An Artenzahl ärmer als die Laubfrösche, bewohnen die Mitglieder der zweiten Familie unserer Ordnung in zahlreicher Menge alle Gewässer gemäßigter und heißer Länder und dementsprechend alle Erdtheile. Jhnen begegnet man überall, wo es Gewässer gibt; ihren Nachtgesang vernimmt man allerorten, wo es ihnen möglich, zu leben; denn so wie in unserem Vaterlande der allbekannte Wasserfrosch, siedeln sich auch seine Verwandten in der Tiefe wie in der Höhe, an fließenden wie an stehenden Gewässern an, vorausgesetzt, daß diese nicht salzig sind. Aber nicht wenige Arten der Familie gibt es, welche wie die Laubfrösche nur während der Paarungszeit im Wasser sich aufhalten, nach ihr aber auf feuchten Wiesen, in Feldern und Wäldern sich umhertreiben, vielleicht ziellos umherirrend, da ruhend, wo der Tag sie überraschte und mit Beginn der Dämmerung ihren Weg weiter fortsetzend. Wunderbar tönt der Chor dieser Frösche in das Ohr des Fremden, welcher zum ersten Male den Boden eines anderen Erdtheils betritt; denn zu den von der Heimat her bekannten Lauten gesellen sich sremdartige, in deren Urhebern man zwar sofort Glattfrösche erkennt, welche aber doch durch ihre Eigenthümlichkeit im hohen Grade auffallen und Ursache wurden, daß die ersten Ansiedler, sowie auch die Forscher die betreffenden Sänger mit bezeichnenden Namen belegten.
Ueberall ist die Lebensweise der wasserbewohnenden Glattfrösche, welche den Kern der Familie bilden, mehr oder weniger dieselbe: ein munteres, heiteres Frühlings- und Sommerleben mit viel Gesang, vielem Lärm und vielem Behagen, ein minder gefallendes Herbsttreiben und dann ein monate- langer Winterschlaf tief unten in dem Schlamme der gefrierenden oder austrocknenden Gewässer, bis der warme Hauch des Frühlings die Eisschollen sprengt oder der erste Regen die von der Sonne zerklüftete Schlammschicht wieder zusammenfügt und Wärme oder Feuchtigkeit die tief verborgenen Schläfer wiederum zu neuem Leben weckt. Denn sowie bei uns im Frühlinge die Erde neuen Schmuck anlegt, so ruft auch in den Gleicherländern der Beginn der Regenzeit das volle Leben der Natur hervor. Wenn im Jnnern Afrikas die vernichtende Glut der trockenen Jahreszeit den Winter gebracht hat über das Land, das Gras dürrend, die Bäume entlaubend, die Vögel in glücklichere Gegenden treibend, Säugethiere, Kriecher und Lurche an das Winterlager bannend, möchte der Mensch und das Thier, welches gezwungen ist, auszuhalten, verzweifeln, so schwer lastet dieser Winter über dem Lebenden. Da endlich hallen sich in der Ferne dunkle Wolken zusammen und, getragen von rasenden Stürmen, bringen sie den erweckenden Regen über die verschmachtete Erde, mit ihm aber auch den Frühling. Stundenlang rauscht es wolkenbruchartig aus der Höhe hernieder; in den Niederungen bilden sich Bäche und Ströme und Lachen und Seen, von denen wenigstens die letzteren tagelang das sich in ihnen angesammelte Wasser halten -- und ehe noch der Himmel wiederum vollständig sich geklärt, ehe noch der Regen von dem Gezweige der Bäume abgetropft, hat der Frühling die Schläfer erweckt. Am Abende des ersten Regentages, tönt es tausendstimmig heraus aus jedem Regensee, jeder größeren Lache, jedem regelmäßig überfluteten Regenstrome: "Gonk gonk gonk" hallt es Einem entgegen, wohin man sich auch wenden mag. Um jedes Gewässer herum sitzen, auf seinem Spiegel schwimmen Tausende von kleinen Fröschen, welche, wie man meinen möchte, mit Jubel die Zeit begrüßen, in welcher es ihnen zu leben vergönnt ist, unmittelbar nach ihrem Erwachen zur Fort- pflanzung schreitend, so lange ihr Wohngewässer gefüllt ist sich vergnügt umhertreibend, mit dem letzten Wassertropfen wiederum verschwindend bis auf den letzten. Aehnlich verhält es sich in allen Ländern, in denen sich die Jahreszeiten scharf von einander trennen, während da, wo jahraus, jahrein unter mildem Himmel annähernd dieselbe Witterung herrscht, das muntere Volk ohne Unterbrechung seinen Geschäften obliegt, ohne Unterbrechung fast seine Konzerte zum Besten gibt und beinah in allen Monaten des Jahres sich fortpflanzt. Jn dem wasserreichen Südamerika hört man den Chor der Frösche fast allabendlich, nach jedem Regen gewiß; in den feuchten Niederungen Jndiens gewahrt oder vernimmt man sie während des ganzen Jahres.
