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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Labyrinthfische. Kletterfische. Schlundlnöchler.
scheinlich wirklich den Höhepunkt erklommen und auf der anderen Seite einen zweiten Tümpel erreicht
haben. Es waren offenbar dieselben, welche man auch in den trocknen Teichen findet."

Später fügt derselbe Beobachter seinen ersten Angaben noch das Folgende hinzu. "Jemehr die
Wasserbecken austrocknen, um so mehr sammeln sich die Fische, welche sie beherbergten, in den kleinen,
noch wasserhaltigen Tümpeln oder im feuchten Schlamme. An solchen Stellen kann man Tausende
von ihnen gewahren und sehen, wie sie sich in dem Schlamme, welcher die Beschaffenheit von Hirsenbrei
hat, hin- und herbewegen. Wenn auch dieser Schlamm noch weiter austrocknet, machen sie sich auf,
um noch wasserhaltige Teiche zu suchen. An einer Stelle sah ich Hunderte von ihnen von einem just
verlassenen Teiche nach verschiedenen Richtungen hin sich zerstreuen und ihren Weg aller Schwierigkeiten
und Hindernisse ungeachtet fortsetzen. Da der gedachte Pfuhl den zahmen und wilden Thieren der
Nachbarschaft bisher zum Trinken gedient hatte, war die Oberfläche des Grundes überall eingetreten,
und nicht wenige dieser Fische fielen in die tiefen, von den Fußtapfen herrührenden Löcher, aus denen
es für manche kein Entrinnen mehr gab, sodaß Milane und Krähen reiche Lese hielten."

"Auf mich hat es den Eindruck gemacht, als ob diese Wanderungen nur des Nachts oder doch
vor Sonnenaufgang stattfinden; denn ich habe einzig und allein in den Morgenstunden wandernde
Fische gesehen, auch beobachtet, daß diejenigen, welche ich lebend auflas und in Kübeln hielt, während
des Tages sich ruhig verhielten, des Nachts aber Anstrengungen machten, aus ihrem Behälter zu
entkommen, oft auch wirklich entkamen."

"Eine Eigenthümlichkeit der Wandernden, welche ich noch zu erwähnen habe, besteht darin, daß
sie ihre Kiemen geöffnet haben."

Nach Tennent's Untersuchungen wissen wir nunmehr, daß es dieselben Fische sind, welche sich
nöthigenfalls auch im Schlamm eingraben. Möglicherweise haben sie vorher versucht, noch Wasser
zu erreichen, möglicherweise von vornherein darauf verzichtet und sich sofort, mit der Schnauze voran,
in den Grund eingebohrt, der Feuchtigkeit nachgehend. Nach den Angaben, welche Tennent
gemacht wurden, findet man sie in einer Tiefe von anderthalb bis zwei Fuß und mehr, je nach der
Beschaffenheit des Grundes. Die obere Decke ist oft zerklüftet und so trocken, daß sie beim Auf-
nehmen in Stücke zerfällt. Die Fische selbst liegen gewöhnlich in einer noch etwas feuchten Schicht;
aber auch diese kann austrocknen, scheinbar, ohne sie am Leben zu gefährden.

Die Eingeborenen kennen diese Eigenthümlichkeit der Fische sehr wohl, begeben sich während der
Trockenheit an die Teiche, suchen die tieferen Stellen aus und graben hier einfach nach, gebrauchen
also wirklich die Hacke anstatt des Hamens und danken ihr oft reiche Ernte. Die Fische liegen
regungslos in dem sie allseitig umgebenden Schlamme, bewegen sich aber sofort, nachdem man sie
aus ihrer Umhüllung befreite.

