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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Makrolen. Leitfische. Gabelmakrelen. Bastardmakrelen.
zwei Lotsenfische, welche immer eine gewisse Entfernung hielten, bei ihrer Ankunft das Schiff zweimal
von einem Ende zum andern untersuchten, und, da sie Nichts für ihren Gaumen fanden, weiterzogen,
ihren Hai mit sich nehmend. Jnzwischen hatte ein Matrose einen Haken mit Speck geködert und warf
ihn ins Meer. Die Fische waren zwar bereits ziemlich weit entfernt, hörten jedoch das Plumpen,
kehrten um und begaben sich, sobald sie den Speck ausgekundschaftet, wieder zu ihrem Gebieter, welcher
sich währenddem an der Oberfläche des Wassers durch Umwälzen u. dergl. belustigt hatte. Sogleich
kehrte er um, auf jeder Seite begleitet von einem seiner kleinen Freunde, wurde von diesen förmlich
auf den Speck, welchen er nicht gewittert zu haben schien, gestoßen, biß zuerst ein Stück des Köders
ab, schnappte noch einmal zu, hing an der Angel und ward an Bord gezogen. Zwei Stunden später
fing man auch einen von den Lotsenfischen, welche das Schiff noch nicht verlassen hatten."

Andere Beobachter erzählen mehr oder weniger Dasselbe. Mayen berichtet, daß der Lotsenfisch
dem Haie gewöhnlich vorausschwimme, sich in der Regel in der Nähe seines Rachens halte oder unter
eine seiner Brustflossen begebe, zuweilen auch nach rechts und links schieße, als ob er auf Entdeckungen
ausgehe, und darauf treulich wieder zum Hai zurückkehre. Eines Tages wurde von dem Schiffe, auf
welchem sich gedachter Forscher befand, eine geköderte Angel ausgeworfen, da ein Hai in einer Ent-
fernung von etwa zwanzig Klaftern folgte. Mit Blitzesschnelle schoß der Lotsenfisch auf die Lockspeise
los, schien sie sogar zu versuchen, kehrte darauf zum Hai zurück, umschwamm denselben zu wiederholten
Malen, peitschte das Wasser mit dem Schwanze und trieb es so fort, bis sich der Hai unter seiner
Leitung in Bewegung setzte und wenige Minuten später ein Opfer seiner Freßgier geworden war.

Die meisten Berichterstatter glauben, daß der Lotsenfisch vom Unrath des Haies sich ernähre;
Bennett aber meint in den Ueberresten, welche er in dem Magen eines Gefangenen fand, kleine
Fische erkannt zu haben. Möglicherweise frißt der Lotsenfisch das eine wie die anderen.

Daß sich nach und nach eine gegenseitige Anhänglichkeit zwischen beiden ausbildet, läßt sich
erklären, da wir ja auch anderweitige Belege für den Verstand der Fische haben, und ähnliche Freund-
schaftsverhältnisse unter höheren Thieren durchaus verschiedener Art keineswegs selten sind. Die
Gewohnheit trägt unzweifelhaft auch das Jhrige zur Befestigung des Freundschaftsbundes bei; denn,
wie schon bemerkt, fast ebenso treu als dem Haifische folgt der Lotse auch Schiffen und wahrscheinlich
keineswegs blos dann, wenn er seinen Hai verloren hatte, sondern, um mit unserem Geßner zu
reden, "aus sonderbarer Anmuthung", vielleicht aus demselben Grunde wie der Hai: in der Hoffnung,
vom Bord aus gefüttert zu werden. Jn den nördlichen Meeren kommt unser Lotsenfisch ständig nicht
vor -- er lebt in dem Mittelmeer und in den südlich von ihm gelegenen Theilen des atlantischen
Weltmeeres --; wiederholt aber hat er sich verleiten lassen, den Schiffen bis in den Kanal zu folgen.
Jm Januar 1831 traf der "Peru", von Alexandrien her kommend, nach einer Reise von zwei- und
achtzig Tagen in Plymouth ein. Etwa zwei Tage nach der Abreise erschienen zwei Lotsenfische in
der Nähe des Schiffes, schwammen zur Seite desselben und wurden nunmehr beständig in annähernd
derselben Entfernung vom Schiffe gesehen. Nachdem der "Peru" zu Catwater Anker geworfen hatte,
schien sich ihre Anhänglichkeit noch zu vermehren; sie blieben in unmittelbarer Nähe desselben und
wurden zuletzt so dreist, daß man einen von ihnen von einem kleinen Boote aus fangen konnte. Durch
eine glückliche Kraftäußerung gelang es ihm, zu entkommen und das Wasser wieder zu gewinnen.
Fortan trennten sich beide Fische, aber leider nicht zu ihrem Heile; denn einer nach dem anderen ward
gefangen. Bennett versichert, daß man die so gewandten Thiere einzig und allein dann erlangen
könne, wenn man vorher einen Hai geangelt habe. Die kleinen, treuen Begleiter wollen sich von
ihrem großen Beschützer nicht trennen und umschwimmen ihn, wenn er aus dem Wasser herausgezogen
wird, bis er verendet ist, dabei mehr als sonst der Oberfläche sich nähernd. Unter solchen Umständen
hält es durchaus nicht schwer, sie mit einem langstieligen Hamen aufzufischen.

