Unterseite des Schwanzes sich finden, als paare und unpaare. "Den Schlangen eigenthümlich sind die Rinnenschilder, von denen gewöhnlich zwei Paare an der Kinnfurche liegen und meist zwei über- zählige Lippenschilder, welche, jederseits vor den Rinnenschildern gelegen, die Begrenzung der Kinnfurche nach vorn vollständig machen."
Hinsichtlich der Färbung und Zeichnung der Haut läßt sich etwas Allgemeines nicht wohl angeben, da beide eine ungemein große Manchfaltigkeit zeigen. Es gibt einfarbige und buntgefleckte, geringelte, gegitterte, gestreifte, gebänderte, mit Punkten gezeichnete, gewölkte Schlangen; einzelne Arten sehen unscheinbar aus, andere prangen in den prachtvollsten Farben: immer aber stehen Zeichnung und Färbung mehr oder weniger im Einklange mit der Oertlichkeit, auf welcher eine Schlange ihren Aufenthalt nimmt. Unter denen, welche die Wüste bewohnen, herrscht das Sandgelb ebenfalls vor; diejenigen, welche auf Bäumen leben, haben meist eine grüne Färbung; die, welche sich auf pflanzenbedecktem Boden bewegen, tragen ein buntes Kleid. Diese Uebereinstimmung läßt sich nicht immer so unbedingt nachweisen, wird aber Dem, welcher den Farbenreichthum der Gleicher- länder aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, ebenso verständlich wie Demjenigen, welcher bei uns zu Lande auf Schlangenjagd ausgegangen ist und erfahren hat, wie genau sich diese Thiere dem Boden, auf welchem sie sich bewegen, anschmiegen. Als sonderbare Ausnahme verdient, wie Pöppig hervorhebt, der Umstand Beachtung, daß wühlende, halbunterirdische Schlangen theils lebhafte Färbung, theils wenigstens schönen Metallschimmer, gleich polirtem Stahl besitzen. Färbung und Zeichnung sind nur bis zu einem gewissen Grade beständig, d. h. blos das allgemeine Gepräge derselben läßt sich bei allen Stücken einer und derselben Art auffinden; denn, streng genommen, ändern Färbung und Zeichnung vielfach ab, bei einzelnen Arten mehr, bei anderen weniger. Unsere Kreuzotter z. B. trägt fast ein Dutzend Namen, weil frühere Forscher glaubten, die einzelnen Abänderungen als besondere Arten ansehen und benennen zu müssen. Wahrscheinlich hat Alter und Geschlecht auf diese Abänderungen mehr Bezug, als man gewöhnlich annimmt: gerade die Kreuz- otter gibt für diese Ansicht triftige Belege.
Die Einfachheit und Gleichmäßigkeit der äußeren Gestalt wird bedingt durch den Bau des Knochengerüstes. Dasselbe besteht nämlich nur aus dem Schädel, der Wirbelsäule und den Rippen; denn die verkümmerten Stummel, welche bei einzelnen Familien vorhanden sind und an die hinteren Glieder anderer Kriechthiere erinnern, können mit Gliedmaßen doch kaum verglichen werden. Der wichtigste Theil des Knochengerüstes und zugleich derjenige, welcher die eigenthümlichste Gestalt und Einrichtung zeigt, ist der Schädel. Er besteht aus dem Hinterhauptsbeine, den Scheitel-, Stirn-, Schläfen-, Joch-, Nasen- und Thränenbeinen, dem Keilbeine, einem Zwischenkiefer-, einem Oberkiefer- und zwei Gaumenbeinen, sowie dem mit ihm verbundenen, ebenfalls aus mehreren Theilen bestehenden Unterkieferbeine. Mehr noch als die geringe Größe des hirntragenden Theiles fällt die freie Beweg- lichkeit des Kiefergerüstes auf. "Der Zwischenkiefer", sagt Karl Vogt, "hängt fest mit dem Nasen- beine zusammen; dagegen sind Oberkiefer-, Flügel- und Gaumenbeine durchaus beweglich und können sowohl nach den Seiten, als auch nach vorn und hinten geschoben werden. Eine ebenso große Beweglichkeit ist in den Unterkiefern hergestellt. Das lange, schuppenförmige Zitzenbein hängt nur durch Bänder und Muskeln mit dem Schädel zusammen und trägt an seinem Ende das lange, stab- förmige, meist schief nach hinten gerichtete Quadratbein, an welchem der Unterkiefer eingelenkt ist. Dieser selbst besteht aus zwei völlig getrennten, stabförmigen, nur wenig gebogenen Hälften, welche vorn entweder gar nicht oder nur durch lare Sehnenfasern mit einander verbunden sind, und deren Trennung äußerlich gewöhnlich auch durch sogenannte Kinnfurchen an der Unterfläche des Kopfes ausgedrückt ist." Jeder Unterkieferast also wird zusammengesetzt durch drei stabförmige Knochen, welche durch lose Gelenke verbunden sind und nach allen Seiten hin bewegt oder weggedrückt werden können. An den Schädel schließt sich der Leib unmittelbar an, da eine Sonderung der Hals-, Brust-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbeln bei den Schlangen nicht durchzuführen ist. Schon der zweite Wirbel hinter dem Schädel trägt wie die übrigen ein Paar falscher Rippen, welche sich von
Allgemeines.
