schnur manchmal drei, vier oder fünf dieser großen Fische mit einem Male herauszieht und ein einziger genügt, eine Tonne und mehr zu füllen.
Würde unsere Fischerei minder arg vernachlässigt, als es leider noch geschieht; hätte man Sinn und Verständniß für den Versandt nach dem Jnnern Deutschlands; wollte man sich versuchsweise nur entschließen, in allen größeren Städten Verkaufsplätze für Seefische zu errichten: auch wir würden den Segen solchen Reichthums bald wahrnehmen, während gegenwärtig Flachfische selbst in unseren größten Städten mit schwerem Gelde aufgewogen werden müssen, weil die Kurzsichtigkeit der Eisen- bahnverwaltungen den Versandt erschwert, die allgemeine Unkenntniß der Habsucht des Einzelnen freien Spielraum läßt.
Der Fang auf Flachfische wird in sehr verschiedener Weise betrieben, je nach Oertlichkeit, Häufigkeit und auch nach Art der Fische. An die Jagd der Wilden erinnert das hier und da gebräuchliche Verfahren, während der Ebbe mit bloßen Füßen die mit Wasser angefüllten Lachen des Strandes zu durchwaten, die erfühlten Fische mit dem Fuße niederzutreten und dann einzusammeln. An günstigen Stellen der Küste wird auf diesem einfachen Wege oft reiche Beute gewonnen. Ergiebiger ist eine andere Fangart, das Schollenstechen. Sie beruht darin, daß der Fischer vom Boote aus bei stillem Meere den überfluteten Grund absucht und die erspähten Flachsische mit einer Lanze anspießt oder auf sie ein mit Blei beschwertes, vielspitziges Werkzeug schleudert, welches er dann mit dem Fische an einer Leine wieder herauf zieht. Auf ebenem Grunde wendet man am Liebsten ein besonders gebautes Schleppnetz, in tiefem Wasser endlich die Angel oder die Grundleine an.
Vielfache Beobachtungen und Versuche, welche man angestellt, haben ergeben, daß sich Flach- fische im süßen Wasser trefflich halten. Sie lebend zu versenden, verursacht nicht die geringsten Schwierigkeiten; denn ihre Lebenszähigkeit ist außerordentlich groß. Die Meinung Siebold's, daß sich wenigstens der Flunder wohl bei uns in Teichen und Seen erziehen lassen werde, hat gewiß sehr viel für sich; ich theile nicht einmal das von gedachtem Forscher ausgesprochene Bedenken: der gefräßige Fisch werde in unseren Süßgewässern nicht genug Nahrung finden, da die in England angestellten Versuche äußerst günstig ausgefallen sind, die versetzten Fische also doch wohl anstatt der Muscheln und Würmer des Meeres anderweitig genügende Nahrung gefunden haben müssen. M'Culloch berichtet von Zungen, welche man mehrere Jahre lang in einem Gartenteiche gehalten hatte und behauptet, daß sie hier noch einmal so groß und fetter wurden als in der See. Ein anderer Fischer hat, nach Yarrell, über ein Jahrzehnt Zungen ins Süßwasser übergeführt; sie blieben in den Flüssen, gediehen vorzüglich, nahmen bedeutend zu an Gewicht und pflanzten sich fort. Die Angelegenheit verdient also gewiß die Berücksichtigung verständiger Fischzüchter oder doch Besitzer größerer Gewässer.
Jn engerem Gewahrsam halten sich die Flachfische so leicht als irgend ein anderer ihrer Klassen- verwandten, gewöhnen sich sehr bald an die Enge des Beckens, wählen sich einen bestimmten Stand, lernen, wie ich wenigstens annehme, ihren Pfleger und selbst die Futterzeit kennen und scheuen sich nicht, diesem die ihnen vorgehaltene Nahrung aus der Hand zu nehmen. Meine Empfehlung gerade dieser Fische für kleinere Aquarien hat ihre guten Gründe.
Einige Fische, welche man vormals hin- und herwarf, sieht man gegenwärtig als würdig an, eine Familie zu bilden. Die Sandaale(Ammodytae) sind langgestreckte, aalähnliche Fische ohne Bauchflossen und ohne Schwimmblase, mit sehr langer Rücken-, mittellanger After-, wohlentwickelter Schwanz- und kleiner Brustflosse.
Als Vertreter der einzigen Sippe dieser Familie führt man gewöhnlich den Tobiasfisch oder Sandaal(Ammodytes Tobianus) an: Tobiasfisch genannt, weil sich die kindische Gläubigkeit an
Die Weichfloſſer. Flachfiſche. Sandaale.
ſchnur manchmal drei, vier oder fünf dieſer großen Fiſche mit einem Male herauszieht und ein einziger genügt, eine Tonne und mehr zu füllen.
