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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Welse. Waller.
ungeschlachter, niemals mit Schuppen, sondern entweder mit nackter Haut oder mit Knochenschildern
bekleideter Leib, der große Kopf mit weitem Maule, in dem Oberkinnlade und Kieferknochen bis auf
Spuren verkümmert oder in Bärteln verlängert sind, die an Zahl, Stellung und Länge manchfach
abwechselnden Bartfäden, der aus drei Stücken bestehende Kiemendeckel, welchem der Unterdeckel fehlt
und die mit dem Gehörorgan durch Gehörknöchelchen verbundene Schwimmblase, der weite Schlund
und sackförmige Magen sind die Merkmale dieser Familie. Bei vielen Arten ist der erste Strahl
der Brustflosse sehr stark, gezähnelt und dergestalt auf dem Schulterknochen eingelenkt, daß ihn der
Fisch willkürlich bewegen, also dem Leibe nähern oder aufrichten und somit als kräftige, gefährliche
Verwundung hervorbringende Wasse benutzen kann; andere Arten besitzen außer der Rückenflosse eine
Fettflosse. Sehr eigenthümlich und hinsichtlich seiner Bedeutung noch unerklärt ist eine dicht hinter
und über der Wurzel der beiden Brustflossen eingesenkte enge Oeffnung, welche in einen sich weit
erstreckenden Hohlraum führt.

Die Welse, eine der zahlreichsten Familie unter den Edelfischen, bewohnen in großer Manch-
faltigkeit und Menge die Gewässer Amerikas, Asiens, Oceaniens und Afrikas, werden aber in
Europa nur durch eine einzige Art vertreten. Sie lieben ein ruhig fließendes oder stehendes Gewässer
mit schlammigem Grunde, fehlen jedoch auch rascher strömendem nicht und siedeln sich sogar in den
Gebirgsbächen an, ja, steigen hier ebenso hoch empor als irgend ein anderer Fisch. Dieser Verbreitung
entspricht der Aufenthalt. Während die einen am häufigsten in der Nähe der Strommündungen
gefunden werden, woselbst sie auf dem sandigen oder schlickigen Grunde liegen, bemerkt man andere
auf felsigem Boden, nach Art der Trüsche zwischen und unter Steinen versteckt, und während diese,
wie es scheint, blos in den Flüssen sich ansiedeln, herbergen jene nur in Binnenseen, andere aber bald
hier, bald dort. Die großen Arten sind ebenso schwerfällig in ihren Bewegungen als plump gebaut,
die kleineren im Gegentheile rasche und behende Fische, manche insofern vor anderen Klassenverwandten
bevorzugt, als sie trotz den Labyrinthfischen und Schlangenköpfen über feuchten, schlammigen und selbst
über trocknen Boden Reisen unternehmen, nöthigenfalls auch im Schlamme sich einwühlen und bis
zur Wiederkehr des Wassers hier verweilen. Alle ohne Ausnahme gehören zu den Naubfischen.
Die meisten liegen bewegungslos auf der Lauer, spielen mit ihren Bart- oder Fangfäden, locken so
andere Fische heran und schnappen im rechten Augenblicke zu; einzelne besitzen die Fähigkeit, elektrische
Schläge auszutheilen und damit ihre Opfer zu betäuben. Jhre Vermehrung scheint, obgleich die
Rogener eine bedeutende Anzahl von Eiern absetzen, verhältnißmäßig gering zu sein, das Wachsthum
der Jungen langsam vor sich zu gehen, unsere Fische dafür aber ein sehr hohes Alter zu erreichen.
Für den menschlichen Haushalt spielen sie bei uns keine bedeutsame Rolle, während sie in einzelnen
Gegenden Afrikas, Asiens und Amerikas zu den gemeinsten und geschätztesten Küchenfischen gehören.
Das Fleisch der jungen oder kleineren Welse ist allerdings vortrefflich, das der älteren hingegen
eigentlich nur für einen außereuropäischen Gaumen geeignet; es verlangt wenigstens erst sorgfältige
Zubereitung, bevor es genießbar wird.



