ermüdet sie ebenfalls bald, erfordert beständig sehr rasche Schläge der verhältnißmäßig doch kleinen Flügel und geht auch meist in geringer Höhe und gerade über dem Wasser hin. Erst, wenn sie in diesem sich befindet, zeigt sie ihre eigentliche Bewegungsfähigkeit. Sie schwimmt mit minder tief eingesenktem Leibe als andere Tauchenten, aber rascher als jede andere bekannte Art, taucht auch in viel bedeutendere Tiefen hinab. Holboell versichert mit Faber übereinstimmend, daß sie sich ihre Nahrung zuweilen aus einer Tiefe von fünfundzwanzig Faden emporholt, auch bis sechs Minuten unter Wasser verweilen kann, und erwähnt später, daß von den ihm bekannten Vögeln nur die Pracht- eiderente, welche nach seinen Erfahrungen bis fünfundsechzig Faden tauchen und bis neun Minuten unter Wasser verweilen kann, sie übertreffe. Jch habe sie sehr oft tauchen sehen, eine so lange Zeit ihres Wegbleibens aber nie beobachtet, vielmehr gefunden, daß sie in der Regel nach anderthalb, höchstens zwei Minuten wieder an der Oberfläche des Wassers erschien. Die Stimme des Männchens ist ein nicht eben lautes, aber sehr klangvolles, wenn auch brummendes "Ahu, ahu, ahua", die des Weibchens ein eigenthümliches, oft wiederholtes "Korr, korr, korrerr". An Sinnesschärfe steht sie hinter keiner anderen Art ihrer Familie zurück, und an geistigen Fähigkeiten scheint sie die meisten noch zu über- treffen. Sie ist, wenn sie auf dem Meere sich befindet, sehr vorsichtig und läßt selbst das bekannte Fischerboot selten so nahe an sich herankommen, daß man von ihm aus selten einen wirksamen Schuß abgeben könnte; aber sie merkt es bald, wenn man ihr wohl will und beträgt sich dann zuweilen wie ein wirkliches Hausthier, obschon nur während der Brutzeit.
Alle Eidervögel brüten erst ziemlich spät im Jahre, nicht vor Ausgangs Mai, gewöhnlich erst im Juni und Juli. Zu diesem Zwecke versammeln sie sich um gewisse kleine Jnseln, solche nämlich, welche ihnen das Landen leicht machen. Die Paare trennen sich von dem großen Haufen, und Männchen und Weibchen watscheln nun auf das Land hinaus, um sich eine passende Niststelle zu suchen. Bedingung derselben ist geschützte Lage. Dementsprechend werden Jnseln, welche theil- weise mit niederem Gestrüppe bewachsen sind, allen übrigen vorgezogen. Da, wo der Mensch sich um das Brutgeschäft kümmert, trifft er zum Empfange der nützlichen Gäste Vorkehrungen, indem er alte Kisten am Strande aufstellt, Steine mit Bretern oder Reisig überdeckt und anderweitige Versteck- plätze vorrichtet. So scheu der Eidervogel früher war, so zutraulich zeigt er sich jetzt. Er hält sich des Schutzes abseiten des Menschen im Voraus versichert und läßt sich durch dessen Treiben in keiner Weise behelligen oder stören. Bis unmittelbar an das einsame Gehöft des Küstenbewohners, bis in dieses selbst, bis ins Jnnere der Hütte watschelt er, um sich einen passenden Platz zum Neste aufzu- suchen, und gar nicht selten geschieht es, daß einzelne Eidervögelweibchen in den Kammern und Ställen, in Backöfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich lästig werden. Anfänglich begleitet das Männchen das Weibchen regelmäßig bei allen diesen Fußwanderungen, erscheint mit ihm am Morgen am Lande, fliegt gegen Mittag nach den Fjords hinaus, schwimmt dem hohen Meere zu, kehrt gegen Abend zurück, tritt am nächsten Morgen eine ähnliche Wanderung an und hält, während das Weibchen legt, Wache beim Neste: wenn aber das Gelege vollständig geworden ist, verläßt es Nest und Weibchen und fliegt nun auf das Meer hinaus, um sich hier mit anderen Männchen zu vereinigen. Um einzelne Schären Norwegens sieht man diese Strohwitwer massenhaft geschart, einen förmlichen Kranz um das Eiland bildend. Das Nest ist ein sehr einfacher Bau. Es besteht nur aus denjenigen Stoffen, welche sich in nächster Nähe finden und wird höchst liederlich zusammengeschichtet, bald von feinem Reißig, bald von Seetang, bald von Gras oder Strohabfällen und dergleichen. Umso dichter und reicher ist die innere Dunenausfütterung, der kostbare Zoll, welchen die brütenden Eidervögel dem sie freundlich schützenden Menschen zurücklassen. Das Gelege besteht aus vier bis zehn, in der Regel sechs bis acht rein eiförmigen, glattschaligen, schmuzig- oder graugrünen Eiern.
