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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Schiffshalter. Schleimfische.
scheinlich gewährt ihre rauhe Haut den Schiffshaltern einen sichern Anhalt, und ihre Beweglichkeit
diesen Gelegenheit, immer in neuem Wasser zu fischen. Mit den Haien und mit den Schiffen durch-
wandern sie weite Strecken des Meeres, und wie bei den Leitfischen geschieht es, daß sie in ihnen
eigentlich fremde Meerestheile verschleppt werden. So zählt man den Schiffshalter aus dem
Mittelmeere unter den Fischen Englands mit auf, weil er in den britischen Meeren wiederholt von
Schiffen und Haien eingeschleppt worden ist, und so nur läßt sich ihre außerordentlich weite Ver-
breitung erklären. Die Ursache, weshalb sie sich an Schiffen und Haien festsetzen, ist übrigens noch
keineswegs genügend erklärt. Daß sie sich ansaugen, läßt sich begreifen, weil alle Thiere, wie ich
schon wiederholt bemerkte, von ihren Begabungen den richtigen Gebrauch zu machen wissen; warum
sie sich aber an beweglichen Gegenständen ankleben, ist schwer zu sagen: denn die Annahme, daß sie
es in der Absicht thun, ihrer Unfertigkeit im Schwimmen Nachhilfe zu leisten, muß erst noch bewiesen
werden. Wahrscheinlich ist diese Annahme allerdings: "während der obere Theil des Kopfes", sagt
Kittlitz, "sich anklammert, behalten die Kinnladen Spielraum genug, nach den kleinen Gegen-
ständen ihrer Nahrung, die da unten vorbeischwimmen, mit Erfolg zu schnappen. Dabei kommt
ihnen die Bildung dieser Kinnladen zu Statten. Der ganze Fischkörper hat ein gewissermaßen
verkehrtes Ansehn: der Bauch sieht aus, wie der Rücken bei anderen Fischen, er ist nicht nur
erhabener, sondern auch dunkler gefärbt als der Oberleib, welcher stets an andere Gegenstände
sich anzuschmiegen pflegt. Dieser Trieb geht soweit, daß man, so lange das Thier lebt, nicht
leicht etwas von seinem Oberkörper zu sehen bekommt, weil es sich überall gleich ansaugt, so z. B.
auf dem Boden eines Tellers mit Seewasser, wo es an der glatten Fläche sich immer noch ziemlich
festhält und so, ganz umgekehrt, ruhig liegen bleibt." Jn dieser Stellung scheinen die Schiffshalter
"vielleicht mit wenigen Unterbrechungen, ihr ganzes Leben hinzubringen. Die Kraft ihres Saug-
werkzeuges ist so groß, daß selbst die todten Fische noch ziemlich fest an allerlei Gegenständen hängen
bleiben". Art und Weise ihrer Befestigung ist leicht erklärt. Jhre Saugscheibe wirkt wie ein
Schröpfkopf. Sie drücken die vielen Blättchen an dem Rande nieder, pressen die nun ebene Fläche
fest an die, welche zum Anheften dienen soll, erheben die einzelnen Querblätter wieder und bilden so
einen luftleeren Raum, welcher nunmehr den vollen Druck des Wassers zur Geltung kommen läßt.
Als Saugscheibe im eigentlichen Sinne des Wortes wirkt also ihr Kopfschild nicht, obschon ganz
ähnlich. Jhre Schwimmfertigkeit ist nicht so unbedeutend, als man vielleicht annehmen möchte,
obgleich ihre Bewegungen den Anschein der Schwerfälligkeit und Ungeschicklichkeit haben, auch aus-
schließlich mittels der Schwanzflosse bewerkstelligt werden. Man sieht sie zuweilen neben oder vor
dem Haie schwimmen, oder, wenn sie an Schiffen sich angehängt haben, diese verhältnißmäßig rasch und
gewandt umspielen. Zu verkennen sind sie nicht; denn auch im Schwimmen sehen sie aus, als ob sie
den Bauch nach oben gerichtet hätten, lassen sich also leicht von anderen Fischen unterscheiden. Wenn
der Koch eines Fahrzeuges das Spülicht in die See gießt und das Wasser trübt, verlassen sie zu
Dutzenden und mehr die Schiffswände, an denen sie sich festgesaugt, schlängeln sich mit aalartiger
Beweglichkeit rasch durch die Wellen und versuchen von den fettigen Bläschen so viele als möglich auf-
zunehmen. Auch gelingt es wohl, sie mit einer durch Speck geköderten Angel von ihren Ruhesitzen
wegzulocken und zu fangen. Jhr kräftiges Gebiß deutet auf ihre räuberische Natur; Bennett fand
jedoch in ihrem Magen nur Kruster und kleine Muscheln. Nachdem sie eine Beute erlangt, kehren
sie wieder zu dem alten Platze zurück und hängen einen Augenblick später ebenso fest als früher. An
einem gefangenen Haie haften sie gewöhnlich nur so lange, als der Theil, an welchem sie sich befestigt,
noch im Wasser liegt, lassen, wenn der Fisch emporgewunden wird, los und kleben sich an das
Schiff; Kittlitz beobachtete aber auch das Gegentheil und erbeutete mehrere von ihnen, welche "auch
in der Luft so fest auf ihrem Platze (am gefangenen Haie) blieben, daß sie mit Gewalt abgerissen
werden mußten".

