Jungen ausgekommen und wohl schon einige Tage alt sind, auch lebhaft "Keck, keck, keck" schreien, ähnlich wie junge Fischreiher, aber reiner und minder rauh, und verfolgt ihr Wachsthum bis zum 10. Juli, um welche Zeit der letzte von den jungen Edelreihern auf dem äußersten Nestrande steht, der zweite sich im Horste aufrichtet und der kleinste noch festsitzt. Zwei Tage später erfährt er, daß der ältere bereits den Horst verläßt, sich fliegend auf den nächsten Baum begibt, und fast den ganzen Nachmittag daselbst verweilt, das zweite Junge neben dem Horste auf dem Aste, das dritte aufrecht in dem Horste selbst steht, welcher abends alle drei wieder vereinigt. Da erhält das Regiment Befehl, nach der polnischen Grenze abzurücken und unserem wackeren Homeyer bangt natürlich für seine Schützlinge. Er beeilt sich, mit allen Jagdliebhabern zu sprechen, stellt die Thiere gleichsam unter den Schutz der ganzen Stadt, macht auf das seltene Vorkommen aufmerksam und hebt hervor, daß, im Fall das Brutgeschäft in keiner Weise gestört wird, ein Wiederkehren der alten und jungen Vögel im nächsten Jahre durchaus nicht unmöglich sei. Seine Worte finden soviel Anklang, daß er wirklich auf guten Erfolg hoffen darf. Er verläßt am 28. Juli Glogau, die jungen Reiher entfliegen an demselben Tage ihrem Horste und -- werden auch an demselben Tage zusammengeschossen!
Naumann meint, daß der Edelreiher leichter erlegt werden könne als der Fischreiher: ich muß das Gegentheil behaupten; denn ich habe ersteren stets sehr scheu gefunden. Der Vogel hat auch alle Ursache, Dies zu sein. Man stellt ihm in seiner Heimat eifrig nach, insbesondere der prachtvollen Rückenfedern wegen, aus denen die berühmten Reiherbüsche zusammengesetzt werden. Jn den Augen der Ungarn und Wallachen gilt es als ein Kunststück, einen der vorsichtigen Vögel überlistet zu haben. Neuerdings sind von Ungarn aus lebende Edelreiher in den Handel gekommen, und gegenwärtig sieht man den prächtigen Vogel in allen Thiergärten.
Der Seiden- oder kleine Silberreiher (Herodias garzetta) ähnelt dem Edelreiher in Ansehn und Wesen, ist aber nur 24 Zoll lang und 42 Zoll breit; bei 12 Zoll Fittig- und 4 Zoll Schwanzlänge. Das Auge ist hochgelb, der Schnabel schwarz, der Fuß schwarz, in den Gelenken grüngelb.
Hinsichtlich seiner Verbreitung stimmt der Seidenreiher mit seinem edleren Verwandten überein, tritt aber überall häufiger auf als dieser. Jn den Tiefländern der Donau, Wolga und des Nil ist er nicht selten, auf den Reiherständen einer der zahlreicheren Bewohner. Zierlichkeit und Anmuth des Wesens zeichnet ihn vor vielen seiner Verwandten aus. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus kleinen Fischchen. Die Brutzeit fällt in die Monate Mai und Juni; die vier bis fünf Eier des Geleges sehen lichtgrünlich aus.
Gegenwärtig kommt der äußerst zierliche Vogel oft lebend nach Deutschland. Jm Thiergarten zu Köln hat ein Pärchen bereits Anstalt zum Nisten gemacht, und wenn bisher eine Fortpflanzung in der Gefangenschaft noch nicht erzielt wurde, so wird es doch später gelingen, Seidenreiher im Käfige zu züchten.
Ein allerliebster Vogel ist der Kuhreiher (Bubulcus Ibis), wegen seiner gedrungenen Gestalt, des kurzen Halses, kurzen und kräftigen Schnabels, der niederen Beine und der zerschlissenen, haar- artigen Schmuckfedern Vertreter einer besonderen Sippe, welcher ganz Nordostafrika und Südasien bewohnt, von Egypten aus aber wiederholt Südeuropa besucht hat. Das Gefieder ist blendendweiß, im Hochzeitskleide auf dem Oberkopfe, der Vorderbrust und dem Rücken mit langen Schmuckfedern von rostrother Färbung geziert. Das Auge ist hellgelb, der Zügel und das Augenlid grünlichgelb, der Schnabel orangenfarben, der Fuß röthlichgelb, bei jüngeren Vögeln bräunlich. Die Länge beträgt 19, die Breite 34, die Fittiglänge 91/4, die Schwanzlänge 31/4 Zoll. Das Weibchen ist etwas kleiner.
Brehm, Thierleben. IV. 45
Edelreiher. Seidenreiher. Kuhreiher.