Es erklärt sich somit sehr einfach und natürlich, daß man unmittelbar nach dem ersten Regen
in den seit wenigen Stunden oder höchstens Tagen gefüllten Wasserbecken Ceylons die Leute eifrig
mit dem Fischfange beschäftigt sieht. Zu diesem Zwecke bedienen sie sich eines oben und unten offenen
Korbes, welchen sie, vor sich hingehend, so in den Schlamm stoßen, daß die unteren Spitzen in diesem
stecken bleiben, und von oben und mit der Hand ausräumen, wenn sie Fische umgittert hatten. Schon
Buchanan erwähnt, daß man die gefangenen Labyrinthfische fünf bis sechs Tage lang in trockenen
Gefäßen aufbewahren kann, ohne sie zu tödten, weshalb denn auch diese Thiere oft von den Gauklern
größerer Städte, deren Bewohnerschaft mit der Natur minder vertraut ist als Bauern und Fischer,
angekauft und zur Schau gestellt werden.



Commerson, welcher einen Labyrinthfisch wissenschaftlich beschrieb, gab ihm den Namen
Riecher (Osphromenus olfax), weil er glaubte, daß die blätterigen Zellen des Schlundknochens zur
Verschärfung des Geruchssinnes beitragen möchten. Wir behalten den wissenschaftlichen Namen

Die Stachelfloſſer. Labyrinthfiſche. Kletterfiſche. Schlundlnöchler.
ſcheinlich wirklich den Höhepunkt erklommen und auf der anderen Seite einen zweiten Tümpel erreicht
haben. Es waren offenbar dieſelben, welche man auch in den trocknen Teichen findet.“

Später fügt derſelbe Beobachter ſeinen erſten Angaben noch das Folgende hinzu. „Jemehr die
Waſſerbecken austrocknen, um ſo mehr ſammeln ſich die Fiſche, welche ſie beherbergten, in den kleinen,
noch waſſerhaltigen Tümpeln oder im feuchten Schlamme. An ſolchen Stellen kann man Tauſende
von ihnen gewahren und ſehen, wie ſie ſich in dem Schlamme, welcher die Beſchaffenheit von Hirſenbrei
hat, hin- und herbewegen. Wenn auch dieſer Schlamm noch weiter austrocknet, machen ſie ſich auf,
um noch waſſerhaltige Teiche zu ſuchen. An einer Stelle ſah ich Hunderte von ihnen von einem juſt
verlaſſenen Teiche nach verſchiedenen Richtungen hin ſich zerſtreuen und ihren Weg aller Schwierigkeiten
und Hinderniſſe ungeachtet fortſetzen. Da der gedachte Pfuhl den zahmen und wilden Thieren der
Nachbarſchaft bisher zum Trinken gedient hatte, war die Oberfläche des Grundes überall eingetreten,
und nicht wenige dieſer Fiſche fielen in die tiefen, von den Fußtapfen herrührenden Löcher, aus denen
es für manche kein Entrinnen mehr gab, ſodaß Milane und Krähen reiche Leſe hielten.“

„Auf mich hat es den Eindruck gemacht, als ob dieſe Wanderungen nur des Nachts oder doch
vor Sonnenaufgang ſtattfinden; denn ich habe einzig und allein in den Morgenſtunden wandernde
Fiſche geſehen, auch beobachtet, daß diejenigen, welche ich lebend auflas und in Kübeln hielt, während
des Tages ſich ruhig verhielten, des Nachts aber Anſtrengungen machten, aus ihrem Behälter zu
entkommen, oft auch wirklich entkamen.“

„Eine Eigenthümlichkeit der Wandernden, welche ich noch zu erwähnen habe, beſteht darin, daß
ſie ihre Kiemen geöffnet haben.“

Nach Tennent’s Unterſuchungen wiſſen wir nunmehr, daß es dieſelben Fiſche ſind, welche ſich
nöthigenfalls auch im Schlamm eingraben. Möglicherweiſe haben ſie vorher verſucht, noch Waſſer
zu erreichen, möglicherweiſe von vornherein darauf verzichtet und ſich ſofort, mit der Schnauze voran,
in den Grund eingebohrt, der Feuchtigkeit nachgehend. Nach den Angaben, welche Tennent
gemacht wurden, findet man ſie in einer Tiefe von anderthalb bis zwei Fuß und mehr, je nach der
Beſchaffenheit des Grundes. Die obere Decke iſt oft zerklüftet und ſo trocken, daß ſie beim Auf-
nehmen in Stücke zerfällt. Die Fiſche ſelbſt liegen gewöhnlich in einer noch etwas feuchten Schicht;
aber auch dieſe kann austrocknen, ſcheinbar, ohne ſie am Leben zu gefährden.

