Die Schlangen. Vipern. Grubenottern. Stachelottern.
"Die dem Anscheine und, wie ich glaube, auch in Wirklichkeit gefährlichste Schlange Australiens", sagt Bennett, "von den Ansiedlern Todesotter und von den Eingeborenen wegen ihres Stachels am Schwanze Dornenotter genannt, ist ein häßliches, im Verhältnisse seiner Länge dickes Kriechthier, mit lebhaft gelbem, senkrecht geschlitzten Auge und einer schwer zu beschreibenden Färbung, welche aus einer Vereinigung düsterer Töne und schmaler, schwarzer Bänder besteht und nur auf der Unterseite in ein lichtes Rothgelb übergeht. Die Länge beträgt 2 bis 3 Fuß, der Umfang des Leibes etwa 5 Zoll.
"Die Todesotter ist eine gemeine Schlange in Neu-Südwales, selbst in nächster Nähe von Sidney. Man findet sie auf trockenen, sandigen Stellen, oft auf Straßen und Fußwegen, wo sie übertages zusammengeringelt liegt und bei Ankunft eines Feindes auch liegen bleibt: -- ein Umstand, welcher sie um so gefährlicher macht. Jch selbst hätte die erste, mit welcher ich im Lande zusammen- traf, beinah mit dem Fuße berührt, wurde aber glücklicherweise noch rechtzeitig aufmerksam auf sie. Jhr kurzer, dicker, eigenthümlich gefärbter Leib, der breite Kopf und das bösartige Ange warnen auch den Unkundigen vor ihr, und der Ausdruck ihres Gesichtes ist allerdings so abschreckend, daß er höchstens von der Puffotter übertroffen werden kann. Jhre Nahrung besteht hauptsächlich in Fröschen und kleinen Vögeln; solche fand ich in dem Magen derer, welche ich untersuchte."
Die Eingeborenen behaupten, daß Niemand am Bisse einer solchen Schlange sterbe, daß der Gebissene sich höchstens eine Zeitlang unwohl, namentlich schlaftrunken fühle, dann aber wieder geheilt werde; die Europäer aber erfuhren das Gegentheil, und auch Bennett stimmt Denen bei, welche die Todesotter die gefährlichste aller Schlangen Australiens nennen. Eine sonderbare Geschichte erzählt Cunningham. Während der Paarungszeit stöberte ein Jagdhund zwei Todesottern auf und rief dadurch seinen Herrn herbei, welcher der einen den Kopf abhieb, während die andere entkam. Ungefähr zehn Minuten später lief ein anderer Hund über dieselbe Stelle, erhielt von dem abge- schnittenen Kopfe einen Biß und starb bald darauf unter furchtbarem Geheule und Zuckungen.
Die Todesotter (Acanthophis cerastinus) vertritt die Sippe der Stachelottern, deren Kennzeichen bestehen: in einem breiten, oben bis zur vorderen Hälfte mit großen Schildern bedeckten Kopfe, seitlich gelegenen, inmitten eines großen Schildes sich öffnenden Nasenlöchern, dem stark zuge- spitzten, mit einem hornigen Dornen endigenden Schwanze und der Beschilderung des letzteren, welche unten an der Schwanzwurzel einfach ist, gegen die Spitze hin aber in zwei Reihen sich ordnet.
Eine tiefe Grube jederseits der Schnauze zwischen den Nasenlöchern und den Augen, welche einen Blindsack bildet, und weder mit der Nase noch mit den Augen in Verbindung steht, gilt als bezeichnendes Merkmal der Grubenottern (Bothrophes), derjenigen Schlangensamilie, welche die gefährlichsten Arten umfaßt. Außerdem unterscheiden sich die betreffenden Thiere durch größere Schlankheit des Leibes und meist auch durch etwas längeren Schwanz von den Vipern. Der Kopf ist eiförmig oder stumpf dreieckig, hinten verbreitert, deutlich vom Halse abgesetzt; die Nasenlöcher liegen seitlich der Schnauze; die Beschuppung kommt im wesentlichen mit der der Vipern überein.
