieder dieser Familie beherbergen. Die große Mehrzahl klettert an den Bäumen auf und nieder, einige aber laufen mit dem Mauerläufer um die Wette, an den steilsten Felsenwänden empor. Vielleicht sagt man nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die Spechtmeisen die vollendetsten aller Klettervögel seien; soviel ist gewiß, daß sie den Spechten in dieser Fertigkeit nicht nur nicht im geringsten nachstehen, sondern sie in einer Hinsicht noch übertreffen: sie verstehen nämlich die schwere Kunst, an senkrechten Flächen von oben nach unten herabzuklettern, was außer ihnen kein anderer Vogel vermag. "Jhre Fertigkeit im Klettern", sagt mein Vater, "habe ich oft umsomehr bewundert, als sie aus der Einrichtung ihrer Füße und ihres Schwanzes nicht hervorzugehen scheint. Die Gestalt der Spechte kann als die Grundgestalt der Klettervögel betrachtet werden. Jhre starken, kurzen, mit gepaarten Zehen und großen, scharf gekrümmten Nägeln versehenen Füße, ihr keilförmiger, aus harten, zurückschnellenden Federn bestehender Schwanz, ihr meist schlanker, niedriger Körper setzen sie in den Stand, mit der größten Schnelligkeit und Sicherheit an den Bäumen hinauf zu hüpfen. Die ganze Einrichtung ist so zweckentsprechend, daß man meint, es könnte an derselben Nichts verändert werden, ohne daß ein leichtes Klettern unmöglich würde. Bei den Kleibern aber ist Vieles anders. Jhre Füße sind länger, von den Zehen sind drei vorwärts gerichtet; ihr Leib ist kurz und der Schwanz hat so schwache und biegsame Federn, daß er beim Klettern durchaus keine Stütze abgeben kann. Und doch klettert der Kleiber nicht nur ebenso geschickt, wie die Spechte an den Bäumen hinauf, sondern sogar an ihnen herab und hängt sich oft mit niederwärts gerichtetem Kopf so fest an den Stamm an, daß er in dieser Stellung eine Buchen- oder Haselnuß aufhacken kann. Dies ermöglicht einzig und allein die Gestalt der Zehen und Nägel. Die Zehen nämlich sind ungleich länger, als bei den Spechten und bedecken also eine viel größere Fläche: die Spitzen des Nagels, der Mittel- und Hinterzehe liegen bei ausgespreizten Zehen fast so weit auseinander, als der Leib lang ist, haben sehr große, im Halbkreis gekrümmte, nadelspitze Nägel und unten mehrere Ballen. Vermöge dieser Einrichtung können sie beim Klettern einen verhältnißmäßig großen Umfang umklammern, welcher natürlich mehr Unebenheiten und also mehr Anhaltspunkte darbietet. Auch die Warzen an der Sohle befördern offenbar das feste Anhalten, und die Verbindung der Zehenwurzeln hindert das zu weite Auseinandergehen der Zehen und verstärkt also ihre Kraft. Da nun die Einrichtung der
Die Späher. Klettervögel. Spechtmeiſen.
förmig als bei den Spechten, aber nicht ſo kegelig und kurz wie bei den Meiſen. Die Naſenlöcher ſtehen nahe an der Stirn, ſind rundlich und zum Theil durch kurze, aufliegende, vorwärts gerichtete Barthaare bedeckt. Der Fuß iſt kurzläufig und ſehr langzehig; ſeine Sohle durch viele Ballen aus- gezeichnet. Die innere und mittlere Zehe ſind durch ein kurzes Häutchen verbunden, die erſte und mittlere bis zum erſten Gelenk zuſammengewachſen. Die Nägel ſind groß, im Halbkreiſe gekrümmt und ſehr ſpitzig. Der Flügel iſt breit und etwas ſtumpf; ſeine Schwingen, unter denen die dritte und vierte die längſten, ſind weich und biegſam. Der Schwanz iſt kurz und breit, zum Unter- ſtützen beim Klettern ganz untauglich: er beſteht aus zwölf ſchwachen, biegſamen, an der Spitze abgerundeten Federn. Jm Gefieder herrſcht auf der Oberſeite eine blaugraue, auf der Unterſeite eine braunröthliche Färbung vor. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich kaum, die Jungen nur wenig von den Alten.
Den innern Bau des Leibes hat Nitzſch unterſucht. Er ſagt, daß die Spechtmeiſen im weſentlichen den Singvögeln, nicht aber den Spechten ähneln, da ſie die Singmuskeln und alle mit dieſer Anordnung verbundenen Verhältniſſe zeigen. Die Wirbelſäule beſteht aus zwölf Hals-, acht Rippen- und ſieben Schwanzwirbeln. Die Hinterglieder zeigen auch im Geripp ihre bedeutende Entwickelung. Luftführend ſind nur die Hirnſchale und die Oberarmknochen. Die Zunge reicht in ihrer gewöhnlichen Lage bis zur halben Schnabellänge hervor, läßt ſich jedoch über die Schnabelſpitze vorſtrecken. Sie iſt lang, aber nicht wurmartig, breit, niedrig, oben gefurcht, vorn ſtumpf geſpalten und in mehrere Faſern zerriſſen. Der Vormagen iſt kurz, der Magen fleiſchig.