Das Fleisch des Lotsenfisches kommt nach übereinstimmenden Berichten Derer, welche das
seltene Glück hatten, es zu genießen, dem der Makrelen an Güte vollständig gleich.



Die Stachelfloſſer. Makrolen. Leitfiſche. Gabelmakrelen. Baſtardmakrelen.
zwei Lotſenfiſche, welche immer eine gewiſſe Entfernung hielten, bei ihrer Ankunft das Schiff zweimal
von einem Ende zum andern unterſuchten, und, da ſie Nichts für ihren Gaumen fanden, weiterzogen,
ihren Hai mit ſich nehmend. Jnzwiſchen hatte ein Matroſe einen Haken mit Speck geködert und warf
ihn ins Meer. Die Fiſche waren zwar bereits ziemlich weit entfernt, hörten jedoch das Plumpen,
kehrten um und begaben ſich, ſobald ſie den Speck ausgekundſchaftet, wieder zu ihrem Gebieter, welcher
ſich währenddem an der Oberfläche des Waſſers durch Umwälzen u. dergl. beluſtigt hatte. Sogleich
kehrte er um, auf jeder Seite begleitet von einem ſeiner kleinen Freunde, wurde von dieſen förmlich
auf den Speck, welchen er nicht gewittert zu haben ſchien, geſtoßen, biß zuerſt ein Stück des Köders
ab, ſchnappte noch einmal zu, hing an der Angel und ward an Bord gezogen. Zwei Stunden ſpäter
fing man auch einen von den Lotſenfiſchen, welche das Schiff noch nicht verlaſſen hatten.“

Andere Beobachter erzählen mehr oder weniger Daſſelbe. Mayen berichtet, daß der Lotſenfiſch
dem Haie gewöhnlich vorausſchwimme, ſich in der Regel in der Nähe ſeines Rachens halte oder unter
eine ſeiner Bruſtfloſſen begebe, zuweilen auch nach rechts und links ſchieße, als ob er auf Entdeckungen
ausgehe, und darauf treulich wieder zum Hai zurückkehre. Eines Tages wurde von dem Schiffe, auf
welchem ſich gedachter Forſcher befand, eine geköderte Angel ausgeworfen, da ein Hai in einer Ent-
fernung von etwa zwanzig Klaftern folgte. Mit Blitzesſchnelle ſchoß der Lotſenfiſch auf die Lockſpeiſe
los, ſchien ſie ſogar zu verſuchen, kehrte darauf zum Hai zurück, umſchwamm denſelben zu wiederholten
Malen, peitſchte das Waſſer mit dem Schwanze und trieb es ſo fort, bis ſich der Hai unter ſeiner
Leitung in Bewegung ſetzte und wenige Minuten ſpäter ein Opfer ſeiner Freßgier geworden war.

Die meiſten Berichterſtatter glauben, daß der Lotſenfiſch vom Unrath des Haies ſich ernähre;
Bennett aber meint in den Ueberreſten, welche er in dem Magen eines Gefangenen fand, kleine
Fiſche erkannt zu haben. Möglicherweiſe frißt der Lotſenfiſch das eine wie die anderen.

