namentlich der Rücken- und Bürzelfedern, breit, glatt und gewölbt, gegen das Ende der Feder plötzlich verdünnt, unten mit einer tiefen Rinne versehen. Die kurzen, runden Flügel reichen nur bis auf den Unterrücken; ihre stark abgestutzten Handschwingen, unter denen die vierte oder fünfte die längsten, sind schmal und spitz; der Schwanz besteht aus zehn bis zwölf kurzen und schmalen Federn, welche unter dem langen Deckgefieder gänzlich verschwinden, kann aber auch so verkümmern, daß alle Steuerfedern fehlen. Beide Geschlechter tragen dasselbe Kleid, unterscheiden sich überhaupt äußerlich nicht.
Die Steißhühner verbreiten sich über einen großen Theil Südamerikas und bewohnen die ver- schiedensten Oertlichkeiten, einige Arten stets offene Gegenden, andere nur das Dickicht der Wälder, diese die Ebene, jene das Gebirge: einzelne kommen nur in Höhen von mehr als zwölftausend Fuß über dem Meere vor. Sie sind an den Boden gebunden, fliegen selten, laufen vielmehr eilig im Gebüsche oder im hohen Grase nach Art unserer Wachtel fort, thun Dies aber stets mit etwas ein- geknickten Hacken und mehr oder minder ausgestrecktem Halse, sodaß sie schon durch diese Stellung kenntlich werden, drücken sich in der Angst platt auf den Boden nieder oder verbergen sich in einem Grasbusche, und blos diejenigen Arten, welche im Walde groß wurden, suchen hier nachts auf den untern starken Aesten Schutz. Leibliche und geistige Begabungen sind gering. Sie laufen ungemein schnell, fliegen aber schwerfällig, und eben deshalb ungern, verlieren bei Gefahr geradezu die Besinnung, scheinen überhaupt äußerst beschränkt zu sein. Jhre Stimme besteht aus mehreren auf einander folgenden höheren oder tieferen Pfiffen, welche zuweilen in einem regelmäßigen Tonfall auf einander folgen, und sich überhaupt so von den Stimmlauten anderer Vögel unterscheiden, daß die Aufmerksamkeit des Fremden wie des Eingebornen sofort durch sie erregt wird. Einige Arten schreien namentlich bei Einbruch der Nacht, besonders nachdem sie eben auf dem bestimmten Ruheplatze angekommen sind, und ebenso am Morgen, bevor sie denselben verlassen; andere vernimmt man auch im Laufe des Tages. Sämereien, Früchte, Blattspitzen und Kerbthiere bilden die Nahrung, und ihre Aufsuchung beschäftigt unsere Hühner während des ganzen Tages. Gewisse Samen verleihen dem sonst ausgezeichneten Wildpret zuweilen, wenigstens an einzelnen Stellen, einen unangenehmen bittern Geschmack, während Dies nicht bemerkt wird, wenn sie andere Früchte genießen. Manche sollen in der Frucht des Kaffeebaumes, einiger Palmen und dergleichen ihr hauptsächlichstes Futter finden. Ueber die ehelichen Verhältnisse ist man noch nicht bei allen Arten im Reinen; die meisten scheinen jedoch paarweise zu leben. Alle brüten auf dem Boden, scharren sich zu ihrem Neste eine seichte Mulde aus und legen eine ziemliche Anzahl eintöniger, aber schön gefärbter, prachtvoll glänzender Eier. Die Jungen werden eine Zeitlang geführt, verlassen aber, nach Art unserer Wachteln, bald die Mutter, zerstreuen sich und gehen dann ihre eigenen Wege.