Die Spechtmeiſen ſind Weltbürger, fehlen aber, ſo weit bis jetzt bekannt, in Mittel- und Südafrika und in Südamerika. Es ſind vorzugsweiſe, aber nicht ausſchließlich Waldungen, welche die Mit- glieder dieſer Familie beherbergen. Die große Mehrzahl klettert an den Bäumen auf und nieder, einige aber laufen mit dem Mauerläufer um die Wette, an den ſteilſten Felſenwänden empor. Vielleicht ſagt man nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die Spechtmeiſen die vollendetſten aller Klettervögel ſeien; ſoviel iſt gewiß, daß ſie den Spechten in dieſer Fertigkeit nicht nur nicht im geringſten nachſtehen, ſondern ſie in einer Hinſicht noch übertreffen: ſie verſtehen nämlich die ſchwere Kunſt, an ſenkrechten Flächen von oben nach unten herabzuklettern, was außer ihnen kein anderer Vogel vermag. „Jhre Fertigkeit im Klettern“, ſagt mein Vater, „habe ich oft umſomehr bewundert, als ſie aus der Einrichtung ihrer Füße und ihres Schwanzes nicht hervorzugehen ſcheint. Die Geſtalt der Spechte kann als die Grundgeſtalt der Klettervögel betrachtet werden. Jhre ſtarken, kurzen, mit gepaarten Zehen und großen, ſcharf gekrümmten Nägeln verſehenen Füße, ihr keilförmiger, aus harten, zurückſchnellenden Federn beſtehender Schwanz, ihr meiſt ſchlanker, niedriger Körper ſetzen ſie in den Stand, mit der größten Schnelligkeit und Sicherheit an den Bäumen hinauf zu hüpfen. Die ganze Einrichtung iſt ſo zweckentſprechend, daß man meint, es könnte an derſelben Nichts verändert werden, ohne daß ein leichtes Klettern unmöglich würde. Bei den Kleibern aber iſt Vieles anders. Jhre Füße ſind länger, von den Zehen ſind drei vorwärts gerichtet; ihr Leib iſt kurz und der Schwanz hat ſo ſchwache und biegſame Federn, daß er beim Klettern durchaus keine Stütze abgeben kann. Und doch klettert der Kleiber nicht nur ebenſo geſchickt, wie die Spechte an den Bäumen hinauf, ſondern ſogar an ihnen herab und hängt ſich oft mit niederwärts gerichtetem Kopf ſo feſt an den Stamm an, daß er in dieſer Stellung eine Buchen- oder Haſelnuß aufhacken kann. Dies ermöglicht einzig und allein die Geſtalt der Zehen und Nägel. Die Zehen nämlich ſind ungleich länger, als bei den Spechten und bedecken alſo eine viel größere Fläche: die Spitzen des Nagels, der Mittel- und Hinterzehe liegen bei ausgeſpreizten Zehen faſt ſo weit auseinander, als der Leib lang iſt, haben ſehr große, im Halbkreis gekrümmte, nadelſpitze Nägel und unten mehrere Ballen. Vermöge dieſer Einrichtung können ſie beim Klettern einen verhältnißmäßig großen Umfang umklammern, welcher natürlich mehr Unebenheiten und alſo mehr Anhaltspunkte darbietet. Auch die Warzen an der Sohle befördern offenbar das feſte Anhalten, und die Verbindung der Zehenwurzeln hindert das zu weite Auseinandergehen der Zehen und verſtärkt alſo ihre Kraft. Da nun die Einrichtung der
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Die Späher. Klettervögel. Spechtmeiſen.
förmig als bei den Spechten, aber nicht ſo kegelig und kurz wie bei den Meiſen. Die Naſenlöcher
ſtehen nahe an der Stirn, ſind rundlich und zum Theil durch kurze, aufliegende, vorwärts gerichtete
Barthaare bedeckt. Der Fuß iſt kurzläufig und ſehr langzehig; ſeine Sohle durch viele Ballen aus-
gezeichnet. Die innere und mittlere Zehe ſind durch ein kurzes Häutchen verbunden, die erſte und
mittlere bis zum erſten Gelenk zuſammengewachſen. Die Nägel ſind groß, im Halbkreiſe gekrümmt
und ſehr ſpitzig. Der Flügel iſt breit und etwas ſtumpf; ſeine Schwingen, unter denen die
dritte und vierte die längſten, ſind weich und biegſam. Der Schwanz iſt kurz und breit, zum Unter-
ſtützen beim Klettern ganz untauglich: er beſteht aus zwölf ſchwachen, biegſamen, an der Spitze
abgerundeten Federn. Jm Gefieder herrſcht auf der Oberſeite eine blaugraue, auf der Unterſeite
eine braunröthliche Färbung vor. Die Geſchlechter unterſcheiden ſich kaum, die Jungen nur wenig
von den Alten.