Daß ſich nach und nach eine gegenſeitige Anhänglichkeit zwiſchen beiden ausbildet, läßt ſich
erklären, da wir ja auch anderweitige Belege für den Verſtand der Fiſche haben, und ähnliche Freund-
ſchaftsverhältniſſe unter höheren Thieren durchaus verſchiedener Art keineswegs ſelten ſind. Die
Gewohnheit trägt unzweifelhaft auch das Jhrige zur Befeſtigung des Freundſchaftsbundes bei; denn,
wie ſchon bemerkt, faſt ebenſo treu als dem Haifiſche folgt der Lotſe auch Schiffen und wahrſcheinlich
keineswegs blos dann, wenn er ſeinen Hai verloren hatte, ſondern, um mit unſerem Geßner zu
reden, „aus ſonderbarer Anmuthung“, vielleicht aus demſelben Grunde wie der Hai: in der Hoffnung,
vom Bord aus gefüttert zu werden. Jn den nördlichen Meeren kommt unſer Lotſenfiſch ſtändig nicht
vor — er lebt in dem Mittelmeer und in den ſüdlich von ihm gelegenen Theilen des atlantiſchen
Weltmeeres —; wiederholt aber hat er ſich verleiten laſſen, den Schiffen bis in den Kanal zu folgen.
Jm Januar 1831 traf der „Peru“, von Alexandrien her kommend, nach einer Reiſe von zwei- und
achtzig Tagen in Plymouth ein. Etwa zwei Tage nach der Abreiſe erſchienen zwei Lotſenfiſche in
der Nähe des Schiffes, ſchwammen zur Seite deſſelben und wurden nunmehr beſtändig in annähernd
derſelben Entfernung vom Schiffe geſehen. Nachdem der „Peru“ zu Catwater Anker geworfen hatte,
ſchien ſich ihre Anhänglichkeit noch zu vermehren; ſie blieben in unmittelbarer Nähe deſſelben und
wurden zuletzt ſo dreiſt, daß man einen von ihnen von einem kleinen Boote aus fangen konnte. Durch
eine glückliche Kraftäußerung gelang es ihm, zu entkommen und das Waſſer wieder zu gewinnen.
Fortan trennten ſich beide Fiſche, aber leider nicht zu ihrem Heile; denn einer nach dem anderen ward
gefangen. Bennett verſichert, daß man die ſo gewandten Thiere einzig und allein dann erlangen
könne, wenn man vorher einen Hai geangelt habe. Die kleinen, treuen Begleiter wollen ſich von
ihrem großen Beſchützer nicht trennen und umſchwimmen ihn, wenn er aus dem Waſſer herausgezogen
wird, bis er verendet iſt, dabei mehr als ſonſt der Oberfläche ſich nähernd. Unter ſolchen Umſtänden
hält es durchaus nicht ſchwer, ſie mit einem langſtieligen Hamen aufzufiſchen.

Das Fleiſch des Lotſenfiſches kommt nach übereinſtimmenden Berichten Derer, welche das
ſeltene Glück hatten, es zu genießen, dem der Makrelen an Güte vollſtändig gleich.



