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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Haut. Geripp.
scheint, ist der Lurch im Stande, die Hautabsonderung willkürlich zu vermehren, sie also vielleicht als
ein Schutzmittel gegen seine Feinde zu verwerthen; denn dieser Saft, höchst wahrscheinlich nichts
Anderes als Buttersäure, hat nicht blos, einen starken Geruch, sondern auch eine bedeutende
Schärfe, welche Kröten und Salamander in den Ruf der Giftigkeit gebracht hat. Als eigentliches
Gift nun ist der Schleim wohl nicht anzusehen; trotzdem verursacht er auf empfindlicher Ober-
haut Schmerzen, auf der Zunge ein beißendes Brennen. Davy, welcher den Saft der Kröte unter-
suchte, bemerkt, daß er auf der Zunge ungefähr die Wirkung des Eisenhutauszuges hervorbringe,
im Wasser und Wein unauflöslich sei, im Salmiak seine Schärfe beibehalte und Salpetersäure roth
färbe. Nach den von Gratiolet und Chloez angestellten Versuchen soll der Drüsensaft der
Kröten kleine Vögel, denen er eingeimpft wird, bald tödten und selbst in dem Falle noch wirken,
wenn er vor dem Einimpfen getrocknet wurde. Auch Röbbeler hat gefunden, daß der Schleim
tödtlich wirkt, wenn er jungen Hündchen, Meerschweinchen, Fröschen und Wassersalamandern durch
Einschnitte ins Blut gebracht wird, ebenso, daß der Saft der Wasser- und Erdsalamander, in gleicher
Weise der Kröte beigebracht, dieser verderblich wird. Pallas erzählt, daß er einen Mops besessen
habe, welcher es nicht lassen konnte, Kröten todt zu beißen, aber geschwollene Lippen bekam, krank
ward und starb. Diesen Bemerkungen fügt Lenz eigene Beobachtungen hinzu, welche Jener
Angaben zu bestätigen scheinen. "Daß man zarten Stubenvögeln keinen Sand geben dürfe, welcher
mit der von Kröten ausgehenden Feuchtigkeit in Berührung gekommen, weiß ich aus folgender
Thatsache: Jm Jahre 1859 ließ ich frischen Sand für meine Kanarienvögel holen, that einen Theil
davon in einen Topf, die Hauptmasse aber in einen Schuppen und legte eine Breterthüre zum Schutze
gegen Verunreinigung darauf. Jm Winter und Sommer bekamen die Vögel öfter frischen Sand
aus dem Topfe und befanden sich wohl dabei. Jm Sommer 1860 siedelte sich eine ungeheuere
Kröte unter der Breterthüre an, kam jeden Abend hervor, wartete vor dem Brete eine Zeitlang und
kroch dann über Nacht im Hof und Garten umher. Da ich ihr oft abends vor ihrer Klause einen
freundlichen Besuch abstattete, wurde sie bald ganz zutraulich. Jm Herbste war der Sand des
Topfes verthan. Jch hob nun das Bret auf und fand unter ihm die von der Kröte gemachte
Höhlung und die Kröte selbst. Der Sand war nicht, wie ich erwartet, ganz trocken, sondern von
einer Feuchtigkeit durchzogen, welche wohl von der Bewohnerin ausging. Die von ihr gemachten
Höhlungen durchzogen nur die Oberfläche; um sicher zu gehen, hob ich mit einer Schaufel den oberen
Sand einen halben Fuß hoch ab, nahm von dem in der Tiefe befindlichen und gab davon drei
gesunden Kanarienvögeln. Sie fraßen davon: der eine starb selbigen Tag, die zwei anderen, denen ich
den Sand schnell wegnahm, in den nächsten Wochen." Jch glaube nicht, daß die vorstehend mit-
getheilten Versuche die Giftigkeit des Hautsaftes der Lurche so unbedingt beweisen, als es zu sein
scheint, will jedoch die Schärfe des gedachten Saftes und gewisse Wirkungen desselben auf die
Lebensthätigkeit kleinerer Thiere nicht in Abrede stellen.

