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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Elefantenschildkröte. Carolinaschildkröte.
solchen Zwinger sahen die Gebrüder Rodatz zweihundert, in einem anderen dreihundert Stück. Die
Gefangenen wurden einfach mit Gras und Laub gefüttert.

Jn Deutschland sieht man Riesenschildkröten zuweilen in den Thiergärten oder in den Thier-
schaubuden. Jhre Erhaltung verursacht nicht die geringste Mühe, weil die Thiere mit allen möglichen
Pflanzenstoffen vorlieb nehmen, im Sommer auf Grasplätze gebracht werden und hier weiden können,
im Herbste und Frühjahre mit Kraut und Kartoffeln sich begnügen. Kälte aber vertragen sie ebenso
wenig als andere ihrer Art, und selbst im geheizten Raume gehen sie zu Grunde, wenn der Fußboden
nicht gehörig durchwärmt wird.



Jn Afrika leben Schildkröten mit nur vier Zehen an den Füßen, in Ostindien andere, welche
den Vordertheil ihres Brustpanzers bewegen und wenn sie Kopf und Hals zurückgezogen haben, gegen
den Rückenpanzer anziehen können, in Mittel- und Südamerika endlich solche, bei denen sich sogar das
Endstück des Rückenpanzers biegen läßt. Diese Landschildkröten sind unter dem Namen Furchen-
schildkröten
(Homopus), Büchsenschildkröten (Pyxis) und Gelenkschildkröten (Cinixys)
in besondere Sippen eingereiht worden. Ueber ihre Lebensweise kennt man zur Zeit noch wenig oder
gar Nichts; ich habe also keine Veranlassung, sie weiter zu berücksichtigen. Dagegen erscheint es mir
angemessen, mit diesen Thieren die Dosenschildkröten (Cistudo) zu verbinden, obgleich man letztere
bisher allgemein zu den Sumpfschildkröten gezählt hat. Die Merkmale der hierher gehörigen Arten
sind zu suchen in dem verhältnißmäßig stark gewölbten Rückenpanzer und dem beweglichen Brustpanzer,
welcher in der Mitte ein Gelenk besitzt und vorn und hinten angezogen werden kann, mit ersteren auch
nur durch Knorpel verbunden ist. Den Rückenpanzer decken fünf Mittel-, je vier Seiten- und fünf-
undzwanzig Randschilder, den Brustpanzer deren zwölf. Die oberen Schilder sind durch seichte Nähte
geschieden, die Brustschilder durch eine Längsnaht und fünf Quernähte in ungleiche Felder getheilt.
Beide Theile des Panzers können, wenn sich das Thier in die Schale zurückgezogen hat, vollkommen
geschlossen werden.

Als Vertreter der Sippe führe ich die bekannteste Art derselben, die Carolinaschildkröte
(Cistudo Carolina), an. Die Färbung ihrer Oberseite ist ein schönes Braun oder Braunschwarz; die
Zeichnung besteht aus gelben, unregelmäßigen Flecken und Streifen; die Schilder des Brustpanzers
sind auf gelbem Grunde braun geädert. Die Panzerlänge beträgt höchstens 5 Zoll, die Breite 31/2.
Der länglicheirunde Kopf zeigt scharfe, ungezähnelte Kiefer und ist wie die Vorder- und Hinterfüße
braun und gelb gefleckt. Die Füße sind verhältnißmäßig lang und die Zehen der vorderen undeut-
licher getrennt als die der hinteren; jene tragen fünf, diese vier Krallen; die als Schwimm-
häute angesehenen Bindehäute zwischen den Zehen sind sehr klein. Der Schwanz ist sehr kurz.

