sollte, ihm aber schließlich doch einen Namen gab, und es "flügellosen Vogel Neuhollands" nannte. Der Balg gelangte später in die Sammlung des Grafen Derby und galt viele Jahre lang als der einzige seiner Art. Erst im Jahre 1833 wurde er von Yarrell beschrieben und unge- achtet seiner in vielen Stücken abweichenden Gestalt den Kurzflüglern beigezählt. Später gelangten Bälge anderer sehr ähnlicher Arten nach Europa, und gegenwärtig wissen wir, daß unsere Vögel hier und da in den Waldungen der unzugänglicheren Gebirgsgegenden noch heutigen Tages häufig sind, freilich aber mit dem Vordringen des Menschen rasch verschwinden.
Die Schnepfenstrauße, wie ich die in Rede stehenden Vögel im Deutschen nenne (Ap- teryges), sind die Zwerge innerhalb ihrer Ordnung. Sie haben äußerlich wenig Aehnlichkeit mit andern Kurzflüglern, und namentlich der lange, dünne Schnabel fällt auf; die Zergliederung aber hat gelehrt, daß sie von jenen nicht getrennt werden dürfen. Jhr Leib ist verhältnißmäßig gedrungen, der Hals kurz, aber dick, der Kopf nicht besonders groß, der Schnabel, oberflächlich betrachtet, dem eines Jbis ähnlicher als dem eines Straußes, der Fuß verhältnißmäßig kurz und vierzehig, der Flügel so verkümmert, daß er eigentlich nur im Geripp sichtbar wird, da sich im Gefieder blos kurze Stummel auffinden lassen, welche einige unvollkommene, aber starke Kiele tragen; der Schwanz fehlt gänzlich. Das Gefieder besteht aus langen, lanzetförmigen, lose herabhängenden Federn, welche aber nicht zu zwei aus einer Wurzel entspringen, vom Halse abwärts an Länge zunehmen und etwas zerfaserte Fahnen und seidenartigen Glanz haben. Schnabel und Füße sind unzweifelhaft diejenigen Glieder, welche am meisten auffallen müssen. Der erstere mag, oberflächlich betrachtet, mit dem eines Jbis verglichen werden, unterscheidet sich aber von diesem, und jedem anderen Vogelschnabel über- haupt, durch die Stellung der Nasenlöcher. Am hinteren Ende nämlich liegt eine Wachshaut und von dieser aus verlaufen Furchen bis gegen die Spitze hin, vor welcher die Nasenlöcher münden. Die Beine sind sehr stark und kurz, die vordern Zehen lang und stark, mit kräftigen Grabekrallen bewehrt, während die hintere, dickere und kürzere, welche fast senkrecht gestellt ist und beim Auftreten den Boden nicht berührt, eine noch stärkere Kralle trägt und eher dem Sporen eines Haushahnes als einer Zehe gleicht; harte, netzförmige Schilder bekleiden die Läufe, Schuppen die Mitte der seitlichen, mit schmalen Häuten besäumten Zehen. Der Bau des Scheitels erinnert an den gleichen Körpertheil der Stelzvögel, während das Geripp im übrigen dem der Strauße ähnelt. Wie hier fehlen die Schlüsselbeine, sind die Halswirbel sehr zahlreich, die Rückenwirbel zu einem festen Körper verwachsen und die Flügelknochen so verkümmert, daß der Oberarm blos anderthalb Zoll, der Unterarm nur einen Zoll, die ganze Hand kaum sieben Linien mißt, von denen auf das einzige krumm- und krallenartige Fingerglied noch die Hälfte kommt.
