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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schildkröten. Landschildkröten.
Männchen unterscheidet sich von dem Weibchen durch einen etwas längeren Schwanz und den
auf der unteren Fläche flach gewölbten Unterpanzer; beim jungen Thiere ist das Gehäuse höher gewölbt
als bei dem alten und die Färbung lebhafter.

Der Schabuti oder die Waldschildkröte (Testudo tabulata) verbreitet sich, nach Prinz von
Wied,
über den größten Theil von Brasilien und, laut Schomburgk, über alle Waldungen
Guyanas bis zu 2000 Fuß über das Meer, kommt auch in Westindien vor. An geeigneten Orten
scheint er sehr häufig zu sein. "Jch fand", sagt der Prinz, "ausgeleerte Panzer in den Wäldern von
Tapebucu, einen halben Grad nördlich von Cabo Frio, und, von hier nach dieser Himmelsgegend
fortgehend, die Thiere selbst überall in den großen Waldungen des östlichen Brasiliens. Am Bel-
monte waren sie nicht selten, und in den Reisesäcken der Botokuden bemerkten wir ganze Panzer von
ihnen, sowie den Oberschild der Flußschildkröte, in welchem diese Wilden ihre Farben anreiben. Am

[Abbildung] Der Schabuti oder die Waldschildkröte (Testudo tabulata).
Flusse Jlheos endlich, auf der ununterbrochenen Waldreise haben wir sie häufig im dichtesten Walde
angetroffen. Sie sollen blos auf dem trockenen Lande, und zwar im Walde leben, auch habe ich sie
nur da beobachtet. Man sieht sie langsam auf ihren dicken Stelzfüßen einhergehen, auch ihre Glieder
einziehen, wenn etwas Fremdes, sich zeigt. Jhre Nahrung nimmt auch diese Art aus dem Pflanzen-
reiche. Sie frißt vorzüglich abgefallene reise Baumfrüchte, deren Manchfaltigkeit sehr groß ist."

"Jn der heißen Jahreszeit bildet sie einen Haufen von trockenen Baumblättern und legt zwölf
und mehrere Eier hinein. Die Jungen sind, wenn sie aus dem Eie kommen, gelblich von Farbe und
ihr Panzer ist noch weich."

"Diese jungen Thiere, aber auch die Alten, haben mancherlei Feinde. Das alte Thier soll
ungeachtet seines starken Panzers von den großen Katzenarten häufig aufgesucht und verzehrt werden.
Die der Wälder und ihrer Naturerscheinungen kundigen Jndianer versichern, daß die Unze, wenn sie
eine solche Schildkröte finde, dieselbe auf die Spitze stelle und mit den langen Klauen das Fleisch nach

Die Schildkröten. Landſchildkröten.
Männchen unterſcheidet ſich von dem Weibchen durch einen etwas längeren Schwanz und den
auf der unteren Fläche flach gewölbten Unterpanzer; beim jungen Thiere iſt das Gehäuſe höher gewölbt
als bei dem alten und die Färbung lebhafter.

Der Schabuti oder die Waldſchildkröte (Testudo tabulata) verbreitet ſich, nach Prinz von
Wied,
über den größten Theil von Braſilien und, laut Schomburgk, über alle Waldungen
Guyanas bis zu 2000 Fuß über das Meer, kommt auch in Weſtindien vor. An geeigneten Orten
ſcheint er ſehr häufig zu ſein. „Jch fand“, ſagt der Prinz, „ausgeleerte Panzer in den Wäldern von
Tapebucu, einen halben Grad nördlich von Cabo Frio, und, von hier nach dieſer Himmelsgegend
fortgehend, die Thiere ſelbſt überall in den großen Waldungen des öſtlichen Braſiliens. Am Bel-
monte waren ſie nicht ſelten, und in den Reiſeſäcken der Botokuden bemerkten wir ganze Panzer von
ihnen, ſowie den Oberſchild der Flußſchildkröte, in welchem dieſe Wilden ihre Farben anreiben. Am

