geworden, aber doch noch nicht vollständig ausgebildet, weil sein Bart noch bei weitem nicht die ihm eigne Länge erreicht hat. Er kennt seinen Pfleger genau, folgt seinem Rufe jederzeit, kommt aus Gitter heran, sobald dieser sich zeigt, mag es aber nicht leiden, wenn man sein Gehege betritt, stellt sich dann kühn dem Menschen entgegen, erhebt seinen Schwanz, lüftet die Flügel etwas, stößt das oben erwähnte "Psäärr" aus und sucht durch wohlgezielte Schnabelhiebe zu schrecken. Mit einem Auerhahne, welcher dasselbe Gehege bewohnt, lebt er in guter Freundschaft; wenn aber der Auerhahn während der Balzzeit seinen Muth an ihm versuchen will, weist er ihn ernstlich zurück, und dann kommt es zuweilen zu einem belustigenden Zweikampfe. Auch mit einem wüthenden Kasuar, seinem Nachbar, versucht er manchmal anzubinden; Dies aber geschieht stets mit großer Vorsicht, weil er die Stärke und Bosheit eines solchen Gegners kennt. Zur Fortpflanzung hat man übrigens, soviel mir bekannt, gefangene Trappen noch nicht gebracht, und wahrscheinlich wird Dies auch blos dann gelingen, wenn man in ähnlicher Weise verfährt, wie bei den Straußen geschildert. Die Gesellschaft für Einbürgerung fremder Thiere in Frankreich hat einen Preis ausgesetzt für das Gelingen solcher Zucht: möglicherweife trägt er dazu bei, zu ferneren Versuchen zu ermuntern.
Der Trappe gehört zur hohen Jagd, nicht blos seiner Größe und Schönheit, sondern auch der Schwierigkeit halber, mit welcher die Jagd verknüpft ist. Es gibt der Jagdarten viele; der Trappe aber weiß sie fast alle zu vereiteln. Sein grenzenloses Mißtrauen läßt sich selten täuschen: er unter- scheidet den Jäger von andern Menschen auch dann noch, wenn er in Weiberkleidern einhergeht, flieht ebenso ängstlich vor dem Reiter wie vor dem Fußgänger. Jn früheren Zeiten bediente man sich zu seiner Jagd der sogenannten Karrenbüchse, einer wahren Höllenmaschine, welche aus neun zusammen verbundenen Büchsenrohren bestand und gleichzeitig neun Kugeln entsenden, aber ihrer Schwere halber nur von einem Wagen aus gehandhabt werden konnte. Später erfand man den Trappenwagen, d. h. setzte einen gewöhnlichen Bauerwagen rundum mit Strohgarben aus, verbarg sich dazwischen, ließ durch einen in seiner gewöhnlichen Tracht gekleideten Ackerknecht den Wagen auf die weidenden Trappenherden zufahren, in entsprechender Nähe einen Augenblick halten und feuerte nun so rasch als möglich auf die stärksten Hähne. Dennoch gelang es keineswegs immer, das scheue Wild zu hintergehen. Jn der russischen Steppe hetzt man die Trappen, den übereinstimmendeu Berichten der Reisenden zu Folge, nicht selten mit Windhunden, in Asien baizt man sie mit Edel- falken oder gezähmten Steinadlern. Auch wartet man ein nebliges Frostwetter ab und reitet dann auf frischen Pferden in die Steppe hinaus, um Trappen zu jagen. Solches Wetter überzieht nämlich deren Flügel mit einer Eiskruste und hindert unsere Vögel, sie zu gebrauchen. Bei sehr strenger Kälte sollen die Trappen, laut Külz, zuweilen haufenweise die Wohnungen der einsam hausenden Tataren aufsuchen und hier ohne Mühe ergriffen werden. Fallen und Schlingen, welche man hier und da stellt, führen selten zum Zweck: kurz, der Mensch scheint keineswegs der gefährlichste Feind dieses scheuen Geflügels zu sein; denn mehr noch schaden ihm alle die vierfüßigen und geflügelten Räuber, welche im Stande sind, einen alten Trappen zu bewältigen, oder die unbehilflichen Jungen vor den Augen der Eltern wegzunehmen.