Die Grubenottern scheinen die altweltlichen Vipern in Amerika zu vertreten, finden sich aber auch in Süd- und Mittelasien, hier wahrscheinlich in größerer Artenanzahl, als man bis jetzt weiß. Jhre Lebensweise weicht wenig von dem Treiben der Vipern ab. Auch sie sind vollendete Nacht- thiere und verbringen den Tag schlafend oder schlummernd, entweder in ihrem Schlupfwinkel verborgen oder vor demselben zusammengerollt liegend, um sich den Genuß der Besonnung zu ver- schaffen; doch scheint es, als ob sie, wenigstens einzelne unter ihnen, minder träge wären als jene. Mehrere Arten unter ihnen sollen auch klettern, einzelne, deren grüne Färbung allerdings dafür spricht, sogar mittelhohe Bäume besteigen; andere schwimmen fast mit der Fertigkeit der Wasser-
Die Schlangen. Vipern. Grubenottern. Stachelottern.
„Die dem Anſcheine und, wie ich glaube, auch in Wirklichkeit gefährlichſte Schlange Auſtraliens“, ſagt Bennett, „von den Anſiedlern Todesotter und von den Eingeborenen wegen ihres Stachels am Schwanze Dornenotter genannt, iſt ein häßliches, im Verhältniſſe ſeiner Länge dickes Kriechthier, mit lebhaft gelbem, ſenkrecht geſchlitzten Auge und einer ſchwer zu beſchreibenden Färbung, welche aus einer Vereinigung düſterer Töne und ſchmaler, ſchwarzer Bänder beſteht und nur auf der Unterſeite in ein lichtes Rothgelb übergeht. Die Länge beträgt 2 bis 3 Fuß, der Umfang des Leibes etwa 5 Zoll.
„Die Todesotter iſt eine gemeine Schlange in Neu-Südwales, ſelbſt in nächſter Nähe von Sidney. Man findet ſie auf trockenen, ſandigen Stellen, oft auf Straßen und Fußwegen, wo ſie übertages zuſammengeringelt liegt und bei Ankunft eines Feindes auch liegen bleibt: — ein Umſtand, welcher ſie um ſo gefährlicher macht. Jch ſelbſt hätte die erſte, mit welcher ich im Lande zuſammen- traf, beinah mit dem Fuße berührt, wurde aber glücklicherweiſe noch rechtzeitig aufmerkſam auf ſie. Jhr kurzer, dicker, eigenthümlich gefärbter Leib, der breite Kopf und das bösartige Ange warnen auch den Unkundigen vor ihr, und der Ausdruck ihres Geſichtes iſt allerdings ſo abſchreckend, daß er höchſtens von der Puffotter übertroffen werden kann. Jhre Nahrung beſteht hauptſächlich in Fröſchen und kleinen Vögeln; ſolche fand ich in dem Magen derer, welche ich unterſuchte.“
Die Eingeborenen behaupten, daß Niemand am Biſſe einer ſolchen Schlange ſterbe, daß der Gebiſſene ſich höchſtens eine Zeitlang unwohl, namentlich ſchlaftrunken fühle, dann aber wieder geheilt werde; die Europäer aber erfuhren das Gegentheil, und auch Bennett ſtimmt Denen bei, welche die Todesotter die gefährlichſte aller Schlangen Auſtraliens nennen. Eine ſonderbare Geſchichte erzählt Cunningham. Während der Paarungszeit ſtöberte ein Jagdhund zwei Todesottern auf und rief dadurch ſeinen Herrn herbei, welcher der einen den Kopf abhieb, während die andere entkam. Ungefähr zehn Minuten ſpäter lief ein anderer Hund über dieſelbe Stelle, erhielt von dem abge- ſchnittenen Kopfe einen Biß und ſtarb bald darauf unter furchtbarem Geheule und Zuckungen.