Ueber ihre Fortpflanzung weiß man noch nichts Bestimmtes; Bennett erwähnt nur, daß man
glaube, sie brächten lebende Junge zur Welt.

Die Stachelfloſſer. Schiffshalter. Schleimfiſche.
ſcheinlich gewährt ihre rauhe Haut den Schiffshaltern einen ſichern Anhalt, und ihre Beweglichkeit
dieſen Gelegenheit, immer in neuem Waſſer zu fiſchen. Mit den Haien und mit den Schiffen durch-
wandern ſie weite Strecken des Meeres, und wie bei den Leitfiſchen geſchieht es, daß ſie in ihnen
eigentlich fremde Meerestheile verſchleppt werden. So zählt man den Schiffshalter aus dem
Mittelmeere unter den Fiſchen Englands mit auf, weil er in den britiſchen Meeren wiederholt von
Schiffen und Haien eingeſchleppt worden iſt, und ſo nur läßt ſich ihre außerordentlich weite Ver-
breitung erklären. Die Urſache, weshalb ſie ſich an Schiffen und Haien feſtſetzen, iſt übrigens noch
keineswegs genügend erklärt. Daß ſie ſich anſaugen, läßt ſich begreifen, weil alle Thiere, wie ich
ſchon wiederholt bemerkte, von ihren Begabungen den richtigen Gebrauch zu machen wiſſen; warum
ſie ſich aber an beweglichen Gegenſtänden ankleben, iſt ſchwer zu ſagen: denn die Annahme, daß ſie
es in der Abſicht thun, ihrer Unfertigkeit im Schwimmen Nachhilfe zu leiſten, muß erſt noch bewieſen
werden. Wahrſcheinlich iſt dieſe Annahme allerdings: „während der obere Theil des Kopfes“, ſagt
Kittlitz, „ſich anklammert, behalten die Kinnladen Spielraum genug, nach den kleinen Gegen-
ſtänden ihrer Nahrung, die da unten vorbeiſchwimmen, mit Erfolg zu ſchnappen. Dabei kommt
ihnen die Bildung dieſer Kinnladen zu Statten. Der ganze Fiſchkörper hat ein gewiſſermaßen
verkehrtes Anſehn: der Bauch ſieht aus, wie der Rücken bei anderen Fiſchen, er iſt nicht nur
erhabener, ſondern auch dunkler gefärbt als der Oberleib, welcher ſtets an andere Gegenſtände
ſich anzuſchmiegen pflegt. Dieſer Trieb geht ſoweit, daß man, ſo lange das Thier lebt, nicht
leicht etwas von ſeinem Oberkörper zu ſehen bekommt, weil es ſich überall gleich anſaugt, ſo z. B.
auf dem Boden eines Tellers mit Seewaſſer, wo es an der glatten Fläche ſich immer noch ziemlich
feſthält und ſo, ganz umgekehrt, ruhig liegen bleibt.“ Jn dieſer Stellung ſcheinen die Schiffshalter
„vielleicht mit wenigen Unterbrechungen, ihr ganzes Leben hinzubringen. Die Kraft ihres Saug-
werkzeuges iſt ſo groß, daß ſelbſt die todten Fiſche noch ziemlich feſt an allerlei Gegenſtänden hängen
bleiben“. Art und Weiſe ihrer Befeſtigung iſt leicht erklärt. Jhre Saugſcheibe wirkt wie ein
Schröpfkopf. Sie drücken die vielen Blättchen an dem Rande nieder, preſſen die nun ebene Fläche
feſt an die, welche zum Anheften dienen ſoll, erheben die einzelnen Querblätter wieder und bilden ſo
einen luftleeren Raum, welcher nunmehr den vollen Druck des Waſſers zur Geltung kommen läßt.