Die Carolinaschildkröte kommt in der Lebensweise mit anderen Landschildkröten vollkommen
überein. "Jch hatte", sagt C. Müller, "häufig Gelegenheit, Dosenschildkröten sowohl in der
Freiheit als auch in der Gefangenschaft zu beobachten und habe sie nie im Wasser gefunden, sondern
im Gegentheile beobachtet, daß sie, ins Wasser gebracht, einen großen Widerwillen dagegen zeigten
und dasselbe so schnell als möglich verließen." Die Carolinaschildkröte bewohnt Nordamerika,
insbesondere die Staaten Newyork, Pennsylvanien, Massachusetts, und lebt hier in Wäldern und auf
Wiesen, scheint jedoch Laubwaldungen allen anderen Oertlichkeiten vorzuziehen. Zuweilen findet man
sie auf sehr trockenen Stellen, selbst auf dürren Hügeln. Oft ist sie, laut Müller, halb in der
Erde noch in das Mos gegraben und dann wahrscheinlich beschäftigt, Pilze, Würmer und Kerfe zu
suchen, da diese ihre Lieblingsnahrung zu sein scheinen. Auch in alten Baumstumpfen findet man sie:
Müller fing einmal eine in einem solchen Baumstumpfe, welche er schon von Weitem arbeiten gehört
hatte und ganz von Kerbthierlarven umgeben fand, unter denen sie ihr Frühstück hielt. Wenn sie
entdeckt wird, zieht sie Kopf und Beine ein und schließt die Klappen so fest an, daß sie vor gewöhn-

Elefantenſchildkröte. Carolinaſchildkröte.
ſolchen Zwinger ſahen die Gebrüder Rodatz zweihundert, in einem anderen dreihundert Stück. Die
Gefangenen wurden einfach mit Gras und Laub gefüttert.

Jn Deutſchland ſieht man Rieſenſchildkröten zuweilen in den Thiergärten oder in den Thier-
ſchaubuden. Jhre Erhaltung verurſacht nicht die geringſte Mühe, weil die Thiere mit allen möglichen
Pflanzenſtoffen vorlieb nehmen, im Sommer auf Grasplätze gebracht werden und hier weiden können,
im Herbſte und Frühjahre mit Kraut und Kartoffeln ſich begnügen. Kälte aber vertragen ſie ebenſo
wenig als andere ihrer Art, und ſelbſt im geheizten Raume gehen ſie zu Grunde, wenn der Fußboden
nicht gehörig durchwärmt wird.



Jn Afrika leben Schildkröten mit nur vier Zehen an den Füßen, in Oſtindien andere, welche
den Vordertheil ihres Bruſtpanzers bewegen und wenn ſie Kopf und Hals zurückgezogen haben, gegen
den Rückenpanzer anziehen können, in Mittel- und Südamerika endlich ſolche, bei denen ſich ſogar das
Endſtück des Rückenpanzers biegen läßt. Dieſe Landſchildkröten ſind unter dem Namen Furchen-
ſchildkröten
(Homopus), Büchſenſchildkröten (Pyxis) und Gelenkſchildkröten (Cinixys)
in beſondere Sippen eingereiht worden. Ueber ihre Lebensweiſe kennt man zur Zeit noch wenig oder
gar Nichts; ich habe alſo keine Veranlaſſung, ſie weiter zu berückſichtigen. Dagegen erſcheint es mir
angemeſſen, mit dieſen Thieren die Doſenſchildkröten (Cistudo) zu verbinden, obgleich man letztere
bisher allgemein zu den Sumpfſchildkröten gezählt hat. Die Merkmale der hierher gehörigen Arten
ſind zu ſuchen in dem verhältnißmäßig ſtark gewölbten Rückenpanzer und dem beweglichen Bruſtpanzer,
welcher in der Mitte ein Gelenk beſitzt und vorn und hinten angezogen werden kann, mit erſteren auch
nur durch Knorpel verbunden iſt. Den Rückenpanzer decken fünf Mittel-, je vier Seiten- und fünf-
undzwanzig Randſchilder, den Bruſtpanzer deren zwölf. Die oberen Schilder ſind durch ſeichte Nähte
geſchieden, die Bruſtſchilder durch eine Längsnaht und fünf Quernähte in ungleiche Felder getheilt.
Beide Theile des Panzers können, wenn ſich das Thier in die Schale zurückgezogen hat, vollkommen
geſchloſſen werden.

