Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stachelflosser. Makrelen. Stichlinge.
verhältnißmäßig spitziger Schnauze und fünfzehn Stacheln auf dem Rücken. Dieser und Oberseite
sehen grünlichbraun, die Seiten gelblich, Backen, Kiemendeckel, Kehle und Bauch silberweiß aus; die
zweite Rücken- und die Afterflosse zeigen vorn einen dunklen Flecken. An den schwedischen Küsten
kommt eine Spielart vor, welche sich durch Pracht der Färbung auszeichnet. Die Länge beträgt 5 bis 7
Zoll. Jn der zweiten Rückenflosse zählt man 6, in der Brustflosse 10, in der Bauchflosse 2, in der
Afterflosse 1 harten und 7 weiche, in der Schwanzflosse 12 Strahlen.

Der Seestichling verdient seinen Namen; denn er unterscheidet sich wie durch seine Gestalt, so
auch durch seine Lebensweise von den Verwandten. Die Nord- und Ostsee, erstere im weitesten
Sinne des Wortes bilden seine Heimat; von hier aus verirrt er sich nach Süden hin bis in den Meer-
busen von Gascogne; niemals aber steigt er weit in den Flüssen empor, wie er überhaupt Süßwasser
entschieden meidet.

Wenige Fische vereinigen so viele anziehende Eigenschaften in sich als die Stichlinge. Sie sind
lebhaft und bewegungslustig, gewandt, räuberisch und streitsüchtig, muthig im Vertrauen auf ihre,
anderen Fischen furchtbare Bewassnung, deshalb auch wohl übermüthig, aber zärtlich hingebend in
der Fürsorge zu Gunsten ihrer Nachkommenschaft. All' dieser Eigenschaften wegen hält man sie gern
in Gefangenschaft, und Dies ist wiederum Ursache gewesen, daß man sie ziemlich genau kennen
gelernt hat. Bringt man mehrere Stichlinge in ein kleineres Becken, so schwimmen sie zunächst
gemeinschaftlich überall umher, um sich heimisch zu machen und untersuchen jede Ecke, jeden Winkel,
jeden Platz. Plötzlich nimmt einer von ihnen Besitz von einer bestimmten Ecke oder einem bestimmten
Theile des Beckens, und von nun an beginnt sofort ein wüthender Kampf auf Leben und Tod zwischen
ihm und jedem anderem, welcher sich erfrechen sollte, ihn zu stören. Beide Kämpfer schwimmen mit
größter Schnelligkeit um einander herum oder neben einander hin, beißen und versuchen, ihre
furchtbaren Dornen dem Gegner in den Leib zu rennen. Oft dauert der Kampf mehrere Minuten,
ehe einer zurückweicht, und sowie Dies geschieht, schwimmt der Sieger, anscheinend mit der größten
Erbitterung, hinter dem Besiegten her, jagt ihn von einer Stelle des Gefäßes zur anderen, bis dieser
vor Müdigkeit nicht weiter kann. Jhre Stacheln werden mit solchem Nachdruck gebraucht, daß oft
einer der Kämpfer durchbohrt und todt zu Boden sinkt. Nach und nach wählt sich jeder einzelne
seinen bestimmten Stand, und so kann es kommen, daß in einem und demselben Becken drei oder vier
dieser kleinen Tyrannen sich gegenseitig überwachen, jeder bei der geringsten Ueberschreitung der
Gerechtsame über den Frevler herfällt, und der Streit von Neuem losbricht. Es sind nur die
männlichen Fische, welche in dieser Weise sich geberden; die Weibchen leben friedlich mit einander

Jnnere Erregung der Stichlinge übt den größten Einfluß auf ihre Färbung aus; letztere ändert
sich buchstäblich mit der Stimmung. Aus dem grünlichen, silbergefleckten Fisch wandelt der zornige
Siegesmuth einen in den schönsten Farben prangenden um; Bauch und Unterkiefer nehmen ihre tief-
rothe Färbung an; der Rücken schattirt bis in Röthlichgelb und Grün. Ebenso schnell macht sich ein
Rückschlag bemerklich. Wird aus dem Sieger ein Ueberwundener, so verbleicht er wieder; vor dem
Tode aber pflegt noch einmal das prachtvolle Farbenspiel aufzuleben.