Jungen ausgekommen und wohl ſchon einige Tage alt ſind, auch lebhaft „Keck, keck, keck“ ſchreien, ähnlich wie junge Fiſchreiher, aber reiner und minder rauh, und verfolgt ihr Wachsthum bis zum 10. Juli, um welche Zeit der letzte von den jungen Edelreihern auf dem äußerſten Neſtrande ſteht, der zweite ſich im Horſte aufrichtet und der kleinſte noch feſtſitzt. Zwei Tage ſpäter erfährt er, daß der ältere bereits den Horſt verläßt, ſich fliegend auf den nächſten Baum begibt, und faſt den ganzen Nachmittag daſelbſt verweilt, das zweite Junge neben dem Horſte auf dem Aſte, das dritte aufrecht in dem Horſte ſelbſt ſteht, welcher abends alle drei wieder vereinigt. Da erhält das Regiment Befehl, nach der polniſchen Grenze abzurücken und unſerem wackeren Homeyer bangt natürlich für ſeine Schützlinge. Er beeilt ſich, mit allen Jagdliebhabern zu ſprechen, ſtellt die Thiere gleichſam unter den Schutz der ganzen Stadt, macht auf das ſeltene Vorkommen aufmerkſam und hebt hervor, daß, im Fall das Brutgeſchäft in keiner Weiſe geſtört wird, ein Wiederkehren der alten und jungen Vögel im nächſten Jahre durchaus nicht unmöglich ſei. Seine Worte finden ſoviel Anklang, daß er wirklich auf guten Erfolg hoffen darf. Er verläßt am 28. Juli Glogau, die jungen Reiher entfliegen an demſelben Tage ihrem Horſte und — werden auch an demſelben Tage zuſammengeſchoſſen!
Naumann meint, daß der Edelreiher leichter erlegt werden könne als der Fiſchreiher: ich muß das Gegentheil behaupten; denn ich habe erſteren ſtets ſehr ſcheu gefunden. Der Vogel hat auch alle Urſache, Dies zu ſein. Man ſtellt ihm in ſeiner Heimat eifrig nach, insbeſondere der prachtvollen Rückenfedern wegen, aus denen die berühmten Reiherbüſche zuſammengeſetzt werden. Jn den Augen der Ungarn und Wallachen gilt es als ein Kunſtſtück, einen der vorſichtigen Vögel überliſtet zu haben. Neuerdings ſind von Ungarn aus lebende Edelreiher in den Handel gekommen, und gegenwärtig ſieht man den prächtigen Vogel in allen Thiergärten.
Der Seiden- oder kleine Silberreiher (Herodias garzetta) ähnelt dem Edelreiher in Anſehn und Weſen, iſt aber nur 24 Zoll lang und 42 Zoll breit; bei 12 Zoll Fittig- und 4 Zoll Schwanzlänge. Das Auge iſt hochgelb, der Schnabel ſchwarz, der Fuß ſchwarz, in den Gelenken grüngelb.
Hinſichtlich ſeiner Verbreitung ſtimmt der Seidenreiher mit ſeinem edleren Verwandten überein, tritt aber überall häufiger auf als dieſer. Jn den Tiefländern der Donau, Wolga und des Nil iſt er nicht ſelten, auf den Reiherſtänden einer der zahlreicheren Bewohner. Zierlichkeit und Anmuth des Weſens zeichnet ihn vor vielen ſeiner Verwandten aus. Seine Nahrung beſteht hauptſächlich aus kleinen Fiſchchen. Die Brutzeit fällt in die Monate Mai und Juni; die vier bis fünf Eier des Geleges ſehen lichtgrünlich aus.
Gegenwärtig kommt der äußerſt zierliche Vogel oft lebend nach Deutſchland. Jm Thiergarten zu Köln hat ein Pärchen bereits Anſtalt zum Niſten gemacht, und wenn bisher eine Fortpflanzung in der Gefangenſchaft noch nicht erzielt wurde, ſo wird es doch ſpäter gelingen, Seidenreiher im Käfige zu züchten.
Ein allerliebſter Vogel iſt der Kuhreiher (Bubulcus Ibis), wegen ſeiner gedrungenen Geſtalt, des kurzen Halſes, kurzen und kräftigen Schnabels, der niederen Beine und der zerſchliſſenen, haar- artigen Schmuckfedern Vertreter einer beſonderen Sippe, welcher ganz Nordoſtafrika und Südaſien bewohnt, von Egypten aus aber wiederholt Südeuropa beſucht hat. Das Gefieder iſt blendendweiß, im Hochzeitskleide auf dem Oberkopfe, der Vorderbruſt und dem Rücken mit langen Schmuckfedern von roſtrother Färbung geziert. Das Auge iſt hellgelb, der Zügel und das Augenlid grünlichgelb, der Schnabel orangenfarben, der Fuß röthlichgelb, bei jüngeren Vögeln bräunlich. Die Länge beträgt 19, die Breite 34, die Fittiglänge 9¼, die Schwanzlänge 3¼ Zoll. Das Weibchen iſt etwas kleiner.
Brehm, Thierleben. IV. 45
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[705/0747]
Edelreiher. Seidenreiher. Kuhreiher.
