erhalten haben; ein ähnliches Sinken steht ihr jedoch gewiß noch bevor; denn auch in Spanien dämmert der Tag einer geistigen Erhebung, so eifrig und rücksichtslos die dortigen Seelenhirten sich bemühen, den Wahn in den Köpfen ihrer Schafe noch zu erhalten, so entschlossen und thatkräftig sie jedem Fortschritte der Bildung entgegentreten.
Jn anderer Hinsicht wird sich der Fang des Kabeljau und seiner Verwandten aber auch wiederum heben und verallgemeinern. Man wird beispielsweise auch an unseren deutschen Küsten mit denselben Booten, welche die Engländer und Holländer schon seit Jahren benutzen, zum Fischfange in See gehen, die erbeuteten Kabeljaus oder Dorsche in dem durchlöcherten, mit Wasser gefüllten Mittelraume des Schiffes aufbewahren, lebend bis in den Hafen führen und vonhieraus rasch in das Jnnere des Landes versenden, um den Binnenbewohnern jederzeit ein treffliches und billiges Nahrungsmittel zu bieten. Denn ebenso schlecht als Stock- oder Klippfisch, so schmackhaft ist das Fleisch des Kabeljau, dieses auf allen Fischmärkten der Seestädte so geschätzten und beliebten Fisches.
Yarrell erzählt, daß man in verschiedenen Theilen Schottlands gefangene Kabeljaus längere Zeit in Salzwasserteichen gehalten und gute Erfolge erzielt habe. Während der Fischerei brachte man nach und nach diejenigen Gefangenen, welche nicht zu sehr verletzt waren, in die betreffenden Becken, fütterte sie hier mit allerlei Muscheln und Schalthieren und gewöhnte sie bald so an den engen Raum, daß sie sich anscheinend sehr wohl befanden, Zeit und Stunde der Fütterung kennen lernten und ihre hungerigen Mäuler aus dem Wasser streckten, wenn der Wärter sich nahete. Einer dieser Gefangenen soll zwölf Jahre in gedachtem Teiche ausgehalten haben.
Der Schellfisch (Morrhua aeglefinus) unterscheidet sich vom Kabeljau durch geringere Größe, gestrecktere Gestalt und spitzigere erste Rückenflosse, sowie durch die Färbung. Seine Länge beträgt 11/2 bis 2 Fuß; das Gewicht kann bis 16 Pfund erreichen. Die Färbung des Rückens ist bräunlich, die der Seiten silbergrau; die Seitenlinie und ein Flecken zwischen Brustflosse und erster Rückenflosse sehen schwarz aus. Die erste Rückenflosse spannen 15, die zweite 21, die dritte 19, die Brustflosse 18, die Bauchflosse 6, die erste Afterflosse 24, die zweite 18, die Schwanzflosse 25 Strahlen.
Jn der Nordsee ist der Schellfisch nirgends selten, in den meisten Gegenden sogar sehr häufig, demgemäß für die Fischerei von bedeutendem Werthe. Er vereinigt sich zu unschätzbaren Haufen und scheint beständig auf der Wanderung zu sein, weil er, wie die Vierfüßler einen Theil des Landes, einen gewissen Meergrund vollständig leeren, d. h. alle auf ihm festsitzenden, für ihn geeigneten Schal- und Weichthiere aufzehren und die kleinen Fische, welche nächst diesen seine Nahrung bilden, verscheuchen kann. Gewöhnlich nähert er sich der Küste höchstens bis auf eine Meile Entfernung; im Februar und März, seiner Laichzeit, aber besucht er auch die Gewässer hart am Strande und wird dann in großer Anzahl gefangen. Auf den Fischmärkten Norddeutschlands, Westjütlands, Nor- wegens, Großbritanniens, Hollands und Nordwestfrankreichs fehlt er nie; in der Ostsee wird er nicht gefunden. Zu seinem Fange gebraucht man in der Nordsee ebenfalls hauptsächlich die Grundleine und die Handangel, ausnahmsweise auch große Schleppnetze; im grönländischen Meere hingegen soll man ihn mit leichter Mühe fangen, wenn man Wuhnen ins Eis haut, weil er diese aufsucht, um in dem lufthaltigeren Wasser zu athmen. Das Fleisch ist weiß, derb, schmackhaft und leicht verdaulich, wird daher auch dem des Kabeljau überall vorgezogen. Zur Stockfischbereitung eignet es sich weniger als das dieses Verwandten, wohl aber zum Einsalzen.
