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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schwanzlurche. Kiemenfischlinge. Armmolche.
südlichen Santiflusses durch Vermittelung eines Freundes. Die Neger haben nach Mittheilung des
letzteren eine übernatürliche Furcht vor den Furchenmolchen und seinen Verwandten, weil sie dieselben
für äußerst giftig halten. Die Holzmulde, in welcher der erste Gefangene untergebracht worden war,
verlor in den Augen des Besitzers, des fürchterlichen Thieres halber, sofort allen Werth und wurde
zertrümmert, damit ja Niemand fernerhin zufällig aus ihr essen möge. Der Molch selbst verschwand
aus dem Beobachtungsraume des betreffenden Weißen, wahrscheinlich weil die Neger es für gut
gehalten, das entsetzliche Geschöpf so schlennig als möglich zu entfernen. Später glückte es, andere zu
fangen, und diese wurden einige Monate in einem Wasserbecken am Leben erhalten. Wenn sie ruhig
lagen, hielten sie ihre prächtigrothen Kiemenbüschel ausgebreitet; bei der geringsten Störung aber
verloren diese ihre glänzende Färbung und wurden dicht an die Halsseiten angelegt. Gelegentlich
stieg einer oder der andere der Gefangenen zur Oberfläche des Wassers empor, öffnete seinen Mund,
nahm Luft ein, tauchte wieder unter und stieß die Luft unter schwachem Geräusche von sich. Nachdem
die Thiere einige Monate lang anscheinend in guter Gesundheit ausgehalten hatten, verloren sie ihre
Munterkeit, waren nicht mehr fähig, ihre gewöhnliche Lage im Wasser festzuhalten und starben
bald darauf.

Die Fortpflanzung kennt man ebenfalls noch nicht; eine ähnliche Ueberraschung, als sie der
Arolotl uns bereitet hat, ist also durchaus nicht unwahrscheinlich. Allerdings hat man Furchen-
molche von sehr verschiedener Größe gefunden und sich deshalb für berechtigt gehalten, von Jungen
und Alten zu reden; dies Eine aber beweist noch keineswegs, daß sich diese Larve, denn für eine
solche halte ich sie, nicht umwandele, bezüglich, daß wir später das ausgewachsene Thier
zu erkennen im Stande sind.



Die letzte verdächtige Art dieser Familie ist der sogenannte Armmolch (Siren lacertina), ein
Thier, dessen Leibesbau an den des Aalmolches erinnert, sich jedoch dadurch unterscheidet, daß nur
die beiden Vorderfüße vorhanden sind. Der Leib ist eine lange Walze, an welcher vorn vier- oder
dreizehige Füße sitzen, und welche sich nach hinten zuspitzt und abplattet; von den Hinterbeinen
bemerkt man im Geripp keine Spur. Die Nasenlöcher stehen nah am Rande der Oberlippe und
öffnen sich am Munde; die kleinen runden Augen schimmern unter der Haut, welche sie bedecken,
hervor. Die Kiemenlöcher sind drei hinter einander liegende Quereinschnitte, an deren oberen
Winkeln sich die vielfach gefransten Kiemen ansetzen. Jn der unteren Kinnlade und am Gaumen
stehen Zähne. Die Wirbel ähneln in ihrem Baue denen des Olmes; etwa acht von ihnen, vom
zweiten angefangen, tragen kleine Nippenanhänge.

Garden machte uns im Jahre 1765 mit dem von ihm in Südkarolina entdeckten Armmolche
bekannt, indem er zwei Stücke an Ellis in London sandte. Letzterem theilte er mit, daß sich das
Thier an sumpfigen und morastigen Plätzen, hauptsächlich unter alten Baumstämmen am Wasser
finde, bisweilen auf diese Stämme und Baumäste klettere und, wenn das Gewässer während der
Sommermonate austrockene, mit klagender Stimme fast wie junge Enten, aber heller und schärfer
piepe. Er hielt das Thier für einen Fisch: -- ein Jrrthum, welchen schon Linne widerlegte.
Pallas glaubte später in ihm eine Larve irgend eines großen Salamanders zu erkennen; Cuvier
aber sprach die Meinung aus, daß man es als ausgebildetes Thier anzusehen habe.

Jm Juni 1825 kam ein lebender Armmolch von anderthalb Fuß Länge nach England, wurde
hier von Neill gepflegt, sechs Jahre lang am Leben erhalten und währenddem beobachtet.
Anfänglich hielt ihn dieser Naturforscher in einem mit Wasser und Sand angefüllten Kübel, welcher
schief gestellt wurde, um ihm einen Ausgang auf das Trockene zu gestatten; bald aber zeigte sich, daß
ihm Mos lieber war, und da man dieses, weil es bald faul wurde, beständig ersetzen mußte, gab
man ihm Froschbiß, unter dessen schwimmenden Blättern er sich gern verbarg. Er fraß Regen-