Jm Süden unsers Erdtheils tritt zu dem Großtrappen ein kleiner, niedlicher Verwandter, der Zwergtrappe(Otis tetrax). Abgesehen von der geringen Größe und der verschiedenen Färbung unterscheidet er sich auch noch durch die seitlich etwas verlängerten Oberhals- und Hinterkopffedern vom Großtrappen, wird deshalb von einigen Naturforschern auch wohl als Vertreter einer eigenen Sippe angesehen und Tetrax campestris genannt. Beim Männchen ist der Hals schwarz, durch ein von den Ohren nach der Gurgel herablaufendes weißes Ringband und ein breites, über den Kropf sich hinziehendes weißes Querband gezeichnet, das Gesicht dunkelgrau, der Oberkopf hellgelblich, braun
Großtrappe. Zwergtrappe.
geworden, aber doch noch nicht vollſtändig ausgebildet, weil ſein Bart noch bei weitem nicht die ihm eigne Länge erreicht hat. Er kennt ſeinen Pfleger genau, folgt ſeinem Rufe jederzeit, kommt aus Gitter heran, ſobald dieſer ſich zeigt, mag es aber nicht leiden, wenn man ſein Gehege betritt, ſtellt ſich dann kühn dem Menſchen entgegen, erhebt ſeinen Schwanz, lüftet die Flügel etwas, ſtößt das oben erwähnte „Pſäärr“ aus und ſucht durch wohlgezielte Schnabelhiebe zu ſchrecken. Mit einem Auerhahne, welcher daſſelbe Gehege bewohnt, lebt er in guter Freundſchaft; wenn aber der Auerhahn während der Balzzeit ſeinen Muth an ihm verſuchen will, weiſt er ihn ernſtlich zurück, und dann kommt es zuweilen zu einem beluſtigenden Zweikampfe. Auch mit einem wüthenden Kaſuar, ſeinem Nachbar, verſucht er manchmal anzubinden; Dies aber geſchieht ſtets mit großer Vorſicht, weil er die Stärke und Bosheit eines ſolchen Gegners kennt. Zur Fortpflanzung hat man übrigens, ſoviel mir bekannt, gefangene Trappen noch nicht gebracht, und wahrſcheinlich wird Dies auch blos dann gelingen, wenn man in ähnlicher Weiſe verfährt, wie bei den Straußen geſchildert. Die Geſellſchaft für Einbürgerung fremder Thiere in Frankreich hat einen Preis ausgeſetzt für das Gelingen ſolcher Zucht: möglicherweife trägt er dazu bei, zu ferneren Verſuchen zu ermuntern.
