Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.Kaiman. Schalare. Netze an, mit denen man die Tümpel oder Alligatorenlöcher ausfischt. Die Gefangenen werdendann auf das Ufer herausgezogen und mit Aexten todtgeschlagen. Einzelne Neger besitzen eine große Uebung darin, Kaimans mit Schlingen zu fangen. Sie werfen ihnen, wenn sie in der Nähe des Ufers schwimmen, ein Seil über den Kopf und ziehen sie daran ebenfalls aus dem Wasser heraus. Angeschossene Alligatoren bringen unter den übrigen Mitbewohnern eines Loches so große Aufregung und Furcht hervor, daß diese in der Regel auswandern oder sich doch mehrere Tage lang versteckt halten, während diejenigen, welche durch einen Kugelschuß augenblicklich getödtet werden, die Beachtung ihrer Gefährten in ungleich geringerem Grade auf sich ziehen. Am rothen Flusse wurden in früheren Jahren Tausende erlegt, weil Schuhe, Stiefel und Sättel von Alligator- haut Mode geworden waren. Wandernde Jndianer beschäftigten sich eine Zeit lang ausschließlich mit der Jagd dieser Thiere und würden sie ausgerottet haben, hätte man nicht in Erfahrung gebracht, daß die Häute nicht hinreichend stark und dick seien, um Feuchtigkeit genügend abzuhalten. Gegenwärtig benutzt man noch das Fett der Erlegten zum Einschmieren von Maschinen. An eine Verwerthung der Drüsen, welche ebenso stark nach Moschus duften wie die der Krokodile, scheint man bisher noch nicht gedacht zu haben. Diese Art der Krokodilfamilie ist es, welche man in Thiergärten und Thierschaubuden sieht. Der gemeinste Alligator Südamerikas ist der Brillenkaiman oder Jakare, sprich Azara und Prinz von Wied haben uns den Schakare mit genügender Ausführlichkeit Kaiman. Schalare. Netze an, mit denen man die Tümpel oder Alligatorenlöcher ausfiſcht. Die Gefangenen werdendann auf das Ufer herausgezogen und mit Aexten todtgeſchlagen. Einzelne Neger beſitzen eine große Uebung darin, Kaimans mit Schlingen zu fangen. Sie werfen ihnen, wenn ſie in der Nähe des Ufers ſchwimmen, ein Seil über den Kopf und ziehen ſie daran ebenfalls aus dem Waſſer heraus. Angeſchoſſene Alligatoren bringen unter den übrigen Mitbewohnern eines Loches ſo große Aufregung und Furcht hervor, daß dieſe in der Regel auswandern oder ſich doch mehrere Tage lang verſteckt halten, während diejenigen, welche durch einen Kugelſchuß augenblicklich getödtet werden, die Beachtung ihrer Gefährten in ungleich geringerem Grade auf ſich ziehen. Am rothen Fluſſe wurden in früheren Jahren Tauſende erlegt, weil Schuhe, Stiefel und Sättel von Alligator- haut Mode geworden waren. Wandernde Jndianer beſchäftigten ſich eine Zeit lang ausſchließlich mit der Jagd dieſer Thiere und würden ſie ausgerottet haben, hätte man nicht in Erfahrung gebracht, daß die Häute nicht hinreichend ſtark und dick ſeien, um Feuchtigkeit genügend abzuhalten. Gegenwärtig benutzt man noch das Fett der Erlegten zum Einſchmieren von Maſchinen. An eine Verwerthung der Drüſen, welche ebenſo ſtark nach Moſchus duften wie die der Krokodile, ſcheint man bisher noch nicht gedacht zu haben. Dieſe Art der Krokodilfamilie iſt es, welche man in Thiergärten und Thierſchaubuden ſieht. Der gemeinſte Alligator Südamerikas iſt der Brillenkaiman oder Jakaré, ſprich Azara und Prinz von Wied haben uns den Schakare mit genügender Ausführlichkeit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0103" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kaiman. Schalare.</hi></fw><lb/> Netze an, mit denen man die Tümpel oder Alligatorenlöcher ausfiſcht. Die Gefangenen werden<lb/> dann auf das Ufer herausgezogen und mit Aexten todtgeſchlagen. Einzelne Neger beſitzen eine<lb/> große Uebung darin, Kaimans mit Schlingen zu fangen. Sie werfen ihnen, wenn ſie in der<lb/> Nähe des Ufers ſchwimmen, ein Seil über den Kopf und ziehen ſie daran ebenfalls aus dem<lb/> Waſſer heraus. Angeſchoſſene Alligatoren bringen unter den übrigen Mitbewohnern eines Loches<lb/> ſo große Aufregung und Furcht hervor, daß dieſe in der Regel auswandern oder ſich doch mehrere<lb/> Tage lang verſteckt halten, während diejenigen, welche durch einen Kugelſchuß augenblicklich getödtet<lb/> werden, die Beachtung ihrer Gefährten in ungleich geringerem Grade auf ſich ziehen. Am rothen<lb/> Fluſſe wurden in früheren Jahren Tauſende erlegt, weil Schuhe, Stiefel und Sättel von Alligator-<lb/> haut Mode geworden waren. Wandernde Jndianer beſchäftigten ſich eine Zeit lang ausſchließlich<lb/> mit der Jagd dieſer Thiere und würden ſie ausgerottet haben, hätte man nicht in Erfahrung<lb/> gebracht, daß die Häute nicht hinreichend ſtark und dick ſeien, um Feuchtigkeit genügend abzuhalten.