Schon nach wenig Tagen sitzt die brütende Alte sehr fest auf dem Neste und da, wo sie an den Menschen gewöhnt ist, weicht sie beim Kommen desselben nicht von der Stelle, sondern drückt nur den Kopf zu Boden und breitet die Flügel ein wenig, um sich unkenntlich zu machen. Die Färbung ihres
Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Tauchenten.
ermüdet ſie ebenfalls bald, erfordert beſtändig ſehr raſche Schläge der verhältnißmäßig doch kleinen Flügel und geht auch meiſt in geringer Höhe und gerade über dem Waſſer hin. Erſt, wenn ſie in dieſem ſich befindet, zeigt ſie ihre eigentliche Bewegungsfähigkeit. Sie ſchwimmt mit minder tief eingeſenktem Leibe als andere Tauchenten, aber raſcher als jede andere bekannte Art, taucht auch in viel bedeutendere Tiefen hinab. Holboell verſichert mit Faber übereinſtimmend, daß ſie ſich ihre Nahrung zuweilen aus einer Tiefe von fünfundzwanzig Faden emporholt, auch bis ſechs Minuten unter Waſſer verweilen kann, und erwähnt ſpäter, daß von den ihm bekannten Vögeln nur die Pracht- eiderente, welche nach ſeinen Erfahrungen bis fünfundſechzig Faden tauchen und bis neun Minuten unter Waſſer verweilen kann, ſie übertreffe. Jch habe ſie ſehr oft tauchen ſehen, eine ſo lange Zeit ihres Wegbleibens aber nie beobachtet, vielmehr gefunden, daß ſie in der Regel nach anderthalb, höchſtens zwei Minuten wieder an der Oberfläche des Waſſers erſchien. Die Stimme des Männchens iſt ein nicht eben lautes, aber ſehr klangvolles, wenn auch brummendes „Ahu, ahu, ahua“, die des Weibchens ein eigenthümliches, oft wiederholtes „Korr, korr, korrerr“. An Sinnesſchärfe ſteht ſie hinter keiner anderen Art ihrer Familie zurück, und an geiſtigen Fähigkeiten ſcheint ſie die meiſten noch zu über- treffen. Sie iſt, wenn ſie auf dem Meere ſich befindet, ſehr vorſichtig und läßt ſelbſt das bekannte Fiſcherboot ſelten ſo nahe an ſich herankommen, daß man von ihm aus ſelten einen wirkſamen Schuß abgeben könnte; aber ſie merkt es bald, wenn man ihr wohl will und beträgt ſich dann zuweilen wie ein wirkliches Hausthier, obſchon nur während der Brutzeit.
