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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Karpfen. Karauschen.
sich hauptsächlich von Würmern, Larven, faulenden Pflanzenstoffen und Schlamm, hält sich dem-
entsprechend die längste Zeit ihres Lebens am Grunde auf, verweilt hier auch während der kalten
Jahreszeit in Erstarrung, soll sogar, laut Pallas, in Eis eingefrieren und später doch wieder auf-
leben können. Nur während der Laichzeit, welche in Südeuropa in den Juni, in Nordeuropa in den
Juli fällt, erscheint sie öfters an der Oberfläche des Wassers, insbesondere an seichten, mit Pflanzen
bewachsenen Stellen, tummelt sich hier in Schaaren umher, schnattert mit den Lippen schmatzend an
der Oberfläche, jagt und spielt, bis das Eierlegen beginnt.

Nach angestellten Untersuchungen legt der Rogener gegen hunderttausend Eier, also verhältniß-
mäßig wenige; gleichwohl vermehrt sich die Karausche sehr bedeutend, erzeugt auch regelmäßig Blend-
linge mit dem Karpfen und wird deshalb, und weil sie der jungen Karpfenbrut nachstellt, schon seit
alter Zeit gemieden. "Jn den Fischeten", sagt Geßner, "ist der Karaß gantz schädlich, dann auch
ein kleiner vertreibt vnd verjagt den allergrösten Karpffen, welches denselbigen Leuthen wol bewußt,
haben grossen fleiß, daß keine in die Gruben vnd Weyer geworffen werden." Die Brut wächst
langsam, ist jedoch im zweiten Lebensjahre bereits fortpflanzungsfähig und erreicht eine Lebensdauer
von sechs bis zehn Jahren.

Für die Teichwirthschaft hat die Karausche nur in solchen Gegenden Bedeutung, wo die Gewässer
für die Karpfenzucht zu moderig sind. Solches Wasser schadet dem Geschmacke ihres Fleisches nicht,
während es das des Karpfens fast ungenießbar macht. Außerdem läßt sie sich mit Erfolg in Forellen-
teichen züchten, weil sie diesen edeln Naubfischen, deren hoher Werth mit dem ihrigen in gar keinem
Verhältnisse steht, zur Nahrung dienen, also mittelbar gut verwerthet werden kann. Jhre außer-
ordentliche Lebenszähigkeit gestattet einen weiten Versandt zu jeder Jahreszeit. Sie lebt stundenlang
außer Wasser und läßt sich, in Schnee gepackt, oder mit feuchten Blättern umhüllt, viele Meilen weit
versenden. Sehr geschätzt ist die Karausche in Rußland, woselbst sie alle Gewässer der Steppen in
zahlreicher Menge bevölkert. Jn der Umgegend von Jakutsk fischt man hauptsächlich im Winter mit
Netzen unter dem aufgehauenen Eise, sucht die größten Karauschen heraus und wirft die übrigen
wieder ins Wasser zurück, um Nachzucht zu ermöglichen.

Der alte Kämpfer spricht zuerst von einem rothen am Schwanze schön goldgelben Zierfische,
dem King-Jo, welcher in Japan und China in Teichen gehalten und gewissermaßen als Hausthier
betrachtet wird. Du Halde berichtet in seiner Geschichte Chinas später ausführlich über denselben.
Die Fürsten und Großen des himmlischen Reichs lassen für ihn eigene Teiche in ihren Gärten graben
oder halten sie in prachtvollen Porzellanvasen, welche zwei bis drei Mal wöchentlich mit frischem
Wasser angefüllt werden. Mit dem Ansehen der artigen Bewegungen, mit der Fütterung und
Zähmung dieser Fische verbringen die langzopfigen Herren viele Zeit in einer für sie höchst angenehmen
Weise, wie denn überhaupt die Chinesen sehr warme Thierfreunde sind.

