Rücken- und Afterflosse sind neun bis elf Mal gebändert und, wie der ganze übrige Leib, außerdem dunkel gepunktet. Jn der Rückenflosse befinden sich 74, in der Brustflosse 20, in der Afterflosse 46, in der Schwanzflosse 16 Strahlen.
Schon im nördlichen Schottland gehört der Seewolf nicht eben zu den Seltenheiten, an den deutschen, dänischen und norwegischen Küsten findet er sich hier und da, um Jsland, an der grön- ländischen und lappländischen Küste ist er gemein, verbreitet sich auch von hier aus durch die Behrings- straße bis in den nördlichen Theil des stillen Meeres. Nach Art seiner Familienverwandten hält er sich auf dem Boden, am Liebsten auf felsigem Grunde auf, hier in Felsspalten auf Beute lauernd oder solche von den Felsen abreißend. Der Haupttheil seiner Nahrung besteht nämlich in Krustern und Muscheln, deren Panzer und Schalen sein fürchterliches Gebiß ohne Mühe zertrümmert. Wahr- scheinlich stellt er übrigens auch verschiedenen Fischen nach; denn er schwimmt, obschon mit schlängelnder
[Abbildung]
Der Seewolf (Anarrhichas lupus). Nat. Größe 6--7 Fuß.
Bewegung, immerhin schnell genug, um den einen oder anderen seiner Klassenverwandten einzuholen. Während des Winters lebt er in den tieferen Gründen des Meeres; im Mai oder Juni nähert er sich den flacheren Küsten, um zu laichen. Einige Monate später sicht man seine grünlich gefärbten Jungen in ziemlicher Anzahl zwischen den Seetangen.
Es ist nicht das fürchterliche Gebiß, welches dem Seewolf seinen Namen verschafft hat, sondern die ingrimmige Wuth, welche er an den Tag legt, sobald er sich bedroht sieht. Der Ausdruck der Augen hat etwas Tückisches, und das Wesen entspricht dem Anscheine. Gefangen, geberdet sich dieser Fisch wie rasend, tobt in den Netzen umher, versucht, sie zu zerreißen und beißt mit schlangenartiger Gewandtheit nach jedem Gegenstande, welcher ihm vorgehalten wird. Die Fischer nehmen sich wohl in Acht, ihn mit den Händen zu fassen, sondern greifen, sobald sie merken, daß sich eines dieser bitterbösen Thiere gefangen, sofort zum Ruder oder zum Handspieße, um es so rasch als möglich vom Leben zum Tode zu bringen. Entgegengesetzten Falls zappelt der Seewolf noch halbe Tage lang im Boote umher; denn auch er kann ohne Schaden lange Zeit außerhalb des Wassers verweilen und behält seine Wuth, so lange er lebt.
Aalmutter. Seewolf.
Rücken- und Afterfloſſe ſind neun bis elf Mal gebändert und, wie der ganze übrige Leib, außerdem dunkel gepunktet. Jn der Rückenfloſſe befinden ſich 74, in der Bruſtfloſſe 20, in der Afterfloſſe 46, in der Schwanzfloſſe 16 Strahlen.
Schon im nördlichen Schottland gehört der Seewolf nicht eben zu den Seltenheiten, an den deutſchen, däniſchen und norwegiſchen Küſten findet er ſich hier und da, um Jsland, an der grön- ländiſchen und lappländiſchen Küſte iſt er gemein, verbreitet ſich auch von hier aus durch die Behrings- ſtraße bis in den nördlichen Theil des ſtillen Meeres. Nach Art ſeiner Familienverwandten hält er ſich auf dem Boden, am Liebſten auf felſigem Grunde auf, hier in Felsſpalten auf Beute lauernd oder ſolche von den Felſen abreißend. Der Haupttheil ſeiner Nahrung beſteht nämlich in Kruſtern und Muſcheln, deren Panzer und Schalen ſein fürchterliches Gebiß ohne Mühe zertrümmert. Wahr- ſcheinlich ſtellt er übrigens auch verſchiedenen Fiſchen nach; denn er ſchwimmt, obſchon mit ſchlängelnder
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Der Seewolf (Anarrhichas lupus). Nat. Größe 6—7 Fuß.
Bewegung, immerhin ſchnell genug, um den einen oder anderen ſeiner Klaſſenverwandten einzuholen. Während des Winters lebt er in den tieferen Gründen des Meeres; im Mai oder Juni nähert er ſich den flacheren Küſten, um zu laichen. Einige Monate ſpäter ſicht man ſeine grünlich gefärbten Jungen in ziemlicher Anzahl zwiſchen den Seetangen.