Würde unſere Fiſcherei minder arg vernachläſſigt, als es leider noch geſchieht; hätte man Sinn und Verſtändniß für den Verſandt nach dem Jnnern Deutſchlands; wollte man ſich verſuchsweiſe nur entſchließen, in allen größeren Städten Verkaufsplätze für Seefiſche zu errichten: auch wir würden den Segen ſolchen Reichthums bald wahrnehmen, während gegenwärtig Flachfiſche ſelbſt in unſeren größten Städten mit ſchwerem Gelde aufgewogen werden müſſen, weil die Kurzſichtigkeit der Eiſen- bahnverwaltungen den Verſandt erſchwert, die allgemeine Unkenntniß der Habſucht des Einzelnen freien Spielraum läßt.
Der Fang auf Flachfiſche wird in ſehr verſchiedener Weiſe betrieben, je nach Oertlichkeit, Häufigkeit und auch nach Art der Fiſche. An die Jagd der Wilden erinnert das hier und da gebräuchliche Verfahren, während der Ebbe mit bloßen Füßen die mit Waſſer angefüllten Lachen des Strandes zu durchwaten, die erfühlten Fiſche mit dem Fuße niederzutreten und dann einzuſammeln. An günſtigen Stellen der Küſte wird auf dieſem einfachen Wege oft reiche Beute gewonnen. Ergiebiger iſt eine andere Fangart, das Schollenſtechen. Sie beruht darin, daß der Fiſcher vom Boote aus bei ſtillem Meere den überfluteten Grund abſucht und die erſpähten Flachſiſche mit einer Lanze anſpießt oder auf ſie ein mit Blei beſchwertes, vielſpitziges Werkzeug ſchleudert, welches er dann mit dem Fiſche an einer Leine wieder herauf zieht. Auf ebenem Grunde wendet man am Liebſten ein beſonders gebautes Schleppnetz, in tiefem Waſſer endlich die Angel oder die Grundleine an.
Vielfache Beobachtungen und Verſuche, welche man angeſtellt, haben ergeben, daß ſich Flach- fiſche im ſüßen Waſſer trefflich halten. Sie lebend zu verſenden, verurſacht nicht die geringſten Schwierigkeiten; denn ihre Lebenszähigkeit iſt außerordentlich groß. Die Meinung Siebold’s, daß ſich wenigſtens der Flunder wohl bei uns in Teichen und Seen erziehen laſſen werde, hat gewiß ſehr viel für ſich; ich theile nicht einmal das von gedachtem Forſcher ausgeſprochene Bedenken: der gefräßige Fiſch werde in unſeren Süßgewäſſern nicht genug Nahrung finden, da die in England angeſtellten Verſuche äußerſt günſtig ausgefallen ſind, die verſetzten Fiſche alſo doch wohl anſtatt der Muſcheln und Würmer des Meeres anderweitig genügende Nahrung gefunden haben müſſen. M’Culloch berichtet von Zungen, welche man mehrere Jahre lang in einem Gartenteiche gehalten hatte und behauptet, daß ſie hier noch einmal ſo groß und fetter wurden als in der See. Ein anderer Fiſcher hat, nach Yarrell, über ein Jahrzehnt Zungen ins Süßwaſſer übergeführt; ſie blieben in den Flüſſen, gediehen vorzüglich, nahmen bedeutend zu an Gewicht und pflanzten ſich fort. Die Angelegenheit verdient alſo gewiß die Berückſichtigung verſtändiger Fiſchzüchter oder doch Beſitzer größerer Gewäſſer.
Jn engerem Gewahrſam halten ſich die Flachfiſche ſo leicht als irgend ein anderer ihrer Klaſſen- verwandten, gewöhnen ſich ſehr bald an die Enge des Beckens, wählen ſich einen beſtimmten Stand, lernen, wie ich wenigſtens annehme, ihren Pfleger und ſelbſt die Futterzeit kennen und ſcheuen ſich nicht, dieſem die ihnen vorgehaltene Nahrung aus der Hand zu nehmen. Meine Empfehlung gerade dieſer Fiſche für kleinere Aquarien hat ihre guten Gründe.
Einige Fiſche, welche man vormals hin- und herwarf, ſieht man gegenwärtig als würdig an, eine Familie zu bilden. Die Sandaale(Ammodytae) ſind langgeſtreckte, aalähnliche Fiſche ohne Bauchfloſſen und ohne Schwimmblaſe, mit ſehr langer Rücken-, mittellanger After-, wohlentwickelter Schwanz- und kleiner Bruſtfloſſe.
Als Vertreter der einzigen Sippe dieſer Familie führt man gewöhnlich den Tobiasfiſch oder Sandaal(Ammodytes Tobianus) an: Tobiasfiſch genannt, weil ſich die kindiſche Gläubigkeit an
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Die Weichfloſſer. Flachfiſche. Sandaale.