Die Eingeborenen kennen dieſe Eigenthümlichkeit der Fiſche ſehr wohl, begeben ſich während der
Trockenheit an die Teiche, ſuchen die tieferen Stellen aus und graben hier einfach nach, gebrauchen
alſo wirklich die Hacke anſtatt des Hamens und danken ihr oft reiche Ernte. Die Fiſche liegen
regungslos in dem ſie allſeitig umgebenden Schlamme, bewegen ſich aber ſofort, nachdem man ſie
aus ihrer Umhüllung befreite.

Es erklärt ſich ſomit ſehr einfach und natürlich, daß man unmittelbar nach dem erſten Regen
in den ſeit wenigen Stunden oder höchſtens Tagen gefüllten Waſſerbecken Ceylons die Leute eifrig
mit dem Fiſchfange beſchäftigt ſieht. Zu dieſem Zwecke bedienen ſie ſich eines oben und unten offenen
Korbes, welchen ſie, vor ſich hingehend, ſo in den Schlamm ſtoßen, daß die unteren Spitzen in dieſem
ſtecken bleiben, und von oben und mit der Hand ausräumen, wenn ſie Fiſche umgittert hatten. Schon
Buchanan erwähnt, daß man die gefangenen Labyrinthfiſche fünf bis ſechs Tage lang in trockenen
Gefäßen aufbewahren kann, ohne ſie zu tödten, weshalb denn auch dieſe Thiere oft von den Gauklern
größerer Städte, deren Bewohnerſchaft mit der Natur minder vertraut iſt als Bauern und Fiſcher,
angekauft und zur Schau geſtellt werden.



Commerſon, welcher einen Labyrinthfiſch wiſſenſchaftlich beſchrieb, gab ihm den Namen
Riecher (Osphromenus olfax), weil er glaubte, daß die blätterigen Zellen des Schlundknochens zur
Verſchärfung des Geruchsſinnes beitragen möchten. Wir behalten den wiſſenſchaftlichen Namen