Es iſt nicht das fürchterliche Gebiß, welches dem Seewolf ſeinen Namen verſchafft hat, ſondern die ingrimmige Wuth, welche er an den Tag legt, ſobald er ſich bedroht ſieht. Der Ausdruck der Augen hat etwas Tückiſches, und das Weſen entſpricht dem Anſcheine. Gefangen, geberdet ſich dieſer Fiſch wie raſend, tobt in den Netzen umher, verſucht, ſie zu zerreißen und beißt mit ſchlangenartiger Gewandtheit nach jedem Gegenſtande, welcher ihm vorgehalten wird. Die Fiſcher nehmen ſich wohl in Acht, ihn mit den Händen zu faſſen, ſondern greifen, ſobald ſie merken, daß ſich eines dieſer bitterböſen Thiere gefangen, ſofort zum Ruder oder zum Handſpieße, um es ſo raſch als möglich vom Leben zum Tode zu bringen. Entgegengeſetzten Falls zappelt der Seewolf noch halbe Tage lang im Boote umher; denn auch er kann ohne Schaden lange Zeit außerhalb des Waſſers verweilen und behält ſeine Wuth, ſo lange er lebt.
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Aalmutter. Seewolf.
Rücken- und Afterfloſſe ſind neun bis elf Mal gebändert und, wie der ganze übrige Leib, außerdem
dunkel gepunktet. Jn der Rückenfloſſe befinden ſich 74, in der Bruſtfloſſe 20, in der Afterfloſſe 46,
in der Schwanzfloſſe 16 Strahlen.
Schon im nördlichen Schottland gehört der Seewolf nicht eben zu den Seltenheiten, an den
deutſchen, däniſchen und norwegiſchen Küſten findet er ſich hier und da, um Jsland, an der grön-
ländiſchen und lappländiſchen Küſte iſt er gemein, verbreitet ſich auch von hier aus durch die Behrings-
ſtraße bis in den nördlichen Theil des ſtillen Meeres. Nach Art ſeiner Familienverwandten hält er
ſich auf dem Boden, am Liebſten auf felſigem Grunde auf, hier in Felsſpalten auf Beute lauernd
oder ſolche von den Felſen abreißend. Der Haupttheil ſeiner Nahrung beſteht nämlich in Kruſtern
und Muſcheln, deren Panzer und Schalen ſein fürchterliches Gebiß ohne Mühe zertrümmert. Wahr-
ſcheinlich ſtellt er übrigens auch verſchiedenen Fiſchen nach; denn er ſchwimmt, obſchon mit ſchlängelnder
[Abbildung Der Seewolf (Anarrhichas lupus). Nat. Größe 6—7 Fuß.]
Bewegung, immerhin ſchnell genug, um den einen oder anderen ſeiner Klaſſenverwandten einzuholen.
Während des Winters lebt er in den tieferen Gründen des Meeres; im Mai oder Juni nähert er ſich
den flacheren Küſten, um zu laichen. Einige Monate ſpäter ſicht man ſeine grünlich gefärbten
Jungen in ziemlicher Anzahl zwiſchen den Seetangen.
Es iſt nicht das fürchterliche Gebiß, welches dem Seewolf ſeinen Namen verſchafft hat, ſondern
die ingrimmige Wuth, welche er an den Tag legt, ſobald er ſich bedroht ſieht. Der Ausdruck der
Augen hat etwas Tückiſches, und das Weſen entſpricht dem Anſcheine. Gefangen, geberdet ſich dieſer
Fiſch wie raſend, tobt in den Netzen umher, verſucht, ſie zu zerreißen und beißt mit ſchlangenartiger
Gewandtheit nach jedem Gegenſtande, welcher ihm vorgehalten wird. Die Fiſcher nehmen ſich
wohl in Acht, ihn mit den Händen zu faſſen, ſondern greifen, ſobald ſie merken, daß ſich eines dieſer
bitterböſen Thiere gefangen, ſofort zum Ruder oder zum Handſpieße, um es ſo raſch als möglich
vom Leben zum Tode zu bringen. Entgegengeſetzten Falls zappelt der Seewolf noch halbe Tage lang
im Boote umher; denn auch er kann ohne Schaden lange Zeit außerhalb des Waſſers verweilen und
behält ſeine Wuth, ſo lange er lebt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/621>, abgerufen am 23.12.2024.
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