Bläuliche, oft mehr ins Bräunliche fallenden Grunde jederseits mit dunkelgrauen oder schwärzlich- braunen, großen dreieckigen Flecken gezeichnet, welche am Rande der Bauchschilder breit sind und nach dem Rücken hinauf schmäler werden, meistens wechselständig, zum Theil aber auch mit ihren Spitzen vereinigt sind oder durch graubraune Flecken verbunden werden. Diese Flecken zeigen sämmtlich einen allmählich dunkler werdenden Rand, besonders nach oben, und an ihrem Grunde jederseits einen runden, dunkelbraungrauen Punkt, sind am Rumpfe deutlich, am Halse undeutlich ausgedrückt und bilden am Schwanze breite Querbinden. Die gelblichweiße Grund- färbung des Bauches, dessen Schilder je zwei grauliche Marmelflecken tragen, wird durch eine Reihe runder, graubrauner Flecken von der dunklen Oberseite getrennt. Die Länge schwankt zwischen 4 und 6 Fuß.
Die Labaria (Bothrops atrox) hat nach Angabe des Prinzen von Wied die Gestalt und deren Verhältnisse, die Bildung der Schuppen, ja selbst die Vertheilung der Farben mit der Schararaka gemein; der Bauch aber ist nicht weißlich, sondern dunkler gefärbt und jederseits durch ein paar Reihen weißer Fleckchen geziert; auch läuft vom Auge nach dem Mundwinkel hin ein breiter, dunkel- brauner Streifen.
Die Lebensweise beider Arten unterscheidet sich so wenig, daß wir das über diese und jene Bekannte unbedenklich auf jede von ihnen beziehen dürfen. Die Schararaka ist nach Angabe des Prinz von Wied die gemeinste Giftschlange in Brasilien, auch überall verbreitet, da sie in den trockenen, erhitzten Gebüschen und in den hohen, feuchten, dunklen Urwäldern gleich gern lebt; die Labaria kommt, laut Schomburgk, ebenfalls in ganz Guiana vor, ebenso häufig an der Küste wie im Jnnern, hier und da auch in der freien Savanne, obwohl sie die dichten Waldungen der Steppe vorzuziehen scheint. Uebertages sieht man sie zusammengerollt auf dem Boden liegen, der Ruhe pflegend und sich nur dann zum Angriff bereitend, wenn man ihr zu nah tritt. Jhre Bewegungen sind während dieser Zeit langsam und träge; beim Beißen aber wirft auch sie den Vordertheil ihres Leibes mit der allen Giftschlangen eigenen, blitzartigen Schnelligkeit vor. Weder der Prinz noch Schomburgk haben sie jemals klettern sehen; dagegen beobachtete sie der letztgenannte Forscher zu seiner nicht geringen Verwunderung auf einem seiner Ausflüge am Flusse Haiama im Wasser, fischend, wie eine alte jagd- kundige Jndianerin ihm versicherte. "Anfangs wollte es mir nicht gelingen, die Schlange im Wasser zu unterscheiden; bald aber sah ich wirklich eine solche, die auf Raub ausging; denn bald tauchte sie mit Gedankenschnelle auf den Boden hinab, bald erschien sie wieder mehr an der Oberfläche und schwamm erst langsam, jetzt schneller kreuz und quer im Flußbette herum; endlich kroch sie am Ufer ans Land, wo ich sie erlegte. Es war wirklich die Labaria, und die Aussage meiner Begleiterin bestätigte sich, da ich beim Aufschneiden ihres Leibes zwei kleine, fingerlange Fische im Magen fand. Daß fast alle Schlangen sehr gut schwimmen, ist bekannt, daß aber auch die Giftschlangen im Wasser ihre Beute suchen, war mir neu und scheint überhaupt nicht bekannt zu sein." Für gewöhnlich freilich werden sich Schararaka und Labaria auf dem Lande ihre Nahrung suchen und wie die Ver- wandten wohl hauptsächlich kleinen Säugethieren nachstellen; hierüber aber sind mir keine bestimmten Angaben bekannt, und ebenso wenig vermag ich über die Fortpflanzung eine auf Beobachtung glaub- würdiger Reisenden beruhende Mittheilung zu machen.
