Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Schlangen. Stummelfüßler.
verstrickt jn dermassen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen sie sich neben die straassen,
die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff sie verborgen, lassen die vorderen gehn, vnd
fallen den hindersten an, daß jm die ersten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den
schwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn also. Plinius sagt sy seyen
alldah so groß, daß sie den Hellfanten den gantzen leyb vmbschlahen vnd zustricken mögen. Der
Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erschlagen. Deßgleichen wenn sie den
Helffanten anfallen vnd vmbschlahen, so reibe er sich an einen felsen oder baum, daß er den Track
zerreibe vnd zermale, sölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen list, winde sich vmb
seine bein, daß er nit vortschreiten möge."

"Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder dise schlangen gezellt,
so mehr der wunden dann giffts halben schedlich sind. Derhalben ist zumercken das die Tracken von
art vnd natur nit vergifft sind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden.
Gleych wie auch andere schlangen in kalten landen nit so schedlich sind wie in Aphrica vnd dergleychen
heissen gegnen, dahär sagt Lucanus: "Jr Tracken die jm gantzen land Unschädlich bißhär sind erkannt,
Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd schädlich überal." Wann sie menschen oder thieren nachstellen
vnd auffsetzig sind, so pflegen sie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu ässen: sonst thun sie grössern
schaden mit dem schwantz dann mit den zänen, vnd welchen sie mit dem schwantz fassen den erwürgen
sie. Jr biss ist nit groß vnd peynlich, dann sie haben ein klein maul vnd streyten nit bald mit beyssen,
sonder erzeigen jr stercke fürnemlich im schwantz."

Wenn man sich der Uebertreibung erinnern will, welche sich einzelne Reisende noch heutigentages
zu Schulden kommen lassen, wird man sich mit vorstehender Schilderung wahrscheinlich aussöhnen.
Noch gegenwärtig spricht man von funfzig Fuß langen Riesenschlangen; noch gegenwärtig scheut man
sich nicht zu erzählen, daß solche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her-
fallen, sie erwürgen und verschlingen: -- und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der
Beutestücke unserer Schlangen zieht, so geschieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geschichten
vergessen hat. Es mag sein, daß die Riesenschlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als
gegenwärtig, wo ihnen der besser ausgerüstete Mensch entgegentritt und mit seinen furchtbaren Waffen
das Leben kürzt; solche Schlangen aber, wie sie die Alten uns beschrieben, hat es nie gegeben. Man
ist nur zu sehr geneigt, derartige Thiere zu überschätzen, und erkennt die Täuschung gewöhnlich erst,
nachdem man den Maßstab angelegt hat. Kein Wunder also, daß die rege Einbildungskraft der
Eingebornen südlicher Gegenden sich noch viel weniger als die unsrige Schranken auferlegt und das
wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache schätzt. Derselbe Jndier oder Südamerikaner,
welcher mit dem Anscheine vollster Zuverlässigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen
Riesenschlange erzählt, die er selbst gesehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig messenden
Forscher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an
Größe alles von ihm Gesehene gleicher Art bei weitem übertreffe.

Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Riesenschlangen (Peropodes) sind folgende:
Der Kopf ist gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgesetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von
oben nach unten abgeplattet, vorn meist zugespitzt, der Rachen sehr weit gespalten, der Leib außer-
ordentlich kräftig und muskelig, seitlich zusammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft,
zu beiden Seiten, den hier verlaufenden starken Muskeln entsprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß-
mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederseits durch eine hornige, stumpfe Klaue in der Nähe
des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, sechseckige
Schuppen, den Bauch schmale, meist einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich
in doppelter Reihe neben einander stehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe selbst die Gaumen-
beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach so geordnet sind, daß der zweite oder dritte in der
Reihe der größte ist und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-

Die Schlangen. Stummelfüßler.