Als Saugſcheibe im eigentlichen Sinne des Wortes wirkt alſo ihr Kopfſchild nicht, obſchon ganz
ähnlich. Jhre Schwimmfertigkeit iſt nicht ſo unbedeutend, als man vielleicht annehmen möchte,
obgleich ihre Bewegungen den Anſchein der Schwerfälligkeit und Ungeſchicklichkeit haben, auch aus-
ſchließlich mittels der Schwanzfloſſe bewerkſtelligt werden. Man ſieht ſie zuweilen neben oder vor
dem Haie ſchwimmen, oder, wenn ſie an Schiffen ſich angehängt haben, dieſe verhältnißmäßig raſch und
gewandt umſpielen. Zu verkennen ſind ſie nicht; denn auch im Schwimmen ſehen ſie aus, als ob ſie
den Bauch nach oben gerichtet hätten, laſſen ſich alſo leicht von anderen Fiſchen unterſcheiden. Wenn
der Koch eines Fahrzeuges das Spülicht in die See gießt und das Waſſer trübt, verlaſſen ſie zu
Dutzenden und mehr die Schiffswände, an denen ſie ſich feſtgeſaugt, ſchlängeln ſich mit aalartiger
Beweglichkeit raſch durch die Wellen und verſuchen von den fettigen Bläschen ſo viele als möglich auf-
zunehmen. Auch gelingt es wohl, ſie mit einer durch Speck geköderten Angel von ihren Ruheſitzen
wegzulocken und zu fangen. Jhr kräftiges Gebiß deutet auf ihre räuberiſche Natur; Bennett fand
jedoch in ihrem Magen nur Kruſter und kleine Muſcheln. Nachdem ſie eine Beute erlangt, kehren
ſie wieder zu dem alten Platze zurück und hängen einen Augenblick ſpäter ebenſo feſt als früher. An
einem gefangenen Haie haften ſie gewöhnlich nur ſo lange, als der Theil, an welchem ſie ſich befeſtigt,
noch im Waſſer liegt, laſſen, wenn der Fiſch emporgewunden wird, los und kleben ſich an das
Schiff; Kittlitz beobachtete aber auch das Gegentheil und erbeutete mehrere von ihnen, welche „auch
in der Luft ſo feſt auf ihrem Platze (am gefangenen Haie) blieben, daß ſie mit Gewalt abgeriſſen
werden mußten“.

Ueber ihre Fortpflanzung weiß man noch nichts Beſtimmtes; Bennett erwähnt nur, daß man
glaube, ſie brächten lebende Junge zur Welt.

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[578/0614] Die Stachelfloſſer. Schiffshalter. Schleimfiſche. ſcheinlich gewährt ihre rauhe Haut den Schiffshaltern einen ſichern Anhalt, und ihre Beweglichkeit dieſen Gelegenheit, immer in neuem Waſſer zu fiſchen. Mit den Haien und mit den Schiffen durch- wandern ſie weite Strecken des Meeres, und wie bei den Leitfiſchen geſchieht es, daß ſie in ihnen eigentlich fremde Meerestheile verſchleppt werden. So zählt man den Schiffshalter aus dem Mittelmeere unter den Fiſchen Englands mit auf, weil er in den britiſchen Meeren wiederholt von Schiffen und Haien eingeſchleppt worden iſt, und ſo nur läßt ſich ihre außerordentlich weite Ver- breitung erklären. Die Urſache, weshalb ſie ſich an Schiffen und Haien feſtſetzen, iſt übrigens noch keineswegs genügend erklärt. Daß ſie ſich anſaugen, läßt ſich begreifen, weil alle Thiere, wie ich ſchon wiederholt bemerkte, von ihren Begabungen den richtigen Gebrauch zu machen wiſſen; warum ſie ſich aber an beweglichen Gegenſtänden ankleben, iſt ſchwer zu ſagen: denn die Annahme, daß ſie es in der Abſicht thun, ihrer Unfertigkeit im Schwimmen Nachhilfe zu leiſten, muß erſt noch bewieſen werden. Wahrſcheinlich iſt dieſe Annahme allerdings: „während der obere Theil des Kopfes“, ſagt Kittlitz, „ſich anklammert, behalten die Kinnladen Spielraum genug, nach den kleinen Gegen- ſtänden ihrer Nahrung, die