mir oft große Mühe geben müssen, um beide Gatten eines Paares zu erlegen, wenn es mir anfangs nicht gelungen war, beide mit einem Schusse zu tödten. Der Verlust des treugeliebten Gatten erregt beim überlebenden die größte Betrübniß; aber nur selten kehrt dieser nach dem Auffliegen wieder zu dem getödteten zurück und umkreist ihn ein oder mehrere Male, wie so viele andere Vögel zu thun pflegen. Die große Scheu der wenigen Stelzenläufer, welche ich im Sudahn beobachtete, erkläre ich mir einfach dadurch, daß ihnen der Weiße augenblicklich auffiel und als ein gefährliches Wesen erschien.
Kerbthiere scheinen die hauptsächliche, wo nicht ausschließliche Nahrung des Stelzenläufers zu bilden. Man sieht ihn beständig mit dem Fange derselben beschäftigt, und zwar indem er sie von der Oberfläche des Wassers aufliest, gründelnd in dem Schlamme sucht oder aus der Luft wegfängt. Soviel ich beobachten konnte, waren es hauptsächlich Fliegen, Mücken und verschiedene Käfer, sowie deren Larven, welchen der Vogel nachstellt.
Das Nest habe ich leider nicht selbst gesehen, wohl aber Eier erhalten. Jn Egypten brütet der Vogel in den Monaten April und Mai und zwar im Riedgrase, woselbst er ein sehr kunstloses Nest anlegen soll. Von einem amerikanischen Verwandten berichtet Wilson, daß dieser Bau nichts Anderes ist, als eine Lage von dürrem Grase, eben genügend, um die Eier vor der Feuchtigkeit des Sumpfes zu schützen, da dasselbe aber im Laufe der Bebrütung erst ordentlich ausgebaut, d. h. durch Hinzufügen von trockenem Zeug, Wurzeln, Grashalmen und dergleichen vergrößert und erhöht wird, sodaß es schließlich ein Gewicht von zwei oder drei Pfund erreichen soll: ob unser Stelzenläufer ebenso verfährt, vermag ich nicht zu sagen. Ein Nest, welches, laut Päßler, im Badetzer Teiche im Anhaltischen gefunden wurde, stand auf einer Schilfkufe und enthielt drei Eier: das Gelege scheint also noch nicht vollständig gewesen zu sein; denn auch bei diesen Schnepfenvögeln gilt die Vierzahl als Regel. Die Eier haben ungefähr die Gestalt derer unseres Kiebitzes, auch ziemlich die gleiche Größe, aber eine viel zartere Schale. Jhre Grundfärbung ist ein dunkeles Ockergelb, Olivengrün oder Oel- gelb; die Zeichnung besteht in wenigen aschgrauen Schalenflecken und vielen roth- und schwarzbraunen, rundlichen und länglichen, größeren oder kleineren, am dicken Ende dichter stehenden Flecken von unregelmäßiger Gestalt. Ueber das Jugendleben mangelt noch jede Kunde.
Die Ungarn stellen der "Storchschnepfe", wie sie unseren Stelzenläufer nennen, nach, obgleich das Fleisch nicht besonders schmackhaft genannt werden kann und, nach meinen Beobachtungen, eigentlich nur im Winter genießbar ist. Jn Egypten behelligt höchstens der Naturforscher oder ein unnützer Bubenjäger die zierlichen Geschöpfe. Gefangene habe ich niemals gesehen und über ihr Gefangenleben auch nirgends Etwas gehört oder gelesen.