<lb/> Gegenwärtig benutzt man noch das Fett der Erlegten zum Einſchmieren von Maſchinen. 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Um<lb/> ſie ans Freſſen zu gewöhnen, muß man anfänglich lebende Beute vorwerfen, zum Fliegen unfähige<lb/> Sperlinge, welche man ihnen aufs Waſſer ſchleudert, lebende Tauben, Hühner und dergleichen;<lb/> ſpäter nehmen ſie dann auch rohes Fleiſch an, welches man mittels eines Bindfadens in Bewegung<lb/> ſetzt, und ſchließlich ſperren ſie ſchon, wenn man ihnen Nahrung zeigt, den Rachen auf und laſſen ſich<lb/> „die gebratenen Tauben ins Maul fliegen.“ Bei ſorgfältiger Behandlung halten ſie Jahre in der<lb/> Gefangenſchaft aus; dazu gehört aber, daß ſie ſich im Winter hinlänglich gegen Einwirkungen der<lb/> Kälte ſchützen, wo möglich im Schlamme vergraben, und Winterſchlaf halten können; im entgegen-<lb/> geſetzten Falle überleben ſie nicht einmal den erſten Winter. Uebrigens glaube ich kaum, Jemandem<lb/> rathen zu dürfen, ſich mit der Haltung von Alligatoren zu befaſſen. Die kleinen, jungen ſind zwar<lb/> recht niedlich; aber jede Eidechſe bereitet ihrem Pfleger mehr Vergnügen als ſie, und die älteren<lb/> kühlen durch ihre Langweiligkeit auch den eifrigſten Liebhaber ab.</p><lb/> <p>Der gemeinſte Alligator Südamerikas iſt der <hi rendition="#g">Brillenkaiman</hi> oder <hi rendition="#g">Jakar<hi rendition="#aq">é</hi>,</hi> ſprich<lb/> Schakare <hi rendition="#aq">(Champsa sclerops),</hi> eine der kleineren Arten der Familie, welcher in den meiſten Gegenden<lb/> eine Länge von höchſtens 9 bis 10 Fuß erreicht und ſich kennzeichnet durch eine vorſpringende Quer-<lb/> leiſte der Haut vor den Augenhöhlen, das in eine Kegelſpitze verlängerte obere Augenlid und vier<lb/> knöcherne Nackenbinden, von denen die erſte zwei, die zweite vier, die dritte drei und die vierte<lb/> wiederum zwei Längskiele zeigt. Die Oberſeite iſt auf dunkelolivengrauem Grunde mit vier, der<lb/> Schwanz mit neun bis zehn undeutlichen, ſchwärzlichen Querbinden gezeichnet; die Unterſeite ſieht<lb/> grüngelblich aus und erſcheint unter dem Kopfe und an den Seiten grau marmorirt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Azara</hi> und <hi rendition="#g">Prinz von Wied</hi> haben uns den Schakare mit genügender Ausführlichkeit<lb/> beſchrieben. Er lebt in allen Flüſſen und Seen Südamerikas bis zum 31. Grade ſüdlicher Breite,<lb/> nach Norden hin bis Guyana oder Surinam hinauf. Jn den Gegenden, welche der <hi rendition="#g">Prinz</hi> bereiſte,<lb/> hörte er zwar von zwei verſchiedenen Kaimans reden, fand aber nur dieſe eine Art auf; in dem<lb/> nördlicheren Braſilien hingegen ſcheint neben dem Schakare noch ein anderer Alligator vorzukommen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0103]
Kaiman. Schalare.
Netze an, mit denen man die Tümpel oder Alligatorenlöcher ausfiſcht. Die Gefangenen werden
dann auf das Ufer herausgezogen und mit Aexten todtgeſchlagen. Einzelne Neger beſitzen eine
große Uebung darin, Kaimans mit Schlingen zu fangen. Sie werfen ihnen, wenn ſie in der
Nähe des Ufers ſchwimmen, ein Seil über den Kopf und ziehen ſie daran ebenfalls aus dem
Waſſer heraus. Angeſchoſſene Alligatoren bringen unter den übrigen Mitbewohnern eines Loches
ſo große Aufregung und Furcht hervor, daß dieſe in der Regel auswandern oder ſich doch mehrere
Tage lang verſteckt halten, während diejenigen, welche durch einen Kugelſchuß augenblicklich getödtet
werden, die Beachtung ihrer Gefährten in ungleich geringerem Grade auf ſich ziehen. Am rothen
Fluſſe wurden in früheren Jahren Tauſende erlegt, weil Schuhe, Stiefel und Sättel von Alligator-
haut Mode geworden waren. Wandernde Jndianer beſchäftigten ſich eine Zeit lang ausſchließlich
mit der Jagd dieſer Thiere und würden ſie ausgerottet haben, hätte man nicht in Erfahrung
gebracht, daß die Häute nicht hinreichend ſtark und dick ſeien, um Feuchtigkeit genügend abzuhalten.