Den innern Bau des Leibes hat Nitzſch unterſucht. Er ſagt, daß die Spechtmeiſen im
weſentlichen den Singvögeln, nicht aber den Spechten ähneln, da ſie die Singmuskeln und alle mit
dieſer Anordnung verbundenen Verhältniſſe zeigen. Die Wirbelſäule beſteht aus zwölf Hals-, acht
Rippen- und ſieben Schwanzwirbeln. Die Hinterglieder zeigen auch im Geripp ihre bedeutende
Entwickelung. Luftführend ſind nur die Hirnſchale und die Oberarmknochen. Die Zunge reicht in
ihrer gewöhnlichen Lage bis zur halben Schnabellänge hervor, läßt ſich jedoch über die Schnabelſpitze
vorſtrecken. Sie iſt lang, aber nicht wurmartig, breit, niedrig, oben gefurcht, vorn ſtumpf geſpalten
und in mehrere Faſern zerriſſen. Der Vormagen iſt kurz, der Magen fleiſchig.
Die Spechtmeiſen ſind Weltbürger, fehlen aber, ſo weit bis jetzt bekannt, in Mittel- und Südafrika
und in Südamerika. Es ſind vorzugsweiſe, aber nicht ausſchließlich Waldungen, welche die Mit-
glieder dieſer Familie beherbergen. Die große Mehrzahl klettert an den Bäumen auf und nieder,
einige aber laufen mit dem Mauerläufer um die Wette, an den ſteilſten Felſenwänden empor.
Vielleicht ſagt man nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die Spechtmeiſen die vollendetſten aller
Klettervögel ſeien; ſoviel iſt gewiß, daß ſie den Spechten in dieſer Fertigkeit nicht nur nicht im
geringſten nachſtehen, ſondern ſie in einer Hinſicht noch übertreffen: ſie verſtehen nämlich die ſchwere
Kunſt, an ſenkrechten Flächen von oben nach unten herabzuklettern, was außer ihnen kein anderer
Vogel vermag. „Jhre Fertigkeit im Klettern“, ſagt mein Vater, „habe ich oft umſomehr bewundert,
als ſie aus der Einrichtung ihrer Füße und ihres Schwanzes nicht hervorzugehen ſcheint. Die
Geſtalt der Spechte kann als die Grundgeſtalt der Klettervögel betrachtet werden. Jhre ſtarken,
kurzen, mit gepaarten Zehen und großen, ſcharf gekrümmten Nägeln verſehenen Füße, ihr keilförmiger,
aus harten, zurückſchnellenden Federn beſtehender Schwanz, ihr meiſt ſchlanker, niedriger Körper ſetzen
ſie in den Stand, mit der größten Schnelligkeit und Sicherheit an den Bäumen hinauf zu hüpfen.
Die ganze Einrichtung iſt ſo zweckentſprechend, daß man meint, es könnte an derſelben Nichts
verändert werden, ohne daß ein leichtes Klettern unmöglich würde. Bei den Kleibern aber iſt Vieles
anders. Jhre Füße ſind länger, von den Zehen ſind drei vorwärts gerichtet; ihr Leib iſt kurz und der
Schwanz hat ſo ſchwache und biegſame Federn, daß er beim Klettern durchaus keine Stütze abgeben
kann. Und doch klettert der Kleiber nicht nur ebenſo geſchickt, wie die Spechte an den Bäumen
hinauf, ſondern ſogar an ihnen herab und hängt ſich oft mit niederwärts gerichtetem Kopf ſo feſt an
den Stamm an, daß er in dieſer Stellung eine Buchen- oder Haſelnuß aufhacken kann. Dies
ermöglicht einzig und allein die Geſtalt der Zehen und Nägel. Die Zehen nämlich ſind ungleich
länger, als bei den Spechten und bedecken alſo eine viel größere Fläche: die Spitzen des Nagels, der
Mittel- und Hinterzehe liegen bei ausgeſpreizten Zehen faſt ſo weit auseinander, als der Leib lang iſt,
haben ſehr große, im Halbkreis gekrümmte, nadelſpitze Nägel und unten mehrere Ballen. Vermöge
dieſer Einrichtung können ſie beim Klettern einen verhältnißmäßig großen Umfang umklammern,
welcher natürlich mehr Unebenheiten und alſo mehr Anhaltspunkte darbietet. Auch die Warzen an
der Sohle befördern offenbar das feſte Anhalten, und die Verbindung der Zehenwurzeln hindert das
zu weite Auseinandergehen der Zehen und verſtärkt alſo ihre Kraft. Da nun die Einrichtung der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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