Bei uns zu Lande können die Glattfrösche höchstens durch die Beharrlichkeit ihrer musikalischen Aufführungen lästig werden, in anderen Erdtheilen stören sie wegen der zum Theil lautschallenden Töne, welche sie von sich geben; und während die bei uns lebenden Arten mit vollstem Recht als
Die Froſchkurche. Glattfröſche.
An Artenzahl ärmer als die Laubfröſche, bewohnen die Mitglieder der zweiten Familie unſerer Ordnung in zahlreicher Menge alle Gewäſſer gemäßigter und heißer Länder und dementſprechend alle Erdtheile. Jhnen begegnet man überall, wo es Gewäſſer gibt; ihren Nachtgeſang vernimmt man allerorten, wo es ihnen möglich, zu leben; denn ſo wie in unſerem Vaterlande der allbekannte Waſſerfroſch, ſiedeln ſich auch ſeine Verwandten in der Tiefe wie in der Höhe, an fließenden wie an ſtehenden Gewäſſern an, vorausgeſetzt, daß dieſe nicht ſalzig ſind. Aber nicht wenige Arten der Familie gibt es, welche wie die Laubfröſche nur während der Paarungszeit im Waſſer ſich aufhalten, nach ihr aber auf feuchten Wieſen, in Feldern und Wäldern ſich umhertreiben, vielleicht ziellos umherirrend, da ruhend, wo der Tag ſie überraſchte und mit Beginn der Dämmerung ihren Weg weiter fortſetzend. Wunderbar tönt der Chor dieſer Fröſche in das Ohr des Fremden, welcher zum erſten Male den Boden eines anderen Erdtheils betritt; denn zu den von der Heimat her bekannten Lauten geſellen ſich ſremdartige, in deren Urhebern man zwar ſofort Glattfröſche erkennt, welche aber doch durch ihre Eigenthümlichkeit im hohen Grade auffallen und Urſache wurden, daß die erſten Anſiedler, ſowie auch die Forſcher die betreffenden Sänger mit bezeichnenden Namen belegten.
