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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Stelzvögel. Rennvögel.
Rennvögel längere Zeit beobachtet, kann über die Schärfe ihrer Sinne und über die Ausbildung
ihres Verstandes nicht im Zweifel sein.

Kerbthiere scheinen ausschließlich die Nahrung der Rennvögel zu bilden und kleine Sämereien
nur zufällig mit aufgenommen zu werden. Man sieht sie eiligen Laufs, absatzweise dahinrennen,
urplötzlich einen Augenblick anhalten, Etwas vom Boden aufnehmen und ihren Weg mit derselben
Eilfertigkeit wieder fortsetzen. Jn dem Magen der Getödteten findet man Kerbthierreste, namentlich
die verschiedener Käfer und keineswegs immer so wenig als einige Naturforscher angenommen haben;
man begreift aber kaum, wie es den Vögeln möglich wird, auf so armem Gebiete die ihnen nöthige
Nahrung zusammenzulesen.

Mit Ausnahme der Brutzeit leben die Rennvögel in kleinen Gesellschaften, nicht selten
auch vereinigt mit solchen Vögeln, welche eine ähnliche Lebensweise führen wie sie. Zum Wüsten-
läufer
gesellt sich die ihm ohnehin höchst ähnliche Wüstenläuferlerche, zum Krokodilwächter
irgend einer der dasselbe Gebiet mit ihm theilenden Regenpfeifer. Unter jenen scheint aber
eine engere Verbindung stattzufinden, als unter diesen, wie letztere überhaupt mehr für sich leben als
jene. Ob alle Arten Standvögel sind oder nicht, mag einstweilen noch als fraglich hingestellt werden.
Einige Arten streichen wahrscheinlich nur von einem Gebiete in das andere; ihre Bewegungsfähigkeit
ist aber so groß, daß sie gelegentlich dieser Ortsveränderungen weite Strecken durchwandern und so
auch in Gegenden erscheinen, welche von ihrer eigentlichen Heimat hunderte von Meilen entfernt sind.



Ein Rennvogel, der Wüstenläufer oder Wüstenrennvogel (Cursorius isabellinus), hat
sich deutsches Bürgerrecht erworben, weil er von seiner Heimat aus gar nicht selten Europa und
ebenso auch zuweilen unser Vaterland besucht. Schlanker Leib mit großen Flügeln, in denen die
zweite Schwinge die längste, verhältnißmäßig kurzer, breit abgerundeter, aus zwölf bis vierzehn
Federn bestehender Schwanz, ziemlich langer, merklich gebogener Schnabel und sehr hohe, schlanke
Läufe und dreizehige Füße, sowie endlich ein weiches, sanftes, dichtes, der Hauptsache nach sand-
farbiges Gefieder bilden die Merkmale der Sippe, welche er vertritt. Seine Färbung läßt sich mit
wenigen Worten geben. Das Kleingefieder ist isabellfarben, auf der Oberseite röthlicher, auf der
Unterseite gilblicher, der Hinterkopf blaugrau, durch einen weißen und einen schwarzen, am Auge
beginnenden, nach hinten laufenden Streifen von der übrigen Färbung abgegrenzt und in einen am
Nacken stehenden, dreieckigen Flecken übergehend; die Handschwingen sind braunschwarz, an der Spitze
lichtgelbröthlich gekantet, die Armschwingen dunkel isabellfarben, vor der weißen Spitze mit einem
schwarzen Flecken gezeichnet, auf der Jnnenfahne mattschwarz, die Steuerfedern röthlich isabell mit
Ausnahme der beiden Mittelfedern, vor der weißen Spitze schwarz in die Quere gebändert. Das
Auge ist braun, der Schnabel schwärzlich, der Fuß strohgelb. Die Länge beträgt 81/2 bis 9, die
Breite 19, die Fittiglänge 6, die Schwanzlänge 21/2 Zoll. Männchen und Weibchen unterscheiden
sich kaum durch die Größe, die Jungen durch ein helleres und dunkler geflecktes und gewelltes
Gefieder, gelbe Spitzenränder an den Schwungfedern erster Ordnung und ein weißliches, auf den
Seiten mit wenigen schwärzlichen Federn eingefaßtes querlaufendes Nackenband.