Sehr eigenthümlich ist das Geripp der Lurche, hinsichtlich dessen Ausbildung ähnliche Ver-
hältnisse bemerklich werden, wie bei den Fischen, wenn auch nicht in so ausgedehntem Maße. Die
"Zoologischen Briefe" Karl Vogts, welche ich zu Grunde lege, belehren uns bierüber, wie folgt:
"Bei den Kiemenmolchen finden sich Wirbel, welche in ihrer Gestalt vom Fischwirbel sich nicht unter-
scheiden lassen; bei den eigentlichen Molchen dagegen kommen bereits vollständig ausgebildete Wirbel
vor, welche vorn einen runden Gelenkknopf, hinten eine Pfanne tragen und dadurch mit einander
gelenken. Bei allen diesen Lurchen mit langgestrecktem Körper ist auch die Anzahl der Wirbel sehr
bedeutend, während bei den froschartigen Thieren nur wenige Rückenwirbel, sieben bis neun nämlich,
vorkommen, dagegen ein langes Kreuzbein vorhanden ist, welches aus der Verschmelzung mehrerer
Wirbel entstanden scheint und mit einem langen, säbelförmigen Knochen in Verbindung steht, der die
Wirbelsäule bis zum After fortsetzt. Die Querfortsätze der Wirbel sind bei allen Lurchen wohl
ausgebildet, zuweilen ungemein lang, und ersetzen auf diese Weise die Rippen, welche zuweilen nur
durch kleine Knorpelanhänge vertreten sind.

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Haut. Geripp.
ſcheint, iſt der Lurch im Stande, die Hautabſonderung willkürlich zu vermehren, ſie alſo vielleicht als
ein Schutzmittel gegen ſeine Feinde zu verwerthen; denn dieſer Saft, höchſt wahrſcheinlich nichts
Anderes als Butterſäure, hat nicht blos, einen ſtarken Geruch, ſondern auch eine bedeutende
Schärfe, welche Kröten und Salamander in den Ruf der Giftigkeit gebracht hat. Als eigentliches
Gift nun iſt der Schleim wohl nicht anzuſehen; trotzdem verurſacht er auf empfindlicher Ober-
haut Schmerzen, auf der Zunge ein beißendes Brennen. Davy, welcher den Saft der Kröte unter-
ſuchte, bemerkt, daß er auf der Zunge ungefähr die Wirkung des Eiſenhutauszuges hervorbringe,
im Waſſer und Wein unauflöslich ſei, im Salmiak ſeine Schärfe beibehalte und Salpeterſäure roth
färbe. Nach den von Gratiolet und Chloez angeſtellten Verſuchen ſoll der Drüſenſaft der
Kröten kleine Vögel, denen er eingeimpft wird, bald tödten und ſelbſt in dem Falle noch wirken,
wenn er vor dem Einimpfen getrocknet wurde. Auch Röbbeler hat gefunden, daß der Schleim
tödtlich wirkt, wenn er jungen Hündchen, Meerſchweinchen, Fröſchen und Waſſerſalamandern durch
Einſchnitte ins Blut gebracht wird, ebenſo, daß der Saft der Waſſer- und Erdſalamander, in gleicher
Weiſe der Kröte beigebracht, dieſer verderblich wird. Pallas erzählt, daß er einen Mops beſeſſen
habe, welcher es nicht laſſen konnte, Kröten todt zu beißen, aber geſchwollene Lippen bekam, krank
ward und ſtarb. Dieſen Bemerkungen fügt Lenz eigene Beobachtungen hinzu, welche Jener
Angaben zu beſtätigen ſcheinen. „Daß man zarten Stubenvögeln keinen Sand geben dürfe, welcher
mit der von Kröten ausgehenden Feuchtigkeit in Berührung gekommen, weiß ich aus folgender
Thatſache: Jm Jahre 1859 ließ ich friſchen Sand für meine Kanarienvögel holen, that einen Theil
davon in einen Topf, die Hauptmaſſe aber in einen Schuppen und legte eine Breterthüre zum Schutze
gegen Verunreinigung darauf. Jm Winter und Sommer bekamen die Vögel öfter friſchen Sand
aus dem Topfe und befanden ſich wohl dabei. Jm Sommer 1860 ſiedelte ſich eine ungeheuere
Kröte unter der Breterthüre an, kam jeden Abend hervor, wartete vor dem Brete eine Zeitlang und
kroch dann über Nacht im Hof und Garten umher. Da ich ihr oft abends vor ihrer Klauſe einen
freundlichen Beſuch abſtattete, wurde ſie bald ganz zutraulich. Jm Herbſte war der Sand des
Topfes verthan. Jch hob nun das Bret auf und fand unter ihm die von der Kröte gemachte
Höhlung und die Kröte ſelbſt. Der Sand war nicht, wie ich erwartet, ganz trocken, ſondern von
einer Feuchtigkeit durchzogen, welche wohl von der Bewohnerin ausging. Die von ihr gemachten
Höhlungen durchzogen nur die Oberfläche; um ſicher zu gehen, hob ich mit einer Schaufel den oberen
Sand einen halben Fuß hoch ab, nahm von dem in der Tiefe befindlichen und gab davon drei
geſunden Kanarienvögeln. Sie fraßen davon: der eine ſtarb ſelbigen Tag, die zwei anderen, denen ich
den Sand ſchnell wegnahm, in den nächſten Wochen.“ Jch glaube nicht, daß die vorſtehend mit-
getheilten Verſuche die Giftigkeit des Hautſaftes der Lurche ſo unbedingt beweiſen, als es zu ſein
ſcheint, will jedoch die Schärfe des gedachten Saftes und gewiſſe Wirkungen deſſelben auf die
Lebensthätigkeit kleinerer Thiere nicht in Abrede ſtellen.