Ueberall iſt die Lebensweiſe der waſſerbewohnenden Glattfröſche, welche den Kern der Familie bilden, mehr oder weniger dieſelbe: ein munteres, heiteres Frühlings- und Sommerleben mit viel Geſang, vielem Lärm und vielem Behagen, ein minder gefallendes Herbſttreiben und dann ein monate- langer Winterſchlaf tief unten in dem Schlamme der gefrierenden oder austrocknenden Gewäſſer, bis der warme Hauch des Frühlings die Eisſchollen ſprengt oder der erſte Regen die von der Sonne zerklüftete Schlammſchicht wieder zuſammenfügt und Wärme oder Feuchtigkeit die tief verborgenen Schläfer wiederum zu neuem Leben weckt. Denn ſowie bei uns im Frühlinge die Erde neuen Schmuck anlegt, ſo ruft auch in den Gleicherländern der Beginn der Regenzeit das volle Leben der Natur hervor. Wenn im Jnnern Afrikas die vernichtende Glut der trockenen Jahreszeit den Winter gebracht hat über das Land, das Gras dürrend, die Bäume entlaubend, die Vögel in glücklichere Gegenden treibend, Säugethiere, Kriecher und Lurche an das Winterlager bannend, möchte der Menſch und das Thier, welches gezwungen iſt, auszuhalten, verzweifeln, ſo ſchwer laſtet dieſer Winter über dem Lebenden. Da endlich hallen ſich in der Ferne dunkle Wolken zuſammen und, getragen von raſenden Stürmen, bringen ſie den erweckenden Regen über die verſchmachtete Erde, mit ihm aber auch den Frühling. Stundenlang rauſcht es wolkenbruchartig aus der Höhe hernieder; in den Niederungen bilden ſich Bäche und Ströme und Lachen und Seen, von denen wenigſtens die letzteren tagelang das ſich in ihnen angeſammelte Waſſer halten — und ehe noch der Himmel wiederum vollſtändig ſich geklärt, ehe noch der Regen von dem Gezweige der Bäume abgetropft, hat der Frühling die Schläfer erweckt. Am Abende des erſten Regentages, tönt es tauſendſtimmig heraus aus jedem Regenſee, jeder größeren Lache, jedem regelmäßig überfluteten Regenſtrome: „Gonk gonk gonk“ hallt es Einem entgegen, wohin man ſich auch wenden mag. Um jedes Gewäſſer herum ſitzen, auf ſeinem Spiegel ſchwimmen Tauſende von kleinen Fröſchen, welche, wie man meinen möchte, mit Jubel die Zeit begrüßen, in welcher es ihnen zu leben vergönnt iſt, unmittelbar nach ihrem Erwachen zur Fort- pflanzung ſchreitend, ſo lange ihr Wohngewäſſer gefüllt iſt ſich vergnügt umhertreibend, mit dem letzten Waſſertropfen wiederum verſchwindend bis auf den letzten. Aehnlich verhält es ſich in allen Ländern, in denen ſich die Jahreszeiten ſcharf von einander trennen, während da, wo jahraus, jahrein unter mildem Himmel annähernd dieſelbe Witterung herrſcht, das muntere Volk ohne Unterbrechung ſeinen Geſchäften obliegt, ohne Unterbrechung faſt ſeine Konzerte zum Beſten gibt und beinah in allen Monaten des Jahres ſich fortpflanzt. Jn dem waſſerreichen Südamerika hört man den Chor der Fröſche faſt allabendlich, nach jedem Regen gewiß; in den feuchten Niederungen Jndiens gewahrt oder vernimmt man ſie während des ganzen Jahres.