Der King-Jo, unser Gold- oder Silbersisch, gelaugte von China aus wahrscheinlich zuerst nach
Portugal und verbreitete sich, nachdem er hier sich eingebürgert, allgemach weiter über Europa. Das
Jahr der Einführung wird verschieden angegeben. Einzelne Schriftsteller nennen 1611, andere 1691,
andere 1728. Gewiß ist, daß das Fischchen zur Zeit der berüchtigten Metze Pompadour bereits
in Frankreich vorhanden war, weil bestimmte Angaben vorliegen, daß man diesem Weibsbilde Gold-
fischen als etwas Außerordentliches schenkte, vielleicht als Sinnbilder großer Liebesbedürftigkeit,
sowie man der ja ebenfalls in zweifelhaftem Rufe stehenden Göttin Venus den Karpfen heiligte. Jn
England soll der Goldfisch erst im Jahre 1728 durch Philipp Worth eingebürgert worden sein.
Gegenwärtig hat er sich über die ganze Erde verbreitet, soweit dieselbe von gebildeten Menschen
bewohnt wird und in den warmen Theilen des gemäßigten Gürtels wirklich heimisch gemacht. Auf
der Jnsel Moritz durch die Franzosen eingeführt, belebt er dort gegenwärtig alle Flüsse, Teiche und
Seen, und genau ebenso soll er in Portugal als verwilderter Fisch vorkommen. Gezüchtet wird er
in bedeutender Anzahl, namentlich im südlichen und westlichen Frankreich, unter Anderem in der

Die Edelfiſche. Karpfen. Karauſchen.
ſich hauptſächlich von Würmern, Larven, faulenden Pflanzenſtoffen und Schlamm, hält ſich dem-
entſprechend die längſte Zeit ihres Lebens am Grunde auf, verweilt hier auch während der kalten
Jahreszeit in Erſtarrung, ſoll ſogar, laut Pallas, in Eis eingefrieren und ſpäter doch wieder auf-
leben können. Nur während der Laichzeit, welche in Südeuropa in den Juni, in Nordeuropa in den
Juli fällt, erſcheint ſie öfters an der Oberfläche des Waſſers, insbeſondere an ſeichten, mit Pflanzen
bewachſenen Stellen, tummelt ſich hier in Schaaren umher, ſchnattert mit den Lippen ſchmatzend an
der Oberfläche, jagt und ſpielt, bis das Eierlegen beginnt.

Nach angeſtellten Unterſuchungen legt der Rogener gegen hunderttauſend Eier, alſo verhältniß-
mäßig wenige; gleichwohl vermehrt ſich die Karauſche ſehr bedeutend, erzeugt auch regelmäßig Blend-
linge mit dem Karpfen und wird deshalb, und weil ſie der jungen Karpfenbrut nachſtellt, ſchon ſeit
alter Zeit gemieden. „Jn den Fiſcheten“, ſagt Geßner, „iſt der Karaß gantz ſchädlich, dann auch
ein kleiner vertreibt vnd verjagt den allergröſten Karpffen, welches denſelbigen Leuthen wol bewußt,
haben groſſen fleiß, daß keine in die Gruben vnd Weyer geworffen werden.“ Die Brut wächſt
langſam, iſt jedoch im zweiten Lebensjahre bereits fortpflanzungsfähig und erreicht eine Lebensdauer
von ſechs bis zehn Jahren.

Für die Teichwirthſchaft hat die Karauſche nur in ſolchen Gegenden Bedeutung, wo die Gewäſſer
für die Karpfenzucht zu moderig ſind. Solches Waſſer ſchadet dem Geſchmacke ihres Fleiſches nicht,
während es das des Karpfens faſt ungenießbar macht. Außerdem läßt ſie ſich mit Erfolg in Forellen-
teichen züchten, weil ſie dieſen edeln Naubfiſchen, deren hoher Werth mit dem ihrigen in gar keinem
Verhältniſſe ſteht, zur Nahrung dienen, alſo mittelbar gut verwerthet werden kann. Jhre außer-
ordentliche Lebenszähigkeit geſtattet einen weiten Verſandt zu jeder Jahreszeit. Sie lebt ſtundenlang
außer Waſſer und läßt ſich, in Schnee gepackt, oder mit feuchten Blättern umhüllt, viele Meilen weit
verſenden. Sehr geſchätzt iſt die Karauſche in Rußland, woſelbſt ſie alle Gewäſſer der Steppen in
zahlreicher Menge bevölkert. Jn der Umgegend von Jakutsk fiſcht man hauptſächlich im Winter mit
Netzen unter dem aufgehauenen Eiſe, ſucht die größten Karauſchen heraus und wirft die übrigen
wieder ins Waſſer zurück, um Nachzucht zu ermöglichen.