Jungen ausgekommen und wohl ſchon einige Tage alt ſind, auch lebhaft „Keck, keck, keck“ ſchreien,
ähnlich wie junge Fiſchreiher, aber reiner und minder rauh, und verfolgt ihr Wachsthum bis zum
10. Juli, um welche Zeit der letzte von den jungen Edelreihern auf dem äußerſten Neſtrande ſteht,
der zweite ſich im Horſte aufrichtet und der kleinſte noch feſtſitzt. Zwei Tage ſpäter erfährt er, daß
der ältere bereits den Horſt verläßt, ſich fliegend auf den nächſten Baum begibt, und faſt den ganzen
Nachmittag daſelbſt verweilt, das zweite Junge neben dem Horſte auf dem Aſte, das dritte aufrecht
in dem Horſte ſelbſt ſteht, welcher abends alle drei wieder vereinigt. Da erhält das Regiment
Befehl, nach der polniſchen Grenze abzurücken und unſerem wackeren Homeyer bangt natürlich für
ſeine Schützlinge. Er beeilt ſich, mit allen Jagdliebhabern zu ſprechen, ſtellt die Thiere gleichſam
unter den Schutz der ganzen Stadt, macht auf das ſeltene Vorkommen aufmerkſam und hebt hervor,
daß, im Fall das Brutgeſchäft in keiner Weiſe geſtört wird, ein Wiederkehren der alten und jungen
Vögel im nächſten Jahre durchaus nicht unmöglich ſei. Seine Worte finden ſoviel Anklang, daß er
wirklich auf guten Erfolg hoffen darf. Er verläßt am 28. Juli Glogau, die jungen Reiher entfliegen
an demſelben Tage ihrem Horſte und — werden auch an demſelben Tage zuſammengeſchoſſen!
Naumann meint, daß der Edelreiher leichter erlegt werden könne als der Fiſchreiher: ich muß
das Gegentheil behaupten; denn ich habe erſteren ſtets ſehr ſcheu gefunden. Der Vogel hat auch alle
Urſache, Dies zu ſein. Man ſtellt ihm in ſeiner Heimat eifrig nach, insbeſondere der prachtvollen
Rückenfedern wegen, aus denen die berühmten Reiherbüſche zuſammengeſetzt werden. Jn den Augen
der Ungarn und Wallachen gilt es als ein Kunſtſtück, einen der vorſichtigen Vögel überliſtet zu haben.
Neuerdings ſind von Ungarn aus lebende Edelreiher in den Handel gekommen, und gegenwärtig ſieht
man den prächtigen Vogel in allen Thiergärten.
Der Seiden- oder kleine Silberreiher (Herodias garzetta) ähnelt dem Edelreiher in
Anſehn und Weſen, iſt aber nur 24 Zoll lang und 42 Zoll breit; bei 12 Zoll Fittig- und 4 Zoll
Schwanzlänge. Das Auge iſt hochgelb, der Schnabel ſchwarz, der Fuß ſchwarz, in den Gelenken
grüngelb.
Hinſichtlich ſeiner Verbreitung ſtimmt der Seidenreiher mit ſeinem edleren Verwandten überein,
tritt aber überall häufiger auf als dieſer. Jn den Tiefländern der Donau, Wolga und des Nil iſt
er nicht ſelten, auf den Reiherſtänden einer der zahlreicheren Bewohner. Zierlichkeit und Anmuth
des Weſens zeichnet ihn vor vielen ſeiner Verwandten aus. Seine Nahrung beſteht hauptſächlich
aus kleinen Fiſchchen. Die Brutzeit fällt in die Monate Mai und Juni; die vier bis fünf Eier des
Geleges ſehen lichtgrünlich aus.
Gegenwärtig kommt der äußerſt zierliche Vogel oft lebend nach Deutſchland. Jm Thiergarten
zu Köln hat ein Pärchen bereits Anſtalt zum Niſten gemacht, und wenn bisher eine Fortpflanzung
in der Gefangenſchaft noch nicht erzielt wurde, ſo wird es doch ſpäter gelingen, Seidenreiher im
Käfige zu züchten.
Ein allerliebſter Vogel iſt der Kuhreiher (Bubulcus Ibis), wegen ſeiner gedrungenen Geſtalt,
des kurzen Halſes, kurzen und kräftigen Schnabels, der niederen Beine und der zerſchliſſenen, haar-
artigen Schmuckfedern Vertreter einer beſonderen Sippe, welcher ganz Nordoſtafrika und Südaſien
bewohnt, von Egypten aus aber wiederholt Südeuropa beſucht hat. Das Gefieder iſt blendendweiß,
im Hochzeitskleide auf dem Oberkopfe, der Vorderbruſt und dem Rücken mit langen Schmuckfedern
von roſtrother Färbung geziert. Das Auge iſt hellgelb, der Zügel und das Augenlid grünlichgelb,
der Schnabel orangenfarben, der Fuß röthlichgelb, bei jüngeren Vögeln bräunlich. Die Länge
beträgt 19, die Breite 34, die Fittiglänge 9¼, die Schwanzlänge 3¼ Zoll. Das Weibchen iſt
etwas kleiner.
Brehm, Thierleben. IV. 45
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/747>, abgerufen am 22.11.2024.
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