arg kommen, wenn sie ihre gewöhnliche Feigheit verleugnen. Unter sich leben die gleichen Arten außerordentlich friedlich und betreiben auch ihre Geschäfte soviel als möglich gemeinschaftlich, verschiedene Arten aber vereinigen sich nie.
Das tägliche Leben der Pelekane ist geregelt. Die frühen Morgenstunden werden zur Jagd benutzt; deshalb sieht man um diese Zeit unsere Vögel in vielseitigster Bewegung. Kleinere oder größere Flüge ziehen dahin, die ersteren in einer schiefen Linie, die letzteren in der bekannten Keil- ordnung; die einen wenden sich seichten Buchten zu, die anderen kommen von diesen bereits gesättigt zurück. Einzelne fischende Pelekane habe ich nur in Griechenland gesehen; gewöhnlich waren es sehr zahlreiche Schwärme, welche sich zu diesem Thun vereinigt hatten. Gegen zehn Uhr vormittags haben sich Alle gesättigt und fliegen nun einer beliebten Sandbank oder Baumgruppe zu, um hier auszuruhen, zu verdauen und dabei das Gefieder zu putzen und neu einzufetten. Letztere Thätigkeit nimmt viele Zeit in Anspruch, weil der ungefüge Schnabel das Geschäft erschwert und sehr sonderbare Stellungen nöthig macht, namentlich wenn es sich darum handelt, die Federn des Halses zu bearbeiten. Nachdem das Putzen vorüber, nehmen die durch das behagliche Gefühl der Verdauung träge gewordenen Vögel verschiedene Stellungen an, je nachdem sie auf Bäumen oder auf dem Boden sitzen. Dort stellen sie sich mit tief eingezogenem Halse gewöhnlich sehr senkrecht auf die Aeste, hier legen sie sich nicht selten platt auf den Bauch nieder. Bis gegen Mittag kommen beständig neue herbei, und die Versammlung wächst demnach von Minute zu Minute. Nachmittags zwischen drei und vier Uhr beginnen die Reihen sich wieder zu lichten; gesellschaftsweise ziehen sie zu neuem Fange aus. Die zweite Jagd währt bis Sonnenuntergang, dann fliegt die Gesellschaft dem Schlafplatze zu. Nur da, wo es an Bäumen mangelt, ist dieser eine flache Sandbank oder eine einsame Jnsel; da, wo es baum- bedeckte Jnseln gibt, schlafen die Pelekane stets auf solchen.
Ueber die Fortpflanzung der Pelekane habe ich eigene Beobachtungen nicht sammeln können. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß sie im Jnnern Afrikas auch auf Bäumen brüten, weil man sie dort stets auf solchen sitzen sieht; in Südeuropa hingegen wählen sie, wie von der Mühle uns belehrt, Sümpfe und Seen zu ihren Brutansiedelungen. "An solchen nur mit den unglaublichsten Schwierig- keiten zu erreichenden Orten", sagt unser Gewährsmann, "wo schwimmende Jnseln sich befinden, stehen auf diesen, dicht an einander gedrängt, die grob aus Rohr und Schilf zusammengetretenen, meistens nassen oder feuchten Nester. Die ganze Umgegend ist mit ihrem dünnflüssigen, weißen Unrathe bedeckt und die Ausdünstung desselben, sowie einer Menge faulender Fische, die beim Füttern verloren gingen, verbreiten in dieser heißen Jahreszeit einen ekelerregenden, unerträglichen, verpestenden Gestank. Sonderbar, daß sie nicht zu gleicher Zeit brüten; denn man findet auf den Eiern sitzende Weibchen neben flüggen Jungen, ja mein Freund Freyberg, der diese Brutplätze mehrere Male besuchte, versicherte mich, in einem Neste, -- wenn das zusammengetretene Rohr ohne alle Vertiefung diesen Namen verdient -- ein erwachsenes und ein noch mit Flaum bedecktes Junges gefunden zu haben, welches sich nicht anders erklären läßt, als daß zwei Weibchen zusammen in dasselbe Nest gelegt haben." Das Gelege soll aus drei bis fünf Eiern bestehen: so wenigstens wird in Bädecker's ausgezeichnetem Eierwerke angegeben, während an Gefangenen beobachtet wurde, daß sie nur zwei Eier legten. Die Eier sind verhältnißmäßig klein, nicht so groß als Schwaneneier und von einer eigenthümlichen mehr oder weniger lang gestreckten, nach beiden Enden gleich verdünnten Gestalt; bläulichweiß von Farbe, aber immer mit einer dick aufliegenden Kalkkruste bedeckt, die, nach dem Legen noch weich und breiartig, von den Neststoffen stellenweise zusammengeschoben ist und Ein- drücke erhalten hat. Ein bräunlichschmuziger Ueberzug, welchen sie nach längerer Bebrütung annehmen, haftet so fest an ihnen, daß er sich kaum wieder reinigen läßt. Die Jungen haben ein höchst einfältiges Aussehen, lassen beständig heisere und "schirpende" Laute vernehmen und sind überhaupt höchst widerliche Geschöpfe. Jhre Alten lieben sie sehr und vergessen im Neste alle ihnen sonst eigene Scheu, sodaß man hier ihrer soviel erlegen kann, als man will.