Sehr eigenthümlich iſt das Geripp der Lurche, hinſichtlich deſſen Ausbildung ähnliche Ver-
hältniſſe bemerklich werden, wie bei den Fiſchen, wenn auch nicht in ſo ausgedehntem Maße. Die
„Zoologiſchen Briefe“ Karl Vogts, welche ich zu Grunde lege, belehren uns bierüber, wie folgt:
„Bei den Kiemenmolchen finden ſich Wirbel, welche in ihrer Geſtalt vom Fiſchwirbel ſich nicht unter-
ſcheiden laſſen; bei den eigentlichen Molchen dagegen kommen bereits vollſtändig ausgebildete Wirbel
vor, welche vorn einen runden Gelenkknopf, hinten eine Pfanne tragen und dadurch mit einander
gelenken. Bei allen dieſen Lurchen mit langgeſtrecktem Körper iſt auch die Anzahl der Wirbel ſehr
bedeutend, während bei den froſchartigen Thieren nur wenige Rückenwirbel, ſieben bis neun nämlich,
vorkommen, dagegen ein langes Kreuzbein vorhanden iſt, welches aus der Verſchmelzung mehrerer
Wirbel entſtanden ſcheint und mit einem langen, ſäbelförmigen Knochen in Verbindung ſteht, der die
Wirbelſäule bis zum After fortſetzt. Die Querfortſätze der Wirbel ſind bei allen Lurchen wohl
ausgebildet, zuweilen ungemein lang, und erſetzen auf dieſe Weiſe die Rippen, welche zuweilen nur
durch kleine Knorpelanhänge vertreten ſind.

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[355/0381] Haut. Geripp. ſcheint, iſt der Lurch im Stande, die Hautabſonderung willkürlich zu vermehren, ſie alſo vielleicht als ein Schutzmittel gegen ſeine Feinde zu verwerthen; denn dieſer Saft, höchſt wahrſcheinlich nichts Anderes als Butterſäure, hat nicht blos, einen ſtarken Geruch, ſondern auch eine bedeutende Schärfe, welche Kröten und Salamander in den Ruf der Giftigkeit gebracht hat. Als eigentliches Gift nun iſt der Schleim wohl nicht anzuſehen; trotzdem verurſacht er auf empfindlicher Ober- haut Schmerzen, auf der Zunge ein beißendes Brennen. Davy, welcher den Saft der Kröte unter- ſuchte, bemerkt, daß er auf der Zunge ungefähr die Wirkung des Eiſenhutauszuges hervorbringe, im Waſſer und Wein unauflöslich ſei, im Salmiak ſeine Schärfe beibehalte und Salpeterſäure roth färbe. Nach den von Gratiolet und Chloez angeſtellten Verſuchen ſoll der Drüſenſaft der Kröten kleine Vögel, denen er eingeimpft wird, bald tödten und ſelbſt in dem Falle noch wirken, wenn er vor dem Einimpfen getrocknet wurde. Auch Röbbeler hat gefunden, daß der Schleim tödtlich wirkt, wenn er jungen Hündchen, Meerſchweinchen, Fröſchen und Waſſerſalamandern durch Einſchnitte ins Blut gebracht wird, ebenſo, daß der Saft der Waſſer- und Erdſalamander, in gleicher Weiſe der Kröte beigebracht, dieſer verderblich wird. Pallas erzählt, daß er einen Mops beſeſſen habe, welcher es nicht laſſen konnte, Kröten todt zu beißen, aber geſchwollene Lippen bekam, krank ward und ſtarb. Dieſen Bemerkungen fügt Lenz eigene Beobachtungen hinzu, welche Jener Angaben zu beſtätigen ſcheinen. „Daß man zarten Stubenvögeln keinen Sand geben dürfe, welcher mit der von Kröten