Das Urbild der Familie, unser Wels (Silurus Glanis), Vertreter der Sippe der Waller, hat
mit einigen asiatischen Verwandten gemein: nackten Rumpf, kurze Rückenflosse ohne Stachelstrahlen,
sehr lange Afterflosse, ein weites Maul und in Binden gereihte, hechelförmige Zähne auf Zwischen-,
Unterkiefer und Pflugscharbeinen. "Dieß scheußliche Thier möcht ein teutscher Wallfisch genennt
werden. Jst ein sehr scheußlicher, grosser Fisch, hat ein scheußlich weit Maul vnd schlauch, grossen
Kopff, keine Zän, sondern allein rauhe Kynbacken, ist an der gantzen Gestalt nit vngleich einer
Trüschen, so grosse ding kleinen zu vergleichen sind, hat keine schüppen, sondern eine glatte schlüpfferige
Haut." Jn der That, schön oder wohlgestaltet kann man den Wels nicht nennen, und der Name
"deutscher Walfisch" ist auch nicht übel gewählt; denn der Wels oder Waller, Weller, Schaden,

Die Edelfiſche. Welſe. Waller.
ungeſchlachter, niemals mit Schuppen, ſondern entweder mit nackter Haut oder mit Knochenſchildern
bekleideter Leib, der große Kopf mit weitem Maule, in dem Oberkinnlade und Kieferknochen bis auf
Spuren verkümmert oder in Bärteln verlängert ſind, die an Zahl, Stellung und Länge manchfach
abwechſelnden Bartfäden, der aus drei Stücken beſtehende Kiemendeckel, welchem der Unterdeckel fehlt
und die mit dem Gehörorgan durch Gehörknöchelchen verbundene Schwimmblaſe, der weite Schlund
und ſackförmige Magen ſind die Merkmale dieſer Familie. Bei vielen Arten iſt der erſte Strahl
der Bruſtfloſſe ſehr ſtark, gezähnelt und dergeſtalt auf dem Schulterknochen eingelenkt, daß ihn der
Fiſch willkürlich bewegen, alſo dem Leibe nähern oder aufrichten und ſomit als kräftige, gefährliche
Verwundung hervorbringende Waſſe benutzen kann; andere Arten beſitzen außer der Rückenfloſſe eine
Fettfloſſe. Sehr eigenthümlich und hinſichtlich ſeiner Bedeutung noch unerklärt iſt eine dicht hinter
und über der Wurzel der beiden Bruſtfloſſen eingeſenkte enge Oeffnung, welche in einen ſich weit
erſtreckenden Hohlraum führt.

Die Welſe, eine der zahlreichſten Familie unter den Edelfiſchen, bewohnen in großer Manch-
faltigkeit und Menge die Gewäſſer Amerikas, Aſiens, Oceaniens und Afrikas, werden aber in
Europa nur durch eine einzige Art vertreten. Sie lieben ein ruhig fließendes oder ſtehendes Gewäſſer
mit ſchlammigem Grunde, fehlen jedoch auch raſcher ſtrömendem nicht und ſiedeln ſich ſogar in den
Gebirgsbächen an, ja, ſteigen hier ebenſo hoch empor als irgend ein anderer Fiſch. Dieſer Verbreitung
entſpricht der Aufenthalt. Während die einen am häufigſten in der Nähe der Strommündungen
gefunden werden, woſelbſt ſie auf dem ſandigen oder ſchlickigen Grunde liegen, bemerkt man andere
auf felſigem Boden, nach Art der Trüſche zwiſchen und unter Steinen verſteckt, und während dieſe,
wie es ſcheint, blos in den Flüſſen ſich anſiedeln, herbergen jene nur in Binnenſeen, andere aber bald
hier, bald dort. Die großen Arten ſind ebenſo ſchwerfällig in ihren Bewegungen als plump gebaut,
die kleineren im Gegentheile raſche und behende Fiſche, manche inſofern vor anderen Klaſſenverwandten
bevorzugt, als ſie trotz den Labyrinthfiſchen und Schlangenköpfen über feuchten, ſchlammigen und ſelbſt
über trocknen Boden Reiſen unternehmen, nöthigenfalls auch im Schlamme ſich einwühlen und bis
zur Wiederkehr des Waſſers hier verweilen. Alle ohne Ausnahme gehören zu den Naubfiſchen.