verſtrickt jn dermaſſen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen ſie ſich neben die ſtraaſſen,
die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff ſie verborgen, laſſen die vorderen gehn, vnd
fallen den hinderſten an, daß jm die erſten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den
ſchwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn alſo. Plinius ſagt ſy ſeyen
alldah ſo groß, daß ſie den Hellfanten den gantzen leyb vmbſchlahen vnd zuſtricken mögen. Der
Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erſchlagen. Deßgleichen wenn ſie den
Helffanten anfallen vnd vmbſchlahen, ſo reibe er ſich an einen felſen oder baum, daß er den Track
zerreibe vnd zermale, ſölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen liſt, winde ſich vmb
ſeine bein, daß er nit vortſchreiten möge.“

„Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder diſe ſchlangen gezellt,
ſo mehr der wunden dann giffts halben ſchedlich ſind. Derhalben iſt zumercken das die Tracken von
art vnd natur nit vergifft ſind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden.
Gleych wie auch andere ſchlangen in kalten landen nit ſo ſchedlich ſind wie in Aphrica vnd dergleychen
heiſſen gegnen, dahär ſagt Lucanus: „Jr Tracken die jm gantzen land Unſchädlich bißhär ſind erkannt,
Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd ſchädlich überal.“ Wann ſie menſchen oder thieren nachſtellen
vnd auffſetzig ſind, ſo pflegen ſie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu äſſen: ſonſt thun ſie gröſſern
ſchaden mit dem ſchwantz dann mit den zänen, vnd welchen ſie mit dem ſchwantz faſſen den erwürgen
ſie. Jr biſſ iſt nit groß vnd peynlich, dann ſie haben ein klein maul vnd ſtreyten nit bald mit beyſſen,
ſonder erzeigen jr ſtercke fürnemlich im ſchwantz.“

Wenn man ſich der Uebertreibung erinnern will, welche ſich einzelne Reiſende noch heutigentages
zu Schulden kommen laſſen, wird man ſich mit vorſtehender Schilderung wahrſcheinlich ausſöhnen.
Noch gegenwärtig ſpricht man von funfzig Fuß langen Rieſenſchlangen; noch gegenwärtig ſcheut man
ſich nicht zu erzählen, daß ſolche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her-
fallen, ſie erwürgen und verſchlingen: — und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der
Beuteſtücke unſerer Schlangen zieht, ſo geſchieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geſchichten
vergeſſen hat. Es mag ſein, daß die Rieſenſchlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als
gegenwärtig, wo ihnen der beſſer ausgerüſtete Menſch entgegentritt und mit ſeinen furchtbaren Waffen
das Leben kürzt; ſolche Schlangen aber, wie ſie die Alten uns beſchrieben, hat es nie gegeben. Man
iſt nur zu ſehr geneigt, derartige Thiere zu überſchätzen, und erkennt die Täuſchung gewöhnlich erſt,
nachdem man den Maßſtab angelegt hat. Kein Wunder alſo, daß die rege Einbildungskraft der
Eingebornen ſüdlicher Gegenden ſich noch viel weniger als die unſrige Schranken auferlegt und das
wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache ſchätzt. Derſelbe Jndier oder Südamerikaner,
welcher mit dem Anſcheine vollſter Zuverläſſigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen
Rieſenſchlange erzählt, die er ſelbſt geſehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig meſſenden
Forſcher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an
Größe alles von ihm Geſehene gleicher Art bei weitem übertreffe.

Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Rieſenſchlangen (Peropodes) ſind folgende:
Der Kopf iſt gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgeſetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von
oben nach unten abgeplattet, vorn meiſt zugeſpitzt, der Rachen ſehr weit geſpalten, der Leib außer-
ordentlich kräftig und muskelig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft,
zu beiden Seiten, den hier verlaufenden ſtarken Muskeln entſprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß-
mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederſeits durch eine hornige, ſtumpfe Klaue in der Nähe
des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, ſechseckige
Schuppen, den Bauch ſchmale, meiſt einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich
in doppelter Reihe neben einander ſtehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe ſelbſt die Gaumen-
beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach ſo geordnet ſind, daß der zweite oder dritte in der
Reihe der größte iſt und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="194"/><fw place="top" type="header">Die Schlangen. Stummelfüßler.</fw><lb/>
ver&#x017F;trickt jn derma&#x017F;&#x017F;en, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen &#x017F;ie &#x017F;ich neben die &#x017F;traa&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff &#x017F;ie verborgen, la&#x017F;&#x017F;en die vorderen gehn, vnd<lb/>
fallen den hinder&#x017F;ten an, daß jm die er&#x017F;ten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den<lb/>
&#x017F;chwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn al&#x017F;o. Plinius &#x017F;agt &#x017F;y &#x017F;eyen<lb/>
alldah &#x017F;o groß, daß &#x017F;ie den Hellfanten den gantzen leyb vmb&#x017F;chlahen vnd zu&#x017F;tricken mögen. Der<lb/>
Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd er&#x017F;chlagen. Deßgleichen wenn &#x017F;ie den<lb/>
Helffanten anfallen vnd vmb&#x017F;chlahen, &#x017F;o reibe er &#x017F;ich an einen fel&#x017F;en oder baum, daß er den Track<lb/>
zerreibe vnd zermale, &#x017F;ölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen li&#x017F;t, winde &#x017F;ich vmb<lb/>
&#x017F;eine bein, daß er nit vort&#x017F;chreiten möge.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder di&#x017F;e &#x017F;chlangen gezellt,<lb/>
&#x017F;o mehr der wunden dann giffts halben &#x017F;chedlich &#x017F;ind. Derhalben i&#x017F;t zumercken das die Tracken von<lb/>
art vnd natur nit vergifft &#x017F;ind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden.<lb/>
Gleych wie auch andere &#x017F;chlangen in kalten landen nit &#x017F;o &#x017F;chedlich &#x017F;ind wie in Aphrica vnd dergleychen<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en gegnen, dahär &#x017F;agt <hi rendition="#g">Lucanus:</hi> &#x201E;Jr Tracken die jm gantzen land Un&#x017F;chädlich bißhär &#x017F;ind erkannt,<lb/>
Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd &#x017F;chädlich überal.&#x201C; Wann &#x017F;ie men&#x017F;chen oder thieren nach&#x017F;tellen<lb/>
vnd auff&#x017F;etzig &#x017F;ind, &#x017F;o pflegen &#x017F;ie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu ä&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;on&#x017F;t thun &#x017F;ie grö&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
&#x017F;chaden mit dem &#x017F;chwantz dann mit den zänen, vnd welchen &#x017F;ie mit dem &#x017F;chwantz fa&#x017F;&#x017F;en den erwürgen<lb/>
&#x017F;ie. Jr bi&#x017F;&#x017F; i&#x017F;t nit groß vnd peynlich, dann &#x017F;ie haben ein klein maul vnd &#x017F;treyten nit bald mit bey&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;onder erzeigen jr &#x017F;tercke fürnemlich im &#x017F;chwantz.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wenn man &#x017F;ich der Uebertreibung erinnern will, welche &#x017F;ich einzelne Rei&#x017F;ende noch heutigentages<lb/>
zu Schulden kommen la&#x017F;&#x017F;en, wird man &#x017F;ich mit vor&#x017F;tehender Schilderung wahr&#x017F;cheinlich aus&#x017F;öhnen.<lb/>