Jn einem größeren Gewässer zeigt sich die Kampflust der Stichlinge weniger; ihre ewige Unruhe
bemerkt man aber auch hier. Sie schwimmen rasch und gewandt einher; schnellen sich oft fußhoch
über das Wasser empor, gefallen sich in mancherlei Spielen und achten dabei auf Alles, was um sie
her vorgeht, namentlich aber auf kleinere Fische, weil sie sich aus ihrer Anzahl den größten Theil
ihrer Beute wählen. Um größere Raubfische scheinen sie sich wenig zu kümmern; man glaubt, daß
sie wirklich von ihrer eigenen Wehrhaftigkeit überzeugt sind, will wenigstens bestimmt beobachtet
haben, daß selbst die ärgsten Räuber sie meiden. Sogar der Hecht, welchem alles Genießbare recht
ist, scheut sich vor ihren Stacheln, und nur der Lachs allein soll ihnen gefährlich werden und sie ohne
Bedenken verschlingen. Sie ihrerseits dagegen jagen auf alles Gethier, welches sie überwältigen zu
können glauben und legen eine staunenswerthe Freßlust an den Tag. Backer versichert, gesehen zu

Die Stachelfloſſer. Makrelen. Stichlinge.
verhältnißmäßig ſpitziger Schnauze und fünfzehn Stacheln auf dem Rücken. Dieſer und Oberſeite
ſehen grünlichbraun, die Seiten gelblich, Backen, Kiemendeckel, Kehle und Bauch ſilberweiß aus; die
zweite Rücken- und die Afterfloſſe zeigen vorn einen dunklen Flecken. An den ſchwediſchen Küſten
kommt eine Spielart vor, welche ſich durch Pracht der Färbung auszeichnet. Die Länge beträgt 5 bis 7
Zoll. Jn der zweiten Rückenfloſſe zählt man 6, in der Bruſtfloſſe 10, in der Bauchfloſſe 2, in der
Afterfloſſe 1 harten und 7 weiche, in der Schwanzfloſſe 12 Strahlen.

Der Seeſtichling verdient ſeinen Namen; denn er unterſcheidet ſich wie durch ſeine Geſtalt, ſo
auch durch ſeine Lebensweiſe von den Verwandten. Die Nord- und Oſtſee, erſtere im weiteſten
Sinne des Wortes bilden ſeine Heimat; von hier aus verirrt er ſich nach Süden hin bis in den Meer-
buſen von Gascogne; niemals aber ſteigt er weit in den Flüſſen empor, wie er überhaupt Süßwaſſer
entſchieden meidet.

Wenige Fiſche vereinigen ſo viele anziehende Eigenſchaften in ſich als die Stichlinge. Sie ſind
lebhaft und bewegungsluſtig, gewandt, räuberiſch und ſtreitſüchtig, muthig im Vertrauen auf ihre,
anderen Fiſchen furchtbare Bewaſſnung, deshalb auch wohl übermüthig, aber zärtlich hingebend in
der Fürſorge zu Gunſten ihrer Nachkommenſchaft. All’ dieſer Eigenſchaften wegen hält man ſie gern
in Gefangenſchaft, und Dies iſt wiederum Urſache geweſen, daß man ſie ziemlich genau kennen
gelernt hat. Bringt man mehrere Stichlinge in ein kleineres Becken, ſo ſchwimmen ſie zunächſt
gemeinſchaftlich überall umher, um ſich heimiſch zu machen und unterſuchen jede Ecke, jeden Winkel,
jeden Platz. Plötzlich nimmt einer von ihnen Beſitz von einer beſtimmten Ecke oder einem beſtimmten
Theile des Beckens, und von nun an beginnt ſofort ein wüthender Kampf auf Leben und Tod zwiſchen
ihm und jedem anderem, welcher ſich erfrechen ſollte, ihn zu ſtören. Beide Kämpfer ſchwimmen mit
größter Schnelligkeit um einander herum oder neben einander hin, beißen und verſuchen, ihre
furchtbaren Dornen dem Gegner in den Leib zu rennen. Oft dauert der Kampf mehrere Minuten,
ehe einer zurückweicht, und ſowie Dies geſchieht, ſchwimmt der Sieger, anſcheinend mit der größten