Alle Eidervögel brüten erſt ziemlich ſpät im Jahre, nicht vor Ausgangs Mai, gewöhnlich erſt im Juni und Juli. Zu dieſem Zwecke verſammeln ſie ſich um gewiſſe kleine Jnſeln, ſolche nämlich, welche ihnen das Landen leicht machen. Die Paare trennen ſich von dem großen Haufen, und Männchen und Weibchen watſcheln nun auf das Land hinaus, um ſich eine paſſende Niſtſtelle zu ſuchen. Bedingung derſelben iſt geſchützte Lage. Dementſprechend werden Jnſeln, welche theil- weiſe mit niederem Geſtrüppe bewachſen ſind, allen übrigen vorgezogen. Da, wo der Menſch ſich um das Brutgeſchäft kümmert, trifft er zum Empfange der nützlichen Gäſte Vorkehrungen, indem er alte Kiſten am Strande aufſtellt, Steine mit Bretern oder Reiſig überdeckt und anderweitige Verſteck- plätze vorrichtet. So ſcheu der Eidervogel früher war, ſo zutraulich zeigt er ſich jetzt. Er hält ſich des Schutzes abſeiten des Menſchen im Voraus verſichert und läßt ſich durch deſſen Treiben in keiner Weiſe behelligen oder ſtören. Bis unmittelbar an das einſame Gehöft des Küſtenbewohners, bis in dieſes ſelbſt, bis ins Jnnere der Hütte watſchelt er, um ſich einen paſſenden Platz zum Neſte aufzu- ſuchen, und gar nicht ſelten geſchieht es, daß einzelne Eidervögelweibchen in den Kammern und Ställen, in Backöfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich läſtig werden. Anfänglich begleitet das Männchen das Weibchen regelmäßig bei allen dieſen Fußwanderungen, erſcheint mit ihm am Morgen am Lande, fliegt gegen Mittag nach den Fjords hinaus, ſchwimmt dem hohen Meere zu, kehrt gegen Abend zurück, tritt am nächſten Morgen eine ähnliche Wanderung an und hält, während das Weibchen legt, Wache beim Neſte: wenn aber das Gelege vollſtändig geworden iſt, verläßt es Neſt und Weibchen und fliegt nun auf das Meer hinaus, um ſich hier mit anderen Männchen zu vereinigen. Um einzelne Schären Norwegens ſieht man dieſe Strohwitwer maſſenhaft geſchart, einen förmlichen Kranz um das Eiland bildend. Das Neſt iſt ein ſehr einfacher Bau. Es beſteht nur aus denjenigen Stoffen, welche ſich in nächſter Nähe finden und wird höchſt liederlich zuſammengeſchichtet, bald von feinem Reißig, bald von Seetang, bald von Gras oder Strohabfällen und dergleichen. Umſo dichter und reicher iſt die innere Dunenausfütterung, der koſtbare Zoll, welchen die brütenden Eidervögel dem ſie freundlich ſchützenden Menſchen zurücklaſſen. Das Gelege beſteht aus vier bis zehn, in der Regel ſechs bis acht rein eiförmigen, glattſchaligen, ſchmuzig- oder graugrünen Eiern.
Schon nach wenig Tagen ſitzt die brütende Alte ſehr feſt auf dem Neſte und da, wo ſie an den Menſchen gewöhnt iſt, weicht ſie beim Kommen deſſelben nicht von der Stelle, ſondern drückt nur den Kopf zu Boden und breitet die Flügel ein wenig, um ſich unkenntlich zu machen. Die Färbung ihres
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[838/0888]
Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Tauchenten.
ermüdet ſie ebenfalls bald, erfordert beſtändig ſehr raſche Schläge der verhältnißmäßig doch kleinen
Flügel und geht auch meiſt in geringer Höhe und gerade über dem Waſſer hin. Erſt, wenn ſie in
dieſem ſich befindet, zeigt ſie ihre eigentliche Bewegungsfähigkeit. Sie ſchwimmt mit minder tief
eingeſenktem Leibe als andere Tauchenten, aber raſcher als jede andere bekannte Art, taucht auch in
viel bedeutendere Tiefen hinab. Holboell verſichert mit Faber übereinſtimmend, daß ſie ſich ihre
Nahrung zuweilen aus einer Tiefe von fünfundzwanzig Faden emporholt, auch bis ſechs Minuten
unter Waſſer verweilen kann, und erwähnt ſpäter, daß von den ihm bekannten Vögeln nur die Pracht-
eiderente, welche nach ſeinen Erfahrungen bis fünfundſechzig Faden tauchen und bis neun Minuten unter
Waſſer verweilen kann, ſie übertreffe. Jch habe ſie ſehr oft tauchen ſehen, eine ſo lange Zeit ihres
Wegbleibens aber nie beobachtet, vielmehr gefunden, daß ſie in der Regel nach anderthalb, höchſtens
zwei Minuten wieder an der Oberfläche des Waſſers erſchien. Die Stimme des Männchens iſt ein
nicht eben lautes, aber ſehr klangvolles, wenn auch brummendes „Ahu, ahu, ahua“, die des Weibchens
ein eigenthümliches, oft wiederholtes „Korr, korr, korrerr“. An Sinnesſchärfe ſteht ſie hinter keiner
anderen Art ihrer Familie zurück, und an geiſtigen Fähigkeiten ſcheint ſie die meiſten noch zu über-
treffen. Sie iſt, wenn ſie auf dem Meere ſich befindet, ſehr vorſichtig und läßt ſelbſt das bekannte
Fiſcherboot ſelten ſo nahe an ſich herankommen, daß man von ihm aus ſelten einen wirkſamen Schuß
abgeben könnte; aber ſie merkt es bald, wenn man ihr wohl will und beträgt ſich dann zuweilen wie
ein wirkliches Hausthier, obſchon nur während der Brutzeit.
