verstrickt jn dermassen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen sie sich neben die straassen, die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff sie verborgen, lassen die vorderen gehn, vnd fallen den hindersten an, daß jm die ersten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den schwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn also. Plinius sagt sy seyen alldah so groß, daß sie den Hellfanten den gantzen leyb vmbschlahen vnd zustricken mögen. Der Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erschlagen. Deßgleichen wenn sie den Helffanten anfallen vnd vmbschlahen, so reibe er sich an einen felsen oder baum, daß er den Track zerreibe vnd zermale, sölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen list, winde sich vmb seine bein, daß er nit vortschreiten möge."
"Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder dise schlangen gezellt, so mehr der wunden dann giffts halben schedlich sind. Derhalben ist zumercken das die Tracken von art vnd natur nit vergifft sind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden. Gleych wie auch andere schlangen in kalten landen nit so schedlich sind wie in Aphrica vnd dergleychen heissen gegnen, dahär sagt Lucanus: "Jr Tracken die jm gantzen land Unschädlich bißhär sind erkannt, Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd schädlich überal." Wann sie menschen oder thieren nachstellen vnd auffsetzig sind, so pflegen sie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu ässen: sonst thun sie grössern schaden mit dem schwantz dann mit den zänen, vnd welchen sie mit dem schwantz fassen den erwürgen sie. Jr biss ist nit groß vnd peynlich, dann sie haben ein klein maul vnd streyten nit bald mit beyssen, sonder erzeigen jr stercke fürnemlich im schwantz."
Wenn man sich der Uebertreibung erinnern will, welche sich einzelne Reisende noch heutigentages zu Schulden kommen lassen, wird man sich mit vorstehender Schilderung wahrscheinlich aussöhnen. Noch gegenwärtig spricht man von funfzig Fuß langen Riesenschlangen; noch gegenwärtig scheut man sich nicht zu erzählen, daß solche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her- fallen, sie erwürgen und verschlingen: -- und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der Beutestücke unserer Schlangen zieht, so geschieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geschichten vergessen hat. Es mag sein, daß die Riesenschlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als gegenwärtig, wo ihnen der besser ausgerüstete Mensch entgegentritt und mit seinen furchtbaren Waffen das Leben kürzt; solche Schlangen aber, wie sie die Alten uns beschrieben, hat es nie gegeben. Man ist nur zu sehr geneigt, derartige Thiere zu überschätzen, und erkennt die Täuschung gewöhnlich erst, nachdem man den Maßstab angelegt hat. Kein Wunder also, daß die rege Einbildungskraft der Eingebornen südlicher Gegenden sich noch viel weniger als die unsrige Schranken auferlegt und das wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache schätzt. Derselbe Jndier oder Südamerikaner, welcher mit dem Anscheine vollster Zuverlässigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen Riesenschlange erzählt, die er selbst gesehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig messenden Forscher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an Größe alles von ihm Gesehene gleicher Art bei weitem übertreffe.
Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Riesenschlangen(Peropodes) sind folgende: Der Kopf ist gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgesetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von oben nach unten abgeplattet, vorn meist zugespitzt, der Rachen sehr weit gespalten, der Leib außer- ordentlich kräftig und muskelig, seitlich zusammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft, zu beiden Seiten, den hier verlaufenden starken Muskeln entsprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß- mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederseits durch eine hornige, stumpfe Klaue in der Nähe des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, sechseckige Schuppen, den Bauch schmale, meist einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich in doppelter Reihe neben einander stehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe selbst die Gaumen- beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach so geordnet sind, daß der zweite oder dritte in der Reihe der größte ist und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-
Die Schlangen. Stummelfüßler.