Der erste Schnepfenstrauß, welcher nach Europa kam und den Namen Apteryx australis erhielt, wird gegenwärtig als zweifelhafte Art betrachtet. Jener Balg, welchen Barclay mitbrachte, war angeblich in den Waldungen der Dusky-Bai, an der Südwestküste der Südinsel erlegt worden; ein zweites Stück, welches von derselben Oertlichkeit herstammen soll, kam ans britische Museum; andere scheinen nicht bekannt geworden zu sein, denn fast alle diejenigen Stücke, welche man gegen- wärtig in den Sammlungen sieht, stammen von der Nordinsel und gehören einer zweiten Art der Familie (Apteryx Mantelli) an, für welche ich den Namen der Eingebornen, Kiwi, beibehalten will. Dieser Schnepfenstrauß unterscheidet sich nach Bartlett von jenen schon dadurch, daß er etwas kleiner ist, hat aber auch verhältnißmäßig längere Läufe, kürzere Zehen und Krallen und zeichnet sich am Kopfe durch lange, borstige Haare, sowie endlich durch eine dunklere und mehr röthlichere Färbung aus. Auf der Südinsel hat man eine dritte Art gefunden, welche Gould zu Ehren des berühmten Zergliederers Apteryx Owenii nannte; es soll jedoch auf demselben Eilande noch eine andere, viel größere Art vorkommen, welche die Eingebornen nicht Kiwi, sondern Roaroa benamsen. Von Hochstetter, welchem ich auch Vorstehendes theilweise entnommen habe, sagt, daß der Kiwi in den unbewohnten, waldreichen Gegenden der Nordinsel heute noch lebt, in den bewohnten
Die Läufer. Kurzflügler. Schnepfenſtrauße.
ſollte, ihm aber ſchließlich doch einen Namen gab, und es „flügelloſen Vogel Neuhollands“ nannte. Der Balg gelangte ſpäter in die Sammlung des Grafen Derby und galt viele Jahre lang als der einzige ſeiner Art. Erſt im Jahre 1833 wurde er von Yarrell beſchrieben und unge- achtet ſeiner in vielen Stücken abweichenden Geſtalt den Kurzflüglern beigezählt. Später gelangten Bälge anderer ſehr ähnlicher Arten nach Europa, und gegenwärtig wiſſen wir, daß unſere Vögel hier und da in den Waldungen der unzugänglicheren Gebirgsgegenden noch heutigen Tages häufig ſind, freilich aber mit dem Vordringen des Menſchen raſch verſchwinden.
Die Schnepfenſtrauße, wie ich die in Rede ſtehenden Vögel im Deutſchen nenne (Ap- teryges), ſind die Zwerge innerhalb ihrer Ordnung. Sie haben äußerlich wenig Aehnlichkeit mit andern Kurzflüglern, und namentlich der lange, dünne Schnabel fällt auf; die Zergliederung aber hat gelehrt, daß ſie von jenen nicht getrennt werden dürfen. Jhr Leib iſt verhältnißmäßig gedrungen, der Hals kurz, aber dick, der Kopf nicht beſonders groß, der Schnabel, oberflächlich betrachtet, dem eines Jbis ähnlicher als dem eines Straußes, der Fuß verhältnißmäßig kurz und vierzehig, der Flügel ſo verkümmert, daß er eigentlich nur im Geripp ſichtbar wird, da ſich im Gefieder blos kurze Stummel auffinden laſſen, welche einige unvollkommene, aber ſtarke Kiele tragen; der Schwanz fehlt gänzlich. Das Gefieder beſteht aus langen, lanzetförmigen, loſe herabhängenden Federn, welche aber nicht zu zwei aus einer Wurzel entſpringen, vom Halſe abwärts an Länge zunehmen und etwas zerfaſerte Fahnen und ſeidenartigen Glanz haben. Schnabel und Füße ſind unzweifelhaft diejenigen Glieder, welche am meiſten auffallen müſſen. Der erſtere mag, oberflächlich betrachtet, mit dem eines Jbis verglichen werden, unterſcheidet ſich aber von dieſem, und jedem anderen Vogelſchnabel über- haupt, durch die Stellung der Naſenlöcher. Am hinteren Ende nämlich liegt eine Wachshaut und von dieſer aus verlaufen Furchen bis gegen die Spitze hin, vor welcher die Naſenlöcher münden. Die Beine ſind ſehr ſtark und kurz, die vordern Zehen lang und ſtark, mit kräftigen Grabekrallen bewehrt, während die hintere, dickere und kürzere, welche faſt ſenkrecht geſtellt iſt und beim Auftreten den Boden nicht berührt, eine noch ſtärkere Kralle trägt und eher dem Sporen eines Haushahnes als einer Zehe gleicht; harte, netzförmige Schilder bekleiden die Läufe, Schuppen die Mitte der ſeitlichen, mit ſchmalen Häuten beſäumten Zehen. Der Bau des Scheitels erinnert an den gleichen Körpertheil der Stelzvögel, während das Geripp im übrigen dem der Strauße ähnelt. Wie hier fehlen die Schlüſſelbeine, ſind die Halswirbel ſehr zahlreich, die Rückenwirbel zu einem feſten Körper verwachſen und die Flügelknochen ſo verkümmert, daß der Oberarm blos anderthalb Zoll, der Unterarm nur einen Zoll, die ganze Hand kaum ſieben Linien mißt, von denen auf das einzige krumm- und krallenartige Fingerglied noch die Hälfte kommt.