Noch gegenwärtig &#x017F;pricht man von funfzig Fuß langen Rie&#x017F;en&#x017F;chlangen; noch gegenwärtig &#x017F;cheut man<lb/>
&#x017F;ich nicht zu erzählen, daß &#x017F;olche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her-<lb/>
fallen, &#x017F;ie erwürgen und ver&#x017F;chlingen: &#x2014; und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der<lb/>
Beute&#x017F;tücke un&#x017F;erer Schlangen zieht, &#x017F;o ge&#x017F;chieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Ge&#x017F;chichten<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en hat. Es mag &#x017F;ein, daß die Rie&#x017F;en&#x017F;chlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als<lb/>
gegenwärtig, wo ihnen der be&#x017F;&#x017F;er ausgerü&#x017F;tete Men&#x017F;ch entgegentritt und mit &#x017F;einen furchtbaren Waffen<lb/>
das Leben kürzt; &#x017F;olche Schlangen aber, wie &#x017F;ie die Alten uns be&#x017F;chrieben, hat es nie gegeben. Man<lb/>
i&#x017F;t nur zu &#x017F;ehr geneigt, derartige Thiere zu über&#x017F;chätzen, und erkennt die Täu&#x017F;chung gewöhnlich er&#x017F;t,<lb/>
nachdem man den Maß&#x017F;tab angelegt hat. Kein Wunder al&#x017F;o, daß die rege Einbildungskraft der<lb/>
Eingebornen &#x017F;üdlicher Gegenden &#x017F;ich noch viel weniger als die un&#x017F;rige Schranken auferlegt und das<lb/>
wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache &#x017F;chätzt. Der&#x017F;elbe Jndier oder Südamerikaner,<lb/>
welcher mit dem An&#x017F;cheine voll&#x017F;ter Zuverlä&#x017F;&#x017F;igkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen<lb/>
Rie&#x017F;en&#x017F;chlange erzählt, die er &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig me&#x017F;&#x017F;enden<lb/>
For&#x017F;cher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an<lb/>
Größe alles von ihm Ge&#x017F;ehene gleicher Art bei weitem übertreffe.</p><lb/>
          <p>Die Kennzeichen der <hi rendition="#g">Stummelfüßler</hi> oder <hi rendition="#g">Rie&#x017F;en&#x017F;chlangen</hi> <hi rendition="#aq">(Peropodes)</hi> &#x017F;ind folgende:<lb/>
Der Kopf i&#x017F;t gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abge&#x017F;etzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von<lb/>
oben nach unten abgeplattet, vorn mei&#x017F;t zuge&#x017F;pitzt, der Rachen &#x017F;ehr weit ge&#x017F;palten, der Leib außer-<lb/>
ordentlich kräftig und muskelig, &#x017F;eitlich zu&#x017F;ammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft,<lb/>
zu beiden Seiten, den hier verlaufenden &#x017F;tarken Muskeln ent&#x017F;prechend, erhöht, der Schwanz verhältniß-<lb/>
mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jeder&#x017F;eits durch eine hornige, &#x017F;tumpfe Klaue in der Nähe<lb/>
des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, &#x017F;echseckige<lb/>
Schuppen, den Bauch &#x017F;chmale, mei&#x017F;t einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich<lb/>
in doppelter Reihe neben einander &#x017F;tehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe &#x017F;elb&#x017F;t die Gaumen-<lb/>
beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach &#x017F;o geordnet &#x017F;ind, daß der zweite oder dritte in der<lb/>
Reihe der größte i&#x017F;t und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0214] Die Schlangen. Stummelfüßler. verſtrickt jn dermaſſen, daß er auff dem platz bleyben muß. Offt legen ſie ſich neben die ſtraaſſen, die die Helffanten zu gehen pflegen, vnd wartend auff ſie verborgen, laſſen die vorderen gehn, vnd fallen den hinderſten an, daß jm die erſten nit mögend zu hilff kommen, verbindend jm mit den ſchwentzen die bein, daß er nit weyter kommen mag, vnd erwürgen jn alſo. Plinius ſagt ſy ſeyen alldah ſo groß, daß ſie den Hellfanten den gantzen leyb vmbſchlahen vnd zuſtricken mögen. Der Track aber werde jm fallen vom Helffanten auch zertruckt vnd erſchlagen. Deßgleichen wenn ſie den Helffanten anfallen vnd vmbſchlahen, ſo reibe er ſich an einen felſen oder baum, daß er den Track zerreibe vnd zermale, ſölichem aber vorzukommen brauch der Track ein anderen liſt, winde ſich vmb ſeine bein, daß er nit vortſchreiten möge.