Bei uns zu Lande können die Glattfröſche höchſtens durch die Beharrlichkeit ihrer muſikaliſchen Aufführungen läſtig werden, in anderen Erdtheilen ſtören ſie wegen der zum Theil lautſchallenden Töne, welche ſie von ſich geben; und während die bei uns lebenden Arten mit vollſtem Recht als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0404"n="378"/><fwplace="top"type="header">Die Froſchkurche. Glattfröſche.</fw><lb/><p>An Artenzahl ärmer als die Laubfröſche, bewohnen die Mitglieder der zweiten Familie unſerer<lb/>
Ordnung in zahlreicher Menge alle Gewäſſer gemäßigter und heißer Länder und dementſprechend alle<lb/>
Erdtheile. Jhnen begegnet man überall, wo es Gewäſſer gibt; ihren Nachtgeſang vernimmt man<lb/>
allerorten, wo es ihnen möglich, zu leben; denn ſo wie in unſerem Vaterlande der allbekannte<lb/>
Waſſerfroſch, ſiedeln ſich auch ſeine Verwandten in der Tiefe wie in der Höhe, an fließenden wie an<lb/>ſtehenden Gewäſſern an, vorausgeſetzt, daß dieſe nicht ſalzig ſind. Aber nicht wenige Arten der<lb/>
Familie gibt es, welche wie die Laubfröſche nur während der Paarungszeit im Waſſer ſich aufhalten,<lb/>
nach ihr aber auf feuchten Wieſen, in Feldern und Wäldern ſich umhertreiben, vielleicht ziellos<lb/>
umherirrend, da ruhend, wo der Tag ſie überraſchte und mit Beginn der Dämmerung ihren Weg<lb/>
weiter fortſetzend. Wunderbar tönt der Chor dieſer Fröſche in das Ohr des Fremden, welcher zum<lb/>
erſten Male den Boden eines anderen Erdtheils betritt; denn zu den von der Heimat her bekannten<lb/>
Lauten geſellen ſich ſremdartige, in deren Urhebern man zwar ſofort Glattfröſche erkennt, welche aber<lb/>
doch durch ihre Eigenthümlichkeit im hohen Grade auffallen und Urſache wurden, daß die erſten<lb/>
Anſiedler, ſowie auch die Forſcher die betreffenden Sänger mit bezeichnenden Namen belegten.</p><lb/><p>Ueberall iſt die Lebensweiſe der waſſerbewohnenden Glattfröſche, welche den Kern der Familie<lb/>
bilden, mehr oder weniger dieſelbe: ein munteres, heiteres Frühlings- und Sommerleben mit viel<lb/>
Geſang, vielem Lärm und vielem Behagen, ein minder gefallendes Herbſttreiben und dann ein monate-<lb/>
langer Winterſchlaf tief unten in dem Schlamme der gefrierenden oder austrocknenden Gewäſſer, bis<lb/>
der warme Hauch des Frühlings die Eisſchollen ſprengt oder der erſte Regen die von der Sonne<lb/>
zerklüftete Schlammſchicht wieder zuſammenfügt und Wärme oder Feuchtigkeit die tief verborgenen<lb/>
Schläfer wiederum zu neuem Leben weckt. Denn ſowie bei uns im Frühlinge die Erde neuen<lb/>
Schmuck anlegt, ſo ruft auch in den Gleicherländern der Beginn der Regenzeit das volle Leben der<lb/>
Natur hervor. Wenn im Jnnern Afrikas die vernichtende Glut der trockenen Jahreszeit den Winter<lb/>
gebracht hat über das Land, das Gras dürrend, die Bäume entlaubend, die Vögel in glücklichere<lb/>
Gegenden treibend, Säugethiere, Kriecher und Lurche an das Winterlager bannend, möchte der<lb/>
Menſch und das Thier, welches gezwungen iſt, auszuhalten, verzweifeln, ſo ſchwer laſtet dieſer Winter<lb/>
über dem Lebenden. Da endlich hallen ſich in der Ferne dunkle Wolken zuſammen und, getragen<lb/>
von raſenden Stürmen, bringen ſie den erweckenden Regen über die verſchmachtete Erde, mit ihm aber<lb/>
auch den Frühling. Stundenlang rauſcht es wolkenbruchartig aus der Höhe hernieder; in den<lb/>