Der erſte Schnepfenſtrauß, welcher nach Europa kam und den Namen Apteryx australis erhielt, wird gegenwärtig als zweifelhafte Art betrachtet. Jener Balg, welchen Barclay mitbrachte, war angeblich in den Waldungen der Dusky-Bai, an der Südweſtküſte der Südinſel erlegt worden; ein zweites Stück, welches von derſelben Oertlichkeit herſtammen ſoll, kam ans britiſche Muſeum; andere ſcheinen nicht bekannt geworden zu ſein, denn faſt alle diejenigen Stücke, welche man gegen- wärtig in den Sammlungen ſieht, ſtammen von der Nordinſel und gehören einer zweiten Art der Familie (Apteryx Mantelli) an, für welche ich den Namen der Eingebornen, Kiwi, beibehalten will. Dieſer Schnepfenſtrauß unterſcheidet ſich nach Bartlett von jenen ſchon dadurch, daß er etwas kleiner iſt, hat aber auch verhältnißmäßig längere Läufe, kürzere Zehen und Krallen und zeichnet ſich am Kopfe durch lange, borſtige Haare, ſowie endlich durch eine dunklere und mehr röthlichere Färbung aus. Auf der Südinſel hat man eine dritte Art gefunden, welche Gould zu Ehren des berühmten Zergliederers Apteryx Owenii nannte; es ſoll jedoch auf demſelben Eilande noch eine andere, viel größere Art vorkommen, welche die Eingebornen nicht Kiwi, ſondern Roaroa benamſen. Von Hochſtetter, welchem ich auch Vorſtehendes theilweiſe entnommen habe, ſagt, daß der Kiwi in den unbewohnten, waldreichen Gegenden der Nordinſel heute noch lebt, in den bewohnten
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Die Läufer. Kurzflügler. Schnepfenſtrauße.
ſollte, ihm aber ſchließlich doch einen Namen gab, und es „flügelloſen Vogel Neuhollands“
nannte. Der Balg gelangte ſpäter in die Sammlung des Grafen Derby und galt viele Jahre
lang als der einzige ſeiner Art. Erſt im Jahre 1833 wurde er von Yarrell beſchrieben und unge-
achtet ſeiner in vielen Stücken abweichenden Geſtalt den Kurzflüglern beigezählt. Später gelangten
Bälge anderer ſehr ähnlicher Arten nach Europa, und gegenwärtig wiſſen wir, daß unſere Vögel hier
und da in den Waldungen der unzugänglicheren Gebirgsgegenden noch heutigen Tages häufig ſind,
freilich aber mit dem Vordringen des Menſchen raſch verſchwinden.