Unterſeite des Schwanzes ſich finden, als paare und unpaare. „Den Schlangen eigenthümlich ſind die Rinnenſchilder, von denen gewöhnlich zwei Paare an der Kinnfurche liegen und meiſt zwei über- zählige Lippenſchilder, welche, jederſeits vor den Rinnenſchildern gelegen, die Begrenzung der Kinnfurche nach vorn vollſtändig machen.“
Hinſichtlich der Färbung und Zeichnung der Haut läßt ſich etwas Allgemeines nicht wohl angeben, da beide eine ungemein große Manchfaltigkeit zeigen. Es gibt einfarbige und buntgefleckte, geringelte, gegitterte, geſtreifte, gebänderte, mit Punkten gezeichnete, gewölkte Schlangen; einzelne Arten ſehen unſcheinbar aus, andere prangen in den prachtvollſten Farben: immer aber ſtehen Zeichnung und Färbung mehr oder weniger im Einklange mit der Oertlichkeit, auf welcher eine Schlange ihren Aufenthalt nimmt. Unter denen, welche die Wüſte bewohnen, herrſcht das Sandgelb ebenfalls vor; diejenigen, welche auf Bäumen leben, haben meiſt eine grüne Färbung; die, welche ſich auf pflanzenbedecktem Boden bewegen, tragen ein buntes Kleid. Dieſe Uebereinſtimmung läßt ſich nicht immer ſo unbedingt nachweiſen, wird aber Dem, welcher den Farbenreichthum der Gleicher- länder aus eigener Anſchauung kennen gelernt hat, ebenſo verſtändlich wie Demjenigen, welcher bei uns zu Lande auf Schlangenjagd ausgegangen iſt und erfahren hat, wie genau ſich dieſe Thiere dem Boden, auf welchem ſie ſich bewegen, anſchmiegen. Als ſonderbare Ausnahme verdient, wie Pöppig hervorhebt, der Umſtand Beachtung, daß wühlende, halbunterirdiſche Schlangen theils lebhafte Färbung, theils wenigſtens ſchönen Metallſchimmer, gleich polirtem Stahl beſitzen. Färbung und Zeichnung ſind nur bis zu einem gewiſſen Grade beſtändig, d. h. blos das allgemeine Gepräge derſelben läßt ſich bei allen Stücken einer und derſelben Art auffinden; denn, ſtreng genommen, ändern Färbung und Zeichnung vielfach ab, bei einzelnen Arten mehr, bei anderen weniger. Unſere Kreuzotter z. B. trägt faſt ein Dutzend Namen, weil frühere Forſcher glaubten, die einzelnen Abänderungen als beſondere Arten anſehen und benennen zu müſſen. Wahrſcheinlich hat Alter und Geſchlecht auf dieſe Abänderungen mehr Bezug, als man gewöhnlich annimmt: gerade die Kreuz- otter gibt für dieſe Anſicht triftige Belege.