ausgehenden Feuchtigkeit in Berührung gekommen, weiß ich aus folgender Thatſache: Jm Jahre 1859 ließ ich friſchen Sand für meine Kanarienvögel holen, that einen Theil davon in einen Topf, die Hauptmaſſe aber in einen Schuppen und legte eine Breterthüre zum Schutze gegen Verunreinigung darauf. Jm Winter und Sommer bekamen die Vögel öfter friſchen Sand aus dem Topfe und befanden ſich wohl dabei. Jm Sommer 1860 ſiedelte ſich eine ungeheuere Kröte unter der Breterthüre an, kam jeden Abend hervor, wartete vor dem Brete eine Zeitlang und kroch dann über Nacht im Hof und Garten umher. Da ich ihr oft abends vor ihrer Klauſe einen freundlichen Beſuch abſtattete, wurde ſie bald ganz zutraulich. Jm Herbſte war der Sand des Topfes verthan. Jch hob nun das Bret auf und fand unter ihm die von der Kröte gemachte Höhlung und die Kröte ſelbſt. Der Sand war nicht, wie ich erwartet, ganz trocken, ſondern von einer Feuchtigkeit durchzogen, welche wohl von der Bewohnerin ausging. Die von ihr gemachten Höhlungen durchzogen nur die Oberfläche; um ſicher zu gehen, hob ich mit einer Schaufel den oberen Sand einen halben Fuß hoch ab, nahm von dem in der Tiefe befindlichen und gab davon drei geſunden Kanarienvögeln. Sie fraßen davon: der eine ſtarb ſelbigen Tag, die zwei anderen, denen ich den Sand ſchnell wegnahm, in den nächſten Wochen.“ Jch glaube nicht, daß die vorſtehend mit- getheilten Verſuche die Giftigkeit des Hautſaftes der Lurche ſo unbedingt beweiſen, als es zu ſein ſcheint, will jedoch die Schärfe des gedachten Saftes und gewiſſe Wirkungen deſſelben auf die Lebensthätigkeit kleinerer Thiere nicht in Abrede ſtellen. Sehr eigenthümlich iſt das Geripp der Lurche, hinſichtlich deſſen Ausbildung ähnliche Ver- hältniſſe bemerklich werden, wie bei den Fiſchen, wenn auch nicht in ſo ausgedehntem Maße. Die „Zoologiſchen Briefe“ Karl Vogts, welche ich zu Grunde lege, belehren uns bierüber, wie folgt: „Bei den Kiemenmolchen finden ſich Wirbel, welche in ihrer Geſtalt vom Fiſchwirbel ſich nicht unter- ſcheiden laſſen; bei den eigentlichen Molchen dagegen kommen bereits vollſtändig ausgebildete Wirbel vor, welche vorn einen runden Gelenkknopf, hinten eine Pfanne tragen und dadurch mit einander gelenken. Bei allen dieſen Lurchen mit langgeſtrecktem Körper iſt auch die Anzahl der Wirbel ſehr bedeutend, während bei den froſchartigen Thieren nur wenige Rückenwirbel, ſieben bis neun nämlich, vorkommen, dagegen ein langes Kreuzbein vorhanden iſt, welches aus der Verſchmelzung mehrerer Wirbel entſtanden ſcheint und mit einem langen, ſäbelförmigen Knochen in Verbindung ſteht, der die Wirbelſäule bis zum After fortſetzt. Die Querfortſätze der Wirbel ſind bei allen Lurchen wohl ausgebildet, zuweilen ungemein lang, und erſetzen auf dieſe Weiſe die Rippen, welche zuweilen nur durch kleine Knorpelanhänge vertreten ſind. 23*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/381>, abgerufen am 22.12.2024.