verſtrickt jn dermaſſen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen ſie ſich neben die ſtraaſſen, die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff ſie verborgen, laſſen die vorderen gehn, vnd fallen den hinderſten an, daß jm die erſten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den ſchwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn alſo. Plinius ſagt ſy ſeyen alldah ſo groß, daß ſie den Hellfanten den gantzen leyb vmbſchlahen vnd zuſtricken mögen. Der Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erſchlagen. Deßgleichen wenn ſie den Helffanten anfallen vnd vmbſchlahen, ſo reibe er ſich an einen felſen oder baum, daß er den Track zerreibe vnd zermale, ſölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen liſt, winde ſich vmb ſeine bein, daß er nit vortſchreiten möge.“
„Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder diſe ſchlangen gezellt, ſo mehr der wunden dann giffts halben ſchedlich ſind. Derhalben iſt zumercken das die Tracken von art vnd natur nit vergifft ſind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden. Gleych wie auch andere ſchlangen in kalten landen nit ſo ſchedlich ſind wie in Aphrica vnd dergleychen heiſſen gegnen, dahär ſagt Lucanus: „Jr Tracken die jm gantzen land Unſchädlich bißhär ſind erkannt, Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd ſchädlich überal.“ Wann ſie menſchen oder thieren nachſtellen vnd auffſetzig ſind, ſo pflegen ſie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu äſſen: ſonſt thun ſie gröſſern ſchaden mit dem ſchwantz dann mit den zänen, vnd welchen ſie mit dem ſchwantz faſſen den erwürgen ſie. Jr biſſ iſt nit groß vnd peynlich, dann ſie haben ein klein maul vnd ſtreyten nit bald mit beyſſen, ſonder erzeigen jr ſtercke fürnemlich im ſchwantz.“
Wenn man ſich der Uebertreibung erinnern will, welche ſich einzelne Reiſende noch heutigentages zu Schulden kommen laſſen, wird man ſich mit vorſtehender Schilderung wahrſcheinlich ausſöhnen. Noch gegenwärtig ſpricht man von funfzig Fuß langen Rieſenſchlangen; noch gegenwärtig ſcheut man ſich nicht zu erzählen, daß ſolche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her- fallen, ſie erwürgen und verſchlingen: — und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der Beuteſtücke unſerer Schlangen zieht, ſo geſchieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geſchichten vergeſſen hat. Es mag ſein, daß die Rieſenſchlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als gegenwärtig, wo ihnen der beſſer ausgerüſtete Menſch entgegentritt und mit ſeinen furchtbaren Waffen das Leben kürzt; ſolche Schlangen aber, wie ſie die Alten uns beſchrieben, hat es nie gegeben. Man iſt nur zu ſehr geneigt, derartige Thiere zu überſchätzen, und erkennt die Täuſchung gewöhnlich erſt, nachdem man den Maßſtab angelegt hat. Kein Wunder alſo, daß die rege Einbildungskraft der Eingebornen ſüdlicher Gegenden ſich noch viel weniger als die unſrige Schranken auferlegt und das wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache ſchätzt. Derſelbe Jndier oder Südamerikaner, welcher mit dem Anſcheine vollſter Zuverläſſigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen Rieſenſchlange erzählt, die er ſelbſt geſehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig meſſenden Forſcher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an Größe alles von ihm Geſehene gleicher Art bei weitem übertreffe.
Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Rieſenſchlangen(Peropodes) ſind folgende: Der Kopf iſt gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgeſetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von oben nach unten abgeplattet, vorn meiſt zugeſpitzt, der Rachen ſehr weit geſpalten, der Leib außer- ordentlich kräftig und muskelig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft, zu beiden Seiten, den hier verlaufenden ſtarken Muskeln entſprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß- mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederſeits durch eine hornige, ſtumpfe Klaue in der Nähe des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, ſechseckige Schuppen, den Bauch ſchmale, meiſt einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich in doppelter Reihe neben einander ſtehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe ſelbſt die Gaumen- beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach ſo geordnet ſind, daß der zweite oder dritte in der Reihe der größte iſt und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-
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[194/0214]
Die Schlangen. Stummelfüßler.