Die meiſten liegen bewegungslos auf der Lauer, ſpielen mit ihren Bart- oder Fangfäden, locken ſo
andere Fiſche heran und ſchnappen im rechten Augenblicke zu; einzelne beſitzen die Fähigkeit, elektriſche
Schläge auszutheilen und damit ihre Opfer zu betäuben. Jhre Vermehrung ſcheint, obgleich die
Rogener eine bedeutende Anzahl von Eiern abſetzen, verhältnißmäßig gering zu ſein, das Wachsthum
der Jungen langſam vor ſich zu gehen, unſere Fiſche dafür aber ein ſehr hohes Alter zu erreichen.
Für den menſchlichen Haushalt ſpielen ſie bei uns keine bedeutſame Rolle, während ſie in einzelnen
Gegenden Afrikas, Aſiens und Amerikas zu den gemeinſten und geſchätzteſten Küchenfiſchen gehören.
Das Fleiſch der jungen oder kleineren Welſe iſt allerdings vortrefflich, das der älteren hingegen
eigentlich nur für einen außereuropäiſchen Gaumen geeignet; es verlangt wenigſtens erſt ſorgfältige
Zubereitung, bevor es genießbar wird.



Das Urbild der Familie, unſer Wels (Silurus Glanis), Vertreter der Sippe der Waller, hat
mit einigen aſiatiſchen Verwandten gemein: nackten Rumpf, kurze Rückenfloſſe ohne Stachelſtrahlen,
ſehr lange Afterfloſſe, ein weites Maul und in Binden gereihte, hechelförmige Zähne auf Zwiſchen-,
Unterkiefer und Pflugſcharbeinen. „Dieß ſcheußliche Thier möcht ein teutſcher Wallfiſch genennt
werden. Jſt ein ſehr ſcheußlicher, groſſer Fiſch, hat ein ſcheußlich weit Maul vnd ſchlauch, groſſen
Kopff, keine Zän, ſondern allein rauhe Kynbacken, iſt an der gantzen Geſtalt nit vngleich einer
Trüſchen, ſo groſſe ding kleinen zu vergleichen ſind, hat keine ſchüppen, ſondern eine glatte ſchlüpfferige
Haut.“ Jn der That, ſchön oder wohlgeſtaltet kann man den Wels nicht nennen, und der Name
„deutſcher Walfiſch“ iſt auch nicht übel gewählt; denn der Wels oder Waller, Weller, Schaden,

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[630/0668] Die Edelfiſche. Welſe. Waller. ungeſchlachter, niemals mit Schuppen, ſondern entweder mit nackter Haut oder mit Knochenſchildern bekleideter Leib, der große Kopf mit weitem Maule, in dem Oberkinnlade und Kieferknochen bis auf Spuren verkümmert oder in Bärteln verlängert ſind, die an Zahl, Stellung und Länge manchfach abwechſelnden Bartfäden, der aus drei Stücken beſtehende Kiemendeckel, welchem der Unterdeckel fehlt und die mit dem Gehörorgan durch Gehörknöchelchen verbundene Schwimmblaſe, der weite Schlund und ſackförmige Magen ſind die Merkmale dieſer Familie. Bei vielen Arten iſt der erſte Strahl der Bruſtfloſſe ſehr ſtark, gezähnelt und dergeſtalt auf dem Schulterknochen eingelenkt, daß ihn der Fiſch willkürlich bewegen, alſo dem Leibe nähern oder aufrichten und ſomit als kräftige, gefährliche Verwundung hervorbringende Waſſe benutzen kann; andere Arten beſitzen außer der Rückenfloſſe eine Fettfloſſe. Sehr eigenthümlich und hinſichtlich ſeiner Bedeutung noch unerklärt iſt eine dicht hinter und über der Wurzel der beiden Bruſtfloſſen eingeſenkte enge Oeffnung, welche in einen ſich weit erſtreckenden Hohlraum führt. Die Welſe, eine der zahlreichſten Familie unter den Edelfiſchen, bewohnen in großer Manch- faltigkeit und Menge die