welche einige Aehnlichkeit mit der unserer wilden Holztaube hat, aber weit lauter schallend und von einigen anderen Kehltönen begleitet ist. Zuweilen erblickten wir die Aniumas, wie sie von den Sand- bänken an und in dem Flusse stolz einher gingen. Näherten wir uns ihnen einigermaßen, so flegen sie auf und glichen nun durch die breite Fläche ihrer Flügel, durch ihre Farbe und ihren Flügelschlag den Urubus. Sie fußten alsdann immer auf der hohen Krone eines dicht belaubten Waldbaumes, von wo aus sie häufig ihre Stimme hören ließen, während man sie selten sehen konnte. Jn der Brutzeit beobachtet man den Aniuma paarweise, übrigens zu vier, fünf bis sechs Stücken vereinigt. Sie gehen nach ihrer Nahrung auf den Sandbänken im Flusse umher oder in den in jenen Ufern sehr häufig vorkommenden, nicht mit Bäumen bewachsenen Sümpfen. Die Nahrung scheint hauptsächlich in Pflanzenstossen zu bestehen; wenigstens habe ich fünf bis sechs dieser Vögel untersucht und in ihrem Magen nur grüne Blätter einer Grasart und einer anderen breitblätterigen Sumpfpflanze gefunden."
"Das Nest soll man in den Waldsümpfen unweit des Flusses auf dem Boden finden. Es enthält, nach Versicherung der Botokuden, zwei große, weiße Eier und besteht blos aus einigen Reiserchen. Die Jungen laufen sogleich. Das Fleisch liebt man nicht; die Portugiesen essen es nicht, desto gieriger die Botokuden. Die schönen großen Schwungfedern benutzt man zum Schreiben; die Schwanz- federn werden von den Wilden zu ihren Pfeifen verbraucht. Der gemeine Mann hat den Aber- glauben, daß dieser Vogel jedesmal zuvor das Stirnhorn ins Wasser tauche, wenn er trinken will."
"Marcgrave nennt den Aniuma einen Raubvogel, beschreibt ihn übrigens gut und gibt auch die Stimme durch das Wort "Vihu" sehr richtig an. Er redet ferner von der Unzertrennlichkeit beider Gatten, wovon mir die brasilianischen Jäger aber Nichts mitgetheilt haben."
Gezähmte Aniumas zeigen sich folgsam, lassen sich mit Hühnern zusammenhalten und fangen ohne Noth keinen Streit an. Der Gefangene, welcher im londoner Thiergarten lebte, war gegen Menschen sehr zutraulich, setzte sich aber Hunden sofort zur Wehre und wußte seinen Flügelsporen so vortrefflich zu gebrauchen, daß er die Vierfüßler mit einem einzigen Schlage in die Flucht trieb.
Die Tschaja (Chauna Chavaria) trägt kein Horn auf der Stirn und unterscheidet sich vom Aniuma noch außerdem durch den etwas kürzeren Schnabel, den nackten Zügel und das zwar sehr weiche, aber nicht sammtige Gefieder des Kopfes und Halses, welches im Nacken einen Schopf bildet. Die Federn des Oberkopfes und der Holle sind grau, die der Wangen, Kehle und des Oberhalses weiß, die des Mantels dunkelbraun, die des Nackens, der Vorderbrust dunkelaschblau, der Flügelrand, die inneren Deckfedern, die Bauch- und die Steißgegend weißlich. Das Auge ist gelb, der Zügel und nackte Augenring fleischroth, der Schnabel schwarz, der Fuß lichtroth. Die Länge beträgt 32, die Fittiglänge 19, die Schwanzlänge 8 Zoll.