Erbitterung, hinter dem Beſiegten her, jagt ihn von einer Stelle des Gefäßes zur anderen, bis dieſer
vor Müdigkeit nicht weiter kann. Jhre Stacheln werden mit ſolchem Nachdruck gebraucht, daß oft
einer der Kämpfer durchbohrt und todt zu Boden ſinkt. Nach und nach wählt ſich jeder einzelne
ſeinen beſtimmten Stand, und ſo kann es kommen, daß in einem und demſelben Becken drei oder vier
dieſer kleinen Tyrannen ſich gegenſeitig überwachen, jeder bei der geringſten Ueberſchreitung der
Gerechtſame über den Frevler herfällt, und der Streit von Neuem losbricht. Es ſind nur die
männlichen Fiſche, welche in dieſer Weiſe ſich geberden; die Weibchen leben friedlich mit einander

Jnnere Erregung der Stichlinge übt den größten Einfluß auf ihre Färbung aus; letztere ändert
ſich buchſtäblich mit der Stimmung. Aus dem grünlichen, ſilbergefleckten Fiſch wandelt der zornige
Siegesmuth einen in den ſchönſten Farben prangenden um; Bauch und Unterkiefer nehmen ihre tief-
rothe Färbung an; der Rücken ſchattirt bis in Röthlichgelb und Grün. Ebenſo ſchnell macht ſich ein
Rückſchlag bemerklich. Wird aus dem Sieger ein Ueberwundener, ſo verbleicht er wieder; vor dem
Tode aber pflegt noch einmal das prachtvolle Farbenſpiel aufzuleben.

Jn einem größeren Gewäſſer zeigt ſich die Kampfluſt der Stichlinge weniger; ihre ewige Unruhe
bemerkt man aber auch hier. Sie ſchwimmen raſch und gewandt einher; ſchnellen ſich oft fußhoch
über das Waſſer empor, gefallen ſich in mancherlei Spielen und achten dabei auf Alles, was um ſie
her vorgeht, namentlich aber auf kleinere Fiſche, weil ſie ſich aus ihrer Anzahl den größten Theil
ihrer Beute wählen. Um größere Raubfiſche ſcheinen ſie ſich wenig zu kümmern; man glaubt, daß
ſie wirklich von ihrer eigenen Wehrhaftigkeit überzeugt ſind, will wenigſtens beſtimmt beobachtet
haben, daß ſelbſt die ärgſten Räuber ſie meiden. Sogar der Hecht, welchem alles Genießbare recht
iſt, ſcheut ſich vor ihren Stacheln, und nur der Lachs allein ſoll ihnen gefährlich werden und ſie ohne
Bedenken verſchlingen. Sie ihrerſeits dagegen jagen auf alles Gethier, welches ſie überwältigen zu
können glauben und legen eine ſtaunenswerthe Freßluſt an den Tag. Backer verſichert, geſehen zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0570" n="536"/><fw place="top" type="header">Die Stachelflo&#x017F;&#x017F;er. Makrelen. Stichlinge.</fw><lb/>
verhältnißmäßig &#x017F;pitziger Schnauze und fünfzehn Stacheln auf dem Rücken. Die&#x017F;er und Ober&#x017F;eite<lb/>
&#x017F;ehen grünlichbraun, die Seiten gelblich, Backen, Kiemendeckel, Kehle und Bauch &#x017F;ilberweiß aus; die<lb/>
zweite Rücken- und die Afterflo&#x017F;&#x017F;e zeigen vorn einen dunklen Flecken. An den &#x017F;chwedi&#x017F;chen Kü&#x017F;ten<lb/>
kommt eine Spielart vor, welche &#x017F;ich durch Pracht der Färbung auszeichnet. Die Länge beträgt 5 bis 7<lb/>
Zoll. Jn der zweiten Rückenflo&#x017F;&#x017F;e zählt man 6, in der Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;e 10, in der Bauchflo&#x017F;&#x017F;e 2, in der<lb/>
Afterflo&#x017F;&#x017F;e 1 harten und 7 weiche, in der Schwanzflo&#x017F;&#x017F;e 12 Strahlen.</p><lb/>
            <p>Der See&#x017F;tichling verdient &#x017F;einen Namen; denn er unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich wie durch &#x017F;eine Ge&#x017F;talt, &#x017F;o<lb/>
