einbohren, ein Loch neben das andere stechen und so die vorhandenen Thiere mit Hilfe ihres fein- fühlenden Schnabels entdecken und hervorziehen. An Bewegungsfähigkeit stehen die Schnepfen kaum einem einzigen Sumpfvogel nach. Sie gehen, ungeachtet der niederen Beine, gut, schwimmen recht leidlich und fliegen meisterhaft. Jhre Stimme ist unbedeutend, rauh und eintönig. Das Wesen hat wenig Bestechendes für Den, welcher sie nicht als beliebte Jagdthiere schätzt und würdigt. Während der Paarungszeit drücken die Männchen durch eigene Töne, Bewegungen und Geberden, unge- wöhnlichen Flug z. B., welcher gewissermaßen als Balze aufgefaßt werden kann, durch große Kampf- lust und dergleichen ihre Erregung aus. Das Nest steht im Gebüsche oder inmitten der Sümpfe auf einer etwas trocknen Stelle, ist eigentlich nur eine runde Mulde im Grase, aber doch im Jnnern hübsch geglättet und enthält regelmäßig vier mittelgroße, birnförmige Eier, welche auf schmuzig- gelbem oder grünlichem Grunde braune Flecken zeigen. Die Jungen kommen in einem rostfarbenen, oben braun oder schwarz gescheckten, unten einfarbigen Dunenkleide zur Welt und verlassen das Nest noch am ersten Tage ihres Lebens.
Wenn man bedenkt, daß den wohlschmeckenden Vögeln überall, wo Europäer leben, eifrig nach- gestellt wird, daß sie außerdem von dem gesammten vierfüßigen und gefiederten Raubgesindel bedroht werden, auch von übler Witterung oft sehr zu leiden haben, begreift man kaum, wie es möglich ist, daß sie noch nicht ausgerottet wurden. Jhr nächtliches Leben gewährt ihnen freilich vor dem schlimm- sten Feinde einen sehr großen Schutz, und die ungeheuern Waldungen oder sumpfigen Flächen im Norden, ihre eigentlichen Brutplätze, ermöglichen wenigstens eine ungehinderte Vermehrung: so ersetzen sich die Verluste, welche sie sämmtlich zu erleiden haben, wenigstens zum größten Theile wieder.
Leider eignen sich die Schnepfen nicht für die Gefangenschaft. Es ist schwer, sie an ein passendes Ersatzfutter zu gewöhnen und unmöglich, ihnen die natürliche Nahrung zu verschaffen. Wenn man sich die Mühe nicht verdrießen läßt, sie wochenlang mit Kerbthieren, Brot, Quark u. s. w. zu stopfen, kann man selbst Alteingefangene eine geraume Zeit am Leben erhalten, wird aber doch nur selten die Freude erleben, sie zum selbständigen Fressen zu bringen. Jungeingefangene, und namentlich die der größeren Arten, lassen sich schon eher aus Futter gewöhnen und auch wohl ein paar Jahre lang hinhalten, verlangen aber eine sehr sorgliche Pflege und belohnen kaum die Mühe, welche man auf sie verwenden muß.
Unsere Wald-, Busch-, Holz-, Bergschnepfe oder Schnepfe ohne alle Nebenbezeichnung (Scolopax rusticola) vertritt die erste Sippe der Familie und kennzeichnet sich durch den verhältniß- mäßig starken, an der Spitze runden Schnabel, die niedrigen, stämmigen, bis auf die Ferse befiederten Füße, deren kleine Hinterzehe einen sehr kurzen Nagel trägt, die ziemlich gewölbten stumpfspitzigen Flügel, den aus zwölf Steuerfedern gebildeten Schwanz, sowie endlich durch die Beschaffenheit, Färbung und Zeichnung ihres Gefieders. Dieses ist auf dem Vorderkopfe grau, auf Ober-, Hinterkopf und Nacken mit vier braunen und ebensovielen rostgelben Querstreifen gezeichnet, übrigens oben rostfarben, rost- grau, rostgelb, graubraun und schwarz gefleckt, an der Kehle weißlich, auf dem übrigen Unterkörper graugelblich und braun gewellt; die Schwingen sind auf braunem, die Steuerfedern auf schwarzem Grunde mit rostfarbenen Flecken gezeichnet. Das sehr große Auge ist braun, der Schnabel und der Fuß horngrau. Die Länge beträgt 12, die Breite 22, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 31/2 Zoll.