Die Tschaja gehört dem Südosten Brasiliens und den Laplata-Staaten an. Sie lebt ebenso- wohl an den großen Lagunen, im Lande, wie an den Flußufern, bald einsam, bald paarweise, bald in zahlreichen Trupps. An den Flüssen trifft man sie nur da, wo das Ufer flach und das Wasser nicht tief ist, auch nicht stark strömt; sie geht zwar oft ins Wasser, schwimmt aber nicht. Auf dem Boden, ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte, bewegt sie sich würdevoll, hält jedoch den Leib wagerecht und spreizt die Beine etwas aus; im Fliegen erscheint der Körper dick und abgerundet. Der Flug selbst ist geschickt und scheint auch nicht zu ermüden, da die Tschaja sehr oft hoch in die Luft steigt und sich kreisend so hoch hebt, daß man sie nicht mehr wahrnimmt. Jhre Stimme tönt laut, scharf und hell, die des Männchens wie "Tschaja", die des Weibchens wie "Tschajali". Beide Gatten rufen viel, bei Nacht ebensowohl wie bei Tage und antworten sich gegenseitig.
Die Nahrung scheint gemischter Art zu sein. Burmeister sagt an einer Stelle, daß die Tschaja nur Wassergewächse und deren Früchte fresse, an einer anderen, daß sie sich mit kleinen Fischen und
Die Läufer. Stelzvögel. Wehrvögel Rallen.
welche einige Aehnlichkeit mit der unſerer wilden Holztaube hat, aber weit lauter ſchallend und von einigen anderen Kehltönen begleitet iſt. Zuweilen erblickten wir die Aniumas, wie ſie von den Sand- bänken an und in dem Fluſſe ſtolz einher gingen. Näherten wir uns ihnen einigermaßen, ſo flegen ſie auf und glichen nun durch die breite Fläche ihrer Flügel, durch ihre Farbe und ihren Flügelſchlag den Urubus. Sie fußten alsdann immer auf der hohen Krone eines dicht belaubten Waldbaumes, von wo aus ſie häufig ihre Stimme hören ließen, während man ſie ſelten ſehen konnte. Jn der Brutzeit beobachtet man den Aniuma paarweiſe, übrigens zu vier, fünf bis ſechs Stücken vereinigt. Sie gehen nach ihrer Nahrung auf den Sandbänken im Fluſſe umher oder in den in jenen Ufern ſehr häufig vorkommenden, nicht mit Bäumen bewachſenen Sümpfen. Die Nahrung ſcheint hauptſächlich in Pflanzenſtoſſen zu beſtehen; wenigſtens habe ich fünf bis ſechs dieſer Vögel unterſucht und in ihrem Magen nur grüne Blätter einer Grasart und einer anderen breitblätterigen Sumpfpflanze gefunden.“
„Das Neſt ſoll man in den Waldſümpfen unweit des Fluſſes auf dem Boden finden. Es enthält, nach Verſicherung der Botokuden, zwei große, weiße Eier und beſteht blos aus einigen Reiſerchen. Die Jungen laufen ſogleich. Das Fleiſch liebt man nicht; die Portugieſen eſſen es nicht, deſto gieriger die Botokuden. Die ſchönen großen Schwungfedern benutzt man zum Schreiben; die Schwanz- federn werden von den Wilden zu ihren Pfeifen verbraucht. Der gemeine Mann hat den Aber- glauben, daß dieſer Vogel jedesmal zuvor das Stirnhorn ins Waſſer tauche, wenn er trinken will.“
„Marcgrave nennt den Aniuma einen Raubvogel, beſchreibt ihn übrigens gut und gibt auch die Stimme durch das Wort „Vihu“ ſehr richtig an. Er redet ferner von der Unzertrennlichkeit beider Gatten, wovon mir die braſilianiſchen Jäger aber Nichts mitgetheilt haben.“
Gezähmte Aniumas zeigen ſich folgſam, laſſen ſich mit Hühnern zuſammenhalten und fangen ohne Noth keinen Streit an. Der Gefangene, welcher im londoner Thiergarten lebte, war gegen Menſchen ſehr zutraulich, ſetzte ſich aber Hunden ſofort zur Wehre und wußte ſeinen Flügelſporen ſo vortrefflich zu gebrauchen, daß er die Vierfüßler mit einem einzigen Schlage in die Flucht trieb.