Gewäſſer Amerikas, Aſiens, Oceaniens und Afrikas, werden aber in Europa nur durch eine einzige Art vertreten. Sie lieben ein ruhig fließendes oder ſtehendes Gewäſſer mit ſchlammigem Grunde, fehlen jedoch auch raſcher ſtrömendem nicht und ſiedeln ſich ſogar in den Gebirgsbächen an, ja, ſteigen hier ebenſo hoch empor als irgend ein anderer Fiſch. Dieſer Verbreitung entſpricht der Aufenthalt. Während die einen am häufigſten in der Nähe der Strommündungen gefunden werden, woſelbſt ſie auf dem ſandigen oder ſchlickigen Grunde liegen, bemerkt man andere auf felſigem Boden, nach Art der Trüſche zwiſchen und unter Steinen verſteckt, und während dieſe, wie es ſcheint, blos in den Flüſſen ſich anſiedeln, herbergen jene nur in Binnenſeen, andere aber bald hier, bald dort. Die großen Arten ſind ebenſo ſchwerfällig in ihren Bewegungen als plump gebaut, die kleineren im Gegentheile raſche und behende Fiſche, manche inſofern vor anderen Klaſſenverwandten bevorzugt, als ſie trotz den Labyrinthfiſchen und Schlangenköpfen über feuchten, ſchlammigen und ſelbſt über trocknen Boden Reiſen unternehmen, nöthigenfalls auch im Schlamme ſich einwühlen und bis zur Wiederkehr des Waſſers hier verweilen. Alle ohne Ausnahme gehören zu den Naubfiſchen. Die meiſten liegen bewegungslos auf der Lauer, ſpielen mit ihren Bart- oder Fangfäden, locken ſo andere Fiſche heran und ſchnappen im rechten Augenblicke zu; einzelne beſitzen die Fähigkeit, elektriſche Schläge auszutheilen und damit ihre Opfer zu betäuben. Jhre Vermehrung ſcheint, obgleich die Rogener eine bedeutende Anzahl von Eiern abſetzen, verhältnißmäßig gering zu ſein, das Wachsthum der Jungen langſam vor ſich zu gehen, unſere Fiſche dafür aber ein ſehr hohes Alter zu erreichen. Für den menſchlichen Haushalt ſpielen ſie bei uns keine bedeutſame Rolle, während ſie in einzelnen Gegenden Afrikas, Aſiens und Amerikas zu den gemeinſten und geſchätzteſten Küchenfiſchen gehören. Das Fleiſch der jungen oder kleineren Welſe iſt allerdings vortrefflich, das der älteren hingegen eigentlich nur für einen außereuropäiſchen Gaumen geeignet; es verlangt wenigſtens erſt ſorgfältige Zubereitung, bevor es genießbar wird. Das Urbild der Familie, unſer Wels (Silurus Glanis), Vertreter der Sippe der Waller, hat mit einigen aſiatiſchen Verwandten gemein: nackten Rumpf, kurze Rückenfloſſe ohne Stachelſtrahlen, ſehr lange Afterfloſſe, ein weites Maul und in Binden gereihte, hechelförmige Zähne auf Zwiſchen-, Unterkiefer und Pflugſcharbeinen. „Dieß ſcheußliche Thier möcht ein teutſcher Wallfiſch genennt werden. Jſt ein ſehr ſcheußlicher, groſſer Fiſch, hat ein ſcheußlich weit Maul vnd ſchlauch, groſſen Kopff, keine Zän, ſondern allein rauhe Kynbacken, iſt an der gantzen Geſtalt nit vngleich einer Trüſchen, ſo groſſe ding kleinen zu vergleichen ſind, hat keine ſchüppen, ſondern eine glatte ſchlüpfferige Haut.“ Jn der That, ſchön oder wohlgeſtaltet kann man den Wels nicht nennen, und der Name „deutſcher Walfiſch“ iſt auch nicht übel gewählt; denn der Wels oder Waller, Weller, Schaden,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/668>, abgerufen am 16.07.2024.