Nordafrika, vom rothen Meere an bis zu den kanarischen Jnseln, ist das Vaterland des Wüsten-
läufers, die eigentliche Wüste sein Aufenthalt. Andere Wüstenthiere wählen sich diejenigen Stellen
ihres Gebietes, in denen die Armuth desselben wenigstens einigermaßen gemildert erscheint, der
Wüstenläufer bevorzugt diejenigen Strecken, deren Dürre und Oede uns unheimlich dünken will.
Allerdings habe ich ihn zuweilen auch da gefunden, wo wenigstens noch ein dürftiger Pflanzenwuchs
bemerkbar wird; in der Regel jedoch sah ich ihn immer da, wo Stein und Sand zur alleinigen
Herrschaft gekommen sind und kaum für ein Gras, geschweige denn für höhere, begehrlichere

Die Läufer. Stelzvögel. Rennvögel.
Rennvögel längere Zeit beobachtet, kann über die Schärfe ihrer Sinne und über die Ausbildung
ihres Verſtandes nicht im Zweifel ſein.

Kerbthiere ſcheinen ausſchließlich die Nahrung der Rennvögel zu bilden und kleine Sämereien
nur zufällig mit aufgenommen zu werden. Man ſieht ſie eiligen Laufs, abſatzweiſe dahinrennen,
urplötzlich einen Augenblick anhalten, Etwas vom Boden aufnehmen und ihren Weg mit derſelben
Eilfertigkeit wieder fortſetzen. Jn dem Magen der Getödteten findet man Kerbthierreſte, namentlich
die verſchiedener Käfer und keineswegs immer ſo wenig als einige Naturforſcher angenommen haben;
man begreift aber kaum, wie es den Vögeln möglich wird, auf ſo armem Gebiete die ihnen nöthige
Nahrung zuſammenzuleſen.

Mit Ausnahme der Brutzeit leben die Rennvögel in kleinen Geſellſchaften, nicht ſelten
auch vereinigt mit ſolchen Vögeln, welche eine ähnliche Lebensweiſe führen wie ſie. Zum Wüſten-
läufer
geſellt ſich die ihm ohnehin höchſt ähnliche Wüſtenläuferlerche, zum Krokodilwächter
irgend einer der daſſelbe Gebiet mit ihm theilenden Regenpfeifer. Unter jenen ſcheint aber
eine engere Verbindung ſtattzufinden, als unter dieſen, wie letztere überhaupt mehr für ſich leben als
jene. Ob alle Arten Standvögel ſind oder nicht, mag einſtweilen noch als fraglich hingeſtellt werden.
Einige Arten ſtreichen wahrſcheinlich nur von einem Gebiete in das andere; ihre Bewegungsfähigkeit
iſt aber ſo groß, daß ſie gelegentlich dieſer Ortsveränderungen weite Strecken durchwandern und ſo
auch in Gegenden erſcheinen, welche von ihrer eigentlichen Heimat hunderte von Meilen entfernt ſind.