Beide Giftschlangen werden in ihrer bezüglichen Heimat im höchsten Grade gefürchtet, sind auch in der That äußerst gefährliche Thiere. "Die Jndianer und selbst die portugiesischen Jäger", sagt der Prinz, "gehen beständig mit bloßen Füßen auf die Jagd; Schuhe und Strümpfe sind hier für den Landmann eine seltene, theuere Sache, deren man sich blos an Festtagen bedient. Die Leute sind eben dadurch dem Bisse der Schlangen, welche oft im dürren Laube verborgen liegen, weit mehr ausgesetzt; dennoch trifft ein solcher Fall seltener zu, als man denken sollte.... Jch hatte einst einen Tapir angeschossen und war mit einem indianischen Jäger aus Land gestiegen, um die blutigen Spuren des Thieres zu verfolgen, als plötzlich mein Jndianer um Hilfe rief. Er war zufällig den
Lanzenſchlange. Schararaka und Labaria.
Bläuliche, oft mehr ins Bräunliche fallenden Grunde jederſeits mit dunkelgrauen oder ſchwärzlich- braunen, großen dreieckigen Flecken gezeichnet, welche am Rande der Bauchſchilder breit ſind und nach dem Rücken hinauf ſchmäler werden, meiſtens wechſelſtändig, zum Theil aber auch mit ihren Spitzen vereinigt ſind oder durch graubraune Flecken verbunden werden. Dieſe Flecken zeigen ſämmtlich einen allmählich dunkler werdenden Rand, beſonders nach oben, und an ihrem Grunde jederſeits einen runden, dunkelbraungrauen Punkt, ſind am Rumpfe deutlich, am Halſe undeutlich ausgedrückt und bilden am Schwanze breite Querbinden. Die gelblichweiße Grund- färbung des Bauches, deſſen Schilder je zwei grauliche Marmelflecken tragen, wird durch eine Reihe runder, graubrauner Flecken von der dunklen Oberſeite getrennt. Die Länge ſchwankt zwiſchen 4 und 6 Fuß.
Die Labaria (Bothrops atrox) hat nach Angabe des Prinzen von Wied die Geſtalt und deren Verhältniſſe, die Bildung der Schuppen, ja ſelbſt die Vertheilung der Farben mit der Schararaka gemein; der Bauch aber iſt nicht weißlich, ſondern dunkler gefärbt und jederſeits durch ein paar Reihen weißer Fleckchen geziert; auch läuft vom Auge nach dem Mundwinkel hin ein breiter, dunkel- brauner Streifen.
Die Lebensweiſe beider Arten unterſcheidet ſich ſo wenig, daß wir das über dieſe und jene Bekannte unbedenklich auf jede von ihnen beziehen dürfen. Die Schararaka iſt nach Angabe des Prinz von Wied die gemeinſte Giftſchlange in Braſilien, auch überall verbreitet, da ſie in den trockenen, erhitzten Gebüſchen und in den hohen, feuchten, dunklen Urwäldern gleich gern lebt; die Labaria kommt, laut Schomburgk, ebenfalls in ganz Guiana vor, ebenſo häufig an der Küſte wie im Jnnern, hier und da auch in der freien Savanne, obwohl ſie die dichten Waldungen der Steppe vorzuziehen ſcheint. Uebertages ſieht man ſie zuſammengerollt auf dem Boden liegen, der Ruhe pflegend und ſich nur dann zum Angriff bereitend, wenn man ihr zu nah tritt. Jhre Bewegungen ſind während dieſer Zeit langſam und träge; beim Beißen aber wirft auch ſie den Vordertheil ihres Leibes mit der allen Giftſchlangen eigenen, blitzartigen Schnelligkeit vor. Weder der Prinz noch Schomburgk haben ſie jemals klettern ſehen; dagegen beobachtete ſie der letztgenannte Forſcher zu ſeiner nicht geringen Verwunderung auf einem ſeiner Ausflüge am Fluſſe Haiama im Waſſer, fiſchend, wie eine alte jagd- kundige