Die Schwanzlurche. Kiemenfiſchlinge. Armmolche.
ſüdlichen Santifluſſes durch Vermittelung eines Freundes. Die Neger haben nach Mittheilung des
letzteren eine übernatürliche Furcht vor den Furchenmolchen und ſeinen Verwandten, weil ſie dieſelben
für äußerſt giftig halten. Die Holzmulde, in welcher der erſte Gefangene untergebracht worden war,
verlor in den Augen des Beſitzers, des fürchterlichen Thieres halber, ſofort allen Werth und wurde
zertrümmert, damit ja Niemand fernerhin zufällig aus ihr eſſen möge. Der Molch ſelbſt verſchwand
aus dem Beobachtungsraume des betreffenden Weißen, wahrſcheinlich weil die Neger es für gut
gehalten, das entſetzliche Geſchöpf ſo ſchlennig als möglich zu entfernen. Später glückte es, andere zu
fangen, und dieſe wurden einige Monate in einem Waſſerbecken am Leben erhalten. Wenn ſie ruhig
lagen, hielten ſie ihre prächtigrothen Kiemenbüſchel ausgebreitet; bei der geringſten Störung aber
verloren dieſe ihre glänzende Färbung und wurden dicht an die Halsſeiten angelegt. Gelegentlich
ſtieg einer oder der andere der Gefangenen zur Oberfläche des Waſſers empor, öffnete ſeinen Mund,
nahm Luft ein, tauchte wieder unter und ſtieß die Luft unter ſchwachem Geräuſche von ſich. Nachdem
die Thiere einige Monate lang anſcheinend in guter Geſundheit ausgehalten hatten, verloren ſie ihre
Munterkeit, waren nicht mehr fähig, ihre gewöhnliche Lage im Waſſer feſtzuhalten und ſtarben
bald darauf.

Die Fortpflanzung kennt man ebenfalls noch nicht; eine ähnliche Ueberraſchung, als ſie der
Arolotl uns bereitet hat, iſt alſo durchaus nicht unwahrſcheinlich. Allerdings hat man Furchen-
molche von ſehr verſchiedener Größe gefunden und ſich deshalb für berechtigt gehalten, von Jungen
und Alten zu reden; dies Eine aber beweiſt noch keineswegs, daß ſich dieſe Larve, denn für eine
ſolche halte ich ſie, nicht umwandele, bezüglich, daß wir ſpäter das ausgewachſene Thier
zu erkennen im Stande ſind.



Die letzte verdächtige Art dieſer Familie iſt der ſogenannte Armmolch (Siren lacertina), ein
Thier, deſſen Leibesbau an den des Aalmolches erinnert, ſich jedoch dadurch unterſcheidet, daß nur
die beiden Vorderfüße vorhanden ſind. Der Leib iſt eine lange Walze, an welcher vorn vier- oder
dreizehige Füße ſitzen, und welche ſich nach hinten zuſpitzt und abplattet; von den Hinterbeinen
bemerkt man im Geripp keine Spur. Die Naſenlöcher ſtehen nah am Rande der Oberlippe und
öffnen ſich am Munde; die kleinen runden Augen ſchimmern unter der Haut, welche ſie bedecken,
hervor. Die Kiemenlöcher ſind drei hinter einander liegende Quereinſchnitte, an deren oberen
Winkeln ſich die vielfach gefranſten Kiemen anſetzen. Jn der unteren Kinnlade und am Gaumen
ſtehen Zähne. Die Wirbel ähneln in ihrem Baue denen des Olmes; etwa acht von ihnen, vom
zweiten angefangen, tragen kleine Nippenanhänge.

Garden machte uns im Jahre 1765 mit dem von ihm in Südkarolina entdeckten Armmolche
bekannt, indem er zwei Stücke an Ellis in London ſandte. Letzterem theilte er mit, daß ſich das
Thier an ſumpfigen und moraſtigen Plätzen, hauptſächlich unter alten Baumſtämmen am Waſſer
finde, bisweilen auf dieſe Stämme und Baumäſte klettere und, wenn das Gewäſſer während der
Sommermonate austrockene, mit klagender Stimme faſt wie junge Enten, aber heller und ſchärfer
piepe. Er hielt das Thier für einen Fiſch: — ein Jrrthum, welchen ſchon Linné widerlegte.
Pallas glaubte ſpäter in ihm eine Larve irgend eines großen Salamanders zu erkennen; Cuvier
aber ſprach die Meinung aus, daß man es als ausgebildetes Thier anzuſehen habe.

Jm Juni 1825 kam ein lebender Armmolch von anderthalb Fuß Länge nach England, wurde
hier von Neill gepflegt, ſechs Jahre lang am Leben erhalten und währenddem beobachtet.
Anfänglich hielt ihn dieſer Naturforſcher in einem mit Waſſer und Sand angefüllten Kübel, welcher
ſchief geſtellt wurde, um ihm einen Ausgang auf das Trockene zu geſtatten; bald aber zeigte ſich, daß
ihm Mos lieber war, und da man dieſes, weil es bald faul wurde, beſtändig erſetzen mußte, gab
man ihm Froſchbiß, unter deſſen ſchwimmenden Blättern er ſich gern verbarg. Er fraß Regen-