verſtrickt jn dermaſſen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen ſie ſich neben die ſtraaſſen,
die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff ſie verborgen, laſſen die vorderen gehn, vnd
fallen den hinderſten an, daß jm die erſten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den
ſchwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn alſo. Plinius ſagt ſy ſeyen
alldah ſo groß, daß ſie den Hellfanten den gantzen leyb vmbſchlahen vnd zuſtricken mögen. Der
Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erſchlagen. Deßgleichen wenn ſie den
Helffanten anfallen vnd vmbſchlahen, ſo reibe er ſich an einen felſen oder baum, daß er den Track
zerreibe vnd zermale, ſölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen liſt, winde ſich vmb
ſeine bein, daß er nit vortſchreiten möge.“
„Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder diſe ſchlangen gezellt,
ſo mehr der wunden dann giffts halben ſchedlich ſind. Derhalben iſt zumercken das die Tracken von
art vnd natur nit vergifft ſind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden.
Gleych wie auch andere ſchlangen in kalten landen nit ſo ſchedlich ſind wie in Aphrica vnd dergleychen
heiſſen gegnen, dahär ſagt Lucanus: „Jr Tracken die jm gantzen land Unſchädlich bißhär ſind erkannt,
Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd ſchädlich überal.“ Wann ſie menſchen oder thieren nachſtellen
vnd auffſetzig ſind, ſo pflegen ſie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu äſſen: ſonſt thun ſie gröſſern
ſchaden mit dem ſchwantz dann mit den zänen, vnd welchen ſie mit dem ſchwantz faſſen den erwürgen
ſie. Jr biſſ iſt nit groß vnd peynlich, dann ſie haben ein klein maul vnd ſtreyten nit bald mit beyſſen,
ſonder erzeigen jr ſtercke fürnemlich im ſchwantz.“
Wenn man ſich der Uebertreibung erinnern will, welche ſich einzelne Reiſende noch heutigentages
zu Schulden kommen laſſen, wird man ſich mit vorſtehender Schilderung wahrſcheinlich ausſöhnen.
Noch gegenwärtig ſpricht man von funfzig Fuß langen Rieſenſchlangen; noch gegenwärtig ſcheut man
ſich nicht zu erzählen, daß ſolche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her-
fallen, ſie erwürgen und verſchlingen: — und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der
Beuteſtücke unſerer Schlangen zieht, ſo geſchieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geſchichten
vergeſſen hat. Es mag ſein, daß die Rieſenſchlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als
gegenwärtig, wo ihnen der beſſer ausgerüſtete Menſch entgegentritt und mit ſeinen furchtbaren Waffen
das Leben kürzt; ſolche Schlangen aber, wie ſie die Alten uns beſchrieben, hat es nie gegeben. Man
iſt nur zu ſehr geneigt, derartige Thiere zu überſchätzen, und erkennt die Täuſchung gewöhnlich erſt,
nachdem man den Maßſtab angelegt hat. Kein Wunder alſo, daß die rege Einbildungskraft der
Eingebornen ſüdlicher Gegenden ſich noch viel weniger als die unſrige Schranken auferlegt und das
wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache ſchätzt. Derſelbe Jndier oder Südamerikaner,
welcher mit dem Anſcheine vollſter Zuverläſſigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen
Rieſenſchlange erzählt, die er ſelbſt geſehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig meſſenden
Forſcher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an
Größe alles von ihm Geſehene gleicher Art bei weitem übertreffe.
Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Rieſenſchlangen (Peropodes) ſind folgende:
Der Kopf iſt gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgeſetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von
oben nach unten abgeplattet, vorn meiſt zugeſpitzt, der Rachen ſehr weit geſpalten, der Leib außer-
ordentlich kräftig und muskelig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft,
zu beiden Seiten, den hier verlaufenden ſtarken Muskeln entſprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß-
mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederſeits durch eine hornige, ſtumpfe Klaue in der Nähe
des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, ſechseckige
Schuppen, den Bauch ſchmale, meiſt einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich
in doppelter Reihe neben einander ſtehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe ſelbſt die Gaumen-
beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach ſo geordnet ſind, daß der zweite oder dritte in der
Reihe der größte iſt und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/214>, abgerufen am 22.12.2024.
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