Niederungen bilden ſich Bäche und Ströme und Lachen und Seen, von denen wenigſtens die letzteren<lb/>
tagelang das ſich in ihnen angeſammelte Waſſer halten — und ehe noch der Himmel wiederum<lb/>
vollſtändig ſich geklärt, ehe noch der Regen von dem Gezweige der Bäume abgetropft, hat der Frühling<lb/>
die Schläfer erweckt. Am Abende des erſten Regentages, tönt es tauſendſtimmig heraus aus jedem<lb/>
Regenſee, jeder größeren Lache, jedem regelmäßig überfluteten Regenſtrome: „Gonk gonk gonk“ hallt<lb/>
es Einem entgegen, wohin man ſich auch wenden mag. Um jedes Gewäſſer herum ſitzen, auf ſeinem<lb/>
Spiegel ſchwimmen Tauſende von kleinen Fröſchen, welche, wie man meinen möchte, mit Jubel die<lb/>
Zeit begrüßen, in welcher es ihnen zu leben vergönnt iſt, unmittelbar nach ihrem Erwachen zur Fort-<lb/>
pflanzung ſchreitend, ſo lange ihr Wohngewäſſer gefüllt iſt ſich vergnügt umhertreibend, mit dem<lb/>
letzten Waſſertropfen wiederum verſchwindend bis auf den letzten. Aehnlich verhält es ſich in allen<lb/>
Ländern, in denen ſich die Jahreszeiten ſcharf von einander trennen, während da, wo jahraus,<lb/>
jahrein unter mildem Himmel annähernd dieſelbe Witterung herrſcht, das muntere Volk ohne<lb/>
Unterbrechung ſeinen Geſchäften obliegt, ohne Unterbrechung faſt ſeine Konzerte zum Beſten gibt und<lb/>
beinah in allen Monaten des Jahres ſich fortpflanzt. Jn dem waſſerreichen Südamerika hört man<lb/>
den Chor der Fröſche faſt allabendlich, nach jedem Regen gewiß; in den feuchten Niederungen<lb/>
Jndiens gewahrt oder vernimmt man ſie während des ganzen Jahres.</p><lb/><p>Bei uns zu Lande können die Glattfröſche höchſtens durch die Beharrlichkeit ihrer muſikaliſchen<lb/>
Aufführungen läſtig werden, in anderen Erdtheilen ſtören ſie wegen der zum Theil lautſchallenden<lb/>
Töne, welche ſie von ſich geben; und während die bei uns lebenden Arten mit vollſtem Recht als<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[378/0404]
Die Froſchkurche. Glattfröſche.
An Artenzahl ärmer als die Laubfröſche, bewohnen die Mitglieder der zweiten Familie unſerer
Ordnung in zahlreicher Menge alle Gewäſſer gemäßigter und heißer Länder und dementſprechend alle
Erdtheile. Jhnen begegnet man überall, wo es Gewäſſer gibt; ihren Nachtgeſang vernimmt man
allerorten, wo es ihnen möglich, zu leben; denn ſo wie in unſerem Vaterlande der allbekannte
Waſſerfroſch, ſiedeln ſich auch ſeine Verwandten in der Tiefe wie in der Höhe, an fließenden wie an
ſtehenden Gewäſſern an, vorausgeſetzt, daß dieſe nicht ſalzig ſind. Aber nicht wenige Arten der
Familie gibt es, welche wie die Laubfröſche nur während der Paarungszeit im Waſſer ſich aufhalten,
nach ihr aber auf feuchten Wieſen, in Feldern und Wäldern ſich umhertreiben, vielleicht ziellos
umherirrend, da ruhend, wo der Tag ſie überraſchte und mit Beginn der Dämmerung ihren Weg
weiter fortſetzend. Wunderbar tönt der Chor dieſer Fröſche in das Ohr des Fremden, welcher zum
erſten Male den Boden eines anderen Erdtheils betritt; denn zu den von der Heimat her bekannten
Lauten geſellen ſich ſremdartige, in deren Urhebern man zwar ſofort Glattfröſche erkennt, welche aber
doch durch ihre Eigenthümlichkeit im hohen Grade auffallen und Urſache wurden, daß die erſten
Anſiedler, ſowie auch die Forſcher die betreffenden Sänger mit bezeichnenden Namen belegten.