An die Stelzenläufer reihen sich naturgemäß die Säbler an, höchst eigenthümliche Schnepfenvögel, welche von den Forschern vielfach hin- und hergeworfen worden sind, weil sie nirgends hin recht passen wollten. Die wenigen Arten, welche man kennt, ähneln sich sehr, nicht blos in Gestalt und Größe, sondern auch in Färbung und Zeichnung. Sie sind mittelgroß, hoch- beinig, der Leib ist verhältnißmäßig kräftig, der Hals mittellang und dünn, der Kopf groß, der Schnabel lang, schwach, schmal, abgeplattet und deshalb bedeutend breiter als hoch, an der Spitze ungemein verdünnt und entweder einfach aufwärts gekrümmt oder unmittelbar vor ihr wiederum abwärts gebogen, durchaus hart und glatt, an den Kanten schneidend scharf, im Jnneren bis auf zwei gleichlaufende Leistchen in jeder Hälfte, deren untere in die oberen passen und zwischen denen die Zunge liegt, äußerst flach, der Fuß vierzehig, sehr lang, aber verhältnißmäßig stark, hoch über die Ferse nackt, die Hinterzehe bei gewissen Arten verkümmert, bei anderen ausgebildet, der Vorderfuß durch halbe Schwimmhäute ausgezeichnet, der Flügel mittellang, spitz, in ihm die erste Schwinge die längste, der Afterflügel ziemlich lang, der Schwanz zwölffederig, kurz und einfach zugerundet, das Kleingefieder oben geschlossen, unten dicht und pelzig, wie bei echten Schwimmvögeln.
Die Läufer. Stelzvögel. Säbler.
mir oft große Mühe geben müſſen, um beide Gatten eines Paares zu erlegen, wenn es mir anfangs nicht gelungen war, beide mit einem Schuſſe zu tödten. Der Verluſt des treugeliebten Gatten erregt beim überlebenden die größte Betrübniß; aber nur ſelten kehrt dieſer nach dem Auffliegen wieder zu dem getödteten zurück und umkreiſt ihn ein oder mehrere Male, wie ſo viele andere Vögel zu thun pflegen. Die große Scheu der wenigen Stelzenläufer, welche ich im Sudahn beobachtete, erkläre ich mir einfach dadurch, daß ihnen der Weiße augenblicklich auffiel und als ein gefährliches Weſen erſchien.
Kerbthiere ſcheinen die hauptſächliche, wo nicht ausſchließliche Nahrung des Stelzenläufers zu bilden. Man ſieht ihn beſtändig mit dem Fange derſelben beſchäftigt, und zwar indem er ſie von der Oberfläche des Waſſers auflieſt, gründelnd in dem Schlamme ſucht oder aus der Luft wegfängt. Soviel ich beobachten konnte, waren es hauptſächlich Fliegen, Mücken und verſchiedene Käfer, ſowie deren Larven, welchen der Vogel nachſtellt.
Das Neſt habe ich leider nicht ſelbſt geſehen, wohl aber Eier erhalten. Jn Egypten brütet der Vogel in den Monaten April und Mai und zwar im Riedgraſe, woſelbſt er ein ſehr kunſtloſes Neſt anlegen ſoll. Von einem amerikaniſchen Verwandten berichtet Wilſon, daß dieſer Bau nichts Anderes iſt, als eine Lage von dürrem Graſe, eben genügend, um die Eier vor der Feuchtigkeit des Sumpfes zu ſchützen, da daſſelbe aber im Laufe der Bebrütung erſt ordentlich ausgebaut, d. h. durch Hinzufügen von trockenem Zeug, Wurzeln, Grashalmen und dergleichen vergrößert und erhöht wird, ſodaß es ſchließlich ein Gewicht von zwei oder drei Pfund erreichen ſoll: ob unſer Stelzenläufer ebenſo verfährt, vermag ich nicht zu ſagen. Ein Neſt, welches, laut Päßler, im Badetzer Teiche im Anhaltiſchen gefunden wurde, ſtand auf einer Schilfkufe und enthielt drei Eier: das Gelege ſcheint alſo noch nicht vollſtändig geweſen zu ſein; denn auch bei dieſen Schnepfenvögeln gilt die Vierzahl als Regel. Die Eier haben ungefähr die Geſtalt derer unſeres Kiebitzes, auch ziemlich die gleiche Größe, aber eine viel zartere Schale. Jhre Grundfärbung iſt ein dunkeles Ockergelb, Olivengrün oder Oel- gelb; die Zeichnung beſteht in wenigen aſchgrauen Schalenflecken und vielen roth- und ſchwarzbraunen, rundlichen und länglichen, größeren oder kleineren, am dicken Ende dichter ſtehenden Flecken von unregelmäßiger Geſtalt. Ueber das Jugendleben mangelt noch jede Kunde.