auch durch &#x017F;eine Lebenswei&#x017F;e von den Verwandten. Die Nord- und O&#x017F;t&#x017F;ee, er&#x017F;tere im weite&#x017F;ten<lb/>
Sinne des Wortes bilden &#x017F;eine Heimat; von hier aus verirrt er &#x017F;ich nach Süden hin bis in den Meer-<lb/>
bu&#x017F;en von Gascogne; niemals aber &#x017F;teigt er weit in den Flü&#x017F;&#x017F;en empor, wie er überhaupt Süßwa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ent&#x017F;chieden meidet.</p><lb/>
            <p>Wenige Fi&#x017F;che vereinigen &#x017F;o viele anziehende Eigen&#x017F;chaften in &#x017F;ich als die Stichlinge. Sie &#x017F;ind<lb/>
lebhaft und bewegungslu&#x017F;tig, gewandt, räuberi&#x017F;ch und &#x017F;treit&#x017F;üchtig, muthig im Vertrauen auf ihre,<lb/>
anderen Fi&#x017F;chen furchtbare Bewa&#x017F;&#x017F;nung, deshalb auch wohl übermüthig, aber zärtlich hingebend in<lb/>
der Für&#x017F;orge zu Gun&#x017F;ten ihrer Nachkommen&#x017F;chaft. All&#x2019; die&#x017F;er Eigen&#x017F;chaften wegen hält man &#x017F;ie gern<lb/>
in Gefangen&#x017F;chaft, und Dies i&#x017F;t wiederum Ur&#x017F;ache gewe&#x017F;en, daß man &#x017F;ie ziemlich genau kennen<lb/>
gelernt hat. Bringt man mehrere Stichlinge in ein kleineres Becken, &#x017F;o &#x017F;chwimmen &#x017F;ie zunäch&#x017F;t<lb/>
gemein&#x017F;chaftlich überall umher, um &#x017F;ich heimi&#x017F;ch zu machen und unter&#x017F;uchen jede Ecke, jeden Winkel,<lb/>
jeden Platz. Plötzlich nimmt einer von ihnen Be&#x017F;itz von einer be&#x017F;timmten Ecke oder einem be&#x017F;timmten<lb/>
Theile des Beckens, und von nun an beginnt &#x017F;ofort ein wüthender Kampf auf Leben und Tod zwi&#x017F;chen<lb/>
ihm und jedem anderem, welcher &#x017F;ich erfrechen &#x017F;ollte, ihn zu &#x017F;tören. Beide Kämpfer &#x017F;chwimmen mit<lb/>
größter Schnelligkeit um einander herum oder neben einander hin, beißen und ver&#x017F;uchen, ihre<lb/>
furchtbaren Dornen dem Gegner in den Leib zu rennen. Oft dauert der Kampf mehrere Minuten,<lb/>
ehe einer zurückweicht, und &#x017F;owie Dies ge&#x017F;chieht, &#x017F;chwimmt der Sieger, an&#x017F;cheinend mit der größten<lb/>
Erbitterung, hinter dem Be&#x017F;iegten her, jagt ihn von einer Stelle des Gefäßes zur anderen, bis die&#x017F;er<lb/>
vor Müdigkeit nicht weiter kann. Jhre Stacheln werden mit &#x017F;olchem Nachdruck gebraucht, daß oft<lb/>
einer der Kämpfer durchbohrt und todt zu Boden &#x017F;inkt. Nach und nach wählt &#x017F;ich jeder einzelne<lb/>
&#x017F;einen be&#x017F;timmten Stand, und &#x017F;o kann es kommen, daß in einem und dem&#x017F;elben Becken drei oder vier<lb/>
die&#x017F;er kleinen Tyrannen &#x017F;ich gegen&#x017F;eitig überwachen, jeder bei der gering&#x017F;ten Ueber&#x017F;chreitung der<lb/>
Gerecht&#x017F;ame über den Frevler herfällt, und der Streit von Neuem losbricht. Es &#x017F;ind nur die<lb/>
männlichen Fi&#x017F;che, welche in die&#x017F;er Wei&#x017F;e &#x017F;ich geberden; die Weibchen leben friedlich mit einander</p><lb/>
            <p>Jnnere Erregung der Stichlinge übt den größten Einfluß auf ihre Färbung aus; letztere ändert<lb/>
&#x017F;ich buch&#x017F;täblich mit der Stimmung. Aus dem grünlichen, &#x017F;ilbergefleckten Fi&#x017F;ch wandelt der zornige<lb/>