Als Vertreter der Sippe führe ich die bekannteſte Art derſelben, die Carolinaſchildkröte
(Cistudo Carolina), an. Die Färbung ihrer Oberſeite iſt ein ſchönes Braun oder Braunſchwarz; die
Zeichnung beſteht aus gelben, unregelmäßigen Flecken und Streifen; die Schilder des Bruſtpanzers
ſind auf gelbem Grunde braun geädert. Die Panzerlänge beträgt höchſtens 5 Zoll, die Breite 3½.
Der länglicheirunde Kopf zeigt ſcharfe, ungezähnelte Kiefer und iſt wie die Vorder- und Hinterfüße
braun und gelb gefleckt. Die Füße ſind verhältnißmäßig lang und die Zehen der vorderen undeut-
licher getrennt als die der hinteren; jene tragen fünf, dieſe vier Krallen; die als Schwimm-
häute angeſehenen Bindehäute zwiſchen den Zehen ſind ſehr klein. Der Schwanz iſt ſehr kurz.

Die Carolinaſchildkröte kommt in der Lebensweiſe mit anderen Landſchildkröten vollkommen
überein. „Jch hatte“, ſagt C. Müller, „häufig Gelegenheit, Doſenſchildkröten ſowohl in der
Freiheit als auch in der Gefangenſchaft zu beobachten und habe ſie nie im Waſſer gefunden, ſondern
im Gegentheile beobachtet, daß ſie, ins Waſſer gebracht, einen großen Widerwillen dagegen zeigten
und daſſelbe ſo ſchnell als möglich verließen.“ Die Carolinaſchildkröte bewohnt Nordamerika,
insbeſondere die Staaten Newyork, Pennſylvanien, Maſſachuſetts, und lebt hier in Wäldern und auf
Wieſen, ſcheint jedoch Laubwaldungen allen anderen Oertlichkeiten vorzuziehen. Zuweilen findet man
ſie auf ſehr trockenen Stellen, ſelbſt auf dürren Hügeln. Oft iſt ſie, laut Müller, halb in der
Erde noch in das Mos gegraben und dann wahrſcheinlich beſchäftigt, Pilze, Würmer und Kerfe zu
ſuchen, da dieſe ihre Lieblingsnahrung zu ſein ſcheinen. Auch in alten Baumſtumpfen findet man ſie:
Müller fing einmal eine in einem ſolchen Baumſtumpfe, welche er ſchon von Weitem arbeiten gehört
hatte und ganz von Kerbthierlarven umgeben fand, unter denen ſie ihr Frühſtück hielt. Wenn ſie
entdeckt wird, zieht ſie Kopf und Beine ein und ſchließt die Klappen ſo feſt an, daß ſie vor gewöhn-