Die Ungarn ſtellen der „Storchſchnepfe“, wie ſie unſeren Stelzenläufer nennen, nach, obgleich das Fleiſch nicht beſonders ſchmackhaft genannt werden kann und, nach meinen Beobachtungen, eigentlich nur im Winter genießbar iſt. Jn Egypten behelligt höchſtens der Naturforſcher oder ein unnützer Bubenjäger die zierlichen Geſchöpfe. Gefangene habe ich niemals geſehen und über ihr Gefangenleben auch nirgends Etwas gehört oder geleſen.
An die Stelzenläufer reihen ſich naturgemäß die Säbler an, höchſt eigenthümliche Schnepfenvögel, welche von den Forſchern vielfach hin- und hergeworfen worden ſind, weil ſie nirgends hin recht paſſen wollten. Die wenigen Arten, welche man kennt, ähneln ſich ſehr, nicht blos in Geſtalt und Größe, ſondern auch in Färbung und Zeichnung. Sie ſind mittelgroß, hoch- beinig, der Leib iſt verhältnißmäßig kräftig, der Hals mittellang und dünn, der Kopf groß, der Schnabel lang, ſchwach, ſchmal, abgeplattet und deshalb bedeutend breiter als hoch, an der Spitze ungemein verdünnt und entweder einfach aufwärts gekrümmt oder unmittelbar vor ihr wiederum abwärts gebogen, durchaus hart und glatt, an den Kanten ſchneidend ſcharf, im Jnneren bis auf zwei gleichlaufende Leiſtchen in jeder Hälfte, deren untere in die oberen paſſen und zwiſchen denen die Zunge liegt, äußerſt flach, der Fuß vierzehig, ſehr lang, aber verhältnißmäßig ſtark, hoch über die Ferſe nackt, die Hinterzehe bei gewiſſen Arten verkümmert, bei anderen ausgebildet, der Vorderfuß durch halbe Schwimmhäute ausgezeichnet, der Flügel mittellang, ſpitz, in ihm die erſte Schwinge die längſte, der Afterflügel ziemlich lang, der Schwanz zwölffederig, kurz und einfach zugerundet, das Kleingefieder oben geſchloſſen, unten dicht und pelzig, wie bei echten Schwimmvögeln.
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Die Läufer. Stelzvögel. Säbler.
mir oft große Mühe geben müſſen, um beide Gatten eines Paares zu erlegen, wenn es mir anfangs
nicht gelungen war, beide mit einem Schuſſe zu tödten. Der Verluſt des treugeliebten Gatten erregt
beim überlebenden die größte Betrübniß; aber nur ſelten kehrt dieſer nach dem Auffliegen wieder zu
dem getödteten zurück und umkreiſt ihn ein oder mehrere Male, wie ſo viele andere Vögel zu thun
pflegen. Die große Scheu der wenigen Stelzenläufer, welche ich im Sudahn beobachtete, erkläre ich
mir einfach dadurch, daß ihnen der Weiße augenblicklich auffiel und als ein gefährliches Weſen erſchien.
Kerbthiere ſcheinen die hauptſächliche, wo nicht ausſchließliche Nahrung des Stelzenläufers zu
bilden. Man ſieht ihn beſtändig mit dem Fange derſelben beſchäftigt, und zwar indem er ſie von der
Oberfläche des Waſſers auflieſt, gründelnd in dem Schlamme ſucht oder aus der Luft wegfängt.
Soviel ich beobachten konnte, waren es hauptſächlich Fliegen, Mücken und verſchiedene Käfer, ſowie
deren Larven, welchen der Vogel nachſtellt.