Die Einfachheit und Gleichmäßigkeit der äußeren Geſtalt wird bedingt durch den Bau des Knochengerüſtes. Daſſelbe beſteht nämlich nur aus dem Schädel, der Wirbelſäule und den Rippen; denn die verkümmerten Stummel, welche bei einzelnen Familien vorhanden ſind und an die hinteren Glieder anderer Kriechthiere erinnern, können mit Gliedmaßen doch kaum verglichen werden. Der wichtigſte Theil des Knochengerüſtes und zugleich derjenige, welcher die eigenthümlichſte Geſtalt und Einrichtung zeigt, iſt der Schädel. Er beſteht aus dem Hinterhauptsbeine, den Scheitel-, Stirn-, Schläfen-, Joch-, Naſen- und Thränenbeinen, dem Keilbeine, einem Zwiſchenkiefer-, einem Oberkiefer- und zwei Gaumenbeinen, ſowie dem mit ihm verbundenen, ebenfalls aus mehreren Theilen beſtehenden Unterkieferbeine. Mehr noch als die geringe Größe des hirntragenden Theiles fällt die freie Beweg- lichkeit des Kiefergerüſtes auf. „Der Zwiſchenkiefer“, ſagt Karl Vogt, „hängt feſt mit dem Naſen- beine zuſammen; dagegen ſind Oberkiefer-, Flügel- und Gaumenbeine durchaus beweglich und können ſowohl nach den Seiten, als auch nach vorn und hinten geſchoben werden. Eine ebenſo große Beweglichkeit iſt in den Unterkiefern hergeſtellt. Das lange, ſchuppenförmige Zitzenbein hängt nur durch Bänder und Muskeln mit dem Schädel zuſammen und trägt an ſeinem Ende das lange, ſtab- förmige, meiſt ſchief nach hinten gerichtete Quadratbein, an welchem der Unterkiefer eingelenkt iſt. Dieſer ſelbſt beſteht aus zwei völlig getrennten, ſtabförmigen, nur wenig gebogenen Hälften, welche vorn entweder gar nicht oder nur durch lare Sehnenfaſern mit einander verbunden ſind, und deren Trennung äußerlich gewöhnlich auch durch ſogenannte Kinnfurchen an der Unterfläche des Kopfes ausgedrückt iſt.“ Jeder Unterkieferaſt alſo wird zuſammengeſetzt durch drei ſtabförmige Knochen, welche durch loſe Gelenke verbunden ſind und nach allen Seiten hin bewegt oder weggedrückt werden können. An den Schädel ſchließt ſich der Leib unmittelbar an, da eine Sonderung der Hals-, Bruſt-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbeln bei den Schlangen nicht durchzuführen iſt. Schon der zweite Wirbel hinter dem Schädel trägt wie die übrigen ein Paar falſcher Rippen, welche ſich von
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[173/0193]
Allgemeines.
Unterſeite des Schwanzes ſich finden, als paare und unpaare. „Den Schlangen eigenthümlich ſind
die Rinnenſchilder, von denen gewöhnlich zwei Paare an der Kinnfurche liegen und meiſt zwei über-
zählige Lippenſchilder, welche, jederſeits vor den Rinnenſchildern gelegen, die Begrenzung der
Kinnfurche nach vorn vollſtändig machen.“
Hinſichtlich der Färbung und Zeichnung der Haut läßt ſich etwas Allgemeines nicht wohl
angeben, da beide eine ungemein große Manchfaltigkeit zeigen. Es gibt einfarbige und buntgefleckte,
geringelte, gegitterte, geſtreifte, gebänderte, mit Punkten gezeichnete, gewölkte Schlangen; einzelne
Arten ſehen unſcheinbar aus, andere prangen in den prachtvollſten Farben: immer aber ſtehen
Zeichnung und Färbung mehr oder weniger im Einklange mit der Oertlichkeit, auf welcher eine
Schlange ihren Aufenthalt nimmt. Unter denen, welche die Wüſte bewohnen, herrſcht das Sandgelb
ebenfalls vor; diejenigen, welche auf Bäumen leben, haben meiſt eine grüne Färbung; die, welche
ſich auf pflanzenbedecktem Boden bewegen, tragen ein buntes Kleid. Dieſe Uebereinſtimmung läßt
ſich nicht immer ſo unbedingt nachweiſen, wird aber Dem, welcher den Farbenreichthum der Gleicher-