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Würde unſere Fiſcherei minder arg vernachläſſigt, als es leider noch geſchieht; hätte man Sinn
und Verſtändniß für den Verſandt nach dem Jnnern Deutſchlands; wollte man ſich verſuchsweiſe
nur entſchließen, in allen größeren Städten Verkaufsplätze für Seefiſche zu errichten: auch wir würden
den Segen ſolchen Reichthums bald wahrnehmen, während gegenwärtig Flachfiſche ſelbſt in unſeren
größten Städten mit ſchwerem Gelde aufgewogen werden müſſen, weil die Kurzſichtigkeit der Eiſen-
bahnverwaltungen den Verſandt erſchwert, die allgemeine Unkenntniß der Habſucht des Einzelnen
freien Spielraum läßt.
Der Fang auf Flachfiſche wird in ſehr verſchiedener Weiſe betrieben, je nach Oertlichkeit,
Häufigkeit und auch nach Art der Fiſche. An die Jagd der Wilden erinnert das hier und da
gebräuchliche Verfahren, während der Ebbe mit bloßen Füßen die mit Waſſer angefüllten Lachen des
Strandes zu durchwaten, die erfühlten Fiſche mit dem Fuße niederzutreten und dann einzuſammeln.
An günſtigen Stellen der Küſte wird auf dieſem einfachen Wege oft reiche Beute gewonnen.
Ergiebiger iſt eine andere Fangart, das Schollenſtechen. Sie beruht darin, daß der Fiſcher vom
Boote aus bei ſtillem Meere den überfluteten Grund abſucht und die erſpähten Flachſiſche mit einer
Lanze anſpießt oder auf ſie ein mit Blei beſchwertes, vielſpitziges Werkzeug ſchleudert, welches
er dann mit dem Fiſche an einer Leine wieder herauf zieht. Auf ebenem Grunde wendet man
am Liebſten ein beſonders gebautes Schleppnetz, in tiefem Waſſer endlich die Angel oder die
Grundleine an.
Vielfache Beobachtungen und Verſuche, welche man angeſtellt, haben ergeben, daß ſich Flach-
fiſche im ſüßen Waſſer trefflich halten. Sie lebend zu verſenden, verurſacht nicht die geringſten
Schwierigkeiten; denn ihre Lebenszähigkeit iſt außerordentlich groß. Die Meinung Siebold’s, daß
ſich wenigſtens der Flunder wohl bei uns in Teichen und Seen erziehen laſſen werde, hat gewiß ſehr
viel für ſich; ich theile nicht einmal das von gedachtem Forſcher ausgeſprochene Bedenken: der
gefräßige Fiſch werde in unſeren Süßgewäſſern nicht genug Nahrung finden, da die in England
angeſtellten Verſuche äußerſt günſtig ausgefallen ſind, die verſetzten Fiſche alſo doch wohl anſtatt der
Muſcheln und Würmer des Meeres anderweitig genügende Nahrung gefunden haben müſſen.
M’Culloch berichtet von Zungen, welche man mehrere Jahre lang in einem Gartenteiche gehalten
hatte und behauptet, daß ſie hier noch einmal ſo groß und fetter wurden als in der See. Ein anderer
Fiſcher hat, nach Yarrell, über ein Jahrzehnt Zungen ins Süßwaſſer übergeführt; ſie blieben in
den Flüſſen, gediehen vorzüglich, nahmen bedeutend zu an Gewicht und pflanzten ſich fort. Die
Angelegenheit verdient alſo gewiß die Berückſichtigung verſtändiger Fiſchzüchter oder doch Beſitzer
größerer Gewäſſer.
Jn engerem Gewahrſam halten ſich die Flachfiſche ſo leicht als irgend ein anderer ihrer Klaſſen-
verwandten, gewöhnen ſich ſehr bald an die Enge des Beckens, wählen ſich einen beſtimmten Stand,
lernen, wie ich wenigſtens annehme, ihren Pfleger und ſelbſt die Futterzeit kennen und ſcheuen ſich
nicht, dieſem die ihnen vorgehaltene Nahrung aus der Hand zu nehmen. Meine Empfehlung gerade
dieſer Fiſche für kleinere Aquarien hat ihre guten Gründe.
Einige Fiſche, welche man vormals hin- und herwarf, ſieht man gegenwärtig als würdig an, eine
Familie zu bilden. Die Sandaale (Ammodytae) ſind langgeſtreckte, aalähnliche Fiſche ohne
Bauchfloſſen und ohne Schwimmblaſe, mit ſehr langer Rücken-, mittellanger After-, wohlentwickelter
Schwanz- und kleiner Bruſtfloſſe.
Als Vertreter der einzigen Sippe dieſer Familie führt man gewöhnlich den Tobiasfiſch oder
Sandaal (Ammodytes Tobianus) an: Tobiasfiſch genannt, weil ſich die kindiſche Gläubigkeit an
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/652>, abgerufen am 22.12.2024.
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