Als Jagdgeflügel vertreten die Steißhühner in Südamerika die Stelle unserer Feldhühner, werden auch geradezu "Rebhuhn" oder "Wachtel" genannt. Alt und Jung verfolgen sie, und alle Raubthiere, die laufenden wie die fliegenden, wetteifern hierin mit dem Menschen; selbst der Jaguar verschmäht es nicht, auf sie Jagd zu machen; ja, sogar einige Kerbthiere, beispielsweise die Ameisen, welche in dichten Haufen umherziehen, werden den Jungen gefährlich. Die Armen haben wenig Mittel, sich den sie bedrohenden Verfolgungen zu entziehen. Jhr schwerfälliger Flug hindert die Flucht, und ihr geringer Verstand läßt sie in den meisten Fällen gänzlich im Stiche. So kommt es, daß sie auch dem ungeschickten Jäger leicht zur Beute werden. Man gebraucht das Feuergewehr, stellt Fallen, jagt sie zu Pferde, mit der Wurfschlinge oder setzt Hunde auf ihre Spur. Tschudi erzählt, daß die Jndianer ihre Hunde zu solchen Jagden vortrefflich abgerichtet haben. Wenn ein Steißhuhn aufgespürt wird, fliegt es fort, setzt sich aber bald wieder zu Boden; der Hund jagt es zum zweiten Male auf; beim dritten Male springt er zu und beißt es todt. Mittels gut abge- richteter europäischer Hunde kann man diese Vögel nur schwer fangen; denn wenn jene sie auch stellen, so können die Jäger sie des hohen Grases wegen doch nicht sehen. Die indianischen Hunde hingegen, welche nur darauf ausgehen, die Steißhühner zu tödten, erreichen sie fast immer beim dritten
Die Läufer. Scharrvögel. Steißhühner.
namentlich der Rücken- und Bürzelfedern, breit, glatt und gewölbt, gegen das Ende der Feder plötzlich verdünnt, unten mit einer tiefen Rinne verſehen. Die kurzen, runden Flügel reichen nur bis auf den Unterrücken; ihre ſtark abgeſtutzten Handſchwingen, unter denen die vierte oder fünfte die längſten, ſind ſchmal und ſpitz; der Schwanz beſteht aus zehn bis zwölf kurzen und ſchmalen Federn, welche unter dem langen Deckgefieder gänzlich verſchwinden, kann aber auch ſo verkümmern, daß alle Steuerfedern fehlen. Beide Geſchlechter tragen daſſelbe Kleid, unterſcheiden ſich überhaupt äußerlich nicht.
Die Steißhühner verbreiten ſich über einen großen Theil Südamerikas und bewohnen die ver- ſchiedenſten Oertlichkeiten, einige Arten ſtets offene Gegenden, andere nur das Dickicht der Wälder, dieſe die Ebene, jene das Gebirge: einzelne kommen nur in Höhen von mehr als zwölftauſend Fuß über dem Meere vor. Sie ſind an den Boden gebunden, fliegen ſelten, laufen vielmehr eilig im Gebüſche oder im hohen Graſe nach Art unſerer Wachtel fort, thun Dies aber ſtets mit etwas ein- geknickten Hacken und mehr oder minder ausgeſtrecktem Halſe, ſodaß ſie ſchon durch dieſe Stellung kenntlich werden, drücken ſich in der Angſt platt auf den Boden nieder oder verbergen ſich in einem Grasbuſche, und blos diejenigen Arten, welche im Walde groß wurden, ſuchen hier nachts auf den untern ſtarken Aeſten Schutz. Leibliche und geiſtige Begabungen ſind gering. Sie laufen ungemein ſchnell, fliegen aber ſchwerfällig, und eben deshalb ungern, verlieren bei Gefahr geradezu die Beſinnung, ſcheinen überhaupt äußerſt beſchränkt zu ſein. Jhre Stimme beſteht aus mehreren auf einander folgenden höheren oder tieferen Pfiffen, welche zuweilen in einem regelmäßigen Tonfall auf einander folgen, und ſich überhaupt ſo von den Stimmlauten anderer Vögel unterſcheiden, daß die Aufmerkſamkeit des Fremden wie des Eingebornen ſofort durch ſie erregt wird. Einige Arten ſchreien namentlich bei Einbruch der Nacht, beſonders nachdem ſie eben auf dem beſtimmten Ruheplatze angekommen ſind, und ebenſo am Morgen, bevor ſie denſelben verlaſſen; andere vernimmt man auch im Laufe des Tages. Sämereien, Früchte, Blattſpitzen und Kerbthiere bilden die Nahrung, und ihre Aufſuchung beſchäftigt unſere Hühner während des ganzen Tages. Gewiſſe Samen verleihen dem ſonſt ausgezeichneten Wildpret zuweilen, wenigſtens an einzelnen Stellen, einen unangenehmen bittern Geſchmack, während Dies nicht bemerkt wird, wenn ſie andere Früchte genießen. Manche ſollen in der Frucht des Kaffeebaumes, einiger Palmen und dergleichen ihr hauptſächlichſtes Futter finden. Ueber die ehelichen Verhältniſſe iſt man noch nicht bei allen Arten im Reinen; die meiſten ſcheinen jedoch paarweiſe zu leben. Alle brüten auf dem Boden, ſcharren ſich zu ihrem Neſte eine ſeichte Mulde aus und legen eine ziemliche Anzahl eintöniger, aber ſchön gefärbter, prachtvoll glänzender Eier. Die Jungen werden eine Zeitlang geführt, verlaſſen aber, nach Art unſerer Wachteln, bald die Mutter, zerſtreuen ſich und gehen dann ihre eigenen Wege.