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[552/0586] Die Stachelfloſſer. Makrolen. Leitfiſche. Gabelmakrelen. Baſtardmakrelen. zwei Lotſenfiſche, welche immer eine gewiſſe Entfernung hielten, bei ihrer Ankunft das Schiff zweimal von einem Ende zum andern unterſuchten, und, da ſie Nichts für ihren Gaumen fanden, weiterzogen, ihren Hai mit ſich nehmend. Jnzwiſchen hatte ein Matroſe einen Haken mit Speck geködert und warf ihn ins Meer. Die Fiſche waren zwar bereits ziemlich weit entfernt, hörten jedoch das Plumpen, kehrten um und begaben ſich, ſobald ſie den Speck ausgekundſchaftet, wieder zu ihrem Gebieter, welcher ſich währenddem an der Oberfläche des Waſſers durch Umwälzen u. dergl. beluſtigt hatte. Sogleich kehrte er um, auf jeder Seite begleitet von einem ſeiner kleinen Freunde, wurde von dieſen förmlich auf den Speck, welchen er nicht gewittert zu haben ſchien, geſtoßen, biß zuerſt ein Stück des Köders ab, ſchnappte noch einmal zu, hing an der Angel und ward an Bord gezogen. Zwei Stunden ſpäter fing man auch einen von den Lotſenfiſchen, welche das Schiff noch nicht verlaſſen hatten.“ Andere Beobachter erzählen mehr oder weniger Daſſelbe. Mayen berichtet, daß der Lotſenfiſch dem Haie gewöhnlich vorausſchwimme, ſich in der Regel in der Nähe ſeines Rachens halte oder unter eine ſeiner Bruſtfloſſen begebe, zuweilen auch nach rechts und links ſchieße, als ob er auf Entdeckungen ausgehe, und darauf treulich wieder zum Hai zurückkehre. Eines Tages wurde von dem Schiffe, auf welchem ſich gedachter Forſcher befand, eine geköderte Angel ausgeworfen, da ein Hai in einer Ent- fernung von etwa zwanzig Klaftern folgte. Mit Blitzesſchnelle ſchoß der Lotſenfiſch auf die Lockſpeiſe los, ſchien ſie ſogar zu verſuchen, kehrte darauf zum Hai zurück, umſchwamm denſelben zu wiederholten Malen, peitſchte das Waſſer mit dem Schwanze und trieb es ſo fort, bis ſich der Hai unter ſeiner Leitung in Bewegung ſetzte und wenige Minuten ſpäter ein Opfer ſeiner Freßgier geworden war. Die meiſten Berichterſtatter glauben, daß der Lotſenfiſch vom Unrath des Haies ſich ernähre; Bennett aber meint in den Ueberreſten, welche er in dem Magen eines Gefangenen fand, kleine Fiſche erkannt zu haben. Möglicherweiſe frißt der Lotſenfiſch das eine wie die anderen. Daß ſich nach und nach eine gegenſeitige Anhänglichkeit zwiſchen beiden ausbildet, läßt ſich erklären, da wir ja auch anderweitige Belege für den Verſtand der Fiſche haben, und ähnliche Freund- ſchaftsverhältniſſe unter höheren Thieren durchaus verſchiedener Art keineswegs ſelten ſind. Die Gewohnheit trägt unzweifelhaft auch das Jhrige zur Befeſtigung des Freundſchaftsbundes bei; denn, wie ſchon bemerkt, faſt ebenſo treu als dem Haifiſche folgt der Lotſe auch Schiffen und wahrſcheinlich keineswegs blos dann, wenn er ſeinen Hai verloren hatte, ſondern, um mit unſerem Geßner zu reden, „aus ſonderbarer Anmuthung“, vielleicht aus demſelben Grunde wie der Hai: in der Hoffnung, vom Bord aus gefüttert zu werden. Jn den nördlichen Meeren kommt unſer Lotſenfiſch ſtändig nicht vor — er lebt in dem Mittelmeer und in den ſüdlich von ihm gelegenen Theilen des atlantiſchen Weltmeeres —; wiederholt aber hat er ſich verleiten laſſen, den Schiffen bis in den Kanal zu folgen. Jm Januar 1831 traf der „Peru“, von Alexandrien her kommend, nach einer Reiſe von zwei- und achtzig Tagen in Plymouth ein. Etwa zwei Tage nach der Abreiſe erſchienen zwei Lotſenfiſche in der Nähe des Schiffes, ſchwammen zur Seite deſſelben und wurden nunmehr beſtändig in annähernd derſelben Entfernung vom Schiffe geſehen. Nachdem der „Peru“ zu Catwater Anker geworfen hatte, ſchien ſich ihre Anhänglichkeit noch zu vermehren; ſie blieben in unmittelbarer Nähe deſſelben und wurden zuletzt ſo dreiſt, daß man einen von ihnen von einem kleinen Boote aus fangen konnte. Durch eine glückliche Kraftäußerung gelang es ihm, zu entkommen und das Waſſer wieder zu gewinnen. Fortan trennten ſich beide Fiſche, aber leider nicht zu ihrem Heile; denn einer nach dem anderen ward gefangen. Bennett verſichert, daß man die ſo gewandten Thiere einzig und allein dann erlangen könne, wenn man vorher einen Hai geangelt habe. Die kleinen, treuen Begleiter wollen ſich von ihrem großen Beſchützer nicht trennen und umſchwimmen ihn, wenn er aus dem Waſſer herausgezogen wird, bis er verendet iſt, dabei mehr als ſonſt der Oberfläche ſich nähernd. Unter ſolchen Umſtänden hält es durchaus nicht ſchwer, ſie mit einem langſtieligen Hamen aufzufiſchen. Das Fleiſch des Lotſenfiſches kommt nach übereinſtimmenden Berichten Derer, welche das ſeltene Glück hatten, es zu genießen, dem der Makrelen an Güte vollſtändig gleich.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/586>, abgerufen am 16.07.2024.