Der alte Kämpfer ſpricht zuerſt von einem rothen am Schwanze ſchön goldgelben Zierfiſche,
dem King-Jo, welcher in Japan und China in Teichen gehalten und gewiſſermaßen als Hausthier
betrachtet wird. Du Halde berichtet in ſeiner Geſchichte Chinas ſpäter ausführlich über denſelben.
Die Fürſten und Großen des himmliſchen Reichs laſſen für ihn eigene Teiche in ihren Gärten graben
oder halten ſie in prachtvollen Porzellanvaſen, welche zwei bis drei Mal wöchentlich mit friſchem
Waſſer angefüllt werden. Mit dem Anſehen der artigen Bewegungen, mit der Fütterung und
Zähmung dieſer Fiſche verbringen die langzopfigen Herren viele Zeit in einer für ſie höchſt angenehmen
Weiſe, wie denn überhaupt die Chineſen ſehr warme Thierfreunde ſind.

Der King-Jo, unſer Gold- oder Silberſiſch, gelaugte von China aus wahrſcheinlich zuerſt nach
Portugal und verbreitete ſich, nachdem er hier ſich eingebürgert, allgemach weiter über Europa. Das
Jahr der Einführung wird verſchieden angegeben. Einzelne Schriftſteller nennen 1611, andere 1691,
andere 1728. Gewiß iſt, daß das Fiſchchen zur Zeit der berüchtigten Metze Pompadour bereits
in Frankreich vorhanden war, weil beſtimmte Angaben vorliegen, daß man dieſem Weibsbilde Gold-
fiſchen als etwas Außerordentliches ſchenkte, vielleicht als Sinnbilder großer Liebesbedürftigkeit,
ſowie man der ja ebenfalls in zweifelhaftem Rufe ſtehenden Göttin Venus den Karpfen heiligte. Jn
England ſoll der Goldfiſch erſt im Jahre 1728 durch Philipp Worth eingebürgert worden ſein.
Gegenwärtig hat er ſich über die ganze Erde verbreitet, ſoweit dieſelbe von gebildeten Menſchen
bewohnt wird und in den warmen Theilen des gemäßigten Gürtels wirklich heimiſch gemacht. Auf
der Jnſel Moritz durch die Franzoſen eingeführt, belebt er dort gegenwärtig alle Flüſſe, Teiche und
Seen, und genau ebenſo ſoll er in Portugal als verwilderter Fiſch vorkommen. Gezüchtet wird er
in bedeutender Anzahl, namentlich im ſüdlichen und weſtlichen Frankreich, unter Anderem in der