Als Jagdgeflügel vertreten die Steißhühner in Südamerika die Stelle unſerer Feldhühner, werden auch geradezu „Rebhuhn“ oder „Wachtel“ genannt. Alt und Jung verfolgen ſie, und alle Raubthiere, die laufenden wie die fliegenden, wetteifern hierin mit dem Menſchen; ſelbſt der Jaguar verſchmäht es nicht, auf ſie Jagd zu machen; ja, ſogar einige Kerbthiere, beiſpielsweiſe die Ameiſen, welche in dichten Haufen umherziehen, werden den Jungen gefährlich. Die Armen haben wenig Mittel, ſich den ſie bedrohenden Verfolgungen zu entziehen. Jhr ſchwerfälliger Flug hindert die Flucht, und ihr geringer Verſtand läßt ſie in den meiſten Fällen gänzlich im Stiche. So kommt es, daß ſie auch dem ungeſchickten Jäger leicht zur Beute werden. Man gebraucht das Feuergewehr, ſtellt Fallen, jagt ſie zu Pferde, mit der Wurfſchlinge oder ſetzt Hunde auf ihre Spur. Tſchudi erzählt, daß die Jndianer ihre Hunde zu ſolchen Jagden vortrefflich abgerichtet haben. Wenn ein Steißhuhn aufgeſpürt wird, fliegt es fort, ſetzt ſich aber bald wieder zu Boden; der Hund jagt es zum zweiten Male auf; beim dritten Male ſpringt er zu und beißt es todt. Mittels gut abge- richteter europäiſcher Hunde kann man dieſe Vögel nur ſchwer fangen; denn wenn jene ſie auch ſtellen, ſo können die Jäger ſie des hohen Graſes wegen doch nicht ſehen. Die indianiſchen Hunde hingegen, welche nur darauf ausgehen, die Steißhühner zu tödten, erreichen ſie faſt immer beim dritten
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[516/0546]
Die Läufer. Scharrvögel. Steißhühner.
namentlich der Rücken- und Bürzelfedern, breit, glatt und gewölbt, gegen das Ende der Feder
plötzlich verdünnt, unten mit einer tiefen Rinne verſehen. Die kurzen, runden Flügel reichen nur
bis auf den Unterrücken; ihre ſtark abgeſtutzten Handſchwingen, unter denen die vierte oder fünfte
die längſten, ſind ſchmal und ſpitz; der Schwanz beſteht aus zehn bis zwölf kurzen und ſchmalen
Federn, welche unter dem langen Deckgefieder gänzlich verſchwinden, kann aber auch ſo verkümmern,
daß alle Steuerfedern fehlen. Beide Geſchlechter tragen daſſelbe Kleid, unterſcheiden ſich überhaupt
äußerlich nicht.