Alle Jäger unterscheiden zwei verschiedene Waldschnepfen, welche von den meisten Naturforschern als Spielarten, von anderen aber als verschiedenartige Vögel angesehen werden.
Mit Ausnahme einiger nordischer Jnseln hat man die Waldschnepfe in allen Ländern Europas und ebenso in ganz Nord- und Mittelasten angetroffen. Gelegentlich ihres Zuges besucht sie von Europa aus Nordwestafrika, von Nordasien aus Jndien und zwar nicht blos die nördlichen Hoch- gebirge, sondern auch das südliche Tiefland bis Calcutta und Madras hinab. Gewöhnlich nimmt
Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
einbohren, ein Loch neben das andere ſtechen und ſo die vorhandenen Thiere mit Hilfe ihres fein- fühlenden Schnabels entdecken und hervorziehen. An Bewegungsfähigkeit ſtehen die Schnepfen kaum einem einzigen Sumpfvogel nach. Sie gehen, ungeachtet der niederen Beine, gut, ſchwimmen recht leidlich und fliegen meiſterhaft. Jhre Stimme iſt unbedeutend, rauh und eintönig. Das Weſen hat wenig Beſtechendes für Den, welcher ſie nicht als beliebte Jagdthiere ſchätzt und würdigt. Während der Paarungszeit drücken die Männchen durch eigene Töne, Bewegungen und Geberden, unge- wöhnlichen Flug z. B., welcher gewiſſermaßen als Balze aufgefaßt werden kann, durch große Kampf- luſt und dergleichen ihre Erregung aus. Das Neſt ſteht im Gebüſche oder inmitten der Sümpfe auf einer etwas trocknen Stelle, iſt eigentlich nur eine runde Mulde im Graſe, aber doch im Jnnern hübſch geglättet und enthält regelmäßig vier mittelgroße, birnförmige Eier, welche auf ſchmuzig- gelbem oder grünlichem Grunde braune Flecken zeigen. Die Jungen kommen in einem roſtfarbenen, oben braun oder ſchwarz geſcheckten, unten einfarbigen Dunenkleide zur Welt und verlaſſen das Neſt noch am erſten Tage ihres Lebens.
Wenn man bedenkt, daß den wohlſchmeckenden Vögeln überall, wo Europäer leben, eifrig nach- geſtellt wird, daß ſie außerdem von dem geſammten vierfüßigen und gefiederten Raubgeſindel bedroht werden, auch von übler Witterung oft ſehr zu leiden haben, begreift man kaum, wie es möglich iſt, daß ſie noch nicht ausgerottet wurden. Jhr nächtliches Leben gewährt ihnen freilich vor dem ſchlimm- ſten Feinde einen ſehr großen Schutz, und die ungeheuern Waldungen oder ſumpfigen Flächen im Norden, ihre eigentlichen Brutplätze, ermöglichen wenigſtens eine ungehinderte Vermehrung: ſo erſetzen ſich die Verluſte, welche ſie ſämmtlich zu erleiden haben, wenigſtens zum größten Theile wieder.
Leider eignen ſich die Schnepfen nicht für die Gefangenſchaft. Es iſt ſchwer, ſie an ein paſſendes Erſatzfutter zu gewöhnen und unmöglich, ihnen die natürliche Nahrung zu verſchaffen. Wenn man ſich die Mühe nicht verdrießen läßt, ſie wochenlang mit Kerbthieren, Brot, Quark u. ſ. w. zu ſtopfen, kann man ſelbſt Alteingefangene eine geraume Zeit am Leben erhalten, wird aber doch nur ſelten die Freude erleben, ſie zum ſelbſtändigen Freſſen zu bringen. Jungeingefangene, und namentlich die der größeren Arten, laſſen ſich ſchon eher aus Futter gewöhnen und auch wohl ein paar Jahre lang hinhalten, verlangen aber eine ſehr ſorgliche Pflege und belohnen kaum die Mühe, welche man auf ſie verwenden muß.