da unten vorbeiſchwimmen, mit Erfolg zu ſchnappen. Dabei kommt ihnen die Bildung dieſer Kinnladen zu Statten. Der ganze Fiſchkörper hat ein gewiſſermaßen verkehrtes Anſehn: der Bauch ſieht aus, wie der Rücken bei anderen Fiſchen, er iſt nicht nur erhabener, ſondern auch dunkler gefärbt als der Oberleib, welcher ſtets an andere Gegenſtände ſich anzuſchmiegen pflegt. Dieſer Trieb geht ſoweit, daß man, ſo lange das Thier lebt, nicht leicht etwas von ſeinem Oberkörper zu ſehen bekommt, weil es ſich überall gleich anſaugt, ſo z. B. auf dem Boden eines Tellers mit Seewaſſer, wo es an der glatten Fläche ſich immer noch ziemlich feſthält und ſo, ganz umgekehrt, ruhig liegen bleibt.“ Jn dieſer Stellung ſcheinen die Schiffshalter „vielleicht mit wenigen Unterbrechungen, ihr ganzes Leben hinzubringen. Die Kraft ihres Saug- werkzeuges iſt ſo groß, daß ſelbſt die todten Fiſche noch ziemlich feſt an allerlei Gegenſtänden hängen bleiben“. Art und Weiſe ihrer Befeſtigung iſt leicht erklärt. Jhre Saugſcheibe wirkt wie ein Schröpfkopf. Sie drücken die vielen Blättchen an dem Rande nieder, preſſen die nun ebene Fläche feſt an die, welche zum Anheften dienen ſoll, erheben die einzelnen Querblätter wieder und bilden ſo einen luftleeren Raum, welcher nunmehr den vollen Druck des Waſſers zur Geltung kommen läßt. Als Saugſcheibe im eigentlichen Sinne des Wortes wirkt alſo ihr Kopfſchild nicht, obſchon ganz ähnlich. Jhre Schwimmfertigkeit iſt nicht ſo unbedeutend, als man vielleicht annehmen möchte, obgleich ihre Bewegungen den Anſchein der Schwerfälligkeit und Ungeſchicklichkeit haben, auch aus- ſchließlich mittels der Schwanzfloſſe bewerkſtelligt werden. Man ſieht ſie zuweilen neben oder vor dem Haie ſchwimmen, oder, wenn ſie an Schiffen ſich angehängt haben, dieſe verhältnißmäßig raſch und gewandt umſpielen. Zu verkennen ſind ſie nicht; denn auch im Schwimmen ſehen ſie aus, als ob ſie den Bauch nach oben gerichtet hätten, laſſen ſich alſo leicht von anderen Fiſchen unterſcheiden. Wenn der Koch eines Fahrzeuges das Spülicht in die See gießt und das Waſſer trübt, verlaſſen ſie zu Dutzenden und mehr die Schiffswände, an denen ſie ſich feſtgeſaugt, ſchlängeln ſich mit aalartiger Beweglichkeit raſch durch die Wellen und verſuchen von den fettigen Bläschen ſo viele als möglich auf- zunehmen. Auch gelingt es wohl, ſie mit einer durch Speck geköderten Angel von ihren Ruheſitzen wegzulocken und zu fangen. Jhr kräftiges Gebiß deutet auf ihre räuberiſche Natur; Bennett fand jedoch in ihrem Magen nur Kruſter und kleine Muſcheln. Nachdem ſie eine Beute erlangt, kehren ſie wieder zu dem alten Platze zurück und hängen einen Augenblick ſpäter ebenſo feſt als früher. An einem gefangenen Haie haften ſie gewöhnlich nur ſo lange, als der Theil, an welchem ſie ſich befeſtigt, noch im Waſſer liegt, laſſen, wenn der Fiſch emporgewunden wird, los und kleben ſich an das Schiff; Kittlitz beobachtete aber auch das Gegentheil und erbeutete mehrere von ihnen, welche „auch in der Luft ſo feſt auf ihrem Platze (am gefangenen Haie) blieben, daß ſie mit Gewalt abgeriſſen werden mußten“. Ueber ihre Fortpflanzung weiß man noch nichts Beſtimmtes; Bennett erwähnt nur, daß man glaube, ſie brächten lebende Junge zur Welt.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/614>, abgerufen am 23.12.2024.