Die Schwimmer. Ruderfüßler. Pelekane.
arg kommen, wenn ſie ihre gewöhnliche Feigheit verleugnen. Unter ſich leben die gleichen Arten außerordentlich friedlich und betreiben auch ihre Geſchäfte ſoviel als möglich gemeinſchaftlich, verſchiedene Arten aber vereinigen ſich nie.
Das tägliche Leben der Pelekane iſt geregelt. Die frühen Morgenſtunden werden zur Jagd benutzt; deshalb ſieht man um dieſe Zeit unſere Vögel in vielſeitigſter Bewegung. Kleinere oder größere Flüge ziehen dahin, die erſteren in einer ſchiefen Linie, die letzteren in der bekannten Keil- ordnung; die einen wenden ſich ſeichten Buchten zu, die anderen kommen von dieſen bereits geſättigt zurück. Einzelne fiſchende Pelekane habe ich nur in Griechenland geſehen; gewöhnlich waren es ſehr zahlreiche Schwärme, welche ſich zu dieſem Thun vereinigt hatten. Gegen zehn Uhr vormittags haben ſich Alle geſättigt und fliegen nun einer beliebten Sandbank oder Baumgruppe zu, um hier auszuruhen, zu verdauen und dabei das Gefieder zu putzen und neu einzufetten. Letztere Thätigkeit nimmt viele Zeit in Anſpruch, weil der ungefüge Schnabel das Geſchäft erſchwert und ſehr ſonderbare Stellungen nöthig macht, namentlich wenn es ſich darum handelt, die Federn des Halſes zu bearbeiten. Nachdem das Putzen vorüber, nehmen die durch das behagliche Gefühl der Verdauung träge gewordenen Vögel verſchiedene Stellungen an, je nachdem ſie auf Bäumen oder auf dem Boden ſitzen. Dort ſtellen ſie ſich mit tief eingezogenem Halſe gewöhnlich ſehr ſenkrecht auf die Aeſte, hier legen ſie ſich nicht ſelten platt auf den Bauch nieder. Bis gegen Mittag kommen beſtändig neue herbei, und die Verſammlung wächſt demnach von Minute zu Minute. Nachmittags zwiſchen drei und vier Uhr beginnen die Reihen ſich wieder zu lichten; geſellſchaftsweiſe ziehen ſie zu neuem Fange aus. Die zweite Jagd währt bis Sonnenuntergang, dann fliegt die Geſellſchaft dem Schlafplatze zu. Nur da, wo es an Bäumen mangelt, iſt dieſer eine flache Sandbank oder eine einſame Jnſel; da, wo es baum- bedeckte Jnſeln gibt, ſchlafen die Pelekane ſtets auf ſolchen.