Unſere Wald-, Buſch-, Holz-, Bergſchnepfe oder Schnepfe ohne alle Nebenbezeichnung (Scolopax rusticola) vertritt die erſte Sippe der Familie und kennzeichnet ſich durch den verhältniß- mäßig ſtarken, an der Spitze runden Schnabel, die niedrigen, ſtämmigen, bis auf die Ferſe befiederten Füße, deren kleine Hinterzehe einen ſehr kurzen Nagel trägt, die ziemlich gewölbten ſtumpfſpitzigen Flügel, den aus zwölf Steuerfedern gebildeten Schwanz, ſowie endlich durch die Beſchaffenheit, Färbung und Zeichnung ihres Gefieders. Dieſes iſt auf dem Vorderkopfe grau, auf Ober-, Hinterkopf und Nacken mit vier braunen und ebenſovielen roſtgelben Querſtreifen gezeichnet, übrigens oben roſtfarben, roſt- grau, roſtgelb, graubraun und ſchwarz gefleckt, an der Kehle weißlich, auf dem übrigen Unterkörper graugelblich und braun gewellt; die Schwingen ſind auf braunem, die Steuerfedern auf ſchwarzem Grunde mit roſtfarbenen Flecken gezeichnet. Das ſehr große Auge iſt braun, der Schnabel und der Fuß horngrau. Die Länge beträgt 12, die Breite 22, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 3½ Zoll.
Alle Jäger unterſcheiden zwei verſchiedene Waldſchnepfen, welche von den meiſten Naturforſchern als Spielarten, von anderen aber als verſchiedenartige Vögel angeſehen werden.
Mit Ausnahme einiger nordiſcher Jnſeln hat man die Waldſchnepfe in allen Ländern Europas und ebenſo in ganz Nord- und Mittelaſten angetroffen. Gelegentlich ihres Zuges beſucht ſie von Europa aus Nordweſtafrika, von Nordaſien aus Jndien und zwar nicht blos die nördlichen Hoch- gebirge, ſondern auch das ſüdliche Tiefland bis Calcutta und Madras hinab. Gewöhnlich nimmt
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Die Läufer. Stelzvögel. Schnepfen.
einbohren, ein Loch neben das andere ſtechen und ſo die vorhandenen Thiere mit Hilfe ihres fein-
fühlenden Schnabels entdecken und hervorziehen. An Bewegungsfähigkeit ſtehen die Schnepfen kaum
einem einzigen Sumpfvogel nach. Sie gehen, ungeachtet der niederen Beine, gut, ſchwimmen recht
leidlich und fliegen meiſterhaft. Jhre Stimme iſt unbedeutend, rauh und eintönig. Das Weſen hat
wenig Beſtechendes für Den, welcher ſie nicht als beliebte Jagdthiere ſchätzt und würdigt. Während
der Paarungszeit drücken die Männchen durch eigene Töne, Bewegungen und Geberden, unge-
wöhnlichen Flug z. B., welcher gewiſſermaßen als Balze aufgefaßt werden kann, durch große Kampf-
luſt und dergleichen ihre Erregung aus. Das Neſt ſteht im Gebüſche oder inmitten der Sümpfe auf
einer etwas trocknen Stelle, iſt eigentlich nur eine runde Mulde im Graſe, aber doch im Jnnern
hübſch geglättet und enthält regelmäßig vier mittelgroße, birnförmige Eier, welche auf ſchmuzig-
gelbem oder grünlichem Grunde braune Flecken zeigen. Die Jungen kommen in einem roſtfarbenen,
oben braun oder ſchwarz geſcheckten, unten einfarbigen Dunenkleide zur Welt und verlaſſen das
Neſt noch am erſten Tage ihres Lebens.