Siegesmuth einen in den &#x017F;chön&#x017F;ten Farben prangenden um; Bauch und Unterkiefer nehmen ihre tief-<lb/>
rothe Färbung an; der Rücken &#x017F;chattirt bis in Röthlichgelb und Grün. Eben&#x017F;o &#x017F;chnell macht &#x017F;ich ein<lb/>
Rück&#x017F;chlag bemerklich. Wird aus dem Sieger ein Ueberwundener, &#x017F;o verbleicht er wieder; vor dem<lb/>
Tode aber pflegt noch einmal das prachtvolle Farben&#x017F;piel aufzuleben.</p><lb/>
            <p>Jn einem größeren Gewä&#x017F;&#x017F;er zeigt &#x017F;ich die Kampflu&#x017F;t der Stichlinge weniger; ihre ewige Unruhe<lb/>
bemerkt man aber auch hier. Sie &#x017F;chwimmen ra&#x017F;ch und gewandt einher; &#x017F;chnellen &#x017F;ich oft fußhoch<lb/>
über das Wa&#x017F;&#x017F;er empor, gefallen &#x017F;ich in mancherlei Spielen und achten dabei auf Alles, was um &#x017F;ie<lb/>
her vorgeht, namentlich aber auf kleinere Fi&#x017F;che, weil &#x017F;ie &#x017F;ich aus ihrer Anzahl den größten Theil<lb/>
ihrer Beute wählen. Um größere Raubfi&#x017F;che &#x017F;cheinen &#x017F;ie &#x017F;ich wenig zu kümmern; man glaubt, daß<lb/>
&#x017F;ie wirklich von ihrer eigenen Wehrhaftigkeit überzeugt &#x017F;ind, will wenig&#x017F;tens be&#x017F;timmt beobachtet<lb/>
haben, daß &#x017F;elb&#x017F;t die ärg&#x017F;ten Räuber &#x017F;ie meiden. Sogar der Hecht, welchem alles Genießbare recht<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;cheut &#x017F;ich vor ihren Stacheln, und nur der Lachs allein &#x017F;oll ihnen gefährlich werden und &#x017F;ie ohne<lb/>
Bedenken ver&#x017F;chlingen. Sie ihrer&#x017F;eits dagegen jagen auf alles Gethier, welches &#x017F;ie überwältigen zu<lb/>
können glauben und legen eine &#x017F;taunenswerthe Freßlu&#x017F;t an den Tag. <hi rendition="#g">Backer</hi> ver&#x017F;ichert, ge&#x017F;ehen zu<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[536/0570] Die Stachelfloſſer. Makrelen. Stichlinge. verhältnißmäßig ſpitziger Schnauze und fünfzehn Stacheln auf dem Rücken. Dieſer und Oberſeite ſehen grünlichbraun, die Seiten gelblich, Backen, Kiemendeckel, Kehle und Bauch ſilberweiß aus; die zweite Rücken- und die Afterfloſſe zeigen vorn einen dunklen Flecken. An den ſchwediſchen Küſten kommt eine Spielart vor, welche ſich durch Pracht der Färbung auszeichnet. Die Länge beträgt 5 bis 7 Zoll. Jn der zweiten Rückenfloſſe zählt man 6, in der Bruſtfloſſe 10, in der Bauchfloſſe 2, in der Afterfloſſe 1 harten und 7 weiche, in der Schwanzfloſſe 12 Strahlen. Der Seeſtichling verdient ſeinen Namen; denn er unterſcheidet ſich wie durch ſeine Geſtalt, ſo auch durch ſeine Lebensweiſe von den Verwandten. Die Nord- und Oſtſee, erſtere im weiteſten Sinne des Wortes bilden ſeine Heimat; von hier aus verirrt er ſich nach Süden hin bis in den Meer- buſen von Gascogne; niemals aber ſteigt er weit in den Flüſſen empor, wie er überhaupt Süßwaſſer entſchieden meidet. Wenige Fiſche vereinigen ſo viele anziehende Eigenſchaften in ſich als die Stichlinge. Sie ſind lebhaft und bewegungsluſtig, gewandt, räuberiſch und ſtreitſüchtig, muthig im Vertrauen auf ihre, anderen Fiſchen furchtbare Bewaſſnung, deshalb auch wohl übermüthig, aber zärtlich hingebend in der Fürſorge zu Gunſten ihrer Nachkommenſchaft. All’ dieſer Eigenſchaften wegen hält man ſie gern in Gefangenſchaft, und Dies iſt wiederum Urſache geweſen, daß man ſie ziemlich genau kennen gelernt hat. Bringt man mehrere Stichlinge in ein kleineres Becken, ſo ſchwimmen ſie zunächſt gemeinſchaftlich überall umher, um ſich heimiſch zu machen und unterſuchen jede Ecke, jeden Winkel, jeden Platz. Plötzlich nimmt einer von ihnen Beſitz von einer beſtimmten Ecke oder einem beſtimmten Theile des Beckens, und von nun an beginnt ſofort ein wüthender Kampf auf Leben und Tod zwiſchen ihm und jedem anderem, welcher ſich erfrechen ſollte, ihn zu ſtören. Beide Kämpfer ſchwimmen mit größter Schnelligkeit um einander herum oder neben einander hin, beißen und verſuchen, ihre furchtbaren Dornen dem Gegner in den Leib zu rennen. Oft dauert der Kampf mehrere Minuten, ehe einer zurückweicht, und ſowie Dies geſchieht, ſchwimmt der Sieger, anſcheinend mit der größten Erbitterung, hinter dem Beſiegten her, jagt ihn von einer Stelle des Gefäßes zur anderen, bis dieſer vor Müdigkeit nicht weiter kann. Jhre Stacheln werden mit ſolchem Nachdruck gebraucht, daß oft einer der Kämpfer durchbohrt und todt zu Boden ſinkt. Nach und nach wählt ſich jeder einzelne ſeinen beſtimmten Stand, und ſo kann es kommen, daß in einem und demſelben Becken drei oder vier dieſer kleinen Tyrannen ſich gegenſeitig überwachen, jeder bei der geringſten Ueberſchreitung der Gerechtſame über den Frevler herfällt, und der Streit von Neuem losbricht. Es ſind nur die männlichen Fiſche, welche in dieſer Weiſe ſich geberden; die Weibchen leben friedlich mit einander Jnnere Erregung der Stichlinge übt den größten Einfluß auf ihre Färbung aus; letztere ändert ſich buchſtäblich mit der Stimmung. Aus dem grünlichen, ſilbergefleckten Fiſch wandelt der zornige Siegesmuth einen in den ſchönſten Farben prangenden um; Bauch und Unterkiefer nehmen ihre tief- rothe Färbung an; der Rücken ſchattirt bis in Röthlichgelb und Grün. Ebenſo ſchnell macht ſich ein Rückſchlag bemerklich. Wird aus dem Sieger ein Ueberwundener, ſo verbleicht er wieder; vor dem Tode aber pflegt noch einmal das prachtvolle Farbenſpiel aufzuleben. Jn einem größeren Gewäſſer zeigt ſich die Kampfluſt der Stichlinge weniger; ihre ewige Unruhe bemerkt man aber auch hier. Sie ſchwimmen raſch und gewandt einher; ſchnellen ſich oft fußhoch über das Waſſer empor, gefallen ſich in mancherlei Spielen und achten dabei auf Alles, was um ſie her vorgeht, namentlich aber auf kleinere Fiſche, weil ſie ſich aus ihrer Anzahl den größten Theil ihrer Beute wählen. Um größere Raubfiſche ſcheinen ſie ſich wenig zu kümmern; man glaubt, daß ſie wirklich von ihrer eigenen Wehrhaftigkeit überzeugt ſind, will wenigſtens beſtimmt beobachtet haben, daß ſelbſt die ärgſten Räuber ſie meiden. Sogar der Hecht, welchem alles Genießbare recht iſt, ſcheut ſich vor ihren Stacheln, und nur der Lachs allein ſoll ihnen gefährlich werden und ſie ohne Bedenken verſchlingen. Sie ihrerſeits dagegen jagen auf alles Gethier, welches ſie überwältigen zu können glauben und legen eine ſtaunenswerthe Freßluſt an den Tag. Backer verſichert, geſehen zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/570
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/570>, abgerufen am 16.07.2024.