Ueber die Fortpflanzung der Pelekane habe ich eigene Beobachtungen nicht ſammeln können. Es iſt mir nicht unwahrſcheinlich, daß ſie im Jnnern Afrikas auch auf Bäumen brüten, weil man ſie dort ſtets auf ſolchen ſitzen ſieht; in Südeuropa hingegen wählen ſie, wie von der Mühle uns belehrt, Sümpfe und Seen zu ihren Brutanſiedelungen. „An ſolchen nur mit den unglaublichſten Schwierig- keiten zu erreichenden Orten“, ſagt unſer Gewährsmann, „wo ſchwimmende Jnſeln ſich befinden, ſtehen auf dieſen, dicht an einander gedrängt, die grob aus Rohr und Schilf zuſammengetretenen, meiſtens naſſen oder feuchten Neſter. Die ganze Umgegend iſt mit ihrem dünnflüſſigen, weißen Unrathe bedeckt und die Ausdünſtung deſſelben, ſowie einer Menge faulender Fiſche, die beim Füttern verloren gingen, verbreiten in dieſer heißen Jahreszeit einen ekelerregenden, unerträglichen, verpeſtenden Geſtank. Sonderbar, daß ſie nicht zu gleicher Zeit brüten; denn man findet auf den Eiern ſitzende Weibchen neben flüggen Jungen, ja mein Freund Freyberg, der dieſe Brutplätze mehrere Male beſuchte, verſicherte mich, in einem Neſte, — wenn das zuſammengetretene Rohr ohne alle Vertiefung dieſen Namen verdient — ein erwachſenes und ein noch mit Flaum bedecktes Junges gefunden zu haben, welches ſich nicht anders erklären läßt, als daß zwei Weibchen zuſammen in daſſelbe Neſt gelegt haben.“ Das Gelege ſoll aus drei bis fünf Eiern beſtehen: ſo wenigſtens wird in Bädecker’s ausgezeichnetem Eierwerke angegeben, während an Gefangenen beobachtet wurde, daß ſie nur zwei Eier legten. Die Eier ſind verhältnißmäßig klein, nicht ſo groß als Schwaneneier und von einer eigenthümlichen mehr oder weniger lang geſtreckten, nach beiden Enden gleich verdünnten Geſtalt; bläulichweiß von Farbe, aber immer mit einer dick aufliegenden Kalkkruſte bedeckt, die, nach dem Legen noch weich und breiartig, von den Neſtſtoffen ſtellenweiſe zuſammengeſchoben iſt und Ein- drücke erhalten hat. Ein bräunlichſchmuziger Ueberzug, welchen ſie nach längerer Bebrütung annehmen, haftet ſo feſt an ihnen, daß er ſich kaum wieder reinigen läßt. Die Jungen haben ein höchſt einfältiges Ausſehen, laſſen beſtändig heiſere und „ſchirpende“ Laute vernehmen und ſind überhaupt höchſt widerliche Geſchöpfe. Jhre Alten lieben ſie ſehr und vergeſſen im Neſte alle ihnen ſonſt eigene Scheu, ſodaß man hier ihrer ſoviel erlegen kann, als man will.
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Die Schwimmer. Ruderfüßler. Pelekane.
arg kommen, wenn ſie ihre gewöhnliche Feigheit verleugnen. Unter ſich leben die gleichen Arten
außerordentlich friedlich und betreiben auch ihre Geſchäfte ſoviel als möglich gemeinſchaftlich,
verſchiedene Arten aber vereinigen ſich nie.
Das tägliche Leben der Pelekane iſt geregelt. Die frühen Morgenſtunden werden zur Jagd
benutzt; deshalb ſieht man um dieſe Zeit unſere Vögel in vielſeitigſter Bewegung. Kleinere oder
größere Flüge ziehen dahin, die erſteren in einer ſchiefen Linie, die letzteren in der bekannten Keil-
ordnung; die einen wenden ſich ſeichten Buchten zu, die anderen kommen von dieſen bereits geſättigt
zurück. Einzelne fiſchende Pelekane habe ich nur in Griechenland geſehen; gewöhnlich waren es ſehr
zahlreiche Schwärme, welche ſich zu dieſem Thun vereinigt hatten. Gegen zehn Uhr vormittags haben
ſich Alle geſättigt und fliegen nun einer beliebten Sandbank oder Baumgruppe zu, um hier auszuruhen,
zu verdauen und dabei das Gefieder zu putzen und neu einzufetten. Letztere Thätigkeit nimmt viele
Zeit in Anſpruch, weil der ungefüge Schnabel das Geſchäft erſchwert und ſehr ſonderbare Stellungen
nöthig macht, namentlich wenn es ſich darum handelt, die Federn des Halſes zu bearbeiten. Nachdem
das Putzen vorüber, nehmen die durch das behagliche Gefühl der Verdauung träge gewordenen Vögel
verſchiedene Stellungen an, je nachdem ſie auf Bäumen oder auf dem Boden ſitzen. Dort ſtellen
ſie ſich mit tief eingezogenem Halſe gewöhnlich ſehr ſenkrecht auf die Aeſte, hier legen ſie ſich nicht
ſelten platt auf den Bauch nieder. Bis gegen Mittag kommen beſtändig neue herbei, und die
Verſammlung wächſt demnach von Minute zu Minute. Nachmittags zwiſchen drei und vier Uhr
beginnen die Reihen ſich wieder zu lichten; geſellſchaftsweiſe ziehen ſie zu neuem Fange aus. Die
zweite Jagd währt bis Sonnenuntergang, dann fliegt die Geſellſchaft dem Schlafplatze zu. Nur da,
wo es an Bäumen mangelt, iſt dieſer eine flache Sandbank oder eine einſame Jnſel; da, wo es baum-
bedeckte Jnſeln gibt, ſchlafen die Pelekane ſtets auf ſolchen.