Jndianerin ihm verſicherte. „Anfangs wollte es mir nicht gelingen, die Schlange im Waſſer zu unterſcheiden; bald aber ſah ich wirklich eine ſolche, die auf Raub ausging; denn bald tauchte ſie mit Gedankenſchnelle auf den Boden hinab, bald erſchien ſie wieder mehr an der Oberfläche und ſchwamm erſt langſam, jetzt ſchneller kreuz und quer im Flußbette herum; endlich kroch ſie am Ufer ans Land, wo ich ſie erlegte. Es war wirklich die Labaria, und die Ausſage meiner Begleiterin beſtätigte ſich, da ich beim Aufſchneiden ihres Leibes zwei kleine, fingerlange Fiſche im Magen fand. Daß faſt alle Schlangen ſehr gut ſchwimmen, iſt bekannt, daß aber auch die Giftſchlangen im Waſſer ihre Beute ſuchen, war mir neu und ſcheint überhaupt nicht bekannt zu ſein.“ Für gewöhnlich freilich werden ſich Schararaka und Labaria auf dem Lande ihre Nahrung ſuchen und wie die Ver- wandten wohl hauptſächlich kleinen Säugethieren nachſtellen; hierüber aber ſind mir keine beſtimmten Angaben bekannt, und ebenſo wenig vermag ich über die Fortpflanzung eine auf Beobachtung glaub- würdiger Reiſenden beruhende Mittheilung zu machen.
Beide Giftſchlangen werden in ihrer bezüglichen Heimat im höchſten Grade gefürchtet, ſind auch in der That äußerſt gefährliche Thiere. „Die Jndianer und ſelbſt die portugieſiſchen Jäger“, ſagt der Prinz, „gehen beſtändig mit bloßen Füßen auf die Jagd; Schuhe und Strümpfe ſind hier für den Landmann eine ſeltene, theuere Sache, deren man ſich blos an Feſttagen bedient. Die Leute ſind eben dadurch dem Biſſe der Schlangen, welche oft im dürren Laube verborgen liegen, weit mehr ausgeſetzt; dennoch trifft ein ſolcher Fall ſeltener zu, als man denken ſollte.... Jch hatte einſt einen Tapir angeſchoſſen und war mit einem indianiſchen Jäger aus Land geſtiegen, um die blutigen Spuren des Thieres zu verfolgen, als plötzlich mein Jndianer um Hilfe rief. Er war zufällig den
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Lanzenſchlange. Schararaka und Labaria.
Bläuliche, oft mehr ins Bräunliche fallenden Grunde jederſeits mit dunkelgrauen oder ſchwärzlich-
braunen, großen dreieckigen Flecken gezeichnet, welche am Rande der Bauchſchilder breit ſind und nach
dem Rücken hinauf ſchmäler werden, meiſtens wechſelſtändig, zum Theil aber auch mit ihren
Spitzen vereinigt ſind oder durch graubraune Flecken verbunden werden. Dieſe Flecken zeigen
ſämmtlich einen allmählich dunkler werdenden Rand, beſonders nach oben, und an ihrem
Grunde jederſeits einen runden, dunkelbraungrauen Punkt, ſind am Rumpfe deutlich, am Halſe
undeutlich ausgedrückt und bilden am Schwanze breite Querbinden. Die gelblichweiße Grund-
färbung des Bauches, deſſen Schilder je zwei grauliche Marmelflecken tragen, wird durch eine Reihe
runder, graubrauner Flecken von der dunklen Oberſeite getrennt. Die Länge ſchwankt zwiſchen
4 und 6 Fuß.
Die Labaria (Bothrops atrox) hat nach Angabe des Prinzen von Wied die Geſtalt und
deren Verhältniſſe, die Bildung der Schuppen, ja ſelbſt die Vertheilung der Farben mit der Schararaka
gemein; der Bauch aber iſt nicht weißlich, ſondern dunkler gefärbt und jederſeits durch ein paar Reihen
weißer Fleckchen geziert; auch läuft vom Auge nach dem Mundwinkel hin ein breiter, dunkel-
brauner Streifen.