Alle Eidervögel brüten erſt ziemlich ſpät im Jahre, nicht vor Ausgangs Mai, gewöhnlich erſt
im Juni und Juli. Zu dieſem Zwecke verſammeln ſie ſich um gewiſſe kleine Jnſeln, ſolche nämlich,
welche ihnen das Landen leicht machen. Die Paare trennen ſich von dem großen Haufen, und
Männchen und Weibchen watſcheln nun auf das Land hinaus, um ſich eine paſſende Niſtſtelle zu
ſuchen. Bedingung derſelben iſt geſchützte Lage. Dementſprechend werden Jnſeln, welche theil-
weiſe mit niederem Geſtrüppe bewachſen ſind, allen übrigen vorgezogen. Da, wo der Menſch ſich
um das Brutgeſchäft kümmert, trifft er zum Empfange der nützlichen Gäſte Vorkehrungen, indem er
alte Kiſten am Strande aufſtellt, Steine mit Bretern oder Reiſig überdeckt und anderweitige Verſteck-
plätze vorrichtet. So ſcheu der Eidervogel früher war, ſo zutraulich zeigt er ſich jetzt. Er hält ſich
des Schutzes abſeiten des Menſchen im Voraus verſichert und läßt ſich durch deſſen Treiben in keiner
Weiſe behelligen oder ſtören. Bis unmittelbar an das einſame Gehöft des Küſtenbewohners, bis in
dieſes ſelbſt, bis ins Jnnere der Hütte watſchelt er, um ſich einen paſſenden Platz zum Neſte aufzu-
ſuchen, und gar nicht ſelten geſchieht es, daß einzelne Eidervögelweibchen in den Kammern und
Ställen, in Backöfen und ähnlichen Orten brüten, ja der Hausfrau förmlich läſtig werden. Anfänglich
begleitet das Männchen das Weibchen regelmäßig bei allen dieſen Fußwanderungen, erſcheint mit ihm
am Morgen am Lande, fliegt gegen Mittag nach den Fjords hinaus, ſchwimmt dem hohen Meere
zu, kehrt gegen Abend zurück, tritt am nächſten Morgen eine ähnliche Wanderung an und hält,
während das Weibchen legt, Wache beim Neſte: wenn aber das Gelege vollſtändig geworden iſt,
verläßt es Neſt und Weibchen und fliegt nun auf das Meer hinaus, um ſich hier mit anderen
Männchen zu vereinigen. Um einzelne Schären Norwegens ſieht man dieſe Strohwitwer maſſenhaft
geſchart, einen förmlichen Kranz um das Eiland bildend. Das Neſt iſt ein ſehr einfacher Bau. Es
beſteht nur aus denjenigen Stoffen, welche ſich in nächſter Nähe finden und wird höchſt liederlich
zuſammengeſchichtet, bald von feinem Reißig, bald von Seetang, bald von Gras oder Strohabfällen
und dergleichen. Umſo dichter und reicher iſt die innere Dunenausfütterung, der koſtbare Zoll,
welchen die brütenden Eidervögel dem ſie freundlich ſchützenden Menſchen zurücklaſſen. Das Gelege
beſteht aus vier bis zehn, in der Regel ſechs bis acht rein eiförmigen, glattſchaligen, ſchmuzig- oder
graugrünen Eiern.
Schon nach wenig Tagen ſitzt die brütende Alte ſehr feſt auf dem Neſte und da, wo ſie an den
Menſchen gewöhnt iſt, weicht ſie beim Kommen deſſelben nicht von der Stelle, ſondern drückt nur den
Kopf zu Boden und breitet die Flügel ein wenig, um ſich unkenntlich zu machen. Die Färbung ihres
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 838. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/888>, abgerufen am 16.07.2024.
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