Ueber die Fortpflanzung der Pelekane habe ich eigene Beobachtungen nicht ſammeln können. Es
iſt mir nicht unwahrſcheinlich, daß ſie im Jnnern Afrikas auch auf Bäumen brüten, weil man ſie dort
ſtets auf ſolchen ſitzen ſieht; in Südeuropa hingegen wählen ſie, wie von der Mühle uns belehrt,
Sümpfe und Seen zu ihren Brutanſiedelungen. „An ſolchen nur mit den unglaublichſten Schwierig-
keiten zu erreichenden Orten“, ſagt unſer Gewährsmann, „wo ſchwimmende Jnſeln ſich befinden,
ſtehen auf dieſen, dicht an einander gedrängt, die grob aus Rohr und Schilf zuſammengetretenen,
meiſtens naſſen oder feuchten Neſter. Die ganze Umgegend iſt mit ihrem dünnflüſſigen, weißen Unrathe
bedeckt und die Ausdünſtung deſſelben, ſowie einer Menge faulender Fiſche, die beim Füttern verloren
gingen, verbreiten in dieſer heißen Jahreszeit einen ekelerregenden, unerträglichen, verpeſtenden
Geſtank. Sonderbar, daß ſie nicht zu gleicher Zeit brüten; denn man findet auf den Eiern ſitzende
Weibchen neben flüggen Jungen, ja mein Freund Freyberg, der dieſe Brutplätze mehrere Male
beſuchte, verſicherte mich, in einem Neſte, — wenn das zuſammengetretene Rohr ohne alle Vertiefung
dieſen Namen verdient — ein erwachſenes und ein noch mit Flaum bedecktes Junges gefunden zu
haben, welches ſich nicht anders erklären läßt, als daß zwei Weibchen zuſammen in daſſelbe Neſt gelegt
haben.“ Das Gelege ſoll aus drei bis fünf Eiern beſtehen: ſo wenigſtens wird in Bädecker’s
ausgezeichnetem Eierwerke angegeben, während an Gefangenen beobachtet wurde, daß ſie nur zwei
Eier legten. Die Eier ſind verhältnißmäßig klein, nicht ſo groß als Schwaneneier und von einer
eigenthümlichen mehr oder weniger lang geſtreckten, nach beiden Enden gleich verdünnten Geſtalt;
bläulichweiß von Farbe, aber immer mit einer dick aufliegenden Kalkkruſte bedeckt, die, nach dem
Legen noch weich und breiartig, von den Neſtſtoffen ſtellenweiſe zuſammengeſchoben iſt und Ein-
drücke erhalten hat. Ein bräunlichſchmuziger Ueberzug, welchen ſie nach längerer Bebrütung
annehmen, haftet ſo feſt an ihnen, daß er ſich kaum wieder reinigen läßt. Die Jungen haben ein
höchſt einfältiges Ausſehen, laſſen beſtändig heiſere und „ſchirpende“ Laute vernehmen und ſind
überhaupt höchſt widerliche Geſchöpfe. Jhre Alten lieben ſie ſehr und vergeſſen im Neſte alle ihnen
ſonſt eigene Scheu, ſodaß man hier ihrer ſoviel erlegen kann, als man will.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 932. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/984>, abgerufen am 22.11.2024.
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