“ „Die Tracken haben wenig oder gar kein gifft, werden derhalben vnder diſe ſchlangen gezellt, ſo mehr der wunden dann giffts halben ſchedlich ſind. Derhalben iſt zumercken das die Tracken von art vnd natur nit vergifft ſind, jedoch werden nach gelegenheit der landen auch gifftige gefunden. Gleych wie auch andere ſchlangen in kalten landen nit ſo ſchedlich ſind wie in Aphrica vnd dergleychen heiſſen gegnen, dahär ſagt Lucanus: „Jr Tracken die jm gantzen land Unſchädlich bißhär ſind erkannt, Sind doch in Aphrica zumal Vergifft vnd ſchädlich überal.“ Wann ſie menſchen oder thieren nachſtellen vnd auffſetzig ſind, ſo pflegen ſie zunor vergiffte kreuter vnd wurtzen zu äſſen: ſonſt thun ſie gröſſern ſchaden mit dem ſchwantz dann mit den zänen, vnd welchen ſie mit dem ſchwantz faſſen den erwürgen ſie. Jr biſſ iſt nit groß vnd peynlich, dann ſie haben ein klein maul vnd ſtreyten nit bald mit beyſſen, ſonder erzeigen jr ſtercke fürnemlich im ſchwantz.“ Wenn man ſich der Uebertreibung erinnern will, welche ſich einzelne Reiſende noch heutigentages zu Schulden kommen laſſen, wird man ſich mit vorſtehender Schilderung wahrſcheinlich ausſöhnen. Noch gegenwärtig ſpricht man von funfzig Fuß langen Rieſenſchlangen; noch gegenwärtig ſcheut man ſich nicht zu erzählen, daß ſolche Ungeheuer wohl auch über Pferde, Rinder und andere Thiere her- fallen, ſie erwürgen und verſchlingen: — und wenn man den Elefanten nicht mehr in das Bereich der Beuteſtücke unſerer Schlangen zieht, ſo geſchieht Dies vielleicht nur, weil man die alten Geſchichten vergeſſen hat. Es mag ſein, daß die Rieſenſchlangen vormals eine bedeutendere Größe erlangten als gegenwärtig, wo ihnen der beſſer ausgerüſtete Menſch entgegentritt und mit ſeinen furchtbaren Waffen das Leben kürzt; ſolche Schlangen aber, wie ſie die Alten uns beſchrieben, hat es nie gegeben. Man iſt nur zu ſehr geneigt, derartige Thiere zu überſchätzen, und erkennt die Täuſchung gewöhnlich erſt, nachdem man den Maßſtab angelegt hat. Kein Wunder alſo, daß die rege Einbildungskraft der Eingebornen ſüdlicher Gegenden ſich noch viel weniger als die unſrige Schranken auferlegt und das wirklich Vorhandene auf das Doppelte und Dreifache ſchätzt. Derſelbe Jndier oder Südamerikaner, welcher mit dem Anſcheine vollſter Zuverläſſigkeit und Wahrheitsliebe von einer funfzig Fuß langen Rieſenſchlange erzählt, die er ſelbſt geſehen, bezüglich erlegt haben will, wird dem ruhig meſſenden Forſcher, welcher ein Thier von zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß erlegte, erklären, daß letzteres an Größe alles von ihm Geſehene gleicher Art bei weitem übertreffe. Die Kennzeichen der Stummelfüßler oder Rieſenſchlangen (Peropodes) ſind folgende: Der Kopf iſt gegen den Rumpf mehr oder weniger deutlich abgeſetzt, dreieckig verlängert, eiförmig, von oben nach unten abgeplattet, vorn meiſt zugeſpitzt, der Rachen ſehr weit geſpalten, der Leib außer- ordentlich kräftig und muskelig, ſeitlich zuſammengedrückt, längs der Mittellinie des Rückens vertieft, zu beiden Seiten, den hier verlaufenden ſtarken Muskeln entſprechend, erhöht, der Schwanz verhältniß- mäßig kurz, der Stummelfuß auch äußerlich jederſeits durch eine hornige, ſtumpfe Klaue in der Nähe des Afters angedeutet. Den Kopf bekleiden bald Tafeln, bald Schuppen, den Leib kleine, ſechseckige Schuppen, den Bauch ſchmale, meiſt einfache, aber breite Schilder, welche am Schwanztheile gewöhnlich in doppelter Reihe neben einander ſtehen. Beide Kieferbogen und bei einer Gruppe ſelbſt die Gaumen- beine tragen derbe Zähne, welche der Größe nach ſo geordnet ſind, daß der zweite oder dritte in der Reihe der größte iſt und die übrigen von ihm ab nach hinten zu an Größe abnehmen. Das ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/214
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/214>, abgerufen am 21.05.2024.