[Abbildung] Der Schabuti oder die Waldſchildkröte (Testudo tabulata).
Fluſſe Jlheos endlich, auf der ununterbrochenen Waldreiſe haben wir ſie häufig im dichteſten Walde
angetroffen. Sie ſollen blos auf dem trockenen Lande, und zwar im Walde leben, auch habe ich ſie
nur da beobachtet. Man ſieht ſie langſam auf ihren dicken Stelzfüßen einhergehen, auch ihre Glieder
einziehen, wenn etwas Fremdes, ſich zeigt. Jhre Nahrung nimmt auch dieſe Art aus dem Pflanzen-
reiche. Sie frißt vorzüglich abgefallene reiſe Baumfrüchte, deren Manchfaltigkeit ſehr groß iſt.“

„Jn der heißen Jahreszeit bildet ſie einen Haufen von trockenen Baumblättern und legt zwölf
und mehrere Eier hinein. Die Jungen ſind, wenn ſie aus dem Eie kommen, gelblich von Farbe und
ihr Panzer iſt noch weich.“

„Dieſe jungen Thiere, aber auch die Alten, haben mancherlei Feinde. Das alte Thier ſoll
ungeachtet ſeines ſtarken Panzers von den großen Katzenarten häufig aufgeſucht und verzehrt werden.
Die der Wälder und ihrer Naturerſcheinungen kundigen Jndianer verſichern, daß die Unze, wenn ſie
eine ſolche Schildkröte finde, dieſelbe auf die Spitze ſtelle und mit den langen Klauen das Fleiſch nach

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[26/0038] Die Schildkröten. Landſchildkröten. Männchen unterſcheidet ſich von dem Weibchen durch einen etwas längeren Schwanz und den auf der unteren Fläche flach gewölbten Unterpanzer; beim jungen Thiere iſt das Gehäuſe höher gewölbt als bei dem alten und die Färbung lebhafter. Der Schabuti oder die Waldſchildkröte (Testudo tabulata) verbreitet ſich, nach Prinz von Wied, über den größten Theil von Braſilien und, laut Schomburgk, über alle Waldungen Guyanas bis zu 2000 Fuß über das Meer, kommt auch in Weſtindien vor. An geeigneten Orten ſcheint er ſehr häufig zu ſein. „Jch fand“, ſagt der Prinz, „ausgeleerte Panzer in den Wäldern von Tapebucu, einen halben Grad nördlich von Cabo Frio, und, von hier nach dieſer Himmelsgegend fortgehend, die Thiere ſelbſt überall in den großen Waldungen des öſtlichen Braſiliens. Am Bel- monte waren ſie nicht ſelten, und in den Reiſeſäcken der Botokuden bemerkten wir ganze Panzer von ihnen, ſowie den Oberſchild der Flußſchildkröte, in welchem dieſe Wilden ihre Farben anreiben. Am [Abbildung Der Schabuti oder die Waldſchildkröte (Testudo tabulata).] Fluſſe Jlheos endlich, auf der ununterbrochenen Waldreiſe haben wir ſie häufig im dichteſten Walde angetroffen. Sie ſollen blos auf dem trockenen Lande, und zwar im Walde leben, auch habe ich ſie nur da beobachtet. Man ſieht ſie langſam auf ihren dicken Stelzfüßen einhergehen, auch ihre Glieder einziehen, wenn etwas Fremdes, ſich zeigt. Jhre Nahrung nimmt auch dieſe Art aus dem Pflanzen- reiche. Sie frißt vorzüglich abgefallene reiſe Baumfrüchte, deren Manchfaltigkeit ſehr groß iſt.“ „Jn der heißen Jahreszeit bildet ſie einen Haufen von trockenen Baumblättern und legt zwölf und mehrere Eier hinein. Die Jungen ſind, wenn ſie aus dem Eie kommen, gelblich von Farbe und ihr Panzer iſt noch weich.“ „Dieſe jungen Thiere, aber auch die Alten, haben mancherlei Feinde. Das alte Thier ſoll ungeachtet ſeines ſtarken Panzers von den großen Katzenarten häufig aufgeſucht und verzehrt werden. Die der Wälder und ihrer Naturerſcheinungen kundigen Jndianer verſichern, daß die Unze, wenn ſie eine ſolche Schildkröte finde, dieſelbe auf die Spitze ſtelle und mit den langen Klauen das Fleiſch nach

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/38>, abgerufen am 30.04.2024.