Die Todesotter (Acanthophis cerastinus) vertritt die Sippe der Stachelottern, deren Kennzeichen beſtehen: in einem breiten, oben bis zur vorderen Hälfte mit großen Schildern bedeckten Kopfe, ſeitlich gelegenen, inmitten eines großen Schildes ſich öffnenden Naſenlöchern, dem ſtark zuge- ſpitzten, mit einem hornigen Dornen endigenden Schwanze und der Beſchilderung des letzteren, welche unten an der Schwanzwurzel einfach iſt, gegen die Spitze hin aber in zwei Reihen ſich ordnet.
Eine tiefe Grube jederſeits der Schnauze zwiſchen den Naſenlöchern und den Augen, welche einen Blindſack bildet, und weder mit der Naſe noch mit den Augen in Verbindung ſteht, gilt als bezeichnendes Merkmal der Grubenottern (Bothrophes), derjenigen Schlangenſamilie, welche die gefährlichſten Arten umfaßt. Außerdem unterſcheiden ſich die betreffenden Thiere durch größere Schlankheit des Leibes und meiſt auch durch etwas längeren Schwanz von den Vipern. Der Kopf iſt eiförmig oder ſtumpf dreieckig, hinten verbreitert, deutlich vom Halſe abgeſetzt; die Naſenlöcher liegen ſeitlich der Schnauze; die Beſchuppung kommt im weſentlichen mit der der Vipern überein.
Die Grubenottern ſcheinen die altweltlichen Vipern in Amerika zu vertreten, finden ſich aber auch in Süd- und Mittelaſien, hier wahrſcheinlich in größerer Artenanzahl, als man bis jetzt weiß. Jhre Lebensweiſe weicht wenig von dem Treiben der Vipern ab. Auch ſie ſind vollendete Nacht- thiere und verbringen den Tag ſchlafend oder ſchlummernd, entweder in ihrem Schlupfwinkel verborgen oder vor demſelben zuſammengerollt liegend, um ſich den Genuß der Beſonnung zu ver- ſchaffen; doch ſcheint es, als ob ſie, wenigſtens einzelne unter ihnen, minder träge wären als jene. Mehrere Arten unter ihnen ſollen auch klettern, einzelne, deren grüne Färbung allerdings dafür ſpricht, ſogar mittelhohe Bäume beſteigen; andere ſchwimmen faſt mit der Fertigkeit der Waſſer-
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Die Schlangen. Vipern. Grubenottern. Stachelottern.
„Die dem Anſcheine und, wie ich glaube, auch in Wirklichkeit gefährlichſte Schlange Auſtraliens“,
ſagt Bennett, „von den Anſiedlern Todesotter und von den Eingeborenen wegen ihres Stachels am
Schwanze Dornenotter genannt, iſt ein häßliches, im Verhältniſſe ſeiner Länge dickes Kriechthier,
mit lebhaft gelbem, ſenkrecht geſchlitzten Auge und einer ſchwer zu beſchreibenden Färbung, welche aus
einer Vereinigung düſterer Töne und ſchmaler, ſchwarzer Bänder beſteht und nur auf der Unterſeite
in ein lichtes Rothgelb übergeht. Die Länge beträgt 2 bis 3 Fuß, der Umfang des Leibes
etwa 5 Zoll.
„Die Todesotter iſt eine gemeine Schlange in Neu-Südwales, ſelbſt in nächſter Nähe von
Sidney. Man findet ſie auf trockenen, ſandigen Stellen, oft auf Straßen und Fußwegen, wo ſie
übertages zuſammengeringelt liegt und bei Ankunft eines Feindes auch liegen bleibt: — ein Umſtand,
welcher ſie um ſo gefährlicher macht. Jch ſelbſt hätte die erſte, mit welcher ich im Lande zuſammen-
traf, beinah mit dem Fuße berührt, wurde aber glücklicherweiſe noch rechtzeitig aufmerkſam auf ſie.