Ein Rennvogel, der Wüſtenläufer oder Wüſtenrennvogel (Cursorius isabellinus), hat
ſich deutſches Bürgerrecht erworben, weil er von ſeiner Heimat aus gar nicht ſelten Europa und
ebenſo auch zuweilen unſer Vaterland beſucht. Schlanker Leib mit großen Flügeln, in denen die
zweite Schwinge die längſte, verhältnißmäßig kurzer, breit abgerundeter, aus zwölf bis vierzehn
Federn beſtehender Schwanz, ziemlich langer, merklich gebogener Schnabel und ſehr hohe, ſchlanke
Läufe und dreizehige Füße, ſowie endlich ein weiches, ſanftes, dichtes, der Hauptſache nach ſand-
farbiges Gefieder bilden die Merkmale der Sippe, welche er vertritt. Seine Färbung läßt ſich mit
wenigen Worten geben. Das Kleingefieder iſt iſabellfarben, auf der Oberſeite röthlicher, auf der
Unterſeite gilblicher, der Hinterkopf blaugrau, durch einen weißen und einen ſchwarzen, am Auge
beginnenden, nach hinten laufenden Streifen von der übrigen Färbung abgegrenzt und in einen am
Nacken ſtehenden, dreieckigen Flecken übergehend; die Handſchwingen ſind braunſchwarz, an der Spitze
lichtgelbröthlich gekantet, die Armſchwingen dunkel iſabellfarben, vor der weißen Spitze mit einem
ſchwarzen Flecken gezeichnet, auf der Jnnenfahne mattſchwarz, die Steuerfedern röthlich iſabell mit
Ausnahme der beiden Mittelfedern, vor der weißen Spitze ſchwarz in die Quere gebändert. Das
Auge iſt braun, der Schnabel ſchwärzlich, der Fuß ſtrohgelb. Die Länge beträgt 8½ bis 9, die
Breite 19, die Fittiglänge 6, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Männchen und Weibchen unterſcheiden
ſich kaum durch die Größe, die Jungen durch ein helleres und dunkler geflecktes und gewelltes
Gefieder, gelbe Spitzenränder an den Schwungfedern erſter Ordnung und ein weißliches, auf den
Seiten mit wenigen ſchwärzlichen Federn eingefaßtes querlaufendes Nackenband.

Nordafrika, vom rothen Meere an bis zu den kanariſchen Jnſeln, iſt das Vaterland des Wüſten-
läufers, die eigentliche Wüſte ſein Aufenthalt. Andere Wüſtenthiere wählen ſich diejenigen Stellen
ihres Gebietes, in denen die Armuth deſſelben wenigſtens einigermaßen gemildert erſcheint, der
Wüſtenläufer bevorzugt diejenigen Strecken, deren Dürre und Oede uns unheimlich dünken will.
Allerdings habe ich ihn zuweilen auch da gefunden, wo wenigſtens noch ein dürftiger Pflanzenwuchs
bemerkbar wird; in der Regel jedoch ſah ich ihn immer da, wo Stein und Sand zur alleinigen
Herrſchaft gekommen ſind und kaum für ein Gras, geſchweige denn für höhere, begehrlichere