Ueberall iſt die Lebensweiſe der waſſerbewohnenden Glattfröſche, welche den Kern der Familie
bilden, mehr oder weniger dieſelbe: ein munteres, heiteres Frühlings- und Sommerleben mit viel
Geſang, vielem Lärm und vielem Behagen, ein minder gefallendes Herbſttreiben und dann ein monate-
langer Winterſchlaf tief unten in dem Schlamme der gefrierenden oder austrocknenden Gewäſſer, bis
der warme Hauch des Frühlings die Eisſchollen ſprengt oder der erſte Regen die von der Sonne
zerklüftete Schlammſchicht wieder zuſammenfügt und Wärme oder Feuchtigkeit die tief verborgenen
Schläfer wiederum zu neuem Leben weckt. Denn ſowie bei uns im Frühlinge die Erde neuen
Schmuck anlegt, ſo ruft auch in den Gleicherländern der Beginn der Regenzeit das volle Leben der
Natur hervor. Wenn im Jnnern Afrikas die vernichtende Glut der trockenen Jahreszeit den Winter
gebracht hat über das Land, das Gras dürrend, die Bäume entlaubend, die Vögel in glücklichere
Gegenden treibend, Säugethiere, Kriecher und Lurche an das Winterlager bannend, möchte der
Menſch und das Thier, welches gezwungen iſt, auszuhalten, verzweifeln, ſo ſchwer laſtet dieſer Winter
über dem Lebenden. Da endlich hallen ſich in der Ferne dunkle Wolken zuſammen und, getragen
von raſenden Stürmen, bringen ſie den erweckenden Regen über die verſchmachtete Erde, mit ihm aber
auch den Frühling. Stundenlang rauſcht es wolkenbruchartig aus der Höhe hernieder; in den
Niederungen bilden ſich Bäche und Ströme und Lachen und Seen, von denen wenigſtens die letzteren
tagelang das ſich in ihnen angeſammelte Waſſer halten — und ehe noch der Himmel wiederum
vollſtändig ſich geklärt, ehe noch der Regen von dem Gezweige der Bäume abgetropft, hat der Frühling
die Schläfer erweckt. Am Abende des erſten Regentages, tönt es tauſendſtimmig heraus aus jedem
Regenſee, jeder größeren Lache, jedem regelmäßig überfluteten Regenſtrome: „Gonk gonk gonk“ hallt
es Einem entgegen, wohin man ſich auch wenden mag. Um jedes Gewäſſer herum ſitzen, auf ſeinem
Spiegel ſchwimmen Tauſende von kleinen Fröſchen, welche, wie man meinen möchte, mit Jubel die
Zeit begrüßen, in welcher es ihnen zu leben vergönnt iſt, unmittelbar nach ihrem Erwachen zur Fort-
pflanzung ſchreitend, ſo lange ihr Wohngewäſſer gefüllt iſt ſich vergnügt umhertreibend, mit dem
letzten Waſſertropfen wiederum verſchwindend bis auf den letzten. Aehnlich verhält es ſich in allen
Ländern, in denen ſich die Jahreszeiten ſcharf von einander trennen, während da, wo jahraus,
jahrein unter mildem Himmel annähernd dieſelbe Witterung herrſcht, das muntere Volk ohne
Unterbrechung ſeinen Geſchäften obliegt, ohne Unterbrechung faſt ſeine Konzerte zum Beſten gibt und
beinah in allen Monaten des Jahres ſich fortpflanzt. Jn dem waſſerreichen Südamerika hört man
den Chor der Fröſche faſt allabendlich, nach jedem Regen gewiß; in den feuchten Niederungen
Jndiens gewahrt oder vernimmt man ſie während des ganzen Jahres.
Bei uns zu Lande können die Glattfröſche höchſtens durch die Beharrlichkeit ihrer muſikaliſchen
Aufführungen läſtig werden, in anderen Erdtheilen ſtören ſie wegen der zum Theil lautſchallenden
Töne, welche ſie von ſich geben; und während die bei uns lebenden Arten mit vollſtem Recht als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/404>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.