Jn den schon vorher erwähnten schottischen Seewasserteichen bemerkte man, daß sich die Schell- fische vor den übrigen durch Zahmheit auszeichneten, bald mit ihrem Wärter befreundeten und schließlich ihm vorgehaltene Nahrung aus der Hand nahmen.
Abgesehen von dem Blins (Morrhua lusca), einem dem Schellfisch ähnelnden, durch gedrungenen Bau, die schmalen und langen Flossen und die Färbung unterschiedenen Sippschafts- verwandten, welcher in der Nordsee und im Eismeere häufig vorkommt und auch die Ostsee besucht,
Die Weichfloſſer. Schellfiſche.
erhalten haben; ein ähnliches Sinken ſteht ihr jedoch gewiß noch bevor; denn auch in Spanien dämmert der Tag einer geiſtigen Erhebung, ſo eifrig und rückſichtslos die dortigen Seelenhirten ſich bemühen, den Wahn in den Köpfen ihrer Schafe noch zu erhalten, ſo entſchloſſen und thatkräftig ſie jedem Fortſchritte der Bildung entgegentreten.
Jn anderer Hinſicht wird ſich der Fang des Kabeljau und ſeiner Verwandten aber auch wiederum heben und verallgemeinern. Man wird beiſpielsweiſe auch an unſeren deutſchen Küſten mit denſelben Booten, welche die Engländer und Holländer ſchon ſeit Jahren benutzen, zum Fiſchfange in See gehen, die erbeuteten Kabeljaus oder Dorſche in dem durchlöcherten, mit Waſſer gefüllten Mittelraume des Schiffes aufbewahren, lebend bis in den Hafen führen und vonhieraus raſch in das Jnnere des Landes verſenden, um den Binnenbewohnern jederzeit ein treffliches und billiges Nahrungsmittel zu bieten. Denn ebenſo ſchlecht als Stock- oder Klippfiſch, ſo ſchmackhaft iſt das Fleiſch des Kabeljau, dieſes auf allen Fiſchmärkten der Seeſtädte ſo geſchätzten und beliebten Fiſches.
Yarrell erzählt, daß man in verſchiedenen Theilen Schottlands gefangene Kabeljaus längere Zeit in Salzwaſſerteichen gehalten und gute Erfolge erzielt habe. Während der Fiſcherei brachte man nach und nach diejenigen Gefangenen, welche nicht zu ſehr verletzt waren, in die betreffenden Becken, fütterte ſie hier mit allerlei Muſcheln und Schalthieren und gewöhnte ſie bald ſo an den engen Raum, daß ſie ſich anſcheinend ſehr wohl befanden, Zeit und Stunde der Fütterung kennen lernten und ihre hungerigen Mäuler aus dem Waſſer ſtreckten, wenn der Wärter ſich nahete. Einer dieſer Gefangenen ſoll zwölf Jahre in gedachtem Teiche ausgehalten haben.
Der Schellfiſch (Morrhua aeglefinus) unterſcheidet ſich vom Kabeljau durch geringere Größe, geſtrecktere Geſtalt und ſpitzigere erſte Rückenfloſſe, ſowie durch die Färbung. Seine Länge beträgt 1½ bis 2 Fuß; das Gewicht kann bis 16 Pfund erreichen. Die Färbung des Rückens iſt bräunlich, die der Seiten ſilbergrau; die Seitenlinie und ein Flecken zwiſchen Bruſtfloſſe und erſter Rückenfloſſe ſehen ſchwarz aus. Die erſte Rückenfloſſe ſpannen 15, die zweite 21, die dritte 19, die Bruſtfloſſe 18, die Bauchfloſſe 6, die erſte Afterfloſſe 24, die zweite 18, die Schwanzfloſſe 25 Strahlen.