Der Trappe gehört zur hohen Jagd, nicht blos ſeiner Größe und Schönheit, ſondern auch der Schwierigkeit halber, mit welcher die Jagd verknüpft iſt. Es gibt der Jagdarten viele; der Trappe aber weiß ſie faſt alle zu vereiteln. Sein grenzenloſes Mißtrauen läßt ſich ſelten täuſchen: er unter- ſcheidet den Jäger von andern Menſchen auch dann noch, wenn er in Weiberkleidern einhergeht, flieht ebenſo ängſtlich vor dem Reiter wie vor dem Fußgänger. Jn früheren Zeiten bediente man ſich zu ſeiner Jagd der ſogenannten Karrenbüchſe, einer wahren Höllenmaſchine, welche aus neun zuſammen verbundenen Büchſenrohren beſtand und gleichzeitig neun Kugeln entſenden, aber ihrer Schwere halber nur von einem Wagen aus gehandhabt werden konnte. Später erfand man den Trappenwagen, d. h. ſetzte einen gewöhnlichen Bauerwagen rundum mit Strohgarben aus, verbarg ſich dazwiſchen, ließ durch einen in ſeiner gewöhnlichen Tracht gekleideten Ackerknecht den Wagen auf die weidenden Trappenherden zufahren, in entſprechender Nähe einen Augenblick halten und feuerte nun ſo raſch als möglich auf die ſtärkſten Hähne. Dennoch gelang es keineswegs immer, das ſcheue Wild zu hintergehen. Jn der ruſſiſchen Steppe hetzt man die Trappen, den übereinſtimmendeu Berichten der Reiſenden zu Folge, nicht ſelten mit Windhunden, in Aſien baizt man ſie mit Edel- falken oder gezähmten Steinadlern. Auch wartet man ein nebliges Froſtwetter ab und reitet dann auf friſchen Pferden in die Steppe hinaus, um Trappen zu jagen. Solches Wetter überzieht nämlich deren Flügel mit einer Eiskruſte und hindert unſere Vögel, ſie zu gebrauchen. Bei ſehr ſtrenger Kälte ſollen die Trappen, laut Külz, zuweilen haufenweiſe die Wohnungen der einſam hauſenden Tataren aufſuchen und hier ohne Mühe ergriffen werden. Fallen und Schlingen, welche man hier und da ſtellt, führen ſelten zum Zweck: kurz, der Menſch ſcheint keineswegs der gefährlichſte Feind dieſes ſcheuen Geflügels zu ſein; denn mehr noch ſchaden ihm alle die vierfüßigen und geflügelten Räuber, welche im Stande ſind, einen alten Trappen zu bewältigen, oder die unbehilflichen Jungen vor den Augen der Eltern wegzunehmen.
Jm Süden unſers Erdtheils tritt zu dem Großtrappen ein kleiner, niedlicher Verwandter, der Zwergtrappe(Otis tetrax). Abgeſehen von der geringen Größe und der verſchiedenen Färbung unterſcheidet er ſich auch noch durch die ſeitlich etwas verlängerten Oberhals- und Hinterkopffedern vom Großtrappen, wird deshalb von einigen Naturforſchern auch wohl als Vertreter einer eigenen Sippe angeſehen und Tetrax campestris genannt. Beim Männchen iſt der Hals ſchwarz, durch ein von den Ohren nach der Gurgel herablaufendes weißes Ringband und ein breites, über den Kropf ſich hinziehendes weißes Querband gezeichnet, das Geſicht dunkelgrau, der Oberkopf hellgelblich, braun
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[565/0603]
Großtrappe. Zwergtrappe.
geworden, aber doch noch nicht vollſtändig ausgebildet, weil ſein Bart noch bei weitem nicht die ihm
eigne Länge erreicht hat. Er kennt ſeinen Pfleger genau, folgt ſeinem Rufe jederzeit, kommt aus
Gitter heran, ſobald dieſer ſich zeigt, mag es aber nicht leiden, wenn man ſein Gehege betritt, ſtellt
ſich dann kühn dem Menſchen entgegen, erhebt ſeinen Schwanz, lüftet die Flügel etwas, ſtößt das
oben erwähnte „Pſäärr“ aus und ſucht durch wohlgezielte Schnabelhiebe zu ſchrecken. Mit einem
Auerhahne, welcher daſſelbe Gehege bewohnt, lebt er in guter Freundſchaft; wenn aber der Auerhahn
während der Balzzeit ſeinen Muth an ihm verſuchen will, weiſt er ihn ernſtlich zurück, und dann
kommt es zuweilen zu einem beluſtigenden Zweikampfe. Auch mit einem wüthenden Kaſuar, ſeinem
Nachbar, verſucht er manchmal anzubinden; Dies aber geſchieht ſtets mit großer Vorſicht, weil er die
Stärke und Bosheit eines ſolchen Gegners kennt. Zur Fortpflanzung hat man übrigens, ſoviel mir
bekannt, gefangene Trappen noch nicht gebracht, und wahrſcheinlich wird Dies auch blos dann gelingen,
wenn man in ähnlicher Weiſe verfährt, wie bei den Straußen geſchildert. Die Geſellſchaft für
Einbürgerung fremder Thiere in Frankreich hat einen Preis ausgeſetzt für das Gelingen ſolcher Zucht:
möglicherweife trägt er dazu bei, zu ferneren Verſuchen zu ermuntern.