Jhr kurzer, dicker, eigenthümlich gefärbter Leib, der breite Kopf und das bösartige Ange warnen auch
den Unkundigen vor ihr, und der Ausdruck ihres Geſichtes iſt allerdings ſo abſchreckend, daß er
höchſtens von der Puffotter übertroffen werden kann. Jhre Nahrung beſteht hauptſächlich in Fröſchen
und kleinen Vögeln; ſolche fand ich in dem Magen derer, welche ich unterſuchte.“
Die Eingeborenen behaupten, daß Niemand am Biſſe einer ſolchen Schlange ſterbe, daß der
Gebiſſene ſich höchſtens eine Zeitlang unwohl, namentlich ſchlaftrunken fühle, dann aber wieder geheilt
werde; die Europäer aber erfuhren das Gegentheil, und auch Bennett ſtimmt Denen bei,
welche die Todesotter die gefährlichſte aller Schlangen Auſtraliens nennen. Eine ſonderbare Geſchichte
erzählt Cunningham. Während der Paarungszeit ſtöberte ein Jagdhund zwei Todesottern auf
und rief dadurch ſeinen Herrn herbei, welcher der einen den Kopf abhieb, während die andere entkam.
Ungefähr zehn Minuten ſpäter lief ein anderer Hund über dieſelbe Stelle, erhielt von dem abge-
ſchnittenen Kopfe einen Biß und ſtarb bald darauf unter furchtbarem Geheule und Zuckungen.
Die Todesotter (Acanthophis cerastinus) vertritt die Sippe der Stachelottern, deren
Kennzeichen beſtehen: in einem breiten, oben bis zur vorderen Hälfte mit großen Schildern bedeckten
Kopfe, ſeitlich gelegenen, inmitten eines großen Schildes ſich öffnenden Naſenlöchern, dem ſtark zuge-
ſpitzten, mit einem hornigen Dornen endigenden Schwanze und der Beſchilderung des letzteren,
welche unten an der Schwanzwurzel einfach iſt, gegen die Spitze hin aber in zwei Reihen ſich ordnet.
Eine tiefe Grube jederſeits der Schnauze zwiſchen den Naſenlöchern und den Augen, welche
einen Blindſack bildet, und weder mit der Naſe noch mit den Augen in Verbindung ſteht, gilt als
bezeichnendes Merkmal der Grubenottern (Bothrophes), derjenigen Schlangenſamilie, welche die
gefährlichſten Arten umfaßt. Außerdem unterſcheiden ſich die betreffenden Thiere durch größere
Schlankheit des Leibes und meiſt auch durch etwas längeren Schwanz von den Vipern. Der Kopf
iſt eiförmig oder ſtumpf dreieckig, hinten verbreitert, deutlich vom Halſe abgeſetzt; die Naſenlöcher
liegen ſeitlich der Schnauze; die Beſchuppung kommt im weſentlichen mit der der Vipern überein.
Die Grubenottern ſcheinen die altweltlichen Vipern in Amerika zu vertreten, finden ſich aber
auch in Süd- und Mittelaſien, hier wahrſcheinlich in größerer Artenanzahl, als man bis jetzt weiß.
Jhre Lebensweiſe weicht wenig von dem Treiben der Vipern ab. Auch ſie ſind vollendete Nacht-
thiere und verbringen den Tag ſchlafend oder ſchlummernd, entweder in ihrem Schlupfwinkel
verborgen oder vor demſelben zuſammengerollt liegend, um ſich den Genuß der Beſonnung zu ver-
ſchaffen; doch ſcheint es, als ob ſie, wenigſtens einzelne unter ihnen, minder träge wären als jene.
Mehrere Arten unter ihnen ſollen auch klettern, einzelne, deren grüne Färbung allerdings dafür
ſpricht, ſogar mittelhohe Bäume beſteigen; andere ſchwimmen faſt mit der Fertigkeit der Waſſer-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/344>, abgerufen am 22.12.2024.
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