Jn der Nordſee iſt der Schellfiſch nirgends ſelten, in den meiſten Gegenden ſogar ſehr häufig, demgemäß für die Fiſcherei von bedeutendem Werthe. Er vereinigt ſich zu unſchätzbaren Haufen und ſcheint beſtändig auf der Wanderung zu ſein, weil er, wie die Vierfüßler einen Theil des Landes, einen gewiſſen Meergrund vollſtändig leeren, d. h. alle auf ihm feſtſitzenden, für ihn geeigneten Schal- und Weichthiere aufzehren und die kleinen Fiſche, welche nächſt dieſen ſeine Nahrung bilden, verſcheuchen kann. Gewöhnlich nähert er ſich der Küſte höchſtens bis auf eine Meile Entfernung; im Februar und März, ſeiner Laichzeit, aber beſucht er auch die Gewäſſer hart am Strande und wird dann in großer Anzahl gefangen. Auf den Fiſchmärkten Norddeutſchlands, Weſtjütlands, Nor- wegens, Großbritanniens, Hollands und Nordweſtfrankreichs fehlt er nie; in der Oſtſee wird er nicht gefunden. Zu ſeinem Fange gebraucht man in der Nordſee ebenfalls hauptſächlich die Grundleine und die Handangel, ausnahmsweiſe auch große Schleppnetze; im grönländiſchen Meere hingegen ſoll man ihn mit leichter Mühe fangen, wenn man Wuhnen ins Eis haut, weil er dieſe aufſucht, um in dem lufthaltigeren Waſſer zu athmen. Das Fleiſch iſt weiß, derb, ſchmackhaft und leicht verdaulich, wird daher auch dem des Kabeljau überall vorgezogen. Zur Stockfiſchbereitung eignet es ſich weniger als das dieſes Verwandten, wohl aber zum Einſalzen.
Jn den ſchon vorher erwähnten ſchottiſchen Seewaſſerteichen bemerkte man, daß ſich die Schell- fiſche vor den übrigen durch Zahmheit auszeichneten, bald mit ihrem Wärter befreundeten und ſchließlich ihm vorgehaltene Nahrung aus der Hand nahmen.
Abgeſehen von dem Blins (Morrhua lusca), einem dem Schellfiſch ähnelnden, durch gedrungenen Bau, die ſchmalen und langen Floſſen und die Färbung unterſchiedenen Sippſchafts- verwandten, welcher in der Nordſee und im Eismeere häufig vorkommt und auch die Oſtſee beſucht,
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[598/0634]
Die Weichfloſſer. Schellfiſche.
erhalten haben; ein ähnliches Sinken ſteht ihr jedoch gewiß noch bevor; denn auch in Spanien
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bemühen, den Wahn in den Köpfen ihrer Schafe noch zu erhalten, ſo entſchloſſen und thatkräftig ſie
jedem Fortſchritte der Bildung entgegentreten.
Jn anderer Hinſicht wird ſich der Fang des Kabeljau und ſeiner Verwandten aber auch
wiederum heben und verallgemeinern. Man wird beiſpielsweiſe auch an unſeren deutſchen Küſten
mit denſelben Booten, welche die Engländer und Holländer ſchon ſeit Jahren benutzen, zum Fiſchfange
in See gehen, die erbeuteten Kabeljaus oder Dorſche in dem durchlöcherten, mit Waſſer gefüllten
Mittelraume des Schiffes aufbewahren, lebend bis in den Hafen führen und vonhieraus raſch in das
Jnnere des Landes verſenden, um den Binnenbewohnern jederzeit ein treffliches und billiges
Nahrungsmittel zu bieten. Denn ebenſo ſchlecht als Stock- oder Klippfiſch, ſo ſchmackhaft iſt das
Fleiſch des Kabeljau, dieſes auf allen Fiſchmärkten der Seeſtädte ſo geſchätzten und beliebten Fiſches.