Die Tſchaja (Chauna Chavaria) trägt kein Horn auf der Stirn und unterſcheidet ſich vom Aniuma noch außerdem durch den etwas kürzeren Schnabel, den nackten Zügel und das zwar ſehr weiche, aber nicht ſammtige Gefieder des Kopfes und Halſes, welches im Nacken einen Schopf bildet. Die Federn des Oberkopfes und der Holle ſind grau, die der Wangen, Kehle und des Oberhalſes weiß, die des Mantels dunkelbraun, die des Nackens, der Vorderbruſt dunkelaſchblau, der Flügelrand, die inneren Deckfedern, die Bauch- und die Steißgegend weißlich. Das Auge iſt gelb, der Zügel und nackte Augenring fleiſchroth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß lichtroth. Die Länge beträgt 32, die Fittiglänge 19, die Schwanzlänge 8 Zoll.
Die Tſchaja gehört dem Südoſten Braſiliens und den Laplata-Staaten an. Sie lebt ebenſo- wohl an den großen Lagunen, im Lande, wie an den Flußufern, bald einſam, bald paarweiſe, bald in zahlreichen Trupps. An den Flüſſen trifft man ſie nur da, wo das Ufer flach und das Waſſer nicht tief iſt, auch nicht ſtark ſtrömt; ſie geht zwar oft ins Waſſer, ſchwimmt aber nicht. Auf dem Boden, ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte, bewegt ſie ſich würdevoll, hält jedoch den Leib wagerecht und ſpreizt die Beine etwas aus; im Fliegen erſcheint der Körper dick und abgerundet. Der Flug ſelbſt iſt geſchickt und ſcheint auch nicht zu ermüden, da die Tſchaja ſehr oft hoch in die Luft ſteigt und ſich kreiſend ſo hoch hebt, daß man ſie nicht mehr wahrnimmt. Jhre Stimme tönt laut, ſcharf und hell, die des Männchens wie „Tſchaja“, die des Weibchens wie „Tſchajali“. Beide Gatten rufen viel, bei Nacht ebenſowohl wie bei Tage und antworten ſich gegenſeitig.
Die Nahrung ſcheint gemiſchter Art zu ſein. Burmeiſter ſagt an einer Stelle, daß die Tſchaja nur Waſſergewächſe und deren Früchte freſſe, an einer anderen, daß ſie ſich mit kleinen Fiſchen und
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einigen anderen Kehltönen begleitet iſt. Zuweilen erblickten wir die Aniumas, wie ſie von den Sand-
bänken an und in dem Fluſſe ſtolz einher gingen. Näherten wir uns ihnen einigermaßen, ſo flegen
ſie auf und glichen nun durch die breite Fläche ihrer Flügel, durch ihre Farbe und ihren Flügelſchlag
den Urubus. Sie fußten alsdann immer auf der hohen Krone eines dicht belaubten Waldbaumes,
von wo aus ſie häufig ihre Stimme hören ließen, während man ſie ſelten ſehen konnte. Jn der
Brutzeit beobachtet man den Aniuma paarweiſe, übrigens zu vier, fünf bis ſechs Stücken vereinigt.
Sie gehen nach ihrer Nahrung auf den Sandbänken im Fluſſe umher oder in den in jenen Ufern ſehr
häufig vorkommenden, nicht mit Bäumen bewachſenen Sümpfen. Die Nahrung ſcheint hauptſächlich
in Pflanzenſtoſſen zu beſtehen; wenigſtens habe ich fünf bis ſechs dieſer Vögel unterſucht und in ihrem
Magen nur grüne Blätter einer Grasart und einer anderen breitblätterigen Sumpfpflanze gefunden.“
„Das Neſt ſoll man in den Waldſümpfen unweit des Fluſſes auf dem Boden finden. Es enthält,
nach Verſicherung der Botokuden, zwei große, weiße Eier und beſteht blos aus einigen Reiſerchen.