Das Neſt habe ich leider nicht ſelbſt geſehen, wohl aber Eier erhalten. Jn Egypten brütet der
Vogel in den Monaten April und Mai und zwar im Riedgraſe, woſelbſt er ein ſehr kunſtloſes Neſt
anlegen ſoll. Von einem amerikaniſchen Verwandten berichtet Wilſon, daß dieſer Bau nichts
Anderes iſt, als eine Lage von dürrem Graſe, eben genügend, um die Eier vor der Feuchtigkeit des
Sumpfes zu ſchützen, da daſſelbe aber im Laufe der Bebrütung erſt ordentlich ausgebaut, d. h. durch
Hinzufügen von trockenem Zeug, Wurzeln, Grashalmen und dergleichen vergrößert und erhöht wird,
ſodaß es ſchließlich ein Gewicht von zwei oder drei Pfund erreichen ſoll: ob unſer Stelzenläufer
ebenſo verfährt, vermag ich nicht zu ſagen. Ein Neſt, welches, laut Päßler, im Badetzer Teiche im
Anhaltiſchen gefunden wurde, ſtand auf einer Schilfkufe und enthielt drei Eier: das Gelege ſcheint
alſo noch nicht vollſtändig geweſen zu ſein; denn auch bei dieſen Schnepfenvögeln gilt die Vierzahl als
Regel. Die Eier haben ungefähr die Geſtalt derer unſeres Kiebitzes, auch ziemlich die gleiche Größe,
aber eine viel zartere Schale. Jhre Grundfärbung iſt ein dunkeles Ockergelb, Olivengrün oder Oel-
gelb; die Zeichnung beſteht in wenigen aſchgrauen Schalenflecken und vielen roth- und ſchwarzbraunen,
rundlichen und länglichen, größeren oder kleineren, am dicken Ende dichter ſtehenden Flecken von
unregelmäßiger Geſtalt. Ueber das Jugendleben mangelt noch jede Kunde.
Die Ungarn ſtellen der „Storchſchnepfe“, wie ſie unſeren Stelzenläufer nennen, nach, obgleich
das Fleiſch nicht beſonders ſchmackhaft genannt werden kann und, nach meinen Beobachtungen,
eigentlich nur im Winter genießbar iſt. Jn Egypten behelligt höchſtens der Naturforſcher oder ein
unnützer Bubenjäger die zierlichen Geſchöpfe. Gefangene habe ich niemals geſehen und über ihr
Gefangenleben auch nirgends Etwas gehört oder geleſen.
An die Stelzenläufer reihen ſich naturgemäß die Säbler an, höchſt eigenthümliche
Schnepfenvögel, welche von den Forſchern vielfach hin- und hergeworfen worden ſind, weil ſie
nirgends hin recht paſſen wollten. Die wenigen Arten, welche man kennt, ähneln ſich ſehr, nicht
blos in Geſtalt und Größe, ſondern auch in Färbung und Zeichnung. Sie ſind mittelgroß, hoch-
beinig, der Leib iſt verhältnißmäßig kräftig, der Hals mittellang und dünn, der Kopf groß, der
Schnabel lang, ſchwach, ſchmal, abgeplattet und deshalb bedeutend breiter als hoch, an der Spitze
ungemein verdünnt und entweder einfach aufwärts gekrümmt oder unmittelbar vor ihr wiederum
abwärts gebogen, durchaus hart und glatt, an den Kanten ſchneidend ſcharf, im Jnneren bis auf
zwei gleichlaufende Leiſtchen in jeder Hälfte, deren untere in die oberen paſſen und zwiſchen denen
die Zunge liegt, äußerſt flach, der Fuß vierzehig, ſehr lang, aber verhältnißmäßig ſtark, hoch über die
Ferſe nackt, die Hinterzehe bei gewiſſen Arten verkümmert, bei anderen ausgebildet, der Vorderfuß
durch halbe Schwimmhäute ausgezeichnet, der Flügel mittellang, ſpitz, in ihm die erſte Schwinge die
längſte, der Afterflügel ziemlich lang, der Schwanz zwölffederig, kurz und einfach zugerundet, das
Kleingefieder oben geſchloſſen, unten dicht und pelzig, wie bei echten Schwimmvögeln.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/684>, abgerufen am 22.11.2024.
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