Yarrell erzählt, daß man in verſchiedenen Theilen Schottlands gefangene Kabeljaus längere
Zeit in Salzwaſſerteichen gehalten und gute Erfolge erzielt habe. Während der Fiſcherei brachte
man nach und nach diejenigen Gefangenen, welche nicht zu ſehr verletzt waren, in die betreffenden
Becken, fütterte ſie hier mit allerlei Muſcheln und Schalthieren und gewöhnte ſie bald ſo an den
engen Raum, daß ſie ſich anſcheinend ſehr wohl befanden, Zeit und Stunde der Fütterung kennen
lernten und ihre hungerigen Mäuler aus dem Waſſer ſtreckten, wenn der Wärter ſich nahete. Einer
dieſer Gefangenen ſoll zwölf Jahre in gedachtem Teiche ausgehalten haben.
Der Schellfiſch (Morrhua aeglefinus) unterſcheidet ſich vom Kabeljau durch geringere Größe,
geſtrecktere Geſtalt und ſpitzigere erſte Rückenfloſſe, ſowie durch die Färbung. Seine Länge beträgt
1½ bis 2 Fuß; das Gewicht kann bis 16 Pfund erreichen. Die Färbung des Rückens iſt bräunlich,
die der Seiten ſilbergrau; die Seitenlinie und ein Flecken zwiſchen Bruſtfloſſe und erſter Rückenfloſſe
ſehen ſchwarz aus. Die erſte Rückenfloſſe ſpannen 15, die zweite 21, die dritte 19, die Bruſtfloſſe
18, die Bauchfloſſe 6, die erſte Afterfloſſe 24, die zweite 18, die Schwanzfloſſe 25 Strahlen.
Jn der Nordſee iſt der Schellfiſch nirgends ſelten, in den meiſten Gegenden ſogar ſehr häufig,
demgemäß für die Fiſcherei von bedeutendem Werthe. Er vereinigt ſich zu unſchätzbaren Haufen
und ſcheint beſtändig auf der Wanderung zu ſein, weil er, wie die Vierfüßler einen Theil des Landes,
einen gewiſſen Meergrund vollſtändig leeren, d. h. alle auf ihm feſtſitzenden, für ihn geeigneten
Schal- und Weichthiere aufzehren und die kleinen Fiſche, welche nächſt dieſen ſeine Nahrung bilden,
verſcheuchen kann. Gewöhnlich nähert er ſich der Küſte höchſtens bis auf eine Meile Entfernung;
im Februar und März, ſeiner Laichzeit, aber beſucht er auch die Gewäſſer hart am Strande und wird
dann in großer Anzahl gefangen. Auf den Fiſchmärkten Norddeutſchlands, Weſtjütlands, Nor-
wegens, Großbritanniens, Hollands und Nordweſtfrankreichs fehlt er nie; in der Oſtſee wird
er nicht gefunden. Zu ſeinem Fange gebraucht man in der Nordſee ebenfalls hauptſächlich die
Grundleine und die Handangel, ausnahmsweiſe auch große Schleppnetze; im grönländiſchen Meere
hingegen ſoll man ihn mit leichter Mühe fangen, wenn man Wuhnen ins Eis haut, weil er dieſe
aufſucht, um in dem lufthaltigeren Waſſer zu athmen. Das Fleiſch iſt weiß, derb, ſchmackhaft und
leicht verdaulich, wird daher auch dem des Kabeljau überall vorgezogen. Zur Stockfiſchbereitung
eignet es ſich weniger als das dieſes Verwandten, wohl aber zum Einſalzen.
Jn den ſchon vorher erwähnten ſchottiſchen Seewaſſerteichen bemerkte man, daß ſich die Schell-
fiſche vor den übrigen durch Zahmheit auszeichneten, bald mit ihrem Wärter befreundeten und
ſchließlich ihm vorgehaltene Nahrung aus der Hand nahmen.
Abgeſehen von dem Blins (Morrhua lusca), einem dem Schellfiſch ähnelnden, durch
gedrungenen Bau, die ſchmalen und langen Floſſen und die Färbung unterſchiedenen Sippſchafts-
verwandten, welcher in der Nordſee und im Eismeere häufig vorkommt und auch die Oſtſee beſucht,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/634>, abgerufen am 23.12.2024.
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