Wenn man bedenkt, daß den wohlſchmeckenden Vögeln überall, wo Europäer leben, eifrig nach-
geſtellt wird, daß ſie außerdem von dem geſammten vierfüßigen und gefiederten Raubgeſindel bedroht
werden, auch von übler Witterung oft ſehr zu leiden haben, begreift man kaum, wie es möglich iſt,
daß ſie noch nicht ausgerottet wurden. Jhr nächtliches Leben gewährt ihnen freilich vor dem ſchlimm-
ſten Feinde einen ſehr großen Schutz, und die ungeheuern Waldungen oder ſumpfigen Flächen im
Norden, ihre eigentlichen Brutplätze, ermöglichen wenigſtens eine ungehinderte Vermehrung: ſo
erſetzen ſich die Verluſte, welche ſie ſämmtlich zu erleiden haben, wenigſtens zum größten Theile wieder.
Leider eignen ſich die Schnepfen nicht für die Gefangenſchaft. Es iſt ſchwer, ſie an ein paſſendes
Erſatzfutter zu gewöhnen und unmöglich, ihnen die natürliche Nahrung zu verſchaffen. Wenn man
ſich die Mühe nicht verdrießen läßt, ſie wochenlang mit Kerbthieren, Brot, Quark u. ſ. w. zu ſtopfen,
kann man ſelbſt Alteingefangene eine geraume Zeit am Leben erhalten, wird aber doch nur ſelten die
Freude erleben, ſie zum ſelbſtändigen Freſſen zu bringen. Jungeingefangene, und namentlich die
der größeren Arten, laſſen ſich ſchon eher aus Futter gewöhnen und auch wohl ein paar Jahre lang
hinhalten, verlangen aber eine ſehr ſorgliche Pflege und belohnen kaum die Mühe, welche man auf ſie
verwenden muß.
Unſere Wald-, Buſch-, Holz-, Bergſchnepfe oder Schnepfe ohne alle Nebenbezeichnung
(Scolopax rusticola) vertritt die erſte Sippe der Familie und kennzeichnet ſich durch den verhältniß-
mäßig ſtarken, an der Spitze runden Schnabel, die niedrigen, ſtämmigen, bis auf die Ferſe befiederten
Füße, deren kleine Hinterzehe einen ſehr kurzen Nagel trägt, die ziemlich gewölbten ſtumpfſpitzigen
Flügel, den aus zwölf Steuerfedern gebildeten Schwanz, ſowie endlich durch die Beſchaffenheit, Färbung
und Zeichnung ihres Gefieders. Dieſes iſt auf dem Vorderkopfe grau, auf Ober-, Hinterkopf und Nacken
mit vier braunen und ebenſovielen roſtgelben Querſtreifen gezeichnet, übrigens oben roſtfarben, roſt-
grau, roſtgelb, graubraun und ſchwarz gefleckt, an der Kehle weißlich, auf dem übrigen Unterkörper
graugelblich und braun gewellt; die Schwingen ſind auf braunem, die Steuerfedern auf ſchwarzem
Grunde mit roſtfarbenen Flecken gezeichnet. Das ſehr große Auge iſt braun, der Schnabel und der
Fuß horngrau. Die Länge beträgt 12, die Breite 22, die Fittiglänge 8, die Schwanzlänge 3½ Zoll.
Alle Jäger unterſcheiden zwei verſchiedene Waldſchnepfen, welche von den meiſten Naturforſchern
als Spielarten, von anderen aber als verſchiedenartige Vögel angeſehen werden.
Mit Ausnahme einiger nordiſcher Jnſeln hat man die Waldſchnepfe in allen Ländern Europas
und ebenſo in ganz Nord- und Mittelaſten angetroffen. Gelegentlich ihres Zuges beſucht ſie von
Europa aus Nordweſtafrika, von Nordaſien aus Jndien und zwar nicht blos die nördlichen Hoch-
gebirge, ſondern auch das ſüdliche Tiefland bis Calcutta und Madras hinab. Gewöhnlich nimmt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/648>, abgerufen am 22.11.2024.
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