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[29/0041] Elefantenſchildkröte. Carolinaſchildkröte. ſolchen Zwinger ſahen die Gebrüder Rodatz zweihundert, in einem anderen dreihundert Stück. Die Gefangenen wurden einfach mit Gras und Laub gefüttert. Jn Deutſchland ſieht man Rieſenſchildkröten zuweilen in den Thiergärten oder in den Thier- ſchaubuden. Jhre Erhaltung verurſacht nicht die geringſte Mühe, weil die Thiere mit allen möglichen Pflanzenſtoffen vorlieb nehmen, im Sommer auf Grasplätze gebracht werden und hier weiden können, im Herbſte und Frühjahre mit Kraut und Kartoffeln ſich begnügen. Kälte aber vertragen ſie ebenſo wenig als andere ihrer Art, und ſelbſt im geheizten Raume gehen ſie zu Grunde, wenn der Fußboden nicht gehörig durchwärmt wird. Jn Afrika leben Schildkröten mit nur vier Zehen an den Füßen, in Oſtindien andere, welche den Vordertheil ihres Bruſtpanzers bewegen und wenn ſie Kopf und Hals zurückgezogen haben, gegen den Rückenpanzer anziehen können, in Mittel- und Südamerika endlich ſolche, bei denen ſich ſogar das Endſtück des Rückenpanzers biegen läßt. Dieſe Landſchildkröten ſind unter dem Namen Furchen- ſchildkröten (Homopus), Büchſenſchildkröten (Pyxis) und Gelenkſchildkröten (Cinixys) in beſondere Sippen eingereiht worden. Ueber ihre Lebensweiſe kennt man zur Zeit noch wenig oder gar Nichts; ich habe alſo keine Veranlaſſung, ſie weiter zu berückſichtigen. Dagegen erſcheint es mir angemeſſen, mit dieſen Thieren die Doſenſchildkröten (Cistudo) zu verbinden, obgleich man letztere bisher allgemein zu den Sumpfſchildkröten gezählt hat. Die Merkmale der hierher gehörigen Arten ſind zu ſuchen in dem verhältnißmäßig ſtark gewölbten Rückenpanzer und dem beweglichen Bruſtpanzer, welcher in der Mitte ein Gelenk beſitzt und vorn und hinten angezogen werden kann, mit erſteren auch nur durch Knorpel verbunden iſt. Den Rückenpanzer decken fünf Mittel-, je vier Seiten- und fünf- undzwanzig Randſchilder, den Bruſtpanzer deren zwölf. Die oberen Schilder ſind durch ſeichte Nähte geſchieden, die Bruſtſchilder durch eine Längsnaht und fünf Quernähte in ungleiche Felder getheilt. Beide Theile des Panzers können, wenn ſich das Thier in die Schale zurückgezogen hat, vollkommen geſchloſſen werden. Als Vertreter der Sippe führe ich die bekannteſte Art derſelben, die Carolinaſchildkröte (Cistudo Carolina), an. Die Färbung ihrer Oberſeite iſt ein ſchönes Braun oder Braunſchwarz; die Zeichnung beſteht aus gelben, unregelmäßigen Flecken und Streifen; die Schilder des Bruſtpanzers ſind auf gelbem Grunde braun geädert. Die Panzerlänge beträgt höchſtens 5 Zoll, die Breite 3½. Der länglicheirunde Kopf zeigt ſcharfe, ungezähnelte Kiefer und iſt wie die Vorder- und Hinterfüße braun und gelb gefleckt. Die Füße ſind verhältnißmäßig lang und die Zehen der vorderen undeut- licher getrennt als die der hinteren; jene tragen fünf, dieſe vier Krallen; die als Schwimm- häute angeſehenen Bindehäute zwiſchen den Zehen ſind ſehr klein. Der Schwanz iſt ſehr kurz. Die Carolinaſchildkröte kommt in der Lebensweiſe mit anderen Landſchildkröten vollkommen überein. „Jch hatte“, ſagt C. Müller, „häufig Gelegenheit, Doſenſchildkröten ſowohl in der Freiheit als auch in der Gefangenſchaft zu beobachten und habe ſie nie im Waſſer gefunden, ſondern im Gegentheile beobachtet, daß ſie, ins Waſſer gebracht, einen großen Widerwillen dagegen zeigten und daſſelbe ſo ſchnell als möglich verließen.“ Die Carolinaſchildkröte bewohnt Nordamerika, insbeſondere die Staaten Newyork, Pennſylvanien, Maſſachuſetts, und lebt hier in Wäldern und auf Wieſen, ſcheint jedoch Laubwaldungen allen anderen Oertlichkeiten vorzuziehen. Zuweilen findet man ſie auf ſehr trockenen Stellen, ſelbſt auf dürren Hügeln. Oft iſt ſie, laut Müller, halb in der Erde noch in das Mos gegraben und dann wahrſcheinlich beſchäftigt, Pilze, Würmer und Kerfe zu ſuchen, da dieſe ihre Lieblingsnahrung zu ſein ſcheinen. Auch in alten Baumſtumpfen findet man ſie: Müller fing einmal eine in einem ſolchen Baumſtumpfe, welche er ſchon von Weitem arbeiten gehört hatte und ganz von Kerbthierlarven umgeben fand, unter denen ſie ihr Frühſtück hielt. Wenn ſie entdeckt wird, zieht ſie Kopf und Beine ein und ſchließt die Klappen ſo feſt an, daß ſie vor gewöhn-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/41>, abgerufen am 30.04.2024.