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[650/0688] Die Edelfiſche. Karpfen. Karauſchen. ſich hauptſächlich von Würmern, Larven, faulenden Pflanzenſtoffen und Schlamm, hält ſich dem- entſprechend die längſte Zeit ihres Lebens am Grunde auf, verweilt hier auch während der kalten Jahreszeit in Erſtarrung, ſoll ſogar, laut Pallas, in Eis eingefrieren und ſpäter doch wieder auf- leben können. Nur während der Laichzeit, welche in Südeuropa in den Juni, in Nordeuropa in den Juli fällt, erſcheint ſie öfters an der Oberfläche des Waſſers, insbeſondere an ſeichten, mit Pflanzen bewachſenen Stellen, tummelt ſich hier in Schaaren umher, ſchnattert mit den Lippen ſchmatzend an der Oberfläche, jagt und ſpielt, bis das Eierlegen beginnt. Nach angeſtellten Unterſuchungen legt der Rogener gegen hunderttauſend Eier, alſo verhältniß- mäßig wenige; gleichwohl vermehrt ſich die Karauſche ſehr bedeutend, erzeugt auch regelmäßig Blend- linge mit dem Karpfen und wird deshalb, und weil ſie der jungen Karpfenbrut nachſtellt, ſchon ſeit alter Zeit gemieden. „Jn den Fiſcheten“, ſagt Geßner, „iſt der Karaß gantz ſchädlich, dann auch ein kleiner vertreibt vnd verjagt den allergröſten Karpffen, welches denſelbigen Leuthen wol bewußt, haben groſſen fleiß, daß keine in die Gruben vnd Weyer geworffen werden.“ Die Brut wächſt langſam, iſt jedoch im zweiten Lebensjahre bereits fortpflanzungsfähig und erreicht eine Lebensdauer von ſechs bis zehn Jahren. Für die Teichwirthſchaft hat die Karauſche nur in ſolchen Gegenden Bedeutung, wo die Gewäſſer für die Karpfenzucht zu moderig ſind. Solches Waſſer ſchadet dem Geſchmacke ihres Fleiſches nicht, während es das des Karpfens faſt ungenießbar macht. Außerdem läßt ſie ſich mit Erfolg in Forellen- teichen züchten, weil ſie dieſen edeln Naubfiſchen, deren hoher Werth mit dem ihrigen in gar keinem Verhältniſſe ſteht, zur Nahrung dienen, alſo mittelbar gut verwerthet werden kann. Jhre außer- ordentliche Lebenszähigkeit geſtattet einen weiten Verſandt zu jeder Jahreszeit. Sie lebt ſtundenlang außer Waſſer und läßt ſich, in Schnee gepackt, oder mit feuchten Blättern umhüllt, viele Meilen weit verſenden. Sehr geſchätzt iſt die Karauſche in Rußland, woſelbſt ſie alle Gewäſſer der Steppen in zahlreicher Menge bevölkert. Jn der Umgegend von Jakutsk fiſcht man hauptſächlich im Winter mit Netzen unter dem aufgehauenen Eiſe, ſucht die größten Karauſchen heraus und wirft die übrigen wieder ins Waſſer zurück, um Nachzucht zu ermöglichen. Der alte Kämpfer ſpricht zuerſt von einem rothen am Schwanze ſchön goldgelben Zierfiſche, dem King-Jo, welcher in Japan und China in Teichen gehalten und gewiſſermaßen als Hausthier betrachtet wird. Du Halde berichtet in ſeiner Geſchichte Chinas ſpäter ausführlich über denſelben. Die Fürſten und Großen des himmliſchen Reichs laſſen für ihn eigene Teiche in ihren Gärten graben oder halten ſie in prachtvollen Porzellanvaſen, welche zwei bis drei Mal wöchentlich mit friſchem Waſſer angefüllt werden. Mit dem Anſehen der artigen Bewegungen, mit der Fütterung und Zähmung dieſer Fiſche verbringen die langzopfigen Herren viele Zeit in einer für ſie höchſt angenehmen Weiſe, wie denn überhaupt die Chineſen ſehr warme Thierfreunde ſind. Der King-Jo, unſer Gold- oder Silberſiſch, gelaugte von China aus wahrſcheinlich zuerſt nach Portugal und verbreitete ſich, nachdem er hier ſich eingebürgert, allgemach weiter über Europa. Das Jahr der Einführung wird verſchieden angegeben. Einzelne Schriftſteller nennen 1611, andere 1691, andere 1728. Gewiß iſt, daß das Fiſchchen zur Zeit der berüchtigten Metze Pompadour bereits in Frankreich vorhanden war, weil beſtimmte Angaben vorliegen, daß man dieſem Weibsbilde Gold- fiſchen als etwas Außerordentliches ſchenkte, vielleicht als Sinnbilder großer Liebesbedürftigkeit, ſowie man der ja ebenfalls in zweifelhaftem Rufe ſtehenden Göttin Venus den Karpfen heiligte. Jn England ſoll der Goldfiſch erſt im Jahre 1728 durch Philipp Worth eingebürgert worden ſein. Gegenwärtig hat er ſich über die ganze Erde verbreitet, ſoweit dieſelbe von gebildeten Menſchen bewohnt wird und in den warmen Theilen des gemäßigten Gürtels wirklich heimiſch gemacht. Auf der Jnſel Moritz durch die Franzoſen eingeführt, belebt er dort gegenwärtig alle Flüſſe, Teiche und Seen, und genau ebenſo ſoll er in Portugal als verwilderter Fiſch vorkommen. Gezüchtet wird er in bedeutender Anzahl, namentlich im ſüdlichen und weſtlichen Frankreich, unter Anderem in der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/688>, abgerufen am 22.12.2024.