Die Lebensweiſe beider Arten unterſcheidet ſich ſo wenig, daß wir das über dieſe und jene Bekannte
unbedenklich auf jede von ihnen beziehen dürfen. Die Schararaka iſt nach Angabe des Prinz von
Wied die gemeinſte Giftſchlange in Braſilien, auch überall verbreitet, da ſie in den trockenen, erhitzten
Gebüſchen und in den hohen, feuchten, dunklen Urwäldern gleich gern lebt; die Labaria kommt,
laut Schomburgk, ebenfalls in ganz Guiana vor, ebenſo häufig an der Küſte wie im Jnnern, hier
und da auch in der freien Savanne, obwohl ſie die dichten Waldungen der Steppe vorzuziehen ſcheint.
Uebertages ſieht man ſie zuſammengerollt auf dem Boden liegen, der Ruhe pflegend und ſich nur
dann zum Angriff bereitend, wenn man ihr zu nah tritt. Jhre Bewegungen ſind während dieſer
Zeit langſam und träge; beim Beißen aber wirft auch ſie den Vordertheil ihres Leibes mit der allen
Giftſchlangen eigenen, blitzartigen Schnelligkeit vor. Weder der Prinz noch Schomburgk haben ſie
jemals klettern ſehen; dagegen beobachtete ſie der letztgenannte Forſcher zu ſeiner nicht geringen
Verwunderung auf einem ſeiner Ausflüge am Fluſſe Haiama im Waſſer, fiſchend, wie eine alte jagd-
kundige Jndianerin ihm verſicherte. „Anfangs wollte es mir nicht gelingen, die Schlange im Waſſer
zu unterſcheiden; bald aber ſah ich wirklich eine ſolche, die auf Raub ausging; denn bald tauchte ſie
mit Gedankenſchnelle auf den Boden hinab, bald erſchien ſie wieder mehr an der Oberfläche und
ſchwamm erſt langſam, jetzt ſchneller kreuz und quer im Flußbette herum; endlich kroch ſie am
Ufer ans Land, wo ich ſie erlegte. Es war wirklich die Labaria, und die Ausſage meiner Begleiterin
beſtätigte ſich, da ich beim Aufſchneiden ihres Leibes zwei kleine, fingerlange Fiſche im Magen fand.
Daß faſt alle Schlangen ſehr gut ſchwimmen, iſt bekannt, daß aber auch die Giftſchlangen im Waſſer
ihre Beute ſuchen, war mir neu und ſcheint überhaupt nicht bekannt zu ſein.“ Für gewöhnlich
freilich werden ſich Schararaka und Labaria auf dem Lande ihre Nahrung ſuchen und wie die Ver-
wandten wohl hauptſächlich kleinen Säugethieren nachſtellen; hierüber aber ſind mir keine beſtimmten
Angaben bekannt, und ebenſo wenig vermag ich über die Fortpflanzung eine auf Beobachtung glaub-
würdiger Reiſenden beruhende Mittheilung zu machen.
Beide Giftſchlangen werden in ihrer bezüglichen Heimat im höchſten Grade gefürchtet, ſind
auch in der That äußerſt gefährliche Thiere. „Die Jndianer und ſelbſt die portugieſiſchen Jäger“,
ſagt der Prinz, „gehen beſtändig mit bloßen Füßen auf die Jagd; Schuhe und Strümpfe ſind hier
für den Landmann eine ſeltene, theuere Sache, deren man ſich blos an Feſttagen bedient. Die Leute
ſind eben dadurch dem Biſſe der Schlangen, welche oft im dürren Laube verborgen liegen, weit mehr
ausgeſetzt; dennoch trifft ein ſolcher Fall ſeltener zu, als man denken ſollte.... Jch hatte einſt
einen Tapir angeſchoſſen und war mit einem indianiſchen Jäger aus Land geſtiegen, um die blutigen
Spuren des Thieres zu verfolgen, als plötzlich mein Jndianer um Hilfe rief. Er war zufällig den
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/373>, abgerufen am 22.12.2024.
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