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[528/0562] Die Stachelfloſſer. Labyrinthfiſche. Kletterfiſche. Schlundlnöchler. ſcheinlich wirklich den Höhepunkt erklommen und auf der anderen Seite einen zweiten Tümpel erreicht haben. Es waren offenbar dieſelben, welche man auch in den trocknen Teichen findet.“ Später fügt derſelbe Beobachter ſeinen erſten Angaben noch das Folgende hinzu. „Jemehr die Waſſerbecken austrocknen, um ſo mehr ſammeln ſich die Fiſche, welche ſie beherbergten, in den kleinen, noch waſſerhaltigen Tümpeln oder im feuchten Schlamme. An ſolchen Stellen kann man Tauſende von ihnen gewahren und ſehen, wie ſie ſich in dem Schlamme, welcher die Beſchaffenheit von Hirſenbrei hat, hin- und herbewegen. Wenn auch dieſer Schlamm noch weiter austrocknet, machen ſie ſich auf, um noch waſſerhaltige Teiche zu ſuchen. An einer Stelle ſah ich Hunderte von ihnen von einem juſt verlaſſenen Teiche nach verſchiedenen Richtungen hin ſich zerſtreuen und ihren Weg aller Schwierigkeiten und Hinderniſſe ungeachtet fortſetzen. Da der gedachte Pfuhl den zahmen und wilden Thieren der Nachbarſchaft bisher zum Trinken gedient hatte, war die Oberfläche des Grundes überall eingetreten, und nicht wenige dieſer Fiſche fielen in die tiefen, von den Fußtapfen herrührenden Löcher, aus denen es für manche kein Entrinnen mehr gab, ſodaß Milane und Krähen reiche Leſe hielten.“ „Auf mich hat es den Eindruck gemacht, als ob dieſe Wanderungen nur des Nachts oder doch vor Sonnenaufgang ſtattfinden; denn ich habe einzig und allein in den Morgenſtunden wandernde Fiſche geſehen, auch beobachtet, daß diejenigen, welche ich lebend auflas und in Kübeln hielt, während des Tages ſich ruhig verhielten, des Nachts aber Anſtrengungen machten, aus ihrem Behälter zu entkommen, oft auch wirklich entkamen.“ „Eine Eigenthümlichkeit der Wandernden, welche ich noch zu erwähnen habe, beſteht darin, daß ſie ihre Kiemen geöffnet haben.“ Nach Tennent’s Unterſuchungen wiſſen wir nunmehr, daß es dieſelben Fiſche ſind, welche ſich nöthigenfalls auch im Schlamm eingraben. Möglicherweiſe haben ſie vorher verſucht, noch Waſſer zu erreichen, möglicherweiſe von vornherein darauf verzichtet und ſich ſofort, mit der Schnauze voran, in den Grund eingebohrt, der Feuchtigkeit nachgehend. Nach den Angaben, welche Tennent gemacht wurden, findet man ſie in einer Tiefe von anderthalb bis zwei Fuß und mehr, je nach der Beſchaffenheit des Grundes. Die obere Decke iſt oft zerklüftet und ſo trocken, daß ſie beim Auf- nehmen in Stücke zerfällt. Die Fiſche ſelbſt liegen gewöhnlich in einer noch etwas feuchten Schicht; aber auch dieſe kann austrocknen, ſcheinbar, ohne ſie am Leben zu gefährden. Die Eingeborenen kennen dieſe Eigenthümlichkeit der Fiſche ſehr wohl, begeben ſich während der Trockenheit an die Teiche, ſuchen die tieferen Stellen aus und graben hier einfach nach, gebrauchen alſo wirklich die Hacke anſtatt des Hamens und danken ihr oft reiche Ernte. Die Fiſche liegen regungslos in dem ſie allſeitig umgebenden Schlamme, bewegen ſich aber ſofort, nachdem man ſie aus ihrer Umhüllung befreite. Es erklärt ſich ſomit ſehr einfach und natürlich, daß man unmittelbar nach dem erſten Regen in den ſeit wenigen Stunden oder höchſtens Tagen gefüllten Waſſerbecken Ceylons die Leute eifrig mit dem Fiſchfange beſchäftigt ſieht. Zu dieſem Zwecke bedienen ſie ſich eines oben und unten offenen Korbes, welchen ſie, vor ſich hingehend, ſo in den Schlamm ſtoßen, daß die unteren Spitzen in dieſem ſtecken bleiben, und von oben und mit der Hand ausräumen, wenn ſie Fiſche umgittert hatten. Schon Buchanan erwähnt, daß man die gefangenen Labyrinthfiſche fünf bis ſechs Tage lang in trockenen Gefäßen aufbewahren kann, ohne ſie zu tödten, weshalb denn auch dieſe Thiere oft von den Gauklern größerer Städte, deren Bewohnerſchaft mit der Natur minder vertraut iſt als Bauern und Fiſcher, angekauft und zur Schau geſtellt werden. Commerſon, welcher einen Labyrinthfiſch wiſſenſchaftlich beſchrieb, gab ihm den Namen Riecher (Osphromenus olfax), weil er glaubte, daß die blätterigen Zellen des Schlundknochens zur Verſchärfung des Geruchsſinnes beitragen möchten. Wir behalten den wiſſenſchaftlichen Namen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/562>, abgerufen am 23.12.2024.