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[440/0470] Die Schwanzlurche. Kiemenfiſchlinge. Armmolche. ſüdlichen Santifluſſes durch Vermittelung eines Freundes. Die Neger haben nach Mittheilung des letzteren eine übernatürliche Furcht vor den Furchenmolchen und ſeinen Verwandten, weil ſie dieſelben für äußerſt giftig halten. Die Holzmulde, in welcher der erſte Gefangene untergebracht worden war, verlor in den Augen des Beſitzers, des fürchterlichen Thieres halber, ſofort allen Werth und wurde zertrümmert, damit ja Niemand fernerhin zufällig aus ihr eſſen möge. Der Molch ſelbſt verſchwand aus dem Beobachtungsraume des betreffenden Weißen, wahrſcheinlich weil die Neger es für gut gehalten, das entſetzliche Geſchöpf ſo ſchlennig als möglich zu entfernen. Später glückte es, andere zu fangen, und dieſe wurden einige Monate in einem Waſſerbecken am Leben erhalten. Wenn ſie ruhig lagen, hielten ſie ihre prächtigrothen Kiemenbüſchel ausgebreitet; bei der geringſten Störung aber verloren dieſe ihre glänzende Färbung und wurden dicht an die Halsſeiten angelegt. Gelegentlich ſtieg einer oder der andere der Gefangenen zur Oberfläche des Waſſers empor, öffnete ſeinen Mund, nahm Luft ein, tauchte wieder unter und ſtieß die Luft unter ſchwachem Geräuſche von ſich. Nachdem die Thiere einige Monate lang anſcheinend in guter Geſundheit ausgehalten hatten, verloren ſie ihre Munterkeit, waren nicht mehr fähig, ihre gewöhnliche Lage im Waſſer feſtzuhalten und ſtarben bald darauf. Die Fortpflanzung kennt man ebenfalls noch nicht; eine ähnliche Ueberraſchung, als ſie der Arolotl uns bereitet hat, iſt alſo durchaus nicht unwahrſcheinlich. Allerdings hat man Furchen- molche von ſehr verſchiedener Größe gefunden und ſich deshalb für berechtigt gehalten, von Jungen und Alten zu reden; dies Eine aber beweiſt noch keineswegs, daß ſich dieſe Larve, denn für eine ſolche halte ich ſie, nicht umwandele, bezüglich, daß wir ſpäter das ausgewachſene Thier zu erkennen im Stande ſind. Die letzte verdächtige Art dieſer Familie iſt der ſogenannte Armmolch (Siren lacertina), ein Thier, deſſen Leibesbau an den des Aalmolches erinnert, ſich jedoch dadurch unterſcheidet, daß nur die beiden Vorderfüße vorhanden ſind. Der Leib iſt eine lange Walze, an welcher vorn vier- oder dreizehige Füße ſitzen, und welche ſich nach hinten zuſpitzt und abplattet; von den Hinterbeinen bemerkt man im Geripp keine Spur. Die Naſenlöcher ſtehen nah am Rande der Oberlippe und öffnen ſich am Munde; die kleinen runden Augen ſchimmern unter der Haut, welche ſie bedecken, hervor. Die Kiemenlöcher ſind drei hinter einander liegende Quereinſchnitte, an deren oberen Winkeln ſich die vielfach gefranſten Kiemen anſetzen. Jn der unteren Kinnlade und am Gaumen ſtehen Zähne. Die Wirbel ähneln in ihrem Baue denen des Olmes; etwa acht von ihnen, vom zweiten angefangen, tragen kleine Nippenanhänge. Garden machte uns im Jahre 1765 mit dem von ihm in Südkarolina entdeckten Armmolche bekannt, indem er zwei Stücke an Ellis in London ſandte. Letzterem theilte er mit, daß ſich das Thier an ſumpfigen und moraſtigen Plätzen, hauptſächlich unter alten Baumſtämmen am Waſſer finde, bisweilen auf dieſe Stämme und Baumäſte klettere und, wenn das Gewäſſer während der Sommermonate austrockene, mit klagender Stimme faſt wie junge Enten, aber heller und ſchärfer piepe. Er hielt das Thier für einen Fiſch: — ein Jrrthum, welchen ſchon Linné widerlegte. Pallas glaubte ſpäter in ihm eine Larve irgend eines großen Salamanders zu erkennen; Cuvier aber ſprach die Meinung aus, daß man es als ausgebildetes Thier anzuſehen habe. Jm Juni 1825 kam ein lebender Armmolch von anderthalb Fuß Länge nach England, wurde hier von Neill gepflegt, ſechs Jahre lang am Leben erhalten und währenddem beobachtet. Anfänglich hielt ihn dieſer Naturforſcher in einem mit Waſſer und Sand angefüllten Kübel, welcher ſchief geſtellt wurde, um ihm einen Ausgang auf das Trockene zu geſtatten; bald aber zeigte ſich, daß ihm Mos lieber war, und da man dieſes, weil es bald faul wurde, beſtändig erſetzen mußte, gab man ihm Froſchbiß, unter deſſen ſchwimmenden Blättern er ſich gern verbarg. Er fraß Regen-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/470>, abgerufen am 23.12.2024.