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[572/0610] Die Läufer. Stelzvögel. Rennvögel. Rennvögel längere Zeit beobachtet, kann über die Schärfe ihrer Sinne und über die Ausbildung ihres Verſtandes nicht im Zweifel ſein. Kerbthiere ſcheinen ausſchließlich die Nahrung der Rennvögel zu bilden und kleine Sämereien nur zufällig mit aufgenommen zu werden. Man ſieht ſie eiligen Laufs, abſatzweiſe dahinrennen, urplötzlich einen Augenblick anhalten, Etwas vom Boden aufnehmen und ihren Weg mit derſelben Eilfertigkeit wieder fortſetzen. Jn dem Magen der Getödteten findet man Kerbthierreſte, namentlich die verſchiedener Käfer und keineswegs immer ſo wenig als einige Naturforſcher angenommen haben; man begreift aber kaum, wie es den Vögeln möglich wird, auf ſo armem Gebiete die ihnen nöthige Nahrung zuſammenzuleſen. Mit Ausnahme der Brutzeit leben die Rennvögel in kleinen Geſellſchaften, nicht ſelten auch vereinigt mit ſolchen Vögeln, welche eine ähnliche Lebensweiſe führen wie ſie. Zum Wüſten- läufer geſellt ſich die ihm ohnehin höchſt ähnliche Wüſtenläuferlerche, zum Krokodilwächter irgend einer der daſſelbe Gebiet mit ihm theilenden Regenpfeifer. Unter jenen ſcheint aber eine engere Verbindung ſtattzufinden, als unter dieſen, wie letztere überhaupt mehr für ſich leben als jene. Ob alle Arten Standvögel ſind oder nicht, mag einſtweilen noch als fraglich hingeſtellt werden. Einige Arten ſtreichen wahrſcheinlich nur von einem Gebiete in das andere; ihre Bewegungsfähigkeit iſt aber ſo groß, daß ſie gelegentlich dieſer Ortsveränderungen weite Strecken durchwandern und ſo auch in Gegenden erſcheinen, welche von ihrer eigentlichen Heimat hunderte von Meilen entfernt ſind. Ein Rennvogel, der Wüſtenläufer oder Wüſtenrennvogel (Cursorius isabellinus), hat ſich deutſches Bürgerrecht erworben, weil er von ſeiner Heimat aus gar nicht ſelten Europa und ebenſo auch zuweilen unſer Vaterland beſucht. Schlanker Leib mit großen Flügeln, in denen die zweite Schwinge die längſte, verhältnißmäßig kurzer, breit abgerundeter, aus zwölf bis vierzehn Federn beſtehender Schwanz, ziemlich langer, merklich gebogener Schnabel und ſehr hohe, ſchlanke Läufe und dreizehige Füße, ſowie endlich ein weiches, ſanftes, dichtes, der Hauptſache nach ſand- farbiges Gefieder bilden die Merkmale der Sippe, welche er vertritt. Seine Färbung läßt ſich mit wenigen Worten geben. Das Kleingefieder iſt iſabellfarben, auf der Oberſeite röthlicher, auf der Unterſeite gilblicher, der Hinterkopf blaugrau, durch einen weißen und einen ſchwarzen, am Auge beginnenden, nach hinten laufenden Streifen von der übrigen Färbung abgegrenzt und in einen am Nacken ſtehenden, dreieckigen Flecken übergehend; die Handſchwingen ſind braunſchwarz, an der Spitze lichtgelbröthlich gekantet, die Armſchwingen dunkel iſabellfarben, vor der weißen Spitze mit einem ſchwarzen Flecken gezeichnet, auf der Jnnenfahne mattſchwarz, die Steuerfedern röthlich iſabell mit Ausnahme der beiden Mittelfedern, vor der weißen Spitze ſchwarz in die Quere gebändert. Das Auge iſt braun, der Schnabel ſchwärzlich, der Fuß ſtrohgelb. Die Länge beträgt 8½ bis 9, die Breite 19, die Fittiglänge 6, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Männchen und Weibchen unterſcheiden ſich kaum durch die Größe, die Jungen durch ein helleres und dunkler geflecktes und gewelltes Gefieder, gelbe Spitzenränder an den Schwungfedern erſter Ordnung und ein weißliches, auf den Seiten mit wenigen ſchwärzlichen Federn eingefaßtes querlaufendes Nackenband. Nordafrika, vom rothen Meere an bis zu den kanariſchen Jnſeln, iſt das Vaterland des Wüſten- läufers, die eigentliche Wüſte ſein Aufenthalt. Andere Wüſtenthiere wählen ſich diejenigen Stellen ihres Gebietes, in denen die Armuth deſſelben wenigſtens einigermaßen gemildert erſcheint, der Wüſtenläufer bevorzugt diejenigen Strecken, deren Dürre und Oede uns unheimlich dünken will. Allerdings habe ich ihn zuweilen auch da gefunden, wo wenigſtens noch ein dürftiger Pflanzenwuchs bemerkbar wird; in der Regel jedoch ſah ich ihn immer da, wo Stein und Sand zur alleinigen Herrſchaft gekommen ſind und kaum für ein Gras, geſchweige denn für höhere, begehrlichere

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/610>, abgerufen am 22.11.2024.