Die Jungen laufen ſogleich. Das Fleiſch liebt man nicht; die Portugieſen eſſen es nicht, deſto
gieriger die Botokuden. Die ſchönen großen Schwungfedern benutzt man zum Schreiben; die Schwanz-
federn werden von den Wilden zu ihren Pfeifen verbraucht. Der gemeine Mann hat den Aber-
glauben, daß dieſer Vogel jedesmal zuvor das Stirnhorn ins Waſſer tauche, wenn er trinken will.“
„Marcgrave nennt den Aniuma einen Raubvogel, beſchreibt ihn übrigens gut und gibt auch die
Stimme durch das Wort „Vihu“ ſehr richtig an. Er redet ferner von der Unzertrennlichkeit beider
Gatten, wovon mir die braſilianiſchen Jäger aber Nichts mitgetheilt haben.“
Gezähmte Aniumas zeigen ſich folgſam, laſſen ſich mit Hühnern zuſammenhalten und fangen
ohne Noth keinen Streit an. Der Gefangene, welcher im londoner Thiergarten lebte, war gegen
Menſchen ſehr zutraulich, ſetzte ſich aber Hunden ſofort zur Wehre und wußte ſeinen Flügelſporen ſo
vortrefflich zu gebrauchen, daß er die Vierfüßler mit einem einzigen Schlage in die Flucht trieb.
Die Tſchaja (Chauna Chavaria) trägt kein Horn auf der Stirn und unterſcheidet ſich vom
Aniuma noch außerdem durch den etwas kürzeren Schnabel, den nackten Zügel und das zwar ſehr
weiche, aber nicht ſammtige Gefieder des Kopfes und Halſes, welches im Nacken einen Schopf bildet.
Die Federn des Oberkopfes und der Holle ſind grau, die der Wangen, Kehle und des Oberhalſes
weiß, die des Mantels dunkelbraun, die des Nackens, der Vorderbruſt dunkelaſchblau, der Flügelrand,
die inneren Deckfedern, die Bauch- und die Steißgegend weißlich. Das Auge iſt gelb, der Zügel
und nackte Augenring fleiſchroth, der Schnabel ſchwarz, der Fuß lichtroth. Die Länge beträgt 32,
die Fittiglänge 19, die Schwanzlänge 8 Zoll.
Die Tſchaja gehört dem Südoſten Braſiliens und den Laplata-Staaten an. Sie lebt ebenſo-
wohl an den großen Lagunen, im Lande, wie an den Flußufern, bald einſam, bald paarweiſe, bald
in zahlreichen Trupps. An den Flüſſen trifft man ſie nur da, wo das Ufer flach und das Waſſer
nicht tief iſt, auch nicht ſtark ſtrömt; ſie geht zwar oft ins Waſſer, ſchwimmt aber nicht. Auf dem
Boden, ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsorte, bewegt ſie ſich würdevoll, hält jedoch den Leib wagerecht
und ſpreizt die Beine etwas aus; im Fliegen erſcheint der Körper dick und abgerundet. Der Flug
ſelbſt iſt geſchickt und ſcheint auch nicht zu ermüden, da die Tſchaja ſehr oft hoch in die Luft ſteigt und
ſich kreiſend ſo hoch hebt, daß man ſie nicht mehr wahrnimmt. Jhre Stimme tönt laut, ſcharf und
hell, die des Männchens wie „Tſchaja“, die des Weibchens wie „Tſchajali“. Beide Gatten rufen viel,
bei Nacht ebenſowohl wie bei Tage und antworten ſich gegenſeitig.
Die Nahrung ſcheint gemiſchter Art zu ſein. Burmeiſter ſagt an einer Stelle, daß die Tſchaja
nur Waſſergewächſe und deren Früchte freſſe, an einer anderen, daß ſie ſich mit kleinen Fiſchen und
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/786>, abgerufen am 22.11.2024.
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