Gegenwärtig benutzt man noch das Fett der Erlegten zum Einſchmieren von Maſchinen. An eine
Verwerthung der Drüſen, welche ebenſo ſtark nach Moſchus duften wie die der Krokodile, ſcheint man
bisher noch nicht gedacht zu haben.
Dieſe Art der Krokodilfamilie iſt es, welche man in Thiergärten und Thierſchaubuden ſieht.
Es kommen alljährlich mehre hundert Stück lebende Alligatoren auf den europäiſchen Thiermarkt,
und ſie alle finden willige Abnehmer, die kleinen, eben dem Eie entſchlüpften ſolche in Liebhabern,
welche ſie ihrem Aquarium einverleiben und ſoweit zähmen, daß ſie zuletzt das ihnen vorgehaltene
Futter artig aus der Hand nehmen, die großen in den Thierſchaubudenbeſitzern, welche ſie ſolange mit
ſich führen, bis ſie der Mißhandlung, dem Hunger und der Kälte erliegen. Alt gefangene Kaimans
verſchmähen gewöhnlich das Futter, ſolche von fünf Fuß Länge hingegen freſſen bald, vorausgeſetzt, daß
man ihnen einen größeren Raum, am beſten einen kleinen Teich im Garten zur Wohnung anweiſt. Um
ſie ans Freſſen zu gewöhnen, muß man anfänglich lebende Beute vorwerfen, zum Fliegen unfähige
Sperlinge, welche man ihnen aufs Waſſer ſchleudert, lebende Tauben, Hühner und dergleichen;
ſpäter nehmen ſie dann auch rohes Fleiſch an, welches man mittels eines Bindfadens in Bewegung
ſetzt, und ſchließlich ſperren ſie ſchon, wenn man ihnen Nahrung zeigt, den Rachen auf und laſſen ſich
„die gebratenen Tauben ins Maul fliegen.“ Bei ſorgfältiger Behandlung halten ſie Jahre in der
Gefangenſchaft aus; dazu gehört aber, daß ſie ſich im Winter hinlänglich gegen Einwirkungen der
Kälte ſchützen, wo möglich im Schlamme vergraben, und Winterſchlaf halten können; im entgegen-
geſetzten Falle überleben ſie nicht einmal den erſten Winter. Uebrigens glaube ich kaum, Jemandem
rathen zu dürfen, ſich mit der Haltung von Alligatoren zu befaſſen. Die kleinen, jungen ſind zwar
recht niedlich; aber jede Eidechſe bereitet ihrem Pfleger mehr Vergnügen als ſie, und die älteren
kühlen durch ihre Langweiligkeit auch den eifrigſten Liebhaber ab.
Der gemeinſte Alligator Südamerikas iſt der Brillenkaiman oder Jakaré, ſprich
Schakare (Champsa sclerops), eine der kleineren Arten der Familie, welcher in den meiſten Gegenden
eine Länge von höchſtens 9 bis 10 Fuß erreicht und ſich kennzeichnet durch eine vorſpringende Quer-
leiſte der Haut vor den Augenhöhlen, das in eine Kegelſpitze verlängerte obere Augenlid und vier
knöcherne Nackenbinden, von denen die erſte zwei, die zweite vier, die dritte drei und die vierte
wiederum zwei Längskiele zeigt. Die Oberſeite iſt auf dunkelolivengrauem Grunde mit vier, der
Schwanz mit neun bis zehn undeutlichen, ſchwärzlichen Querbinden gezeichnet; die Unterſeite ſieht
grüngelblich aus und erſcheint unter dem Kopfe und an den Seiten grau marmorirt.
Azara und Prinz von Wied haben uns den Schakare mit genügender Ausführlichkeit
beſchrieben. Er lebt in allen Flüſſen und Seen Südamerikas bis zum 31. Grade ſüdlicher Breite,
nach Norden hin bis Guyana oder Surinam hinauf. Jn den Gegenden, welche der Prinz bereiſte,
hörte er zwar von zwei verſchiedenen Kaimans reden, fand aber nur dieſe eine Art auf; in dem
nördlicheren Braſilien hingegen ſcheint neben dem Schakare noch ein anderer Alligator vorzukommen,
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