Der Trappe gehört zur hohen Jagd, nicht blos ſeiner Größe und Schönheit, ſondern auch der
Schwierigkeit halber, mit welcher die Jagd verknüpft iſt. Es gibt der Jagdarten viele; der Trappe
aber weiß ſie faſt alle zu vereiteln. Sein grenzenloſes Mißtrauen läßt ſich ſelten täuſchen: er unter-
ſcheidet den Jäger von andern Menſchen auch dann noch, wenn er in Weiberkleidern einhergeht,
flieht ebenſo ängſtlich vor dem Reiter wie vor dem Fußgänger. Jn früheren Zeiten bediente man
ſich zu ſeiner Jagd der ſogenannten Karrenbüchſe, einer wahren Höllenmaſchine, welche aus neun
zuſammen verbundenen Büchſenrohren beſtand und gleichzeitig neun Kugeln entſenden, aber ihrer
Schwere halber nur von einem Wagen aus gehandhabt werden konnte. Später erfand man den
Trappenwagen, d. h. ſetzte einen gewöhnlichen Bauerwagen rundum mit Strohgarben aus, verbarg
ſich dazwiſchen, ließ durch einen in ſeiner gewöhnlichen Tracht gekleideten Ackerknecht den Wagen auf
die weidenden Trappenherden zufahren, in entſprechender Nähe einen Augenblick halten und feuerte
nun ſo raſch als möglich auf die ſtärkſten Hähne. Dennoch gelang es keineswegs immer, das ſcheue
Wild zu hintergehen. Jn der ruſſiſchen Steppe hetzt man die Trappen, den übereinſtimmendeu
Berichten der Reiſenden zu Folge, nicht ſelten mit Windhunden, in Aſien baizt man ſie mit Edel-
falken oder gezähmten Steinadlern. Auch wartet man ein nebliges Froſtwetter ab und reitet dann
auf friſchen Pferden in die Steppe hinaus, um Trappen zu jagen. Solches Wetter überzieht nämlich
deren Flügel mit einer Eiskruſte und hindert unſere Vögel, ſie zu gebrauchen. Bei ſehr ſtrenger
Kälte ſollen die Trappen, laut Külz, zuweilen haufenweiſe die Wohnungen der einſam hauſenden
Tataren aufſuchen und hier ohne Mühe ergriffen werden. Fallen und Schlingen, welche man hier
und da ſtellt, führen ſelten zum Zweck: kurz, der Menſch ſcheint keineswegs der gefährlichſte Feind
dieſes ſcheuen Geflügels zu ſein; denn mehr noch ſchaden ihm alle die vierfüßigen und geflügelten
Räuber, welche im Stande ſind, einen alten Trappen zu bewältigen, oder die unbehilflichen Jungen
vor den Augen der Eltern wegzunehmen.
Jm Süden unſers Erdtheils tritt zu dem Großtrappen ein kleiner, niedlicher Verwandter, der
Zwergtrappe (Otis tetrax). Abgeſehen von der geringen Größe und der verſchiedenen Färbung
unterſcheidet er ſich auch noch durch die ſeitlich etwas verlängerten Oberhals- und Hinterkopffedern vom
Großtrappen, wird deshalb von einigen Naturforſchern auch wohl als Vertreter einer eigenen Sippe
angeſehen und Tetrax campestris genannt. Beim Männchen iſt der Hals ſchwarz, durch ein von
den Ohren nach der Gurgel herablaufendes weißes Ringband und ein breites, über den Kropf ſich
hinziehendes weißes Querband gezeichnet, das Geſicht dunkelgrau, der Oberkopf hellgelblich, braun
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/603>, abgerufen am 22.11.2024.
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