länder aus eigener Anſchauung kennen gelernt hat, ebenſo verſtändlich wie Demjenigen, welcher bei
uns zu Lande auf Schlangenjagd ausgegangen iſt und erfahren hat, wie genau ſich dieſe Thiere dem
Boden, auf welchem ſie ſich bewegen, anſchmiegen. Als ſonderbare Ausnahme verdient, wie Pöppig
hervorhebt, der Umſtand Beachtung, daß wühlende, halbunterirdiſche Schlangen theils lebhafte
Färbung, theils wenigſtens ſchönen Metallſchimmer, gleich polirtem Stahl beſitzen. Färbung und
Zeichnung ſind nur bis zu einem gewiſſen Grade beſtändig, d. h. blos das allgemeine Gepräge
derſelben läßt ſich bei allen Stücken einer und derſelben Art auffinden; denn, ſtreng genommen,
ändern Färbung und Zeichnung vielfach ab, bei einzelnen Arten mehr, bei anderen weniger. Unſere
Kreuzotter z. B. trägt faſt ein Dutzend Namen, weil frühere Forſcher glaubten, die einzelnen
Abänderungen als beſondere Arten anſehen und benennen zu müſſen. Wahrſcheinlich hat Alter und
Geſchlecht auf dieſe Abänderungen mehr Bezug, als man gewöhnlich annimmt: gerade die Kreuz-
otter gibt für dieſe Anſicht triftige Belege.
Die Einfachheit und Gleichmäßigkeit der äußeren Geſtalt wird bedingt durch den Bau des
Knochengerüſtes. Daſſelbe beſteht nämlich nur aus dem Schädel, der Wirbelſäule und den Rippen;
denn die verkümmerten Stummel, welche bei einzelnen Familien vorhanden ſind und an die hinteren
Glieder anderer Kriechthiere erinnern, können mit Gliedmaßen doch kaum verglichen werden. Der
wichtigſte Theil des Knochengerüſtes und zugleich derjenige, welcher die eigenthümlichſte Geſtalt und
Einrichtung zeigt, iſt der Schädel. Er beſteht aus dem Hinterhauptsbeine, den Scheitel-, Stirn-,
Schläfen-, Joch-, Naſen- und Thränenbeinen, dem Keilbeine, einem Zwiſchenkiefer-, einem Oberkiefer-
und zwei Gaumenbeinen, ſowie dem mit ihm verbundenen, ebenfalls aus mehreren Theilen beſtehenden
Unterkieferbeine. Mehr noch als die geringe Größe des hirntragenden Theiles fällt die freie Beweg-
lichkeit des Kiefergerüſtes auf. „Der Zwiſchenkiefer“, ſagt Karl Vogt, „hängt feſt mit dem Naſen-
beine zuſammen; dagegen ſind Oberkiefer-, Flügel- und Gaumenbeine durchaus beweglich und können
ſowohl nach den Seiten, als auch nach vorn und hinten geſchoben werden. Eine ebenſo große
Beweglichkeit iſt in den Unterkiefern hergeſtellt. Das lange, ſchuppenförmige Zitzenbein hängt nur
durch Bänder und Muskeln mit dem Schädel zuſammen und trägt an ſeinem Ende das lange, ſtab-
förmige, meiſt ſchief nach hinten gerichtete Quadratbein, an welchem der Unterkiefer eingelenkt iſt.
Dieſer ſelbſt beſteht aus zwei völlig getrennten, ſtabförmigen, nur wenig gebogenen Hälften, welche
vorn entweder gar nicht oder nur durch lare Sehnenfaſern mit einander verbunden ſind, und deren
Trennung äußerlich gewöhnlich auch durch ſogenannte Kinnfurchen an der Unterfläche des Kopfes
ausgedrückt iſt.“ Jeder Unterkieferaſt alſo wird zuſammengeſetzt durch drei ſtabförmige Knochen,
welche durch loſe Gelenke verbunden ſind und nach allen Seiten hin bewegt oder weggedrückt werden
können. An den Schädel ſchließt ſich der Leib unmittelbar an, da eine Sonderung der Hals-,
Bruſt-, Lenden-, Kreuz- und Schwanzwirbeln bei den Schlangen nicht durchzuführen iſt. Schon der
zweite Wirbel hinter dem Schädel trägt wie die übrigen ein Paar falſcher Rippen, welche ſich von
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/193>, abgerufen am 22.12.2024.
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