Die Schnepfenſtrauße, wie ich die in Rede ſtehenden Vögel im Deutſchen nenne (Ap-
teryges), ſind die Zwerge innerhalb ihrer Ordnung. Sie haben äußerlich wenig Aehnlichkeit mit
andern Kurzflüglern, und namentlich der lange, dünne Schnabel fällt auf; die Zergliederung aber hat
gelehrt, daß ſie von jenen nicht getrennt werden dürfen. Jhr Leib iſt verhältnißmäßig gedrungen,
der Hals kurz, aber dick, der Kopf nicht beſonders groß, der Schnabel, oberflächlich betrachtet, dem
eines Jbis ähnlicher als dem eines Straußes, der Fuß verhältnißmäßig kurz und vierzehig, der
Flügel ſo verkümmert, daß er eigentlich nur im Geripp ſichtbar wird, da ſich im Gefieder blos kurze
Stummel auffinden laſſen, welche einige unvollkommene, aber ſtarke Kiele tragen; der Schwanz fehlt
gänzlich. Das Gefieder beſteht aus langen, lanzetförmigen, loſe herabhängenden Federn, welche
aber nicht zu zwei aus einer Wurzel entſpringen, vom Halſe abwärts an Länge zunehmen und etwas
zerfaſerte Fahnen und ſeidenartigen Glanz haben. Schnabel und Füße ſind unzweifelhaft diejenigen
Glieder, welche am meiſten auffallen müſſen. Der erſtere mag, oberflächlich betrachtet, mit dem eines
Jbis verglichen werden, unterſcheidet ſich aber von dieſem, und jedem anderen Vogelſchnabel über-
haupt, durch die Stellung der Naſenlöcher. Am hinteren Ende nämlich liegt eine Wachshaut und
von dieſer aus verlaufen Furchen bis gegen die Spitze hin, vor welcher die Naſenlöcher münden. Die
Beine ſind ſehr ſtark und kurz, die vordern Zehen lang und ſtark, mit kräftigen Grabekrallen bewehrt,
während die hintere, dickere und kürzere, welche faſt ſenkrecht geſtellt iſt und beim Auftreten den
Boden nicht berührt, eine noch ſtärkere Kralle trägt und eher dem Sporen eines Haushahnes als einer
Zehe gleicht; harte, netzförmige Schilder bekleiden die Läufe, Schuppen die Mitte der ſeitlichen, mit
ſchmalen Häuten beſäumten Zehen. Der Bau des Scheitels erinnert an den gleichen Körpertheil der
Stelzvögel, während das Geripp im übrigen dem der Strauße ähnelt. Wie hier fehlen die
Schlüſſelbeine, ſind die Halswirbel ſehr zahlreich, die Rückenwirbel zu einem feſten Körper verwachſen
und die Flügelknochen ſo verkümmert, daß der Oberarm blos anderthalb Zoll, der Unterarm nur
einen Zoll, die ganze Hand kaum ſieben Linien mißt, von denen auf das einzige krumm- und
krallenartige Fingerglied noch die Hälfte kommt.
Der erſte Schnepfenſtrauß, welcher nach Europa kam und den Namen Apteryx australis
erhielt, wird gegenwärtig als zweifelhafte Art betrachtet. Jener Balg, welchen Barclay mitbrachte,
war angeblich in den Waldungen der Dusky-Bai, an der Südweſtküſte der Südinſel erlegt worden;
ein zweites Stück, welches von derſelben Oertlichkeit herſtammen ſoll, kam ans britiſche Muſeum;
andere ſcheinen nicht bekannt geworden zu ſein, denn faſt alle diejenigen Stücke, welche man gegen-
wärtig in den Sammlungen ſieht, ſtammen von der Nordinſel und gehören einer zweiten Art der
Familie (Apteryx Mantelli) an, für welche ich den Namen der Eingebornen, Kiwi, beibehalten will.
Dieſer Schnepfenſtrauß unterſcheidet ſich nach Bartlett von jenen ſchon dadurch, daß er etwas
kleiner iſt, hat aber auch verhältnißmäßig längere Läufe, kürzere Zehen und Krallen und zeichnet
ſich am Kopfe durch lange, borſtige Haare, ſowie endlich durch eine dunklere und mehr röthlichere
Färbung aus. Auf der Südinſel hat man eine dritte Art gefunden, welche Gould zu Ehren des
berühmten Zergliederers Apteryx Owenii nannte; es ſoll jedoch auf demſelben Eilande noch eine
andere, viel größere Art vorkommen, welche die Eingebornen nicht Kiwi, ſondern Roaroa benamſen.
Von Hochſtetter, welchem ich auch Vorſtehendes theilweiſe entnommen habe, ſagt, daß der Kiwi
in den unbewohnten, waldreichen Gegenden der Nordinſel heute noch lebt, in den bewohnten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/584>, abgerufen am 22.11.2024.
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