Die Steißhühner verbreiten ſich über einen großen Theil Südamerikas und bewohnen die ver-
ſchiedenſten Oertlichkeiten, einige Arten ſtets offene Gegenden, andere nur das Dickicht der Wälder,
dieſe die Ebene, jene das Gebirge: einzelne kommen nur in Höhen von mehr als zwölftauſend Fuß
über dem Meere vor. Sie ſind an den Boden gebunden, fliegen ſelten, laufen vielmehr eilig im
Gebüſche oder im hohen Graſe nach Art unſerer Wachtel fort, thun Dies aber ſtets mit etwas ein-
geknickten Hacken und mehr oder minder ausgeſtrecktem Halſe, ſodaß ſie ſchon durch dieſe Stellung
kenntlich werden, drücken ſich in der Angſt platt auf den Boden nieder oder verbergen ſich in einem
Grasbuſche, und blos diejenigen Arten, welche im Walde groß wurden, ſuchen hier nachts auf den
untern ſtarken Aeſten Schutz. Leibliche und geiſtige Begabungen ſind gering. Sie laufen ungemein
ſchnell, fliegen aber ſchwerfällig, und eben deshalb ungern, verlieren bei Gefahr geradezu die
Beſinnung, ſcheinen überhaupt äußerſt beſchränkt zu ſein. Jhre Stimme beſteht aus mehreren auf
einander folgenden höheren oder tieferen Pfiffen, welche zuweilen in einem regelmäßigen Tonfall
auf einander folgen, und ſich überhaupt ſo von den Stimmlauten anderer Vögel unterſcheiden, daß die
Aufmerkſamkeit des Fremden wie des Eingebornen ſofort durch ſie erregt wird. Einige Arten
ſchreien namentlich bei Einbruch der Nacht, beſonders nachdem ſie eben auf dem beſtimmten Ruheplatze
angekommen ſind, und ebenſo am Morgen, bevor ſie denſelben verlaſſen; andere vernimmt man auch
im Laufe des Tages. Sämereien, Früchte, Blattſpitzen und Kerbthiere bilden die Nahrung, und
ihre Aufſuchung beſchäftigt unſere Hühner während des ganzen Tages. Gewiſſe Samen verleihen
dem ſonſt ausgezeichneten Wildpret zuweilen, wenigſtens an einzelnen Stellen, einen unangenehmen
bittern Geſchmack, während Dies nicht bemerkt wird, wenn ſie andere Früchte genießen. Manche
ſollen in der Frucht des Kaffeebaumes, einiger Palmen und dergleichen ihr hauptſächlichſtes Futter
finden. Ueber die ehelichen Verhältniſſe iſt man noch nicht bei allen Arten im Reinen; die meiſten
ſcheinen jedoch paarweiſe zu leben. Alle brüten auf dem Boden, ſcharren ſich zu ihrem Neſte eine
ſeichte Mulde aus und legen eine ziemliche Anzahl eintöniger, aber ſchön gefärbter, prachtvoll glänzender
Eier. Die Jungen werden eine Zeitlang geführt, verlaſſen aber, nach Art unſerer Wachteln, bald
die Mutter, zerſtreuen ſich und gehen dann ihre eigenen Wege.
Als Jagdgeflügel vertreten die Steißhühner in Südamerika die Stelle unſerer Feldhühner,
werden auch geradezu „Rebhuhn“ oder „Wachtel“ genannt. Alt und Jung verfolgen ſie, und
alle Raubthiere, die laufenden wie die fliegenden, wetteifern hierin mit dem Menſchen; ſelbſt der
Jaguar verſchmäht es nicht, auf ſie Jagd zu machen; ja, ſogar einige Kerbthiere, beiſpielsweiſe die
Ameiſen, welche in dichten Haufen umherziehen, werden den Jungen gefährlich. Die Armen haben
wenig Mittel, ſich den ſie bedrohenden Verfolgungen zu entziehen. Jhr ſchwerfälliger Flug hindert
die Flucht, und ihr geringer Verſtand läßt ſie in den meiſten Fällen gänzlich im Stiche. So kommt
es, daß ſie auch dem ungeſchickten Jäger leicht zur Beute werden. Man gebraucht das Feuergewehr,
ſtellt Fallen, jagt ſie zu Pferde, mit der Wurfſchlinge oder ſetzt Hunde auf ihre Spur. Tſchudi
erzählt, daß die Jndianer ihre Hunde zu ſolchen Jagden vortrefflich abgerichtet haben. Wenn ein
Steißhuhn aufgeſpürt wird, fliegt es fort, ſetzt ſich aber bald wieder zu Boden; der Hund jagt es
zum zweiten Male auf; beim dritten Male ſpringt er zu und beißt es todt. Mittels gut abge-
richteter europäiſcher Hunde kann man dieſe Vögel nur ſchwer fangen; denn wenn jene ſie auch ſtellen,
ſo können die Jäger ſie des hohen Graſes wegen doch nicht ſehen. Die indianiſchen Hunde hingegen,
welche nur darauf ausgehen, die Steißhühner zu tödten, erreichen ſie faſt immer beim dritten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/546>, abgerufen am 22.11.2024.
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